Protokoll der Sitzung vom 11.10.2000

Zu zwei: Das Land Bremen und seine Stadtgemeinden präsentieren sich im Rahmen des Informationssystems über Vernetzungen zu dem landeseigenen Internetauftritt „bremen.de“ beziehungsweise zu den Seiten der jeweiligen Wirtschaftsförderungsgesellschaften wie BIG, WFG, BIS oder Institutionen wie BAW, die wiederum mit umfangreichen

Datenbanken, Statistik, Förderprogramme und so weiter, hinterlegt sind. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte sehr!

Beteiligt sich das Land denn, nachdem jetzt diese aus Bremen mitfinanzierte Aufbauförderung ausgelaufen ist, an der Fortsetzung des Systems, und präsentiert sich Bremen, also die Stadt und das Land, in diesem System?

Bitte, Herr Senator!

Es macht Sinn, sich an diesem System zu beteiligen, weil es ein regionaler Auftritt ist, der über die Region hinausgeht, und mittlerweile, glaube ich, von fast 5000 Unternehmen bedient wird. Auch die Nachfrage aus Bremen wird größer, so dass wir uns an diesem Universitätsinformationsdatensystem auf jeden Fall, und sei es auch in einem Teilaspekt, weiter beteiligen werden. Ich finde es aber auch vernünftig, wenn wir uns längerfristig an dem Gesamtsystem der regionalen Informationen beteiligen, weil, ich wiederhole mich, diese Informationsqualität mittlerweile um Bremen herum nicht zu einem weißen Fleck führen darf.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich teile dies sehr! Ich habe gestern Abend noch einmal in das System hineingeschaut, und habe mich wie ein ansiedlungswilliges Unternehmen verhalten, das eine Autobahnnähe oder eine Flughafennähe wünscht und sich die Gewerbeflächen anzeigen lassen möchte. Man bekommt Achim-Uesen gezeigt, Dreye und andere. Soll das geändert werden?

Bitte, Herr Senator!

Das wird geändert, Herr Abgeordneter. Ich stimme Ihnen zu, diese Frage ist berechtigt. Wir müssen das ändern.

(Abg. D r. S i e l i n g [SPD]: Danke sehr!)

Zusatzfrage? – Bitte, Frau Wiedemeyer!

Wenn Sie die Erkenntnis haben, dass es geändert werden muss, warum ist da bisher nichts gemacht worden? Ich glaube nicht, dass die Frage des Abgeordneten Dr. Sieling ausschlaggebend sein kann. Das System regis wurde schon vor mehreren Monaten öffentlichkeits

wirksam vermarktet. Da konnte man schon feststellen, dass Bremen da nicht repräsentiert wird.

Bitte, Herr Senator!

Ich will nicht ausschließen, dass man das schon früher so hätte feststellen können, aber bisher, und das zur grundsätzlichen Seite, gab es keinen Bedarf, weil der Drang aus Bremen eben nicht so stark war, und wir glaubten, mit unseren eigenen Systemen ein hinreichendes Informationssystem zu haben. Wenn wir uns dem jetzt anschließen, vernetzen wir es besser, deswegen tun wir es jetzt.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Erlauben Sie mir die Bemerkung, dass ich diese Beantwortung mehr als peinlich finde! Ich glaubte immer, unser gemeinsames Streben gerade in der Wirtschaftsförderungspolitik wäre, Ansiedlungspolitik zu betreiben. Wir müssen nicht das Auge darauf werfen, ob es in Bremen Internetnutzer gibt, die über das Internet in Bremen Flächen suchen, sondern vor allen Dingen auch Ansiedlungswillige, die darüber nachdenken, sich im Großraum Bremen niederzulassen. Stimmen Sie da nicht mit mir überein, dass das Internet doch eine Möglichkeit ist, sich über andere Orte zu informieren, und dass es sehr hilfreich wäre, wenn auch Bremen eben nicht als weißer Fleck da auftauchen würde?

Bitte, Herr Senator!

Ich glaube, wir brauchen uns über die Bedeutung des Internet, nicht zu unterhalten, wenngleich wir es auch nicht überschätzen wollen. Bisher haben wir, wie wir finden, hinreichend und qualitativ sorgfältig informiert. Wir nehmen jetzt diese weitere Möglichkeit auf. Ich denke, damit können wir – jedenfalls aus meiner Sicht – die Antwort als hinreichend bezeichnen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Die vierte und damit letzte Anfrage betrifft die Abschiebung nach Feststellung der tatsächlichen Identitäten. Sie ist unterschrieben von den Abgeordneten Herderhorst, Eckhoff und Fraktion der CDU. Bitte, Herr Kollege Herderhorst!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie viele von den 531 identifizierten Türken, die sich als Familien kurdisch-libanesischer Herkunft ausgegeben haben, sind bereits abgeschoben, und wie beurteilt der Senat die Zeitschiene für die Abschiebungen insgesamt?

Zweitens: Trifft es zu, dass dieser Personenkreis, unter dem sich eine Reihe von Intensivtätern befindet, seinen Aufenthalt nach Feststellung der wahren Herkunft durch weitere Rechtsmittel noch erheblich verlängern kann?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Senator Dr. Schulte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu eins und zwei: Von den Personen, denen von der Ermittlungsgruppe der Polizei nachgewiesen werden konnte, dass sie nicht staatenlose Kurden aus dem Libanon sind, sondern tatsächlich die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, sind bis zum Stichtag 30. September 2000 24 Personen abgeschoben worden.

