Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe zur bayerischen Heimat heißt auch: Liebe zur Bayerischen Verfassung. Wenn man sich jedoch die Realität der politischen Bildung an Bayerns Schulen anschaut, muss man sagen: Die Liebe der Bayerischen Staatsregierung zur Bayerischen Verfassung war nicht sehr groß; denn politische Bildung genießt zwar Verfassungsrang, hat aber in der Schule nur eine randständige Bedeutung.
Da ist es schon gut, sich noch einmal das Fach Sozialkunde anzuschauen; denn in Bayern hinkt die Wahr
heitsfindung hinterher, wie ein Blick auf den Stundenplan und die Stundentafel zeigt. Wenn wir uns zum Beispiel die Realschule anschauen: in den Klassen 5, 6, 7, 8 und 9: null Stunden, in der 10. Klasse – immerhin Abschlussklasse –: zwei Stunden. An den Gymnasien – zumindest an den Gymnasien, die die meisten Schüler besuchen –, sind es in den Klassen 5 bis 9 null Stunden und in der 10. Klasse eine Stunde. In der Oberstufe am Gymnasium, also in der 11. und 12. Klasse, ist es auch eine Stunde. Wir sprechen hier von jungen Leuten, die Wählerinnen und Wähler sind oder demnächst zum ersten Mal wählen. Politische Bildung nimmt einen randständigen Rang in Bayern ein. Das ist schwach und zeugt von keiner großen Liebe zur Bayerischen Verfassung.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat dahin gehend ein deutliches Signal gesetzt und in einer Studie festgestellt, dass Bayern im Bereich der politischen Bildung entweder den vorletzten oder den letzten Platz im Ländervergleich belegt. Klar ist aber auch: Politische Bildung ist nicht nur eine Frage des Fachs, sondern muss auch ein für alle Unterrichtsfächer geltendes Prinzip sein – so steht es im Lehrplan. Schauen wir uns die Realität an, stellen wir jedoch fest, dass dafür oft keine Zeit vorhanden ist. Zu viel Stoff muss durchgenommen, Prüfungen müssen geschrieben werden. Letztendlich müssen wir feststellen: Politische Bildung als fachübergreifendes Prinzip ist oft dem Zufall überlassen und hängt stark davon ab, ob eine Lehrkraft in der Lage ist, politische Bildung zu vermitteln. So sieht keine gute, regelmäßige politische Bildung aus, die wir in Bayern insgesamt brauchen.
Tatsächlich hängt viel von den Lehrkräften ab, die diese Qualifikation in ihrem Studium nicht erwerben konnten. Ich habe die Tage eine Mail von einer Referendarin bekommen, die geschrieben hat, es sei erschreckend zu sehen, wie wenig viele Lehramtsstudenten über Politik wissen und wie wenig sie informiert sind.
Lehrer auch. – Tatsächlich ist es eine wichtige Aufgabe, politische Bildung fachübergreifend zu vermitteln, vermeintlich dumme oder provokative Schülerbemerkungen aufzugreifen und damit politischen Unterricht zu gestalten. Deswegen brauchen wir eine Verankerung der politischen Bildung in der Lehrerbildung und -fortbildung.
Allerdings nicht, wie wir dann immer hören, nach dem Motto "Haben wir schon; machen wir schon", weil es in einer Lehramtsprüfungsordnung hinter irgendeinem Spiegelstrich steht. Nein, wir müssen das als Angebot gestalten, als verpflichtende Seminare, die von guten Professorinnen und Professoren betreut werden müssen. Das muss ordentlich gemacht werden, was heute an bayerischen Hochschulen und in der bayerischen Lehrerbildung nicht der Fall ist.
Ein weiterer Punkt, den ich ansprechen möchte: Demokrat wird man nicht durch Lesen und Zuhören, sondern Demokrat wird man vor allem durch Taten. Man muss Demokratie persönlich erfahren und erleben, und dazu muss die Schule den Raum bieten.
Kürzlich hat eine Schülerin gesagt: Schule ist oft noch eine demokratiefreie Zone. Man kann kein Demokrat werden, wenn man in eine solche Schule geht. In der Schule muss man also erleben, was es heißt mitzuentscheiden. Dazu muss man auch entscheiden können; dazu muss man auch einmal für Mehrheiten kämpfen; dazu muss man argumentieren; dazu muss man auch einmal eine Abstimmung verlieren und dennoch dazu stehen. – Schule muss in einen Ort der demokratischen Erfahrung umgewandelt werden. Wir brauchen eine demokratische Schule, sonst haben wir keine Demokratie.
