Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Röwekamp.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über ein Thema, zu dem ich reden muss, obwohl ich noch an keiner Sitzung des Rechtsausschusses teilgenommen habe, was seine bedauerliche Ursache darin hat, dass ich Nachfolger des Kollegen Dr. Lutz geworden bin und mich deswegen in die Thematik erst nach der Anhörung einarbeiten musste. Ich habe aber die Gelegenheit genutzt, in Gesprächen mit sämtlichen Gerichtspräsidenten in den letzten 14 Tagen auch dieses Thema zu erörtern. Herr Dr. Kuhn, was ich nicht gut finde, ist, dass wir eine an sich mit sehr viel Sachlichkeit getragene Debatte nun mit einer Personalie verbinden. Ich sage das einmal so deutlich: Wenn Sie sagen, ein Schuft ist, wer Schlechtes dabei denkt, dann könnte man natürlich auch sagen, dass vielleicht die Stellungnahme von Herrn Dr. Göbel, was die Frage der Fusion betrifft, auch nicht ganz so glücklich in der Funktion und in der Art, wie sie abgegeben worden ist, war. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich will an dieser Stelle sagen, dass wir Ihrem Antrag deshalb nicht zustimmen, weil das damit verfolgte Anliegen, die Doppelämter vom Verwaltungsund Finanzgericht zu schaffen, vom Tisch ist. Es wird vom Justizressort nicht weiter verfolgt. Das ist uns gegenüber erklärt worden. Es ist auch Meinung der Koalition, Herr Isola, dass wir dieses Anliegen des Ressorts nicht weiter verfolgen können. Man kann lange und trefflich darüber streiten, denke ich, das habe ich dabei gelernt, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist. Da gibt es die eine oder andere Stellungnahme. Die große Koalition hat sich in Bremen darauf geeinigt, dass wir es politisch nicht wollen. Deswegen wird es die Zusammenlegung von Finanzund Oberwaltungsgericht mit Doppelämtern der jeweils dort vorhandenen Richter nicht geben.

Was aus meiner Sicht nicht vom Tisch ist und was ich für die CDU-Fraktion noch sagen kann, auch mit guten Gründen nicht vom Tisch ist, ist die Überlegung, ob man diese beiden jeweils mit sechs Richtern ordentlich besetzten Gerichte durch zwei Präsidenten entsprechend leiten lässt. Wenn Sie sagen, dass sich auch dagegen verfassungsrechtliche Bedenken erheben, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Pläne nicht neu, sondern bereits einmal Anfang der achtziger Jahre verfolgt worden sind. Wir haben in unserem Ausführungsgesetz zum deutschen Richtergesetz eine ausdrückliche Ermächtigung dafür, diese Ämter auch mit Doppelämtern zu besetzen.

Ob das tatsächlich vor dem Bundesverfassungsgericht letztgültig Bestand haben wird, vermag ich nicht zu sagen. Ich bin kein Verfassungsrechtler. Das kann der Kollege Böhrnsen vielleicht als ehemaliger Verwaltungsrichter viel besser beurteilen. Zumindest scheinen aber die Bedenken gegen die Doppelspitze nicht durchgreifend zu sein, denn bis in die achtziger Jahre hinein hat zum Beispiel in der Freien und Hansestadt Hamburg der OLG-Präsident auch gleichzeitig das Amt des Präsidenten des Oberverwaltungsgerichtes wahrgenommen, ohne dass es jemals zu einer erfolgreichen Revision geführt hat und ohne dass es politisch jemals umstritten gewesen ist. Sie gestehen wohl zu, dass ein OLG-Präsident vielleicht noch ein bisschen mehr um die Ohren hat als ein Finanzgerichtspräsident und dass in der Hansestadt Hamburg die Gerichte vielleicht einen Tick größer sind als im Lande Bremen.

