Protokoll der Sitzung vom 30.08.2001

Wir arbeiten zurzeit, das werden wir dann ja auch im September hier beraten, auch an strukturellen Konzepten für die Bearbeitung des Themas Familienbildung. Gerade auch die gesetzliche Änderung, das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Familie will ich da nur nennen, macht es notwendig, dass wir uns auch überlegen, wie wir auch dazu beitragen können, dass in den Familien keine gewalttätigen Strukturen vorhanden sind, und wie können wir da helfen, wo Hilfe und Beratung notwendig sind.

Die genannten Projekte und Vorhaben machen vielleicht deutlich, dass der Senat seit längerem aktiv dabei ist, Familienpolitik unter dem Aspekt der Förderung von Familien in den unterschiedlichsten Politikfeldern zu machen, Programme zu integrieren und zu initiieren, und wenn ich dann hier zum Abschluss ein neudeutsches Wort prägen kann, dann kann man das vielleicht analog zu anderen Politikfeldern auch als Family-Mainstreaming bezeichnen. Wir bemühen uns, das überall in alle Politikbereiche zu implementieren.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU mit der Drucksachen-Nummer 15/764 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag einstimmig zu.

Mobilfunksendeanlagen – Gesundheitsrisiken durch Elektrosmog reduzieren

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 11. Juli 2001 (Drucksache 15/769)

Wir verbinden hiermit:

Gesundheits-, umweltschutz- und stadtplanungsverträgliches Vorgehen beim Ausbau des Mobilfunks

Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU vom 28. August 2001 (Drucksache 15/803)

Dazu als Vertreter des Senats Frau Senatorin Wischer.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Dr. Mathes.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte jetzt den Antrag der Grünen vorstellen. Es geht um die Reduzierung von Gesundheitsrisiken durch Elektrosmog, und zwar solchem Elektrosmog, der von Mobilfunksendeanlagen ausgeht.

Warum jetzt dieser Antrag von uns? Zunächst ist es so, dass mit der Einführung der UMTS-Funknetze sich die Anzahl der Standorte der Mobilfunksendeanlagen in Bremen voraussichtlich verdoppeln wird, aber auch die bisherige Situation ist bei weitem nicht zufriedenstellend. Die unkoordinierte Aufstellung von Mobilfunksendeanlagen hat heute schon dazu geführt, dass ein ausreichender Gesundheitsschutz der Bevölkerung nicht mehr gewährleistet ist. Viele Menschen sind wegen ihres Wohlbefindens und der Frage, ob wirklich das, was in ihrer Nachbarschaft passiert, dazu führt, dass sie keine Gesundheitsbeeinträchtigungen davontragen, ernsthaft besorgt.

Eine Ursache ist die unkoordinierte Aufstellung, die es nicht ermöglicht hat, die Gesamtstrahlenbelastung, die auf den Einzelnen einwirkt, zu berücksichtigen. Ein zweiter Punkt ist, dass die Grenzwerte auch heute keinen vorsorgenden Gesundheitsschutz gewährleisten, und zwar die Grenzwerte für die gepulste Hochfrequenzstrahlung. Gerade neuere Studien weisen hier auf mögliche Gesundheitsrisiken hin. Das reicht von Schlafstörungen über Störungen des Hormonhaushaltes bis hin zu Tumorbildungen. Insgesamt kann man sagen, das, was jetzt passiert, bedeutet, dass ein vorsorgender Gesundheitsschutz nicht gewährleistet ist.

Ein zweiter wesentlicher Punkt ist, dass das geltende Recht im Moment den Ländern und Kommunen nicht ermöglicht, eine Öffentlichkeitsbeteiligung zu gewährleisten und auch kein koordiniertes Auf

stellen solcher Sendemasten. Da gibt es gar kein landesrechtliches Instrumentarium.