Die Kollegen haben es angesprochen: Wenn wir uns die heutigen Zeitabläufe anschauen, dann wissen wir: Politische Bildung ist nicht nur ein Thema in der Erwachsenenbildung.
– Ich komme zum Schluss. – Deswegen werden wir uns um die Erwachsenenbildung kümmern müssen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt keinen Anlass zur Zufriedenheit beim Thema politische Bildung; wir müssen da deutlich mehr tun. Es geht um unsere Demokratie.
Frau Vizepräsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ein eindeutiges Ja von meiner Seite zur politischen Bildung. Ich stimme dem zu, was Vorredner aller Parteien gesagt haben: Es ist wichtig, dass wir uns darauf konzentrieren, auch der nächsten Generation den Wert von De
mokratie nahezubringen und die jungen Menschen vor allem auch zu motivieren, für diese Demokratie einzutreten.
Vorhin wurde die Akademie für Politische Bildung gelobt. Ich möchte ausdrücklich auch der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit ein Lob aussprechen. Ob Dr. Rupp, Dr. März oder Dr. Parigger – sie alle leisten sehr gute Arbeit. Ich kenne den Wunsch nach mehr Personal – man hat auch Verständnis dafür –, aber es ist wirklich viel, was dort getan wird, und es ist wichtig, dass auf allen Ebenen geholfen wird.
Gestatten Sie mir in der Kürze der Zeit, ganz besonders in der Woche des 27. Januar, den Aspekt der politischen Bildung aufzugreifen. Zur politischen Bildung gehört für mich auch geschichtliches Wissen; denn wer die Vergangenheit nicht kennt, wiederholt ihre Fehler. Wir in Europa müssen aufpassen, dass nicht wieder aufwächst, was nie wieder aufwachsen darf. Wir müssen uns mit allen Mitteln einer rechtsstaatlichen Demokratie dagegen wehren, dass sich Extremisten in unserem Lande und in ganz Europa wieder breitmachen oder gar in Parlamente einziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer das Denkmal für die sechs Millionen ermordeten Juden in Berlin als Schande bezeichnet, ist für mich ein Rechtsradikaler und hat aus der Geschichte nichts, aber auch gar nichts gelernt!
Wenn sich seine Partei nicht sofort von ihm trennt, dann wird überdeutlich sichtbar, welche Gefahr von dieser Partei für unsere Demokratie ausgeht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch der Linksextremismus verbreitet sich. Mir kommt die Galle hoch, wenn ich heute lesen muss, dass in der Nacht zum Sonntag 15 vermummte Linksradikale in Berlin Polizisten mit Pflastersteinen angegriffen und fünf Streifenwagen zertrümmert haben. Mir tun unsere Polizisten leid, die für unsere Demokratie ihren Kopf hinhalten. Auch das sei erwähnt.
Was den religiösen Extremismus – die dritte große Bedrohung – angeht, so gilt, was die CSU von Anfang an gesagt hat: Wer beabsichtigt, unser Land durch Gewalt und Anschläge zu verändern, muss mit aller Härte, die eine Demokratie zulässt, daran gehindert werden und hat in diesem Land nichts zu suchen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Extremisten lassen nur ihre Meinung gelten, missachten demokratische Regeln, wenden oft Gewalt gegenüber Andersdenkenden an und zerstören das Miteinander
der Menschen. Extremisten haben im letzten Jahrhundert die größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte begangen; ihr Aufkeimen ist eine Bedrohung für das neue Jahrhundert, das relativ friedlich begann, aber dessen Verlauf mir Sorge bereitet. Daher sind politische Bildung und die Erziehung zu demokratischem Denken von fundamentaler Bedeutung für unsere Demokratie. 71 Jahre Frieden sind alles andere als selbstverständlich. Deswegen halten wir auf allen Ebenen zusammen.
Schule kann nicht kompensieren, was schon das Elternhaus leisten muss, nämlich überhaupt ein Interesse an Politik zu wecken. Wenn die Gesellschaft als Ganzes nicht erkennt, wie wichtig es ist, die Demokratie zu verteidigen, zu schützen und sich für sie auszusprechen und zur Wahl zu gehen, dann sägt sie an dem Ast, auf dem sie sitzt.