Ich glaube, dass die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Doppelspitze nicht durchgreifen. Wir sollten es aber positiv diskutieren: Was macht eigentlich Sinn an der Diskussion? Ich teile die Auffassung, dass es fiskalisch keinen Sinn macht, um es einmal ganz deutlich zu sagen, denn die Präsidenten stecken voll in der Arbeit der Fachgerichte, sie leiten eigenständige Dezernate und sind in ihren Senaten eingedeckt mit Arbeit.

Man wird also keinen Richter dadurch einsparen, das muss man erkennen. Es hat sich aber, wie ich

gelernt habe, in der Vergangenheit eine Vielzahl von Synergien zwischen dem Verwaltungs- und dem Finanzgericht ergeben. Zahlreiche jetzige Richter am Finanzgericht kommen von den Verwaltungsgerichten und haben die Möglichkeit genutzt, auf diesem Wege durch Spezialisierung auch zu einem Obergericht zu gelangen. Es gibt eine hohe Durchlässigkeit, was aufgrund der Stärke und Größe der beiden Gerichte auch natürlich erscheint. Ich glaube daher, dass ein gemeinsamer Präsident für diese beiden Gerichtszweige, also Oberverwaltungs- und Finanzgericht, sehr wohl in der Lage ist, auch vernünftige Besetzungen der Richterstellen und ein einheitliches Personalmanagement – ich meine, sechs Personen sind eigentlich keine Einheit für eine öffentliche Verwaltung, um es einmal vorsichtig auszudrücken – zu machen, insbesondere dann, und dazu haben Sie eben nichts gesagt, aber das steht in Ihrem Antrag, wenn die Pläne, sämtliche Fachgerichte an einem Standort zu vereinigen, tatsächlich jetzt verfolgt werden. Dafür stehen wir als CDU nachdrücklich. Wir begrüßen, dass sich sämtliche beteiligten Präsidenten der Gerichte darauf geeinigt haben, eine Lösung anzustreben, die allen Interessen gerecht wird, einen Standort gefunden haben, der, wie ich meine, Herr Mäurer, auch vom Justizressort jetzt mit dem erforderlichen Nachdruck verfolgt werden kann. Jetzt ist es Aufgabe der Verwaltung, die Realisierungsschritte zu ergreifen. Ich glaube, dass das nicht ganz einfach werden wird, weil die Gerichte ja alle in Räumlichkeiten sitzen. Mit diesen Räumlichkeiten muss man irgendetwas machen, die kosten auch Geld. Ich glaube aber dennoch, dass es im Interesse der Justizpolitik des Landes ist, die Fachgerichte alle an einem Standort zusammenzufassen und die sich dadurch ergebenden Synergien dafür zu nutzen, um die Justiz für die Besucher, Anwender und die einzelnen Richter auch angenehmer zu machen. Kurzum, wir lehnen Ihren Antrag ab, Herr Dr. Kuhn, weil wir der Auffassung sind, dass ein apodiktisches Nein gegen die Vereinigung der Ämter des Finanzgerichts- und Oberverwaltungsgerichtspräsidenten nicht richtig ist. Wir sind der Auffassung, dass wir sehr wohl beide Gerichte mit einem gemeinsamen Präsidenten besetzen können. Das ist im Übrigen auch die ungeteilte Auffassung des OLG-, OVG- und des Verwaltungsgerichtspräsidenten. Auch der Finanzgerichtspräsident hat an einer solchen Entscheidung bisher mitgearbeitet. Ich weiß, dass die Finanzrichter eine andere Auffassung haben, aber letztendlich werden wir es politisch entscheiden müssen. Ich glaube, dass es der richtige Weg ist, im Sinne einer anwenderfreundlichen und auch maßgerechten Justizpolitik im Lande Bremen diese Lösung weiterzuverfolgen. Deswegen, Herr Dr. Kuhn, lehnen wir Ihren Antrag ab. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Isola.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit der Sitzung des Rechtsausschusses ist in der Tat im Wesentlichen die Luft heraus aus diesem Thema. Bei dem entscheidenden Punkt, der Kollege Röwekamp hat ja eben darauf hingewiesen, nämlich die denkbare Absicht, war es ohnehin nicht ganz klar, ob dies von vornherein beabsichtigt war. Wir haben dann aber lange diskutiert, zumindest den Luxus haben wir uns geleistet, mit Gutachten und so weiter. Das, denke ich, war auch nicht umsonst. Beide Gerichte, das OVG und das Finanzgericht in der Weise zu verschmelzen, dass ein Doppelamt für alle Richter eingeführt wird, diese Sache ist vom Tisch, wird nicht weiter verfolgt, wenn es denn überhaupt verfolgt worden wäre vom Ressort. Damit ist Ihr Antrag schon in einem wesentlichen Punkt erledigt!

