Protokoll der Sitzung vom 10.12.2015

- Ich habe "das Schöne" verstanden. Das wäre dann vielleicht zu verstehen gewesen. – Ich bitte Sie abzuwarten. Ich versichere noch einmal vonseiten der Umwelt- und Verbraucherschutzpolitiker in unserer Fraktion: Wir können kein Interesse daran haben, dass so etwas wieder vorkommt. Wir können es nicht ausschließen, aber wir wollen alles tun, um zusammen mit unserer Ministerin entsprechende Maßnahmen zu treffen. Das kann ich Ihnen versprechen.

(Beifall bei der CSU)

Bitte verbleiben Sie am Rednerpult. – Danke schön. Zwischenbemerkung: der Herr Kollege Magerl.

Herr Kollege Hünnerkopf, Sie haben jetzt in einer für mich fast schon entsetzlichen Weise die ganze Angelegenheit bagatellisiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

So kann man mit einem Skandal, bei dem es Tote gegeben hat – wir haben es jetzt mit einer anderen Dimension als seinerzeit bei Müller-Brot zu tun –, nicht umgehen, wo offensichtlich ein Amtsveterinär mit hoher krimineller Energie beteiligt war. Das kann man den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht antun.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Mich entsetzt heute wieder, und diese Frage stelle ich schon: Was hat denn das Ministerium und dabei in der meisten Zeit die Ministerin und davor der Staatsminister Huber zwischen dem Entdecken dieses Falls und dem 4. Dezember, als der Amtsveterinär aufgeflogen ist, getan? Offensichtlich den Herrgott einen frommen Mann sein lassen! Wenn ich mir das vorstelle: Dem Amtsveterinär werden 40 Fälle der Beihilfe zur Körperverletzung und 486 Fälle der Beihilfe zum gewerbsmäßigen Betrug vorgeworfen. Und das merkt niemand in den Behörden! Haben wir jetzt plötzlich rechtsfreie Räume in Bayern? Ich muss doch, wenn ich mit einer Firma wie Pohlmann zu tun habe, auch bei meinen eigenen Leuten schauen: Wie konnte es dazu kommen? Haben die wirklich kontrolliert? Denjenigen bestelle ich mal in das Ministerium oder in die Regierung ein und frage ihn: Ist denn da etwas gelaufen? Ich meine, 486 Fälle, das muss doch fast täglich gewesen sein. Dazu wollen wir eine Auskunft haben. Wir wollen nicht warten, bis der ORH irgendwann einmal etwas ermittelt. Das geht dann bis zum SanktNimmerleins-Tag. Es wird noch gegen weitere Personen ermittelt. Ich möchte, dass hier endlich intern in der Behörde aufgeklärt wird,

(Florian von Brunn (SPD): Substanz!)

und ich möchte, dass man nicht immer sagt: externer Ermittler und Staatsanwalt. Es ist eine Bankrotterklärung, wenn ich einen externen Ermittler brauche.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und Abgeord- neten der FREIEN WÄHLER)

Lieber Kollege Magerl, ich wollte hier keineswegs bagatellisieren. Wir kennen uns. Ich habe das in einer ersten Formulierung vielleicht etwas missverständlich dargestellt. Ich habe es anschließend wirklich zurechtgerückt. Natürlich kann niemand wollen, dass so etwas passiert. Sie können sich vorstellen, dass es auch uns unwahrscheinlich zusetzt, dass so etwas passiert ist. Gut, wir tragen die Verantwortung mit. Wir sind in einer anderen Situation.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Eben! – Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Deswegen müssen Sie etwas tun!)

- Ja, Sie unterstellen, dass hier nichts getan wird.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ganz genau, und zwar ein Jahr lang! Nichts!)

- Herr Kollege Pfaffmann, wenn ich einen Aspekt habe, dann kann ich natürlich sofort darauf reagieren.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Natürlich, was denn sonst?)

Aber wir warten ab,

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das ist genau das Problem! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Das ist das Problem!)

bis wir alle Facetten, die es hier zu bedenken gibt, zur Verfügung haben. Das ist eben erst der Fall, wenn wir vom Staatsanwalt die Schwachpunkte mit aufgezeigt bekommen haben. Wir sind bisher der Auffassung, dass das genügt, und müssen feststellen, dass es nicht geht.

Aber ich sage es noch einmal: Es geht nicht, wenn kriminelle Machenschaften im Spiel sind. Das kann niemand ausschließen. Das kann man mit noch so guten Regelungen nicht ausschließen. Was dann noch an Defiziten bleibt, das lasst uns analysieren. Ich sehe diese großen Punkte nicht. Wir haben ja einiges angesprochen, was schon in Erwägung gezogen ist, auch in Ihrem Interesse. Und wenn es nicht 40, sondern 20 Ermittler sind: Sie müssen davon ausgehen, dass die Ermittler tagtäglich beschäftigt werden müssen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Da gibt es in Bayern genügend zu tun!)

Wir haben nicht so viele Großanlagen, dass die Ermittler ständig unterwegs sein könnten. Das hat alles seinen Sinn. Wir haben das bedacht. Ich glaube, dass uns hier auch 20 neue Stellen gewaltig nach vorne bringen. Nochmal: Schnellschüsse helfen uns hier nicht. Wir müssen in dieser Situation sorgfältig nachdenken und Konsequenzen daraus ziehen.

