Sehr geehrter Herr Staatsminister, gestern war ich ungefähr eine halbe Stunde, nachdem die zwei Flüchtlinge in den Inn gesprungen sind, in Simbach am Inn. Ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was es bedeutet, bei diesen Temperaturen in den Inn zu springen. Gestern kamen in Simbach bzw. in Braunau über 24 Stunden keine Busse auf der österreichischen Seite an, weil man hoffte – davon haben Sie gerade nicht geredet -, dass alle Flüchtlinge auf deutscher Seite wegtransportiert werden können. – Das war nicht der Fall. Die Menschen saßen weiterhin mit vielen kleinen Kindern auf der Brücke, und zwar teilweise über 24 Stunden.
Zu der Mär, dass viele Männer allein flüchten, sage ich: Ich habe sehr viele Kinder – das war unglaublich bei diesen Temperaturen – auf der Brücke gesehen. Ja, die Ehrenamtlichen am Fluss machen die Erstversorgung. Dafür bin ich wirklich dankbar. Die Bürgerinnen und Bürger aus Simbach machen die Erstversorgung – herzlichen Dank. Heften Sie sich das nicht an Ihr Revers. Es sind die Ehrenamtlichen, die die Erstversorgung ohne eine logistische Unterstützung vom Staat oder sonstiger Unterstützung vornehmen.
Nachts um elf – inzwischen sind wir bei ungefähr 34 Stunden – haben immer noch 100 Menschen auf der Brücke gesessen. Sie können mir nicht erzählen, dass es nicht möglich ist, die Menschen von der Brücke herunterzubringen in einer Nacht, in der die Temperaturen drei oder vier Grad betragen. Das ist unglaublich.
Es kann sich durchaus um ein logistisches Problem handeln. Leider ist vor allem für mich die Redezeit zu kurz. Ich finde es unglaublich, dass gleichzeitig in München die Notunterkünfte nicht gefüllt sind und teilweise über das Wochenende leer standen, obwohl das Chaos vor Ort herrschte. In Dornach sind 600 Menschen untergebracht. In Erding sind 1.000 Menschen untergebracht, obwohl die Kapazitäten für 5.000 Menschen ausgelegt sind. Es kann nicht sein, dass es Bayern nicht schafft, die Menschen einigermaßen menschenwürdig unterzubringen.
Frau Kollegin, ich bitte Sie, das auseinanderzuhalten. Die grenzpolizeilichen Aufgaben werden von der Bundespolizei wahrgenommen. Wann die Grenzpolizei an welchem Grenzübergang wie viele Menschen hinüberlässt, kann ich Ihnen im Einzelfall nicht sagen. Ich bin erst recht nicht dafür verantwortlich, an welchen Grenzübergang die Österreicher die Menschen bringen. Wenn der Bund – das habe ich Ihnen gerade schon gesagt – die Leute nach München transportiert, haben wir überhaupt nichts dagegen. Das liegt alles übrigens nicht in unserer Entscheidungsbefugnis. Ich will Sie nur darauf hinweisen, dass Sie zwischen Wünschen und Realität unterscheiden müssen. Gerade haben Sie Erding angeführt. Der
Bund hat angekündigt, die Unterkunftskapazitäten auf 5.000 auszubauen. In der Realität können in den Unterkünften derzeit zwischen 1.500 und 2.000 Menschen untergebracht werden. Wenn Sie sich das draußen anschauen, ist von 5.000 gerade nicht die Rede.
Es ist lobenswert, dass der Bund diese Kapazitäten schafft – gar keine Frage. Das unterstützen wir im Rahmen unserer Möglichkeiten. Ich habe mir das am Samstag angeschaut. Es ist großartig, was der THW ehrenamtlich geleistet hat, um diese Shelter herzurichten. Man muss aber auch feststellen, von dem Ziel, Unterkünfte mit einer Kapazität für 5.000 Menschen zu schaffen, sind sie noch weit entfernt. Bei der Frage, warum man die nicht alle dort unterbringen kann, dürfen Sie nicht vom Ziel auf die Realität schließen.
Insofern noch einmal: Wir helfen bestmöglich mit. Die Verantwortung liegt bei diesen Fragen eigentlich vorrangig beim Bund. Wir haben im Interesse der Menschen, die unmittelbar vor uns stehen, das Ziel, diesen bestmöglich zu helfen. Trotzdem bleibt die klare Herausforderung. Dieses Land kann nicht auf Dauer jeden Tag 10.000 neue Flüchtlinge übernehmen. Wir erwarten dringend, dass in Berlin wie in Wien und andernorts jetzt die Weichen gestellt werden, damit dieser übergroße Flüchtlingsstrom eingedämmt wird.
Danke schön, Herr Staatsminister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung.
Ich lasse zunächst über den Dringlichkeitsantrag abstimmen, zu dem keine namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Das ist der Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 17/8695. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich ums Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Wir kommen jetzt zum Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 17/8681, zu dem namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Die Abstimmung ist eröffnet. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten sind um. Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, das Stimmergebnis außerhalb des Saals auszuzählen und die Plätze wieder einzunehmen, weil wir den nächsten Abstimmungsgang aufrufen wollen.
