In den fünfziger Jahren, meine Damen und Herren, war es noch so, dass körperliche Züchtigung als Erziehungsmittel anerkannt war, und es ist eben 1979 noch nicht gelungen, ein ausdrückliches Züchtigungsverbot tatsächlich in das Gesetz zu schreiben. Deshalb haben wir jetzt hier einen Fortschritt, wir haben ein Bundesgesetz, das eine eindeutige Ächtung formuliert.
Dieses Bundesgesetz hat eine zweite Dimension, das ist die Dimension des Kinder- und Jugendhilfegesetzes, das besagt, dass die Kommunen unseres Landes die Aufgabe haben, sich durch begleitende Maßnahmen an der Umsetzung dieses Gesetzes zu beteiligen. Das heißt, dass sie ganz konkrete Projekte im Rahmen dessen, was in der Jugendhilfe stattfindet, auch tatsächlich durchzuführen haben.
Deswegen haben wir uns als demokratische Fraktionen hier auch zusammengetan, und ich freue mich darüber, dass es uns gelungen ist, so sachlich ganz konkret zu formulieren, was wir meinen, was abgearbeitet werden muss. Frau Stahmann und Frau Striezel haben auch schon deutlich erklärt, es geht ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
zum einen darum, dass wir durch dieses Gesetz nicht nur verändertem öffentlichem Bewusstsein Rechnung tragen, sondern wir wollen auch weiterhin darauf Einfluss nehmen, dass Gewalt gegenüber Kindern noch kritischer gesehen wird. Das ist die eine Dimension.
Die zweite ist, wir haben ein sehr umfangreiches und differenziertes Jugendhilfesystem. Wir haben nun eine neue Aufgabe, und wir müssen versuchen, durch die verschiedenen Angebotsformen, die es gibt, das Jugendhilfesystem auch auf diese Fragestellung genauer auszurichten. Wir haben hier schon konkrete Vorschläge gemacht, und ich gehe davon aus, dass wir das auch so umsetzen können. Es ist keine leichte Aufgabe.
Es ist vor unserem finanziellen Hintergrund keine leichte Aufgabe für uns als Bundesland, solche Aufgaben umsetzen zu wollen, sondern es ist eine Herausforderung, aber ich denke, dass wir uns dieser Herausforderung stellen können. Ich erwarte, dass wir in einigen Monaten auch die ersten Ansätze hier in der Stadt wahrnehmen können, dass dieses Gesetz tatsächlich durch Begleitmaßnahmen gestützt und umgesetzt wird. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn klarstellen: Dieses neue Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung ist eine wichtige familien- und jugendpolitische Errungenschaft! Ich glaube, das kann man nur in den Vordergrund aller Überlegungen stellen. Wir sind damit noch weit über das hinausgegangen, was 1998 geändert worden ist. Nach der Neufassung, die jetzt verabschiedet worden ist, gibt es eben ein Recht des Kindes auf gewaltfreie Erziehung, und Wege zur gewaltfreien Lösung von Konfliktsituationen in der Familie müssen aufgezeigt werden. Das ist eine wichtige Aufgabe, eine sehr schwierige Aufgabe, das ist hier eben schon beschrieben worden, die wir aber angehen müssen und auch angehen wollen, denn es muss ein hohes öffentliches Interesse an einer gewaltfreien Erziehung geben. Dieses Gesetz leistet dazu einen wichtigen Beitrag.
Es gibt Untersuchungen, die immer wieder zeigen, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der in der Familie erlebten Gewalt und der von Jugendlichen und Erwachsenen ausgeübten Gewalt gibt. Das ist belegt. Diese Diskussion über den kleinen Klaps: Natürlich, er muss nicht schaden, aber er
kann schaden, und deswegen darf es ihn nicht geben. Die Risiken der Schadenszufügung sind viel zu groß, als dass man hier Nachlässigkeit zulassen könnte, als dass man hier darüber diskutieren sollte, wie viel erlaubt ist und ab welchem Ausmaß von Gewalt wir eigentlich nun von Misshandlung sprechen. Ich glaube, dass da klare Grenzen gezogen sein müssen, und von daher ist dieses Gesetz nur zu begrüßen.
Es geht darum, die Gefährdung des Kindeswohls von vornherein bereits abzuwenden und auszuschließen. Aber wir wissen auch, da sind wir nicht blauäugig, dass durch die gesetzliche Verankerung allein das Ziel einer gewaltfreien Erziehung noch lange nicht erreicht ist, dass wir flankierende Maßnahmen brauchen, dass Beratung und Unterstützung der Eltern erforderlich sind und angeboten werden müssen. Ich begrüße da natürlich auf der einen Seite die schon angelaufene Kampagne des Bundesministeriums zur Förderung von Aktivitäten in diesem Bereich.
Der Tenor des Gesetzes zielt auf die Bewusstseinsveränderung bei den Eltern ab. Eltern sollen natürlich durch dieses Gesetz nicht kriminalisiert werden. Darum geht es überhaupt nicht. Aber wir wissen auch alle, dass Gewalt in der Regel nicht erfolgt, um ein Kind gezielt zu schädigen. Oft geschieht Gewalt auf dem Hintergrund von Rat- und Hilflosigkeit, oft entwickelt sie sich aus einem Klaps, einer Ohrfeige, im Alltagssystem einer Lebensgemeinschaft, dann gibt es eine Eigendynamik, es gibt hohe Belastungen im Alltag, Überforderungen. Besondere Belastungen und Enttäuschungen können dann zum Einsatz unverhältnismäßiger Mittel auch gegen Kinder führen. All das wissen wir. Wir müssen das in dem berücksichtigen, was wir jetzt an weiteren Strategien überlegen.