An dieser Stelle möchte ich betonen, dass ich die gerade kürzlich beschlossene Selbstverpflichtung der Mobilfunkbetreiber begrüße, bei der Auswahl ihrer Sendestandorte die Kommunen stärker einzubeziehen. Wir Grünen sind aber davon überzeugt, dass diese Selbstverpflichtung allein nicht reichen wird, sondern dass sie gestützt werden muss durch landesrechtliche Regelungen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Unser Antrag besteht aus drei Punkten. Im Moment befindet sich die Bundes-Imissionsschutzverordnung im Novellierungsverfahren hinsichtlich der Frage, auch eingeleitet durch die rotgrüne Bundesregierung aufgrund der Erkenntnis, dass die Grenzwerte heute nicht mehr hinreichend sind. Wir bitten hier den Senat, im Rahmen dieses Novellierungsprozesses für eine drastische Senkung der Grenzwerte einzutreten.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der zweite Punkt bezieht sich auf das Problem, das im Moment besteht, dass letztendlich die Masten wie Pilze aus dem Boden gesprossen sind. In manchen Bereichen sind es ganz viele, auf manchen Gebäuden bis zu neun oder zehn verschiedene Anlagen. Wir bitten den Senat, den jetzigen Ist-Zustand zu erfassen, das heißt, hier ein Messprogramm aufzulegen, das die tatsächliche Strahlenbelastung erfasst, und auf dieser Grundlage dann eine Bewertung der Gesundheitsrisiken vorzunehmen. Nur wenn man das hat, kann man behutsam über den Ausbau von UMTS und die entsprechende Erweiterung reden.

Der letzte Punkt unseres Antrages bezieht sich darauf, landesrechtliche Regelungen zu schaffen. Darin soll erstens eine Beteiligung der Öffentlichkeit garantiert werden. Zweitens müssen solche Regelungen das Einvernehmen der jeweiligen Kommune und der Beiräte vorschreiben – ich betone vorschreiben –, und als Letztes soll eine solche Regelung es ermöglichen, Ausschlussgebiete auszuweisen, und zwar im Umkreis von Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten und Wohngebieten. Hier auch noch einmal zur Erläuterung: Es heißt nicht, das seien generell Ausschlussgebiete, sondern diese landesrechtliche Regelung soll die Möglichkeit eröffnen, dass man es gegebenenfalls machen kann, wenn es notwendig ist.

Das sind die drei Punkte des Antrags der Grünen. Wenn Sie sich das, was wir geschrieben haben, vielleicht noch einmal insgesamt ansehen, dann kann man auch abstrakt formulieren, dass unser Antrag die gesellschaftliche Organisation eines Prozesses ist, der eine Nutzen-Risiko-Abwägung sozusagen in

die Gesellschaft hineintransportiert. Soweit erst einmal zu unserem Antrag! – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hammerström.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! UMTS, diese vier Buchstaben, haben unserem Finanzsenator allerhand, ich glaube, 100 Milliarden DM waren es, in den Staatssäckel gespült.

(Abg. E c k h o f f [CDU]: Unserem Fi- nanzsenator, das wäre schön!)

Das wäre auch schön! Unserem Finanzminister! Aber ich glaube, auch für Bremen kommt ja einiges dabei heraus, wovon dann auch unser Finanzsenator profitiert.

(Beifall bei der SPD)

Insofern will ich UMTS hier überhaupt nicht verteufeln, sondern ich freue mich, dass es diese neue Technologie gibt und dass die Firmen bereit waren, auch so viel dafür zu bezahlen. Ob nachher für die Firmen das dabei herauskommt, was sie sich seinerzeit einmal davon versprochen haben, glaube ich, sollte nicht unbedingt unser Problem sein.

Frau Dr. Mathes hat aber auch schon darauf hingewiesen, dass wir mehr als 50 Prozent neue Sendeanlagen bekommen, und es muss Ziel sein, die neuen UMTS-Sendeanlagen in die bestehenden Sendeanlagen, die wir ja schon für das GSM-Netz, für D1, D2 und so weiter haben – vielleicht sage ich das fachlich nicht ganz richtig, aber es soll ja auch draußen begriffen werden –, zu integrieren. Das wird nicht immer der Fall sein, aber, ich glaube, damit könnten wir vielleicht den einen oder anderen Standort einsparen.

