Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Trüpel, gerade weil das so ist, wie Sie es zum Schluss gesagt haben, machen wir das seit fünf Jahren. Sie kritisieren etwas, was ganz selbstverständlich geschieht. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sagten, dass wir die Bürger mitnehmen müssen, das ist ein ganz wichtiger Punkt. Einer der größten Bremsklötze, die Bürger mitzubekommen, sind die Grünen auf diesem Weg. Das ist leider so!
(Beifall bei der CDU — Zuruf vom Bündnis 90/Die Grünen — Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Natürlich!)
Ich habe nie gesagt, dass die Investitionen sozusagen ein Wert an sich sind, das ist nicht das Problem, nur, ich habe gesagt, dass es dazu keine Alternative gibt. Es gibt keine Alternative zum Prinzip Sparen und Investieren. Das ist die Botschaft, die wir immer genannt haben.
(Abg. Z a c h a u [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wie viel sparen Sie denn?) ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft. (A) (C)
Meine Damen und Herren, wir führen im Moment die Debatte über eine Vorlage, in der wir Ihnen Einblick in die wissenschaftliche Begleitung des ISP geben. Die Debatte, die Sie führen, hat damit relativ wenig zu tun. Jede Investitionsentscheidung im ISP, die von den Wirtschaftsförderungsausschüssen beschlossen worden ist, ist im Regelfall zumindest von den beiden großen Fraktionen gleichermaßen, meistens einstimmig, beschlossen worden, und sie wurde immer auf der Basis wirtschaftlicher Plausibilitätsprüfungen und ganz bestimmter gutachterlicher Aussagen getroffen. Was wir zusätzlich zu dem tun, was alle anderen Länder auch tun, und nur darum geht es doch — dass sie wirtschaftliche Plausibilitätsprüfungen machen, Arbeitsplatzberechnungen und so etwas, ist immer Gegenstand der Vorlagen für die Wirtschaftsförderungsausschüsse gewesen —, ist eine wissenschaftliche Begleitung dieser Projekte, um noch besser prüfen zu können, ob sich das, was an Plausibilitäten am Anfang der Beschlussfassung nachgewiesen war, im weiteren Verfahren als richtig herausstellt. Deshalb ist es so richtig und wichtig, dass wir die Entwicklung der einzelnen Projekte und ihre Vernetzung mit einer politischen Evaluierungstechnik begleiten, um auch auf dem Wege die Effekte kontrollieren und Fein- und Grobsteuerungen machen zu können. Das, was wir Ihnen vorstellen wollten, ist der Sachverhalt, dass wir dies tun, dass wir das mehr tun als die anderen, die nur Plausibilitätsprüfungen und Arbeitsmarktprüfungen machen, und dass wir diesen Prozess machen wollten. Ich glaube, es macht sehr viel Sinn, diese wissenschaftliche Begleitung des ISP zu betreiben und daraus auch Ergebnisse zu finden, Einsichten zu bekommen und möglicherweise auch Entscheidungen zu revidieren, wenn es denn sein muss. Dafür macht man eine wissenschaftliche Begleitung. Es hat niemand gesagt, dass sozusagen alles das, was wir einmal beschlossen haben, nicht mehr geprüft werden soll, denn wenn wir es prüfen, dann müssen wir es ja offen prüfen, auch mit dem möglicherweise notwendigen Ergebnis, Beschlüsse zu verändern.
Ich denke, die wissenschaftliche Begleitung ist gut, der Ansatz ist richtig, und wir bekommen damit, gerade für dieses Haus, für Sie alle, eine Transparenz und eine Mitwirkungs- und Beurteilungsmöglichkeit, die in anderen Parlamenten wegen der eben fehlenden Vorlage von Controllingberichten, Transparenz und wissenschaftlicher Begleitung nicht da ist. Wir versetzen Sie in die Lage, uns sozusagen kritisch zu begleiten, was Sie ja auch sollen.
(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist ja äußerst gütig! Da müs- sen wir dann ja äußerst dankbar sein!)
Deshalb, würde ich denken, sind wir zu dieser Transparenz sehr gern bereit und auch zu dieser Überprüfung, und das wollten wir mit diesem Zwischenbericht deutlich machen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Beratung ist geschlossen. Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats Kenntnis.
