Aussagen, wonach ein Siebzehnjähriger monatelang ungehindert Straftaten begehen konnte, bevor die Justiz reagiert hätte, treffen nicht zu. Die Taten, auf die sich die Anfrage offenbar bezieht, wurden der Staatsanwaltschaft durch eine am 29. Mai 2001 erstattete Anzeige des Vaters eines der Opfer bekannt. Noch am 29. Mai 2001 wurde der Jugendliche vorläufig festgenommen und nach seiner Vernehmung am 30. Mai 2001 entlassen. Nachdem die Opfer durch die Polizei vernommen waren, beantragte die Staatsanwaltschaft am 14. Juni 2001 einen Haftbefehl wegen Verdunkelungs- und Wiederholungsgefahr. Der Haftbefehl wurde am gleichen Tag von dem Amtsgericht Bremen erlassen. Noch am 17. Juni 2001 stellte sich der Jugendliche zum Vollzug der Untersuchungshaft.
Am 30. Juli 2001 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage, unter anderem wegen räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung, Computerbetruges und Fahrens ohne Führerschein. Die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht – Ju
gendschöffengericht – fand am 9. und 13. August 2001 statt. Das Gericht entließ den Jugendlichen am 9. August 2001 aus der Untersuchungshaft. Am 13. August 2001 verhängte es eine Jugendstrafe von einem Jahr, welche für die Dauer von zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem machte das Gericht dem Jugendlichem zur Auflage, 20 Tage gemeinnützige Arbeit zu leisten, einen so genannten Anti-Gewaltkurs zu absolvieren, dem Gericht in Monatsabständen schriftlich über sein Freizeitverhalten zu berichten, sich in einem Täter-Opfer-Ausgleich mit den von ihm Geschädigten auseinander zu setzen und die Gegend, in der die Geschädigten wohnen, nicht zu betreten. Schließlich ordnete das Gericht eine Sperre von sechs Monaten zur Erteilung einer Fahrerlaubnis an. Die Durchführung des beschleunigten Verfahrens gegen Jugendliche ist nach deutschem Recht nicht zulässig. Mit der Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung in Verbindung mit den angeordneten Auflagen verbindet sich die Erwartung des Gerichts, der Jugendliche werde sich künftig straffrei verhalten.
Herr Senator, Sie haben gesagt, er sei am 30. Mai 2001 festgenommen, am anderen Tag wieder entlassen worden, am 14. Juni 2001 sei dann durch die Staatsanwaltschaft Haftbefehl beantragt worden, und daraufhin habe die zuständige Jugendrichterin ihn dann in Untersuchungshaft gehen lassen, die er auch angetreten hat. Ich frage mich nur, und ich würde Sie bitten, das zu kommentieren oder zu beantworten, warum bei einem als Intensivtäter bekannten Jugendlichen – der bereits zu einer Strafe verurteilt war, weil er den Jungen einer Jugendrichterin körperlich misshandelt hat, von dem diese Dinge entsprechend bekannt sind – nicht gleich am Tag der Festnahme entsprechend Haftbefehl beantragt wird und es dann zu einer richterlichen Inhaftierung kommt, damit überhaupt kein Raum besteht, dass dieser betreffende Jugendliche mit seinen Helfershelfern erneut diese Jugendlichen schädigen kann, die hier unter anderem auch die Strafanzeige gestellt haben, zumindest in einem Fall. Leider ist ja aus Angst vor Repressalien dieses Anzeigeverhalten nicht so, wie es sein sollte. Warum ist da nicht gleich gehandelt worden? Das ist mir unverständlich!
einer, der sich das hat vortragen lassen. Ich entnehme aus dem Vortrag, den ich Ihnen hier vorgelesen habe, dass die Vernehmungen der Polizei, die noch nicht vor Ausstellung des Haftbefehls stattgefunden hatten, erst einmal durchgeführt werden mussten. Sie können ja nicht einfach einen Haftbefehl erlassen, wenn sie die Sache mit der Vernehmung noch nicht erledigt haben, und sie haben offenbar, so entnehme ich es meinem Text hier, zwei Wochen gebraucht, um die Vernehmung durchzuführen. Dann ist genau das passiert, was Sie und andere öffentlich verlangt haben.