Trotzdem gründet sich die zunehmende Sorge in der Bevölkerung auf die gesundheitlichen Auswirkungen der neuen Technologie. In Niedersachsen ist gerade Wahlkampf, die tun sich deshalb etwas leichter. Rat kippt Funkturm, in letzter Sekunde ist der Oberbürgermeister Poeschel – ich glaube, so heißt er – aus Oldenburg wieder umgekippt. Im Wahlkampf kann man das natürlich ganz einfach machen, denn da traut sich keiner an diese Diskussion, die in der Bevölkerung mit wirklich begründeten Ängsten geführt wird. Da kann man das eine oder andere schon einmal machen, aber ich glaube, den Mobilfunkbetreibern steht es auch rechtlich zu, dass sie Sendeanlagen aufstellen können, und daran kann man sich, glaube ich, nicht vorbeimogeln. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Insofern bin ich einmal ganz gespannt, was Oldenburg, Delmenhorst und andere Kommunen in Niedersachsen dann nach dem Wahlkampf machen.

Viele Ängste beruhen natürlich auch auf der Nichtinformation der Bürger über die Standortentscheidungen. Oldenburg hat gerade eine Informationsveranstaltung dazu gemacht. Ich glaube, zu Wahlveranstaltungen kommen 130 bis 150 Menschen, und meistens ist es die eigene Couleur, die da kommt, aber bei dieser Informationsveranstaltung war der Saal brechend voll. Das zeigt, dass der Bürger auch ein berechtigtes Interesse an einer Aufklärung hat. Hier, das sagen aber auch die Netzbetreiber, muss allerhand mehr geschehen.

Die Ängste vor der neuen Technologie sollten wir ernst nehmen, aber wenn ich an die Diskussionen denke, als die Eisenbahn eingeführt wurde, das Auto oder auch der Computer, war es, glaube ich, sogar meine eigene Partei einmal, die den Mitarbeitern des öffentlichen Dienstes den Computer nicht unbedingt erlauben wollte, weil sie da unheimliche Strahlengefährdung sah, und heute zählt das zu einer ganz normalen Technologie.

Wenn ich auch auf Sie sehe: Ich kenne keinen Grünen, der kein Handy hat. Die Gefährdung durch Handy-Strahlung ist laut wissenschaftlicher Erkenntnis höher als die der Sendeanlagen, das gehört auch zu einer ehrlichen Diskussion. Deshalb denke ich, wir müssen gemeinsam in Bremen eine vernünftige öffentliche Darstellung machen. Wir sind in Bremen nämlich viel weiter als einige andere Kommunen. Wir haben eine gut funktionierende Arbeitsgruppe, die schon seit einem halben Jahr gemeinsam mit den Mobilfunkbetreibern – Frau Senatorin Wischer kann gleich vielleicht etwas dazu sagen – herausarbeitet, was Frau Dr. Mathes eben auch vorgeschlagen hat, nämlich dass Sendeanlagen eben nicht auf Schulen, Krankenhäusern, Kindergärten angebracht werden, um hier schon einmal Ängste zu nehmen.

Aber ich glaube, es wäre kontraproduktiv, der Forderung der Grünen nach generellen Ausschlussgebieten nachzugeben, denn bereits wegen der technischen Erfordernisse zur Etablierung der UMTSFunknetze und der Umsetzung der Lizenzvereinbarung wird es keine großen gänzlich funkfreien Bereiche geben können. Der generelle Ausschluss von Wohngebieten liefe de facto auf ein generelles Verbot der Handy-Nutzung in weiten Bereichen Bremens hinaus. Ich glaube, wenn Sie selbst in einem Funkloch sitzen, ärgern Sie sich auch.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Darum geht es doch gar nicht!)

Darum geht es nicht?

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Ich habe das nicht verstanden, aber vielleicht kann Frau Dr. Mathes das gleich noch einmal ausführen. Frau Dr. Mathes, ich möchte Sie nur bitten, wenn Sie hier von diesem Pult aus sagen, ein ausreichender Gesundheitsschutz sei derzeit in Bremen nicht mehr gewährleistet, dann möchte ich Sie auffordern, dies mit wissenschaftlich fundierten Aussagen zu begründen,

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

denn Sie schüren Ängste und belegen es nicht, und das stört mich an Ihrer Debatte immer wieder!