Protokoll der Sitzung vom 21.03.2001

Drittens: In welcher Weise haben diese Erkenntnisse einen Beitrag zum besseren Verständnis der Funktion des menschlichen Gehirns und zu den Ursachen und zur Therapie von Erkrankungen des zentralen Nervensystems geleistet?

Die Anfrage wird beantwortet durch Herrn Senator Lemke.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Erstens: Bisher sind noch keine wissenschaftlichen Publikationen aus den in der Universität Bremen seit Mitte 1998 durchgeführten Untersuchungen an Makaken-Affen veröffentlicht worden. Das ist jedoch nicht verwunderlich, weil die vollständige Projektdauer im Bereich der systematischen Neurobiologie und insbesondere im Bereich der Langzeitexperimente an wachen, trainierten Makaken unter gewöhnlichen Umständen bei vier bis sechs Jahren liegt. Solche Zeiten verlängern sich natürlich in der Phase des Neuaufbaus eines entsprechenden Labors

und insbesondere auch bei den in diesem Fall aufgetretenen Verzögerungen und Behinderungen der Forschungsarbeit.

Trotz dieser Schwierigkeiten werden erste viel versprechende Zwischenergebnisse aus den laufenden Untersuchungen auf der diesjährigen Neurobiologentagung in Göttingen sowie auf einer internationalen Tagung in den USA in diesem Jahr vorgestellt.

Zweitens: Die bisher vorliegenden Zwischenergebnisse deuten darauf hin, dass spezielle zeitliche Kodierungsformen, die derzeit in der internationalen wissenschaftlichen Öffentlichkeit intensiv diskutiert werden, eine Rolle bei der Einspeicherung von visuellen Informationen in das Arbeitsgedächtnis spielen könnten. Bestätigen sich die ersten Befunde, würde damit ein wichtiger Beitrag zum Verständnis der grundlegenden Funktionsweise des Gehirns geleistet.

Die ersten Ergebnisse bei der Verwendung neuartiger silizium-basierter Multielektroden sind ein wichtiger methodischer Schritt, mehr Informationen mit weniger Versuchstieren auf einem wissenschaftlich besonders interessanten und zukunftsträchtigen Sektor zu gewinnen.

Drittens: Die erwarteten wissenschaftlichen Erkenntnisse tragen zum besseren Verständnis zur Funktionsweise des Gehirns bei. Da sie sich auf grundlegende Funktionsmechanismen beziehen, darf man mit hoher Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass diese Prozesse im menschlichen Gehirn in ähnlicher Weise ablaufen. Begleitende Untersuchungen wie eine unter Beteiligung von Professor Dr. Kreiter bereits publizierte Humanstudie unterstützen die Absicherung solcher Erkenntnisse auch für das Verständnis des menschlichen Gehirns. Dies ist die unmittelbare Voraussetzung, um die pathologischen Mechanismen und Folgeerscheinungen von Hirnerkrankungen zunächst verstehen und auf dieser Basis einer Therapie zuführen zu können.

Haben Sie den Wunsch, eine Zusatzfrage zu stellen? – Bitte sehr!

Da Professor Dr. Kreiter in der „taz“ Bremen vom 8. März dieses Jahres Folgendes dargestellt hat, ich darf zitieren: „Trotz Terror, Druck und Hetzkampagnen haben wir es geschafft, gute Arbeit zu leisten, trotz der katastrophalen Bremer Arbeitsbedingungen bin ich zufrieden mit unseren Ergebnissen“, möchte ich Sie fragen, Herr Senator: Teilen Sie diese Einschätzung, dass erstens Professor Dr. Kreiters Arbeitsgruppe gute Arbeit geleistet hat, obwohl sie, wie Sie gerade gesagt haben, bisher nichts publiziert hat, und zweitens in Bremen die von ihm so dargestellten katastrophalen Arbeitsbedingungen herrschen?

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter Dr. Käse, das ist natürlich eine subjektive Einschätzung, die er selbst gibt. Ich teile diese Einschätzung nicht. Ich denke, er hat einen sehr schwierigen Arbeitsbeginn gehabt. Er mag das als katastrophal bezeichnen, ich denke, wenn man so behindert wird in seiner Forschungsarbeit, dass das sogar bis hin zu Morddrohungen gegen seine Familie geht, dann ist das in der Tat sehr schwierig, um einen konstruktiven und schnellen erfolgreichen Beginn voranzutreiben.