Dazu als Vertreter des Senats Senator Dr. Schulte. Gemäß Paragraph 29 unserer Geschäftsordnung hat der Senat die Möglichkeit, die Antwort auf die Große Anfrage in der Bürgerschaft mündlich zu wiederholen. Ich gehe davon aus, dass das nicht sein soll. — Das ist der Fall. Ich frage, ob in eine Aussprache eingetreten werden soll. — Das ist der Fall. Als Erster hat das Wort der Abgeordnete Herderhorst.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Rückblickend auf mehrere Legislaturperioden kann man feststellen, dass dieses Parlament kaum Gelegenheit genommen hat, zu Fragen des Verfassungsschutzes Stellung zu beziehen. Wahrscheinlich war 1981/1982 das letzte Mal, dass hier im Hause im Zusammenhang mit der Änderung des von 1974 stammenden Gesetzes über den Verfassungsschutz im Lande Bremen gesprochen worden ist. Das ist im Prinzip erfreulich, weil damit unterstellt werden kann, dass es keine Probleme auf diesem Feld gegeben hat und dass das Amt für Verfassungsschutz gute Arbeit für den Erhalt unserer verfassungsmäßigen Ordnung und unseres demokratischen Rechtsstaates geleistet hat.
Meine Damen und Herren, ich will an dieser Stelle nicht auf den im Paragraphen 3 des Verfassungs––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
schutzgesetzes geregelten Aufgabenkatalog eingehen, sondern nur darauf hinweisen, dass der Verfassungsschutz sich den veränderten politischen Verhältnissen, bedingt insbesondere durch die veränderten Verhältnisse im Osten Europas, entsprechend angepasst hat. Wie auch die Antwort des Senats sagt, sind die neuen Schwerpunkte Links- und Rechtsextremismus sowie Ausländerextremismus. Diese Aussage wird eindrucksvoll durch den Verfassungsschutzbericht 1999 von Bundesinnenminister Schily unterlegt.
In Bremen hat die Verlagerung des Aufgabenschwerpunktes, wie in anderen kleineren Bundesländern auch, dazu geführt, dass das Personal von 83 auf 39 Mitarbeiter heruntergefahren wurde. Das ist ein Vorgang, der in diesem wie vielen anderen Ämtern auch schmerzlich war. Unsere Besuche im Verfassungsschutzamt Bremen haben aber ergeben, dass diese Mitarbeiterzahl die unterste Grenze dessen darstellt, was für die Grundaufgaben bei heutiger Schwerpunktbildung erforderlich ist.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich darauf hinweisen, dass dieses Amt heute auch nicht mehr als geheimes Amt, im übertragenden Sinne gemeint, bezeichnet werden kann. Unter anderem stellt unsere PKK, also unsere Parlamentarische Kontrollkommission, sicher, dass der Verfassungsschutz im Rahmen seines Verfassungsauftrags und des geltenden bremischen Verfassungsschutzgesetzes die Aufgabenrahmen nicht überschreitet. Auf der anderen Seite haben Gespräche mit Verfassungsschützern gezeigt, dass ein großes Maß an Transparenz und Offenlegung der Verfassungsschutzarbeit gewährleistet ist. Insbesondere auch die guten Kontakte zu Ämtern des Bundes und der Länder sowie zur Polizei machen es möglich, dass manche polizeilichen Lagen gemeistert werden können.
Meine Damen und Herren, ich möchte nicht versäumen, den Grund unserer Großen Anfrage zu nennen. Anlass hat uns unser Kollege Hermann Kleen gegeben, der Vorgänge um den Verfassungsschutz in Berlin zum Anlass genommen hat, über die Zukunft des Bremer Amtes öffentlich nachzudenken. Er attestiert dem Bremer Amt zwar korrekte Arbeit, stellt dann jedoch einen Bezug zu nach seiner Auffassung noch notwendigen aufgabenkritischen Betrachtungen aufgrund schwieriger Sanierungszeiten in Bremen her.
Lieber Hermann Kleen, dass wir Sanierungsland sind und demzufolge gespart werden muss, ist bekannt, ansonsten sind aber die Überlegungen zwar zulässig, gehen aber in die völlig falsche Richtung, erstens deswegen, weil Berlin seinen Verfassungs
schutz nicht abgeschafft, sondern lediglich, und das zum zweiten oder dritten Mal, eine neue Organisationsform festgelegt hat. Einmal war der Verfassungsschutz in Berlin ein nachgeordnetes selbständiges Amt, jetzt wurde es wieder dem dortigen Senator für Inneres als Abteilung, allerdings mit gleicher Aufgabenstellung, einverleibt.
