Protokoll der Sitzung vom 11.03.2015

Was kommt heute von der CSU, liebe Kolleginnen und Kollegen? – Es ist sehr auffällig, dass die konkreten Forderungen in der Begründung stehen. Das habe ich selten so erlebt. Offenbar hat Sie beim Formulieren Ihres Antrags der Mut verlassen. Die Begründung ist nicht Gegenstand der Entscheidung. Das muss man so stehen lassen.

Einen Punkt haben Sie aber aufgenommen; das ist die Regionalisierung. Die ist Ihnen wichtig; das habe ich am Beifall Ihrer Kolleginnen und Kollegen gemerkt. Warum Regionalisierung? – Sie wollen natürlich die Erbschaftsteuer absenken. Das ist der erste Schritt. Kollege Fackler, ich fand das als zu weit hergeholt, den FREIEN-WÄHLER-Antrag in Bausch und Bogen zu versenken; denn Ziel haben Sie das gleiche: Sie wollen die Erbschaftsteuer abschaffen; das ist ganz klar.

Sie sagen nicht, wie die Gegenfinanzierung dafür aussehen soll. Bayern bekommt über eine Milliarde Euro aus der Erbschaftsteuer. Woher soll die kommen? – Keine Antwort darauf. Was im Ergebnis aus diesem Steuerwettbewerb wird, verschweigen Sie uns ebenso. Steuerwettbewerb heißt möglicherweise – wir gehen einmal davon aus –: Abzug von Unternehmen aus anderen Bundesländern nach Bayern. Da jubeln Sie. Super! Arbeitsplätze zu uns! Das heißt aber auch: Schwächung der anderen Bundesländer. Im Länderfinanzausgleich wird das Pendel noch stärker gegen Bayern ausschlagen. Wir werden die anderen Bundesländer noch mehr unterstützen müssen; denn der Länderfinanzausgleich ist schließlich ein Steuereinnahmenausgleich. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das haben Sie noch nicht begriffen. Deswegen fordern Sie eine solche Regionalisierung.

Wir müssen die anderen Länder stärken, damit sie auf unser Niveau kommen, nicht schwächen, wie Sie das wollen.

(Beifall bei den GRÜNEN – Widerspruch bei der CSU)

Das ist ein absolut vergifteter Vorschlag, den Sie hier machen, der in Berlin niemals einen Befürworter finden wird. Das wissen Sie selbst.

Die anderen Vorschläge: volle Steuerbefreiung für alle Nachfolger. Die Steuerbefreiung ist da. Ich weiß gar nicht, worum es geht. Sieben Jahre hält man eine Firma, und dann zahlt man null Erbschaftsteuer. Wo ist das Problem? – Sie verstoßen gegen das Bundesverfassungsgerichtsurteil, Sie ignorieren es. Privatvermögen und Betriebsvermögen müssen gleichgestellt werden, das sagt das Bundesverfassungsgericht. Darauf gehen Sie überhaupt nicht ein.

Zudem halten Sie die Größenordnung nicht ein. Sie sagen nichts dazu, ab wann das gelten soll. Der Bundesfinanzminister sagt, ab wann er sich das vorstellt. Da wird es sicher noch einen Kompromiss geben. Die Grenze von 20 Millionen ist sicher nicht in Beton gegossen. Sie sagen mit Ihrem Antrag aber ganz klar: Frau Schaeffler, Sie müssen für Ihren Firmenübergang keine Steuern zahlen, und Herr Milch-Müller, Sie auch nicht. – Das ist toll! Das ist Gerechtigkeit im Sinne der CSU.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Bagatellregelung: Bis jetzt sind 90 % der Unternehmen mit weniger als 20 Mitarbeitern privilegiert; sie müssen nichts nachweisen. Die Erbschaftsteuer geht mit null durch. Dass das Bundesverfassungsgericht sagt, das kann so nicht gehen, da muss man genauer hinschauen, ist nachvollziehbar. Auch dazu sagen Sie nur, dass eben die Zahl der Mitarbeiter entscheidend sein muss. Das unterstützen wir. Ob das die 20 sind, wird sich in Zukunft zeigen.