Es bleibt in der Tat die Frage der Zusammenlegung der Präsidentenämter offen. Natürlich sind die Richter am Finanzgericht dagegen. Das ist ja auch legitim, da geht eine Beförderungsstelle verloren. Es wäre schon komisch, wenn die Richter das auch noch groß begrüßen würden. Man muss das nur einmal sehen: Das eine Gericht hat sechs Richter, das andere Gericht hat sechs Richter, das sind zwölf Richter, und wir haben da vier Präsidenten, nämlich zwei Präsidenten im Vollamt und zwei Vizepräsidenten. Da kann man natürlich schon ins Grübeln kommen und fragen, ob das nicht ein bisschen sehr viel Häuptling und wenig Indianer sind. Daher halte ich diese Diskussion auch im Hintergrund, selbst wenn es nur minimale Beträge sind letztlich, da hat der Kollege Röwekamp völlig Recht, wenn er das sagt, für legitim.

Es gibt aber auch andere Effekte, auf die ja hingewiesen worden ist, nämlich diese Synergieeffekte, eine Zusammenführung und auch eine Vorbereitung des Nachwuchses für das Finanzgericht. Da gibt es nach wie vor Probleme, hier Richter zu gewinnen. Es gibt kein Untergericht beim Finanzgericht, es ist von vornherein ein Oberfinanzgericht. Insofern rekrutiert sich das Gericht aus anderen Gerichtsbarkeiten oder zum Beispiel aus der Finanzverwaltung. Sicherlich kommen auch andere Möglichkeiten wie Anwälte in Betracht. Das ist aber eine Schwäche, und die kann man teilweise durch einen Präsidenten, der den Überblick hat und auch entsprechende Anregungen geben kann für eine Berufskarriere, durchaus fördern.

Ein zentraler Punkt unserer Politik ist, das hat auch der Kollege Röwekamp erwähnt, deswegen will ich es kurz machen – da stimmen wir ja übrigens völlig überein, auch mit Ihnen, Herr Dr. Kuhn –, dass wir eine Neuordnung der Fachgerichtsbarkeit hier in ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Bremen in der Weise haben wollen, dass wir eine räumliche und organisatorische Zusammenlegung endlich einmal erreichen wollen. Wir haben eine Vielzahl von Standorten, das ist nicht bürgerfreundlich. Der Bürger muss hier durch die Stadt laufen, die einzelnen Gerichte aufsuchen, die sitzen alle in sehr schönen Villen, und das ist teuer! Das kostet sehr viel Geld. Jedes Gericht hat seine eigene Bibliothek, das kann man konzentrieren und wesentlich kostengünstiger gestalten.

Wir haben im Rechtsausschuss im Frühsommer schon beschlossen, dass der politische Schwerpunkt ist, dass wir hier eine Neuordnung der Fachgerichtsbarkeiten erreichen, übrigens unter Einschließung, die zuständige Senatorin ist ja auch da, der Arbeitsgerichtsbarkeit. Ich halte das nach wie vor für einen Witz, es ist völlig anachronistisch, dass die Arbeitsgerichtsbarkeit immer noch in einem anderen Ressort ist. Das hat alte historische Gründe, die längst überholt sind. Es gehört zu einem Justizressort, und dann kann man hier auch gemeinsame Politik machen.