Zweitens: Aufgabenkritische Betrachtungen sind sicher richtig und wichtig. Wenn es allerdings um das Einsparen geht, fallen mir hier in Bremen unter der Prioritätensetzung einige andere Ämter ein, die dringender aufgabenkritisch zu betrachten wären. Drittens: Die Antwort des Senats stellt zu Recht fest, ich zitiere: „Der Senat hält angesichts der eingangs geschilderten veränderten Aufgabenstellung die derzeitige personelle und materielle Ausstattung des Landesamtes für Verfassungsschutz für noch ausreichend.“ Ich ergänze: Hier wird Quantität in diesem Amt durch Qualität ersetzt.
Worauf zu achten ist, ist die ungünstige Altersstruktur der Beschäftigten. Wir müssen rechtzeitig dafür Sorge tragen, dass jüngere Beschäftigte eingeworben und ausgebildet werden, damit die Kontinuität der Arbeit nicht leidet und die jetzige Leistungsfähigkeit nicht gemindert wird.
Ansonsten, Herr Kollege Kleen, spricht die Antwort des Senats eine klare Sprache: Änderungen in der Organisation oder weitere Personalreduzierungen kommen nicht in Frage. Noch eines: Ich empfehle den Blick in unsere Koalitionsvereinbarung, die im letzten Absatz der Seite sieben sagt, ich zitiere: „Mit Blick auf die Entwicklungen im Bereich des Rechtsextremismus und Ausländerextremismus wird die Leistungsfähigkeit des Landesamtes für Verfassungsschutz personell und materiell abgesichert.“ Daran, meine ich, wollen wir uns gemeinsam halten.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich noch einige weitere Punkte ansprechen! Das Landesamt für Verfassungsschutz ist nach wie vor unerlässlich und notwendig, um den neuen und vielfältigen Gefährdungen für unseren verfassungsrechtlich geschützten demokratischen Rechtsstaat entgegenwirken zu können. Das Landesamt für Verfassungsschutz ist als Bremer Amt ein Glied der Kette von Verfassungsschutzämtern des Bundes und der Länder, das national wie international durch Datenaustausch und Nachrichtenaustausch notwendige, verwertbare, auch in Bremen verwertbare Erkenntnisse erlangen kann. In diesem Zusammenhang habe ich zur Kenntnis genommen, dass der Senat daran arbeitet, das Bremer Verfassungsschutzgesetz denen des Bundes und der Länder anzupassen und darüber hinaus datenschutzrechtliche Regelungen zu aktualisieren.
Meine Damen und Herren, wer den vom Senat bezeichneten Prüfbericht der länderübergreifenden Arbeitsgruppe der Innenministerkonferenz von 1998 gelesen hat, kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Lücken in der Aufklärung des Vorfeldes der organisierten Kriminalität unter Ausweitung der Kompetenzen des Verfassungsschutzes geschlossen werden müssen.
Ich hoffe, dass die angesprochenen Prüfungen des Senats zu den entsprechenden Ergebnissen kommen. Dafür könnten die bayerischen Regelungen über die Kompetenzen des Verfassungsschutzes im Bereich der Bekämpfung der organisierten Kriminalität Leitlinie sein. Dort hat es große Erfolge auf diesem Gebiet in einzelnen Deliktsfeldern der organisierten Kriminalität gegeben. Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss zu der Feststellung: Der Bremer Verfassungsschutz ist unverzichtbar! Ohne den Verfassungsschutz wäre zum Beispiel die Demonstration Rechtsradikaler im Bremer Osten am 1. Mai 1999 nicht so abgelaufen, wie sie abgelaufen ist, nämlich friedlich! Die Polizei konnte gute Hinweise des Landesamtes für Verfassungsschutz für die Lagebeurteilung verwerten und ihr taktisches Vorgehen danach ausrichten. Die Instrumentarien für die Arbeit des Landesamtes für Verfassungsschutz müssen materiell abgesichert bleiben, und der jetzige Standard beim Landesamt muss abgesichert werden. Ein letzter Punkt: Ich würde mich freuen, wenn der Senat absehbar ein novelliertes Gesetz über den Verfassungsschutz im Land Bremen vorlegt und die bezeichneten Prüfungen im Ergebnis die Lücken bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität schließen.