In den nächsten fünf Jahren stehen uns fünf große Wahlen bevor. Ich kann nur hoffen, dass die Menschen begreifen: Wer nicht zur Wahl geht, sagt Nein zur Demokratie. – Wir haben demokratische Parteien mit großer Tradition. Ich sage ganz bewusst über die eigene Partei hinaus: Mir ist es lieber und tausendmal wichtiger, jemand geht zur Wahl und wählt eine demokratische Partei, als dass er keinen Gebrauch von seinem Wahlrecht macht und – bei einer Wahlbeteiligung von 50 % – damit die Zahl der Extremisten in den Parlamenten verdoppelt oder sie überhaupt erst dort hineinbringt.
Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss uns die Sorge um die Demokratie und ihre Zukunft einen und müssen wir uns gemeinsam darum bemühen, dass alle, die diese Demokratie angreifen, auch zurückgewiesen werden.
Das war der Aspekt zum Thema politische Bildung, der mir heute wichtig war. Wir wünschen uns politische Bildung. Auf der einen Seite ist sie ohne Zweifel eine Bringschuld des Staates, auf der anderen Seite ist sie eine Holschuld des Einzelnen, wenn er die Errungenschaften der Demokratie genießen und in Wohlstand und Freiheit leben will.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Friedrich Ebert hat gesagt: "Demokratie braucht Demokraten." Das ist auch ein Leitsatz der politischen Bildung. Demokratinnen und Demokraten fallen nicht vom Himmel, sondern es bedarf einer Demokratieerziehung, die möglichst früh ansetzt: bei
Ich freue mich – auch in Anbetracht der Aktualität – sehr über das einmütige Votum, das hier im Hohen Hause herrscht, nämlich zu sagen: Wir sind gefordert. – Wie wichtig ist politische Bildung? Kollege Freller sagt: fundamental wichtig. Da kann ich nur zustimmen. Aber wir dürfen es nicht bei den Worten, die hier im Saal fallen, belassen. Ich bitte wirklich, das Thema politische Bildung, das meiner Meinung nach zu lange vernachlässigt worden ist, ernsthaft anzugehen. Jetzt sind wir gefordert, und zwar nicht nur als Demokratinnen und Demokraten, sondern uns kommt hier gerade als Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine sehr hohe Verantwortung zu. Tun wir genug? – Das gilt nicht nur in Bezug auf CSU, SPD, FREIE WÄHLER und GRÜNE, sondern wir Demokraten müssen uns fragen: Tun wir auch als Parlamentarier über die Fraktionsgrenzen hinweg genug für die politische Bildung in unserem Land? Tun wir genug, um diesen Entwicklungen zu begegnen, den Stichworten von 2016: Rechtspopulismus, Migrationsdebatte, Radikalisierung der Politik im gesellschaftlichen Diskurs, Lügenpresse, Agitation etc.?
Es darf jetzt nicht bei den Worten im Rahmen der Aktuellen Stunde bleiben, sondern wir sind als Demokratinnen und Demokraten über Parteigrenzen hinweg gefordert, uns dieses Themas ernsthaft anzunehmen. Und auch wir sagen: Danke schön an alle, die in diesem Bereich tätig sind. Auch wir als SPD-Landtagsfraktion sagen der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, der Akademie für Politische Bildung, aber auch allen parteinahen Stiftungen und darüber hinaus Dank, die hier arbeiten.