Auch in Bremen wollen wir die vielfältigen Möglichkeiten nutzen, Eltern über die Folgen von Gewalt zu informieren und ihnen Möglichkeiten zur gewaltfreien Erziehung konkret aufzuzeigen. Wir wollen Beratung und Unterstützung noch mehr publik machen. Wir haben solche Angebote ja in Bremen bereits, aber wir müssen die Wege dorthin für Eltern erleichtern, und wir müssen entsprechende Informationen zur Verfügung stellen.
Es gab dazu ja bereits eine Veranstaltung des Kinderschutzbundes, es gab auch Veröffentlichungen in der Tagespresse. Wir steuern vieles über das Amt für Soziale Dienste, auch zusätzliche Aktivitäten, neben den täglichen Aufgaben, die den Weg zu einer gewaltfreien Erziehung ebnen können. Wir wollen Weiteres planen.
Vorab vielleicht so viel: Wir arbeiten im Moment an einem Konzept, das zwei Standbeine haben soll, zum einen die öffentliche Aufklärung über das Recht von Kindern, ohne Gewalt, ob mit vermeintlich erzieherischer Intention oder nicht, aufzuwachsen. Die
Öffentlichkeitskampagne soll natürlich Eltern sensibilisieren, aber nicht nur Eltern, sondern auch eine breite Öffentlichkeit. Wenn wir heute Bürger aufrufen zu Toleranz, zur Zivilcourage, zum Aufstand gegen Rechtsradikalismus, dann gehört auch der Aufruf zur Intoleranz gegenüber der Gewalt gegen Kinder dazu.
Zum anderen muss eine Stärkung der Eltern in ihrer Erziehungskompetenz dazugehören. Der Gesetzgeber ist an dieser Stelle sehr deutlich, Eltern müssen Wege zu gewaltfreien Lösungen von Konfliktsituationen aufgezeigt werden. Dabei ist erst einmal natürlich als ganz normal vorauszusetzen, dass es zwischen Eltern und Kindern Konfliktsituationen gibt. Die Eskalation, das Entgleisen in solchen Situationen zu vermeiden, genau das macht elterliche Kompetenz aus. Dafür Hilfen zu erhalten, sei es durch Entlastung und Aufgabenteilung oder durch Kompetenzerweiterung, das muss das Ziel eines Konzeptes zur Umsetzung dieses Gesetzes sein.
Auch dazu gibt es bei uns eine Menge Überlegungen, die dann Gegenstand des von Ihnen gewünschten Berichtes sein werden. Ich habe jetzt nicht genau gehört, ob hier schon über den Zeitpunkt zur Abgabe des Berichtes gesprochen worden ist. Der 1. Februar 2001 wäre sicherlich ein Termin, den wir gemeinsam anstreben könnten und sollten.
Lassen Sie mich im Vorgriff auf unsere Konzepte so viel sagen: Es gibt eine große Anzahl von Trägern in Bremen, die gute Angebote zur Elternbildung, zur Elternunterstützung, zur Beratung und zur Krisenintervention machen. Mein vorrangigstes Anliegen ist es natürlich, diese Träger in ihrem Bestand finanziell zu sichern. Wenn es mir aber mit Ihrer Hilfe vielleicht gelingen sollte, weitere Programme der Elternunterstützung zu finanzieren, und ich habe mir sagen lassen, dass es bereits weitere Angebote auch in den Schubladen meiner Behörde gibt, dann können wir uns vielleicht auch bei einem Resümee alle gemeinsam unter dem Motto des Kinderschutzbundes verständigen: Starke Kinder, starke Eltern, starke Stadt. Das ist ein Ziel, das wir angehen sollten, und ich hoffe, wir sind dabei gemeinsam erfolgreich.
Da der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/415 vom Antragsteller zurückgezogen worden ist, lasse ich jetzt über den Antrag mit der Drucksachen-Nummer 15/481 abstimmen und weise darauf hin, dass die Antragsteller darum gebeten haben, den Termin in dem Antrag auf den 1. Februar 2001 zu verändern.
Wer diesem so geänderten Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, der CDU und der SPD mit der Drucksachen-Nummer 15/481 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Bevor ich, meine Damen und Herren, jetzt den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich sehr herzlich auf dem Besucherrang drei John J. McCloyFellows begrüßen, die im Rahmen eines Austauschprogrammes des Verbandes „American Council On Germany“ in Bremen weilen.
Medienpolitisches Profil schärfen – Bedeutung der Filmbranche am Medienplatz Bremen weiterentwickeln
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich zeige Ihnen heute alle meine parlamentarischen Seiten, und zwar von der Arbeitsmarktpolitik bis zur Kinder- und Jugendpolitik, und jetzt landen wir bei der Medienpolitik.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. S c h r a m m [Bündnis 90/Die Grünen]: Das ist innovativ!)