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich sehr herzlich den Kollegen Heiko Maas begrüßen, den Vorsitzenden der SPD-Fraktion des Saarländischen Landtags.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur Großen Anfrage der CDU mit der Drucksachen-Nummer 15/315, „Verfassungsschutz ist unverzichtbar“, sage ich Ihnen ganz klar und deutlich: Verfassungsschutz ist verzichtbar!
Der Verfassungsschutz ist im Laufe der Zeit zu einem Instrument zur Unterdrückung unbequemer politischer Gegner verkommen. Nach Ansicht des ehemaligen Berliner CDU-Fraktions- und -Landesvorsitzenden und späteren Ministers für gesamtdeutsche Fragen, Ernst Lemmer, bestehen 80 Prozent der Arbeit des Amtes darin, dass sich die Verfassungsschützer untereinander beschnüffeln, 15 Prozent ihrer Zeit bespitzeln sie freiheitlich denkende Politiker, und fünf Prozent verbringen sie mit wirklich sachlicher Tätigkeit. Diese Beurteilung, meine Damen und Herren, spricht nicht gerade für einen ausgesprochen sinnvollen Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes und für eine Institution, die eine demokratische Staats- und Gesellschaftsordnung, eine freiheitliche noch dazu, zu schützen vorgibt, erst recht nicht.
Auftrag und Arbeitsweise des Verfassungsschutzes lassen vielmehr den Schluss zu, dass der Einsatz der Verfassungsschützer eben nicht dem Schutz von Rechten und Pflichten der Staatsbürger dient, meine Damen und Herren, sondern vielmehr dient er jenen etablierten Politkartellen, die sich scheinheilig und schamhaft mit einem freiheitlichen und demokratischen Mäntelchen bedeckt halten und haben.
Verfassungsschutzbericht, so lautet der Titel des wohl kuriosesten Pamphlets Etablierter. Das Bundesverfassungsgericht hat den Verfassungsschutzbericht als Meinungskundgabe des Innenministeriums charakterisiert. Es ist also ein reines Propagandainstrument und nicht, wie man der Bevölkerung weismachen will, ein rechtsstaatlicher Index gesetzwidriger Aktivitäten. Ebenso fehlen in diesem Propagandapamphlet die Verfassungsbrüche herrschender Politiker, selbst dann, wenn das bundesdeutsche Höchstgericht in Karlsruhe die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen und Maßnahmen von Etablierten in weit über 200 Fällen festgestellt hat. Die Verfassungsschutzberichte sind nichts anderes als mit zweckentfremdeten Steuergeldern finanzierte Rufmordpamphlete Herrschender, die von eigenen Schandtaten ablenken wollen.
Der Verfassungsschutz betätigt sich außerdem als Brandstifter, indem eingeschleuste V-Leute im Auftrag des Verfassungsschutzes Straftaten verüben, um Rechte zu kriminalisieren.
Ich erinnere hier nur einmal an den Fall des Herrn Blome, Mitglied der Bremischen Bürgerschaft, das sollten Sie nicht vergessen! Des Weiteren wurde mit Hilfe des Verfassungsschutzes in Nordrhein-Westfalen eine richtige Terrororganisation mit Namen „Europäische Befreiungsfront“ gegründet. Ebenso
lieferte der Verfassungsschutz Waffen und Sprengstoff für Anschläge, die dann den Rechten in die Schuhe geschoben wurden, meine Damen und Herren. Auch erinnere ich Sie hier noch einmal an die skandalösen Vorfälle in Celle, bekannt geworden unter einem weiteren Verfassungsschutzskandal, das „Celler Loch“.
Der jüngste Skandal! Da soll laut „Kennzeichen D“ der wegen Volksverhetzung verurteilte Neonazi namens Thomas Dienel Informant des Thüringer Verfassungsschutzes gewesen sein. Hierzu schreibt die „taz“ — Herr Präsident, ich darf zitieren —: „Der Thüringer Neonazi Dienel war geradezu gerührt und vergnügt: ‚Das Landesamt für Verfassungsschutz‘, und darüber musste er lachen, ,hat mir massenweise Aufkleber und Werbematerial und so weiter finanziert‘, was er als Spendengelder für die rechtsextremistische Szene betrachtet habe.“ Soweit die Aussage dieses Herrn Dienel!