Dann kommt die schönste Forderung: keine zusätzliche Bürokratie. Dafür sind Sie genau die Richtigen. Ich sage Ihnen: Verzichten Sie auf die unsinnige und widersinnige Auto-Maut, dann haben Sie in Deutschland keine Bürokratie geschaffen! Das ist ein echter Vorschlag zum Bürokratieabbau, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was brauchen wir? – Wir brauchen eine gerechte Erbschaftsteuerausgestaltung; denn die Erbschaftsteuer ist gerecht, liebe Kolleginnen und Kollegen. Sie

leistet einen wichtigen Beitrag zur Finanzierung des Staates. Aus den fünf Milliarden Euro Aufkommen in Deutschland gehen 20 % nach Bayern, und sie wirkt gegen die ungleiche Vermögensverteilung in Deutschland und in Bayern. Das Wort "Vermögensgleichheit" ist Ihnen scheinbar unbekannt. Die Vermögensungleichheit ist hier so hoch wie in keinem anderen Land in der Eurozone. Das Aufkommen aus vermögenbezogenen Steuern ist weit unterdurchschnittlich. Das ist Ihnen aber scheinbar egal. Sie sind sogar stolz darauf, dass das so ist. Sie haben gar kein Interesse daran, das zu ändern.

Ich möchte Ihnen Artikel 123 der Bayerischen Verfassung vorlesen – das ist etwas weiter hinten –: "Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke, die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu verhindern." – Seehofer sagt: Das ist Sozialismus. – Nein, das ist die Bayerische Verfassung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ministerpräsident Seehofer und Minister Söder arbeiten beide gegen die Bayerische Verfassung. Das sollte uns zu denken geben.

Jetzt komme ich zu den FREIEN WÄHLERN. Dass die FREIEN WÄHLER für eine unverantwortliche Finanzpolitik stehen, ist uns allen hier im Hause bewusst, zumindest denjenigen, die im Haushaltsausschuss Finanzanträge zu verantworten haben. Das ist also nicht neu. Mit diesem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, setzen Sie Ihrer finanzpolitischen Irrfahrt die Krone auf. Wie man so etwas ohne den Hauch einer Gegenfinanzierung beantragen kann, ist mir absolut unverständlich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. – Bevor ich mit den Wortmeldungen weiterfahre, möchte ich bekannt geben, dass die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zu ihrem Antrag namentliche Abstimmung beantragt hat. - Bitte schön, Herr Kollege Pohl.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal gewinnt man den Eindruck, erben sei unmoralisch, wenn man hier von Vermögensungleichheit hört und Zielen, die Vermögensungleichheit zu beseitigen. Ich zitiere einen Satz aus dem Antrag der GRÜNEN: "Vermögensungleichheit schadet … gesellschaftlichem Zusammenhalt." – Lieber Kollege Mütze, das ist Sozialismus pur. Das ist Gleichmacherei.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist die Bayerische Verfassung!)

Lieber Herr Kollege Halbleib, zu Ihnen komme ich noch.

(Volkmar Halbleib (SPD): Darauf freue ich mich jetzt schon!)

Denjenigen zu diskreditieren, der sein Leben lang gearbeitet und nicht wie andere alles verkonsumiert hat, sondern ein Vermögen erarbeitet hat, das er an Nachkommen oder sonstige Personen, denen er zugetan ist, weitergeben will, ist in höchstem Maße dumm und hat mit Gerechtigkeit nichts zu tun.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich wundere mich, dass der Begriff "Reichtum" ständig mit einem negativen Touch belegt wird; denn Reichtum ist in vielen Fällen das Ergebnis einer Lebensleistung, das Resultat einer verantwortlichen, sparsamen Lebensführung. Ich setze ganz bewusst dagegen: Es gibt auch Menschen, die ihr Geld verprassen und am Ende ihres Lebens nichts mehr haben, weil sie auf zu großem Fuß gelebt haben, die Privatinsolvenz anmelden müssen, um sich von Schulden zu befreien. Wollen wir dieses Modell in dieser Gesellschaft vorleben? - Ich meine, nein, meine Damen und Herren.