Ich komme jetzt zum Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/8694. Auch dazu ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Die FREIEN WÄHLER – die Rednerin der FREIEN WÄHLER, Frau Gottstein, hat es schon vorgetragen – haben gebeten, die Nummer 1 ihres Antrags umzuformulieren. Ich trage Ihnen jetzt die Umformulierung noch einmal vor:
Die Staatsregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass der Freistaat Bayern bei der Umsetzung des 17-Punkte-Plans des jüngsten EU-Sondertreffens durch den Bund eingebunden wird. Wichtig für Bayern ist dabei vor allem, die ausgetauschten Informationen frühzeitig zu erhalten.
Das ist also die geänderte Fassung der Nummer 1. Wir stimmen jetzt über diesen Antrag wiederum in namentlicher Form ab. Ich gebe dazu drei Minuten. Die Abstimmung ist eröffnet. Bitte schön.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die drei Minuten sind um. Ich schließe die namentliche Abstimmung und bitte, das Ergebnis der Abstimmung außerhalb des Saals zu ermitteln. Es wird zu gegebener Zeit im Plenum mitgeteilt.
Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Benno Zierer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Entscheidung gegen 3. Startbahn jetzt treffen (Drs. 17/8682)
Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Kollege Zierer von den FREIEN WÄHLERN. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Die FREIEN WÄHLER ziehen den Dringlichkeitsantrag betreffend "Entscheidung gegen 3. Startbahn jetzt treffen" aufgrund des momentan laufenden Dialogs zurück. Wir möchten damit den Dialog, den der Herr Ministerpräsident bereits sehr erfolgreich begonnen hat, offenhalten.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nachdem der Antrag zurückgezogen worden ist, ist eigentlich der Gegenstand der Debatte erledigt. Trotzdem möchte ich den beteiligten Fraktionen die Möglichkeit geben, dazu Stellung zu nehmen, wenn sie das Bedürfnis dazu haben. - Herr Dr. Magerl hat kein Bedürfnis dazu. Die CSU, Kollege Huber? – Ja. Ich sehe jedenfalls, dass er schon auf dem Sprung ist. Wie sieht es bei der SPD aus? Herr von Brunn?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich begrüße sehr, dass der Antrag zurückgezogen wurde. Er ist erst gestern eingereicht worden. Das ist wieder ein Beweis dafür, wie durcheinander es bei den FREIEN WÄHLERN zugeht.
(Inge Aures (SPD): Was soll denn das? – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Bei euch kommt es noch mehr durcheinander!)
Wir stehen dazu, dass der Ministerpräsident diese Gespräche führt. Diese Gespräche werden dazu beitragen, dass in absehbarer Zeit eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann. Insgesamt ist die Frage rechtlich geklärt. Der Ort Attaching ist in besonderer Weise betroffen. Herr Ministerpräsident, es ist sehr gut, dass Sie mit den Betroffenen vor Ort ein Gespräch führen. Wir erwarten, dass aufgrund dieser Gespräche in absehbarer Zeit eine Entscheidung möglich sein wird. Und zum Herrn Kollegen Magerl muss ich sagen:
(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Nicht provozieren, sonst komme ich noch raus! – Heiterkeit bei den GRÜNEN)
- Ich habe ja gesagt, dass ich in der Sache nichts sage; denn wir werden in der Sache selber in abseh
barer Zeit zu Entscheidungen kommen. Aber ich würde Sie bitten, dazu beizutragen, dass vor Ort ein sachliches, ordentliches und faires Gespräch geführt werden kann.
Gut. Danke schön, Herr Kollege Huber. – Als Nächster ist der Kollege von Brunn von der SPD auf der Rednerliste. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Präsident! Ich finde es gut, dass wir dem Dialog eine Chance geben. Für uns wäre die Positionierung klar gewesen. Wir haben uns in München eine klare Position gegeben. Für uns sind weiterhin das Ergebnis des Bürgerentscheids und der Bürgerwille über die rechtliche Geltungsdauer hinaus bindend. Wir haben diese Position auch als Partei. Ich denke, diese Position wird von einer Mehrheit der Bevölkerung getragen, wie die Umfragen aus der letzten Zeit besagen. Der Bedarf hat sich so entwickelt, dass im Moment aus meiner Sicht keine Notwendigkeit besteht, diese Startbahn zu bauen.
Ich will in diesem Zusammenhang nur in aller Kürze darauf hinweisen, dass es noch strukturelle Veränderungen geben wird. Wir haben im Moment einen sehr hohen Anteil von Inlandsflügen. Da geht es um fast 15.000 Flüge. Wir erwarten in absehbarer Zeit eine deutliche Verbesserung des Bahnangebots in Richtung Berlin. Auch das wird sich auf die Bedarfsentwicklung am Flughafen auswirken. Wir sagen: Vorrangig ist für uns die Anbindung des Flughafens an die Bahn. Das ist ein ganz wichtiges Projekt, das vorankommen muss. Dann kann man weitersehen, auch unter dem Aspekt des Klima- und Umweltschutzes.
Danke schön, Herr Kollege. – Nachdem Herr Kollege Dr. Magerl angesprochen worden ist: Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Hohes Haus! Nachdem mich der Herr Kollege Huber angesprochen hat, bin ich doch ans Rednerpult gekommen. In der Sache werde ich nichts sagen. Da verweise ich auf die gesammelten Reden hier im Hause aus den letzten zehn Jahren. Da kann jeder meine Position nachlesen. Zu Ihrer Aufforderung, dafür zu sorgen, dass der Dialog stattfindet, kann ich Ihnen versichern: Wir führen den Kampf gegen die dritte Startbahn seit zehn Jahren völlig friedlich und im Rahmen aller rechtsstaatlichen Ordnungen.