(Beifall bei der CSU – Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Ein Jahr Zeit gewesen!)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt noch eine Zwischenbemerkung: der Kollege Scheuenstuhl. Bitte.

Herr Kollege Hünnerkopf, ich bin etwas überrascht.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wie immer!)

Ich lasse mich von der CSU gerne überraschen, aber ich wäre froh, wenn es einmal eine positive Überraschung wäre und keine negative.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und Abgeord- neten der FREIEN WÄHLER und der GRÜNEN)

Die Zeit des Abwartens, Kollege Hünnerkopf, wie es gerade von Ihnen genannt worden ist, ist eigentlich vorbei.

(Beifall bei der SPD)

Es ist die Zeit des Handelns, nicht des Abwartens. Bei einer Million Eier am Tag – ich mache es einmal ganz einfach – sind das in zehn Tagen 10 Millionen Eier. 1,2 Millionen Hennen in einem Betrieb, das ist eine Riesenzahl. Und diese Zahl – das darf ich jetzt nebenbei noch erwähnen – ist natürlich nur möglich, weil die Käfighaltung noch zulässig ist; sonst könnte man so viele Hennen überhaupt nicht am Boden halten.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben in der indirekten Anhörung, in der Sondersitzung des Ausschusses, Nebelkerzen geworfen, Frau Ministerin: Alles ist in Ordnung in Bayern, alles passt. – Wie lange hören wir das noch? – Über ein Jahr lang warten wir darauf, dass Sie endlich handeln. Jetzt, nach einem Jahr, nachdem sich der Staatsanwalt eingeschaltet hat, kommt es endlich dazu, dass es einen Sonderermittler gibt. Die 40 von Ihnen versprochenen Stellen wurden auf 20 reduziert. Wahrscheinlich waren die anderen 20 überflüssig. Unternehmen Sie doch einmal etwas, damit Sie 20 weitere kriegen! Was muss denn noch passieren? – Wenn wir im Ausschuss nicht Dampf gemacht hätten, was wäre denn dann passiert? Was wäre passiert, wenn wir nicht unseren Florian von Brunn hätten und die Presse und den Rundfunk, die hier zusammen Dampf gemacht haben? – Nichts wäre passiert. Gar nichts hättet ihr gemacht.

(Beifall bei der SPD – Widerspruch bei der CSU)

Lieber Herr Kollege, was ist denn im Grunde genommen seit dem Sommer neu dazugekommen? Was ist neu dazugekommen? Dass ein Veterinär kriminell gehandelt hat.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Ich habe doch im Ausschuss gesagt, dass etwas nicht stimmt! Ihr habt nichts gemacht! Ausgelacht habt ihr mich!)

Moment. Sehen Sie einem Menschen an den Augen an, ob er lügt und kriminell handelt? – Wenn wir diese Fähigkeit gehabt hätten, dann hätten wir eher etwas dazu sagen können.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Wo ist die Dienstaufsicht?)

Es ist so, dass diese wesentliche Erkenntnis oder Information hinzugekommen ist.

Wir haben bereits Fakten geschaffen: 20 Ermittler – Entschuldigung –, 20 Mitarbeiter beim LGL sollen speziell hier eingreifen und überwachen. Das ist, glaube ich, schon ganz wesentlich. Wir werden auch überlegen,

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

welche Verbesserungen in Verbindung mit den Landratsämtern noch erreicht werden müssen. Das kann man aber jetzt nicht abschließen und sagen, jetzt wissen wir alles, wenn noch zusätzliche Ermittlungen stattfinden und wir nicht wissen, was dann noch dazukommt und bedacht werden muss. Insofern geht hier Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Damit müssen Sie einfach leben.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich noch einmal Frau Staatsministerin Scharf das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Staatsministerin.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Hitze und mit Schaum vorm Mund und mit Polemik kommen wir in diesem Fall nicht weiter.

(Beifall bei der CSU – Lebhafter Widerspruch bei der SPD – Harry Scheuenstuhl (SPD): Und mit Untätigkeit kommen wir noch weniger weit! – Dr. Paul Wengert (SPD): Sie reden sich um Kopf um Kragen!)

Die Staatsanwaltschaft ermittelt in diesem Fall. Wir wissen seit 4. Dezember, dass ein Veterinär, ein Kontrolleur in Untersuchungshaft sitzt. Ich habe dazu umgehend umfassend informiert. Wir geben jetzt ein Sondergutachten beim ORH in Auftrag.

Frau Kollegin Steinberger, ich wundere mich schon über Ihr seltsames Verständnis von Unabhängigkeit. Entscheidend ist doch, dass wir jemanden haben, der staatliche Organisation kennt und in diesem Sondergutachten genau hinschaut, um festzustellen, ob wir in der Struktur unserer Lebensmittelüberwachung künftig etwas ändern müssen.

(Zuruf der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Herr von Brunn, Ihr bestelltes Gutachten, dieses Ergebnis, kennen wir; es war für uns nicht überraschend. Aber es ist nicht redlich und nicht angemessen, dass Sie hier zwei Dinge miteinander vermischen. Wir haben auf der einen Seite die generelle Frage, wie Behörden auf Salmonellenbefunde reagieren und damit umgehen. Wir haben auf der anderen Seite aber kriminelles Handeln. Für kriminelles Handeln bei Behörden ist überhaupt kein Platz. Da wird jetzt ermittelt. Ich bitte Sie, gegenüber den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen den nötigen Respekt aufzubringen. Das gehört auch dazu.