Die GRÜNEN wollen die Erbschaftsteuer als Mittel zum Abbau ungleicher Vermögensverteilung. Ich habe mich schon sehr gewundert, Herr Kollege Fackler, auch bei Ihnen das Wort Umverteilung gehört zu haben.

(Zurufe)

Umverteilung ist natürlich ein Element des Sozialismus.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Gerecht ist ein Erbrecht, meine Damen und Herren, das nicht zum lebzeitigen Nießbrauchsrecht für den Erblasser verkommt. Ich lese im Antrag der SPD, Kollege Halbleib: Superreiche sollen nicht verschont werden. – Ja, wenn das Erbrecht dieses leisten würde! Ich sage nur: Theo Müller; es gibt noch andere. Jetzt ist der Kollege Gantzer leider nicht da; fragen Sie ihn bitte in der nächsten Fraktionssitzung, er kann Ihnen genug Rezepte und Ideen zu einer sehr wirksamen Erbschaftsteuervermeidung, gerade für große Vermögen, nennen.

An diejenigen, die die Zeche zahlen, denken Sie alle nicht, an diejenigen, die mit dem Erblasser nicht ver

wandt sind, einen lächerlichen Freibetrag von 20.000 Euro haben und danach jeden Euro mit 30 % versteuern. Wenn jemand 100.000 Euro erbt, bleiben abzüglich 20.000 Euro Freibetrag 80.000 Euro übrig. 30 % Erbschaftsteuer bedeuten 24.000 Euro. Dabei geht es wahrlich um keine großen Vermögen.

Meine Damen und Herren, jetzt werden Sie von leistungslosem Einkommen sprechen. Der Erbe bekommt ja etwas, wofür er nichts getan hat. Ich kann Ihnen gerne Beispiele nennen – diese Fälle sind nicht selten –, bei denen sich der Erbe gewünscht hätte, ein Pflichtteilsberechtigter zu sein, der vom Erblasser enterbt worden ist. Denn dann hätte er wenigstens einen finanziellen Anspruch gegen den Erblasser und müsste sich nicht mit Grundvermögen herumschlagen, das mit Veräußerungsbeschränkungen belastet ist, das ein unwirtschaftliches Wald- oder Wiesengrundstück darstellt und bei der Bewertung durch den Gutachter dennoch gewaltig zu Buche schlägt, wenn es denn groß genug ist. Es gibt Erblasser, die eine Erbschaft ausschlagen, obwohl keine Schulden vorhanden sind, meine Damen und Herren.

Wer zahlt Erbschaftsteuer? Es gibt im Erbschaftsteuerrecht Befreiungstatbestände, und da muss ich Ihnen wirklich sagen: Wenn Sie sich das Erbschaftsteuerrecht einmal durchlesen, finden Sie wirklich eine Spielwiese für, so sage ich einmal, etwas verschrobene Juristen oder auch Nichtjuristen, die sich einmal als Gesetzgeber austoben wollen. Wenn Ihnen, den GRÜNEN, jemand, ein Gutmensch also, etwas vermachen will, zahlt er überhaupt keine Steuer. Denn Parteien sind nach § 13 Absatz 1 Nummer 18 a des Erbschaftsteuergesetzes merkwürdigerweise komplett steuerfrei. Zuwendungen an Parteien sind komplett steuerfrei. Erklären Sie mir das! Ich kann das nicht. Erklären Sie mir, warum das Erbschaftsteuerrecht so bürokratisch ist, dass das Bundesverfassungsgericht ständig nachjustieren muss. Was haben wir denn für ein Erbschaftsteuerrecht, bei dem ganze Absätze eingefügt werden, weil die Bundestagsverwaltung sagt: Moment, das ist verfassungswidrig? Der Bundestag beschließt etwas, und das Bundesverfassungsgericht sagt: Das ist verfassungswidrig, das müsst ihr ändern. So geschehen beim Unternehmenserbschaftsteuerrecht.