Wir zucken dann oft zurück und sagen: Parteinahen Stiftungen dürfen wir nicht mehr Geld geben. Das ist Selbstbedienung. – Zu einer Demokratie gehören aber Parteien. In Parteien findet ganz viel politische Bildung statt, auch Demokratieerziehung von jungen Menschen. Wir dürfen nicht zurückschrecken, darüber ohne Tabu zu diskutieren. Wichtig ist, dass wir ernsthaft mit Taten die Rahmenbedingungen für all diejenigen in unserem Land verbessern, die bisher gute Arbeit leisten. Das ist aber nicht ausreichend; davon sind wir als SPD-Landtagsfraktion überzeugt. Ansonsten hätten wir dieses Thema nicht ganz klar überschrieben mit "Politische Bildung stärken!". Wir sind hier gefordert, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen. Das heißt zum Beispiel – Kollege Freller hat es angesprochen –, die Ausstattung unserer Landeszentrale für politische Bildungsarbeit im Vergleich zu allen anderen Bundesländern zu sehen. Wir haben
abgefragt: Was leisten die Landeszentralen für politische Bildung in den Bundesländern? Was leisten sie, welchen Auftrag haben sie? Da muss man differenzieren, weil es durchaus Unterschiede gibt. Was bekommen sie an Personalausstattung und an Mitteln? Wie verhält es sich mit weiteren Rahmenbedingungen, die wir möglicherweise verbessern müssen? Ich hoffe, wir kommen in dieser Debatte zu einem positiven Ergebnis. Wir werden als SPD-Fraktion entsprechende Anträge einreichen.
Die politische Bildung ist ein universaler Auftrag. Wir müssen sicherstellen, dass politische Bildung wirklich in ausreichendem Maße und in allen Bildungsgängen verankert ist: in der Allgemeinbildung, an den berufsbildenden Schulen, an Hochschulen, in der Jugend- und Erwachsenenbildung sowie der Aus- und Weiterbildung. Wir brauchen an Hochschulen politische Bildung für alle Studierenden und insbesondere für alle Lehramtsstudierenden. Hier muss mehr getan werden. Hier muss besser gefördert werden. Hier müssen wir ansetzen. Wir brauchen die für die politische Bildung institutionalisierte fachdidaktische Forschung an den Hochschulen. Auch das ist ein wichtiger Punkt. Wir nutzen die Kompetenz unserer Einrichtungen, die über Jahre und Jahrzehnte gute Arbeit geleistet haben, unseres Erachtens nicht genug. Diese Kompetenz gilt es zu nutzen, zum Beispiel zur Demokratieerziehung und Wertevermittlung auch im Hinblick auf Flüchtlinge, auf neue Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Wir brauchen eine bessere Ausstattung für unsere Bayerische Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. Wir brauchen eine auskömmliche finanzielle Unterstützung und eine gesicherte Finanzierungsgrundlage für all diejenigen, die in diesem Bereich tätig sind, für alle Träger. Dazu gehören auch die parteinahen politischen Stiftungen und ihre Träger in Bayern.
In diesem Sinn freue ich mich auf eine interessante Diskussion, nachdem wir unsere Anträge eingebracht haben, und sage herzlichen Dank. Ich hoffe, der Konsens des Hohen Hauses auf diesem Gebiet bleibt dann erhalten.
Frau Vizepräsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Hinblick auf die Stärkung der politischen Bildung stimmen wir allen Aussagen, die dieses Ziel haben, mit nur einer Einschränkung zu. Es ist nicht die Aufgabe eines Ein
zelnen. Rednerinnen und Redner der Fraktionen haben betont, dass es eine gemeinsame Aufgabe ist. Deswegen ist es wichtig, dass dieser Auftrag und die Rahmenbedingungen sehr genau beachtet werden. Auch das ist keine Frage. Auch hier stimmen wir zu. Aber ich stelle fest, dass eine Reduzierung auf Stundentafeln, ein Abhaken gemäß der Frage, was an Erlassen da ist und was wo an welchem Ort in den Lehrplänen steht, allein eben nicht genügt. Das würde dem Thema nicht gerecht. Das würde dessen Ernsthaftigkeit nicht gerecht und schon gar nicht der großen Aufgabe, die uns alle miteinander verbindet. Deswegen ist es wichtig zu betonen, wie Kollegin EilingHütig und Kollege Freller gezeigt haben, dass es weit über den stundenplanmäßigen Unterricht hinaus fächerübergreifende Zusammenarbeit, Projekte, Maßnahmen und Seminare nicht nur im Bereich der Oberstufe, sondern auch weit früher gibt, die sehr segensreich in dem angestrebten Sinn wirken. In allen Phasen der Lehrerbildung gilt es, soweit es die Schulen betrifft, in dieser Richtung Akzente zu setzen. Das wird gemacht. Da ist der Rahmen vorhanden. Da geschieht sehr viel. Natürlich kann ich überall kritisieren. Es ist das Recht der Opposition zu sagen, da könnte noch ein Stück mehr laufen, da könnte noch ein Stück mehr sein. Das ist in Ordnung.