Den Punkt, ob er bisher gute Arbeit geleistet hat, vermag ich Ihnen an dieser Stelle nicht ohne Wenn und Aber zu bestätigen. Ich denke, er ist ein sehr renommierter ehemaliger Mitarbeiter des MaxPlanck-Instituts, ihm geht ein ganz hervorragender wissenschaftlicher Ruf voraus, ich habe das in mehreren auch international geführten Gesprächen so erfahren. Die Tatsache, dass er jetzt im Juli nach Kalifornien zu einem internationalen Kongress, der sich genau mit den beschriebenen Fragestellungen befasst, eingeladen worden ist, scheint mir auch eher ein Beleg dafür zu sein, dass er in der Tat gute Arbeit bisher leistet, aber in Detailfragen könnte ich mich dazu nicht qualifiziert äußern.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte!

Wenn ich Sie richtig verstanden habe, würden Sie mir doch, glaube ich, zustimmen, dass es im Interesse des Dialogs zwischen der Wissenschaft und der interessierten Öffentlichkeit auch von Seiten des Herrn Professor Dr. Kreiter sinnvoll wäre, die Arbeitsbedingungen derart differenziert darzustellen, dass er doch vom Land Bremen und der Universität eine sicherlich hervorragende Ausstattung und auch sehr gute Arbeitsbedingungen zur Verfügung gestellt bekommt und dass seine Äußerungen „katastrophale Arbeitsbedingungen“ nur auf die Umstände zurückzuführen sind, dass er in der Öffentlichkeit anfangs enorme Akzeptanzprobleme hatte?

Bitte, Herr Senator!

Ich möchte noch einmal auf die erste zusätzliche Antwort zurückgreifen. Das ist ein subjektiver Eindruck, den er nicht in einem universitären Gremium geäußert hat, da würde er sich sicherlich etwas differenzierter äußern, sondern das hat er in einem „taz“-Interview so dargestellt, und das bitte ich dabei zu berücksichtigen, wenn Sie das so hier bewerten im Parlament!

Ich denke, er hatte auch dadurch erhebliche Probleme, dass der Neubau nicht so zügig vorangeschritten ist. Er steht ja jetzt unmittelbar vor Fertigstellung, und er wird demnächst aus den wirklich sehr beengten räumlichen Bedingungen in erheblich bessere Arbeitsbedingungen jetzt einkehren,

und ich hoffe sehr, dass sich dadurch auch seine Arbeit noch weiter verbessert. Ich habe bei den Besuchen im Haus eigentlich den Eindruck gewonnen in den letzten Monaten, dass sich das Arbeitsklima dort erheblich entspannt und verbessert hat.

Eine weitere Zusatzfrage durch den Abgeordneten Dr. Kuhn!

Herr Senator, Sie haben in der Antwort, die mir ja nicht schriftlich vorliegt, sinngemäß gesagt, es gibt noch keine Ergebnisse, die veröffentlicht sind, aber die erwarteten Ergebnisse tragen bei zur Erkenntnis von bestimmten Dingen. Das ist eine erstaunliche Formulierung. Wie können Sie sagen, es trägt etwas bei, wenn die Ergebnisse noch nicht vorliegen, sondern nur erwartet werden? Können Sie das noch einmal erklären?

Bitte, Herr Senator!

Herr Abgeordneter Dr. Kuhn, ich will es versuchen, obwohl es sehr kompliziert ist für einen Nichtwissenschaftler, das Ihnen jetzt qualifiziert zu beantworten, aber lassen Sie mich so formulieren, wie es mir Professor Dr. Kreiter auch beschrieben hat!

Sie haben eine erste Beobachtung gemacht, die es jetzt gilt zu verifizieren, das ist aber noch nicht gelungen. Man muss das natürlich in einer entsprechenden Anzahl von weiteren Experimenten und konkreten Ergebnissen verifizieren. Sie haben eine erste Hypothese aufgestellt, aber es ist noch nicht gelungen, diese zu verifizieren. Ein qualifizierter Wissenschaftler kann nicht, wenn er eine These oder Hypothese aufstellt, damit in die Öffentlichkeit gehen und sagen, ich habe es jetzt gefunden, wenn er es nicht entsprechend belegt hat. So ist meine Antwort oder seine Antwort, die ich hier vorgetragen habe, zu verstehen.

Weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wenn es noch keine Ergebnisse sind, die in dieser Weise auch richtig handfest überprüfbar sind, auf welcher Grundlage wird dann die Überprüfung eines Folgeantrages zur Weiterführung der Experimente passieren?

Bitte, Herr Senator!

Dies ist ja in erster Linie eine rechtliche Überprüfung, die nicht in meinem Haus stattfindet, sondern die wird im Hause meiner Kollegin Adolf durchgeführt. Ich kann Ihnen nur sagen, dass es ja fatal wäre, wenn man jetzt die ersten Er

gebnisse hat, die es aber noch nicht gibt, diese zu veröffentlichen, sondern, wie ich es eben beschrieben habe, die müssen jetzt erst einmal verifiziert werden. Jetzt den gesamten Bereich in Frage zu stellen und abzubrechen würde ich in der Tat als nicht sehr konstruktiv bezeichnen.

Haben Sie den Wunsch, eine weitere Zusatzfrage zu stellen?

Nein, aber da es so üblich geworden ist, Bemerkungen zu machen, möchte ich nur darauf hinweisen, dass es sich nicht um eine rechtliche, sondern um eine Überprüfung in der Sache handelt, die der Senat vorzunehmen hat.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Jäger! – Bitte, Herr Kollege!

Herr Senator, teilen Sie die Auffassung, dass es durchaus üblich ist im Bereich der Grundlagenforschung, dass man nicht bereits nach drei Jahren zu festen Ergebnissen kommt, sondern dass man, und das hätte man auch schon vor drei Jahren wissen können, durchaus von längeren Zeiträumen ausgehen muss? Das heißt, diese Befristung auf drei Jahre beinhaltet nicht nur eine wissenschaftlich-inhaltliche Fragestellung, sondern hebt mehr ab auf die Frage der Experimente und unter welchen Bedingungen sie stattfinden.

Bitte schön, Herr Senator Lemke!

Ich teile Ihre Auffassung absolut. Ich habe das ja auch in meiner mündlichen Antwort so formuliert, dass in der Regel mindestens fünf bis sechs Jahre dafür benötigt werden, gerade in diesem sehr, sehr komplexen und schwierigen Bereich, und, ich wiederhole mich in dieser Frage, angesichts der großen Probleme, die Herr Professor Kreiter zu Beginn seiner Arbeit gehabt hat, ist es absolut richtig.

Eine weitere Zusatzfrage? – Bitte, Herr Kollege!

Teilen Sie meine Auffassung, Herr Senator, dass die Tatsache, dass immer wieder Abwerbungsversuche, teilweise auch erfolgreich, von Mitarbeitern aus diesem Bereich gestartet werden, möglicherweise eine Aussage ist, dass dort interessante Forschungen gemacht werden, wenn man immer wieder hört, dass sowohl aus der Bundesrepublik als auch aus Europa und den USA Anfragen an Mitarbeiter gestellt werden, ob sie nicht wechseln wollen?

Bitte sehr, Herr Senator!

Ich teile Ihre Auffassung und hatte das auch gesagt bei der Antwort auf die erste Nachfrage von Herrn Dr. Käse. Gerade die internationale Akzeptanz der Arbeit von Professor Kreiter ist für mich ein Indiz dafür, dass dort unter schwierigen Bedingungen eine gute Arbeit geleistet wird.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Meine Damen und Herren, es ist jetzt 11.16 Uhr. Damit ist die Fragestunde beendet. Die Antworten auf die nicht beantworteten Anfragen werden Ihnen schriftlich vorgelegt.

Aktuelle Stunde

Für die Aktuelle Stunde ist von den Fraktionen kein Thema beantragt worden.

12. Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau über deren Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999

Mitteilung des Senats vom 5. September 2000 (Drucksache 15/443)

Wir verbinden hiermit:

Bericht des Ausschusses für die Gleichberechtigung der Frau zum 12. Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau über deren Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Dezember 1999 (Mitteilung des Senats vom 5. September 2000, Drs. 15/443) vom 6. März 2001

(Drucksache 15/649)

Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Adolf.

Meine Damen und Herren, der zwölfte Bericht der Bremischen Zentralstelle für die Verwirklichung der Gleichberechtigung der Frau über deren Tätigkeit vom 1. Januar 1998 bis 31. Dezember 1999 vom 5. September 2000 ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 24. Sitzung am 11. Oktober 2000 an den Ausschuss für die Gleichberechtigung der Frau überwiesen worden. Dieser Ausschuss legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 15/649 seinen Bericht dazu vor.