Meine Damen und Herren, wer sich noch kein Karfreitagsopfer ausgedacht hat, dem empfehle ich die Lektüre des Bewertungsgesetzes. Ich wünsche ihm viel Spaß und viel Freude mit diesem Gesetz. Oder lesen Sie § 13 a des Erbschaftsteuergesetzes, den das Bundesverfassungsgericht – ich kann nur sagen: Gott sei Dank! – für verfassungswidrig erklärt hat. Vom Verschonungsabschlag über die Lohnsummenfrist und die Mindestlohnsumme: Bürokratie pur.

Sie, Herr Kollege Mütze, sprechen von 1,2 Milliarden Euro ohne Gegenfinanzierung und behaupten, die FREIEN WÄHLER könnten nicht rechnen. Da sage ich Ihnen, lieber Herr Kollege Mütze: Sie haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Sie müssen nämlich die Kosten für die Ermittlung der Erbschaften gegenrechnen, und dafür brauchen Sie Finanzbeamte satt und Bürokratie. Das kostet richtig viel Geld.

(Volkmar Halbleib (SPD): 1,2 Milliarden Euro!)

Es ist nicht seriös, von einem Ertrag von 1,2 Milliarden zu sprechen, weil da die Gegenrechnung gemacht werden muss. 1,2 Milliarden hören sich gut an. Aber wenn der Betrag auf der Grundlage eines Gesetzes erhoben wird, das ständig beim Bundesverfassungsgericht auf dem Prüfstand steht, muss ich schon fragen, ob das sinnvoll ist.

Schauen Sie sich im Übrigen einmal in Europa um. Österreich hat kein Erbschaftsteuerrecht. Das nicht unbedingt als konservativ verschriene Schweden, Estland, Lettland, Slowakei, Malta usw. usf. haben einen Steuersatz von bis zu 10 %, Italien, Bulgarien, Zypern, Litauen und Portugal einen solchen von bis zu 20 %. Nimmt man Tschechien, Polen und Luxemburg dazu, ist das die halbe EU. Da kann man, Kollege Fackler, nicht von Populismus pur sprechen. Sie wissen ganz genau, dass wir Recht haben. Sie haben nur gewisse Rücksichten auf Koalitionspartner zu nehmen.

Einen letzten Punkt noch, was die Regionalisierung der Erbschaftsteuer betrifft. Sie hätten sich durchaus trauen können zu sagen, dass die Bundeskompetenz hier durchaus nicht unbestritten ist. Es ist nicht unbestritten, dass der Bund überhaupt für die Erbschaftsteuer zuständig ist.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist aber entschieden!)

Nach Artikel 72 Absatz 2 des Grundgesetzes müssen die gleichwertigen Lebensverhältnisse herhalten. Ob die Erbschaftsteuer dafür geeignet ist, ist fraglich und in der Literatur umstritten. Ich sage, wir sollten die Erbschaftsteuer sehr wohl regionalisieren, schon aus einem gewissen Selbstbewusstsein heraus, das wir als Parlamentarier haben sollten, um eine passgenaue Regelung für Bayern herzustellen.

Wir werden unserem Antrag zustimmen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das überrascht!)

Wir werden auch dem Antrag der CSU zustimmen, der zwar nicht weit genug, aber in die richtige Rich

tung geht. Die Anträge von SPD und den GRÜNEN werden wir ablehnen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. – Jetzt hat der Kollege Halbleib das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Pohl, wenn es eines Beweises bedurft hätte, dass die FREIEN WÄHLER vielleicht ein Stück weit zu wenig Sensibilität haben und nicht sehen, welcher Sprengstoff in der Frage der ungerechten Vermögensverteilung besteht und dass wir zumindest ein gewisses Korrektiv brauchen. Wenn es des Beweises des fehlenden sozialen Gespürs bedürft hätte, haben Sie ihn heute abgeliefert.