Dass es dann in dem doch relativ zügig durchgeführten Verfahren – angeklagt wurde am 30. Juli 2001, und am 9. August 2001 war die Hauptverhandlung, schneller geht es eigentlich gar nicht, auch nach dem Jugendgerichtsgesetz nicht – nach zweitägiger Verhandlung zu diesem Urteil gekommen ist, hat auch etwas damit zu tun, dass man sich alles genau angesehen hat, was in der Akte vorgetragen worden ist und welche Beurteilungsgründe es gab.
Wir führen hier keine Ersatzhauptverhandlung, Herr Herderhorst. Wir führen hier nicht, über Medien in Sorge geraten, einmal eben schnell auf Zuruf ohne Kenntnis der Details, der wirklichen Sachlage und der vielen Vernehmungen eine Ersatzhauptverhandlung durch. Das geht nicht, sondern wir müssen uns, wenn so ein Verfahren wie hier richtig, ich finde, unvorwerfbar, ohne, dass sie Zeit versäumt haben, bewältigt worden und so ein Urteil herausgekommen ist, hinter die Justiz stellen. Diese entscheidet dort doch aus Sachgründen und nicht, weil sie Ihnen oder mir einen Gefallen tun will. Das Urteil ist, soweit ich das beurteilen kann, korrekt. Es ist auch von niemandem angegriffen worden, sondern es ist rechtskräftig geworden, und so wird jetzt gearbeitet.
Dass der Jugendliche seitdem nicht mehr straffällig geworden ist, ist auch ein Beweis dafür, dass man umsichtig sein muss. So gehe ich damit um. Wir können doch nicht auf Zuruf die Menschen einsperren!
Herr Senator, es würde auch hier den Rahmen sprengen, wenn ich Ihnen sagen oder gar vortragen würde, was hier in den Medien darüber berichtet worden ist.
Mich hat es jedenfalls sehr geschockt, muss ich sagen. Ich muss noch einmal fragen: Bei einem Straftäter, der als Intensivtäter bekannt war, der erneut Straftaten begeht, halten Sie es da aus Ihrer Sicht –
immer sehend, dass die unabhängigen Richter entscheiden können, wie sie im Grunde nach Recht und Gesetz entscheiden müssen oder wollen – in einem solchen Fall wirklich für verhältnismäßig, wenn da eine Bewährungsstrafe herauskommt, die dann erneut die Möglichkeit eröffnet, dass dieser Mann rückfällig wird?
Herr Herderhorst, ich habe diese Artikel alle gelesen, und sie haben auch mich erreicht. Ich war auch besorgt, ich habe auch mit einigen geredet. Trotzdem finde ich, das Verfahren, das hier nun geschafft worden ist, ist ungewöhnlich zügig gelaufen. Ich kenne Verfahren, bei denen zwischen Anklageerhebung und Urteil im Jugendgerichtsverfahren Jahre vergangen sind. Das geht nicht! Wenn Sie aber in so einer engen Folge von Polizeiberichterstattung, Polizeivernehmung, Anklage, Hauptverhandlung und rechtskräftigem Urteil dem Betreffenden wirklich auch Sanktionen präsentieren können, dann ist das Verfahren nicht vorwerfbar.
Zur Höhe der Strafe: Ich weiß, Sie sind ja auch ein ehemaliger Polizeibeamter, Sie kennen das doch auch. Wenn Sie nah an einer Sache daran und richtig beteiligt sind, ist es sehr heftig. Das gilt für alle Beteiligten, das kann ich aus eigener Erfahrung berichten. Dann ist es vernünftig, wenn Dritte, die nicht unmittelbar beteiligt sind, die nicht in der Rolle von Opfern, sondern unabhängig sind, darüber entscheiden, die eine Chance haben, das abzuwägen. Das ist eigentlich der Kern von Rechtsstaatlichkeit. Dann muss jemand wie hier – ich weiß gar nicht, welcher Richter entschieden hat, das ist auch nicht meine Aufgabe – alles zugrunde legen. Ich finde, er hat alles, was ihm vorlag, zugrunde gelegt und kommt zu einem abgewogenen Urteil. Dass da jetzt in der Nachfolge nichts vorgefallen ist, bestätigt ihn ja eher.