In der Ausländerbehörde haben am 1. September 2000 drei zusätzliche Kräfte ihren Dienst aufgenommen, deren Aufgabe ausschließlich die Bearbeitung dieser Fälle ist. Vom Einsatz dieser gesonderten Arbeitsgruppe wird eine erhebliche Beschleunigung der Verfahren erwartet. Eine konkrete Zeitschiene für die Rückführung lässt sich zurzeit nicht darstellen. Dies beruht im Wesentlichen auf den noch fehlenden Erfahrungen mit der Rückführung des genannten Personenkreises.

Die Betroffenen verfügen aufgrund ihres langjährigen Aufenthalts in der Regel über eine Aufenthaltsbefugnis, die, wie in anderen Verwaltungsverfahren auch, mittels eines rechtsmittelfähigen Bescheids zu widerrufen beziehungsweise nicht zu verlängern ist. Dabei ist bereits jetzt festzustellen, dass eine Aufenthaltsbeendigung nicht in jedem Fall möglich ist. Eine Aufenthaltsbeendigung ist ausgeschlossen, wenn die Betroffenen aus anderen Gründen – zum Beispiel durch Eheschließung mit einem deutschen Staatsangehörigen oder einem Ausländer mit verfestigtem Aufenthaltsstatus – ein Aufenthaltsrecht erhalten haben. Hinzu kommen die Fälle, in denen die Abschiebung vorübergehend aus tatsächlichen Gründen – zum Beispiel infolge einer Erkrankung – ausgesetzt werden muss.

Es trifft zu, dass ein Betroffener durch Einlegung eines Rechtsmittels für die Dauer des Rechtsmittelverfahrens seinen Aufenthalt verlängern kann. Die verschiedenen Möglichkeiten zur Einlegung eines Rechtsmittels können im Einzelfall sicherlich auch zu einer erheblichen Verlängerung des Einzelfalls führen. Nach der geltenden Rechtsordnung ist dies hinzunehmen.

Die Betroffenen haben die Möglichkeit, gegen die Ausreiseverfügung der Ausländerbehörde Widerspruch einzulegen und gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung beim Verwaltungsgericht im Rahmen eines Eilverfahrens einen Antrag auf Wie

derherstellung der aufschiebenden Wirkung zu stellen. Sofern das Verwaltungsgericht diesen Eilantrag ablehnt, kann ein Antrag auf Zulassung der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht gestellt werden. Für die Durchführung des Hauptsacheverfahrens ist die Anwesenheit der Betroffenen im Bundesgebiet nicht erforderlich.

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, einen Asylfolgeantrag zu stellen. Schließlich kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden, wenn die Betroffenen sich in ihren Grundrechten verletzt fühlen, und es kann eine Petition eingereicht werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte sehr!

Herr Senator, vor dem gesamten Hintergrund, den wir hier zweimal debattiert haben, frage ich, ob, abgesehen von den fehlenden Erfahrungen bei solchen Abschiebungen, besonders rechtlicher Natur, der Senat es für verhältnismäßig hält, dass die Zeitschiene für die restlichen 507 Abzuschiebenden nicht darstellbar ist.

Bitte, Herr Senator!

Die Zeitschiene ist nicht darzustellen, aber ich möchte hinzufügen, Herr Abgeordneter, dass das ganze Verfahren sehr unbefriedigend ist, weil wir eben einen solch langen Verfahrensweg haben. Wir tun alles – ich hatte in der Antwort angegeben, dass wir jetzt zusätzliches Personal eingestellt haben –, um so rasch wie möglich diese Abschiebungen vorzunehmen. Ich darf hinzufügen, dass die 24 Fälle, in denen wir bereits jetzt eine Abschiebung vollzogen haben, sehr schnell erledigt worden sind, so dass ich hoffe, dass wir nun auch wirklich zügig diese Verfahrenswege gehen können.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Halten Sie es angesichts der Hintergründe für die Abschiebungen dieses Personenkreises für angemessen, dass diese Personen erneut Rechtsmittelmöglichkeiten haben, und laufen wir nicht Gefahr, uns vom Rechtsstaat zum unendlichen Rechtswegestaat zu entwickeln?

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter, ich teile Ihre Meinung, dass unser Rechtsstaat in der Tat auf dem Weg ist, missbraucht zu werden, und zwar insofern, als wir heute immer mehr die Rechtswege ausnutzen, die wir als Instrumente auch rechtsstaat

lich haben wollen, um mich da nicht misszuverstehen.

(Beifall bei der SPD)

Aber, Herr Dr. Sieling, gerade weil Sie klatschen, es ist doch so: Die Mütter und Väter unseres Grundgesetzes haben diesen Rechtsstaat geschaffen, damit er dem Einzelnen Rechte gibt, um vor dem Staat geschützt zu werden. Heute ist doch die Situation so, dass wir den Rechtsstaat schützen müssen gegen egoistische Einzelinteressen zu Lasten der Allgemeinheit. Das ist doch das Problem.

(Beifall bei der CDU – Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Ist das die Position des Senats?)

Meine Damen und Herren, das ist meine Position. Ich sage ganz deutlich, wenn wir das nicht begreifen, dann haben wir alle ein Problem. Dass Sie als Grüne das nicht begreifen, dass Sie noch nicht so sensibel sind zu verstehen, dass wir eines Tages ein Problem bekommen, dass wir unseren Rechtsstaat nicht mehr halten können,

(Abg. T i t t m a n n [DVU]: Haben wir doch schon!)

das will ich bestätigen, aber ich glaube, dass CDU und SPD wissen, dass dieses Problem auf uns zukommt. Wenn wir unseren Rechtsstaat schützen wollen, dann müssen wir die rechtsstaatlichen Instrumente so stärken, dass dieser Rechtsstaat nicht mehr missbraucht werden kann.

(Unruhe bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen – Glocke)

Meine Damen und Herren, ich bitte, die Ruhe zu bewahren und die Fragen und Antworten parlamentarisch zuzulassen!

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Herderhorst? – Bitte sehr!