Womit ich nicht das Ganze verharmlosen will! Ich will nicht sagen, das ist ein Routinefall. Es ist kein Routinefall, es ist etwas Ungewöhnliches, und es ist auch bedrückend, so etwas zu erleben. Trotzdem müssen wir auf Verfahrensloyalität setzen, Sie, der immer etwas mehr für die Polizei redet, und ich, der nun in diesem Fall die Justiz vor so einem pauschalen Vorwurf schützen muss. Ich glaube, in dieser Sache ist gut verfahren worden. Wenn Sie wollen, zeige ich Ihnen noch einmal die ganze Akte, dass Sie sich mit dem Sachverhalt vertraut machen können, weil Sie das ja kennen.
Sie sind ein erfahrener Mann, und wenn Sie sie insgesamt durchlesen, kommen Sie nicht auf die Idee, da ist leichtfertig verfahren worden. Darum bin ich eigentlich damit einverstanden, wie das bearbeitet wurde.
Herr Senator, wenn Sie noch einmal zur Kenntnis nehmen wollen: Ich habe nicht die Frage der Anberaumung der Hauptverhandlung kritisiert, als er dann entsprechend auf Bewährung verurteilt worden ist, sondern ich habe die Festnahme und das Entlassen am nächsten Tag und dann die Beantragung des Haftbefehls am 14. Juni 2001 kritisiert.
(Bürgermeister D r. S c h e r f : Weil die Vernehmung noch nicht abgeschlossen war! Das kennen Sie doch! Wenn die Ver- nehmung noch nicht zu Ende ist – –! Das müssen Sie doch abwägen!)
Ich bitte Sie, zur Kenntnis zu nehmen, dass nicht nur die Menschen, die hier Aussagen getroffen haben, die Briefe geschrieben haben, sondern auch die Opfer, potentielle Opfer und weite Teile der Bevölkerung und insbesondere auch demotivierte Polizeibeamte immer wieder kritisieren, dass Straftäter festgenommen und anschließend sofort wieder entlassen werden!
Das ist der Knackpunkt, und ich glaube schon, dass es da andere Verfahren in den Fällen geben könnte, in denen Haftgründe vorhanden waren.
Wenn am 14. Juni 2001 der Haftbefehl mit dem Haftgrund der Wiederholungsgefahr beantragt und dem auch stattgegeben wird, dann muss ich Ihnen sagen, die Akte hat es nach dem Vorstrafenregister als Intensivtäter hergegeben, diese Wiederholungsgefahr auch am 30. Mai 2001 zu unterstellen und damit den Staatsanwalt zu veranlassen, einen entsprechenden Antrag an den Richter weiterzugeben. Das kritisiere ich! Wenn Sie das bitte, so muss ich ja fragen, zur Kenntnis nehmen möchten! Ich glaube, so ganz anders sehen Sie es auch nicht.
Herr Herderhorst, ich nehme es zur Kenntnis, aber wir haben da eben eine unterschiedliche Einschätzung, das müssen Sie dann auch zur Kenntnis nehmen. So haben wir uns gegenseitig zur Kenntnis genommen.
Die zehnte Anfrage der Abgeordneten Frau Stahmann, Dr. Güldner, Frau Linnert und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die sich mit dem Thema „Sportberichterstattung – nur eine Frage des Geldes?“ befasste, wurde zurückgezogen.
Die elfte Anfrage trägt die Überschrift „Finanzielle Zuwendungen an die Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e. V. in 2001“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Frau Dreyer, Eckhoff und Fraktion der CDU.
Erstens: Sind dem Senat finanzielle Zuwendungen ab 1. Januar 2001 an die Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e. V. bekannt, und wenn ja, welche Summen welcher Herkunft sind für welche Zwecke, aufgeschlüsselt nach Personalmitteln und Sachmitteln, gezahlt worden?
Zweitens: Inwieweit ist dem Senat bekannt, dass sofort nach Bekanntwerden der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen die Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e. V. die Deputation für Arbeit und Gesundheit jede weitere finanzielle Förderung über den 31. Dezember 2000 hinaus ausgeschlossen hat, und wie ist dieser Beschlusslage Rechnung getragen worden?
Welche Informationen hat der Senat über den Stand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bremen in Sachen Bremer Hilfe zur Selbsthilfe e. V.?