Wir lehnen Ihren Antrag ab, nur noch einmal das Beispiel Hamburg, das Herr Röwekamp genannt hat. Da gab es dieses Doppelamt. Herr Röwekamp, ich darf Sie etwas korrigieren. Dieser Präsident, das war der Präsident Stiehmüller, hatte vier Ämter: Staatsgerichtshof, OLG, OVG und Präsident des Justizprüfungsamts. Da muss ich allerdings sagen, das war nun nicht gerade ein gutes Beispiel, das wollen wir hier in Bremen auch nicht anstreben, aber das, was hier in dieser Kleinheit gemacht werden kann, ist vertretbar. Aus diesem Grund auch dieser Beschluss, der das übrigens noch offen lässt in dieser Frage! Das ist auch eine Frage, die das Ressort noch zu prüfen hat. Daher sind wir jetzt an einem Punkt, finde ich, an dem wir dem so zustimmen können. Die Position des Rechtsausschusses wird weiterhin von den Koalitionsparteien getragen. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Drucksachen-Nummer 15/776 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür Bündnis 90/Die Grünen und Abg. T i t t m a n n [DVU])

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen SPD und CDU)

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) lehnt den Antrag ab.

Meine Damen und Herren, es ist 13 Uhr. Wir treten in die Mittagspause ein bis 14.30 Uhr.

Ich bitte darum, dass um 14.30 Uhr alle Abgeordneten pünktlich sind, damit wir mit der Beratung des Antrags „Internationalem Terrorismus konsequent und angemessen begegnen“ pünktlich beginnen können.

(Unterbrechung der Sitzung 13.01 Uhr)

Präsident Weber eröffnet die Sitzung wieder um 14.31 Uhr.

Meine Damen und Herren, ich eröffne die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft interjection: (Landtag).

Internationalem Terrorismus konsequent und angemessen begegnen

Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD vom 26. September 2001 (Drucksache 15/846)

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Eckhoff.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der 11. September 2001 hat die Welt verändert. Das bisher – sicherlich in Amerika besonders, aber auch in Europa und bei uns – vorhandene subjektive Sicherheitsgefühl, ich will nicht sagen, ist zerstört, aber man ist zumindest nachdenklicher geworden. Zum ersten Mal wurde ein derart barbarischer Anschlag weltweit im Fernsehen übertragen, und man konnte Augenzeuge einer solchen schlimmen Tat werden.

Viele, das kam noch hinzu, nicht nur von uns hier, sondern viele Deutsche kannten die Ziele des Anschlags persönlich. Zwei Millionen deutsche Touristen reisen jedes Jahr in die USA, viele von ihnen finden auch den Weg nach New York. Auch ich selbst stand mehrfach auf diesen beiden Türmen des World Trade Centers, und die Fraktion der CDU war noch im Mai ganz in der Nähe des Anschlagortes.

Sehr geehrte Damen und Herren, nachdem der erste Schockzustand, der uns, glaube ich, auch alle persönlich erfasst hat, nachdem die Trauer in den

ersten Tagen danach überwunden ist, gilt es auch heute, sich politisch mit den Folgen eines solchen barbarischen Anschlags zu beschäftigen.

Ich möchte mich allerdings vorweg noch einmal bei den Bremerinnen und Bremern, die in den Tagen danach eine große Solidarität mit den USA gezeigt haben, ganz herzlich bedanken. Ich glaube, dass das bei unserem Bündnispartner richtig angekommen ist.

(Beifall)

Insbesondere möchte ich mich auch beim Präsidenten der Bremischen Bürgerschaft bedanken, der schnell und unbürokratisch hier zu einer Gedenkstunde ins Parlament eingeladen hat. Ich fand, das war auch die richtige Antwort des Parlaments auf diesen feigen Anschlag, meine verehrten Damen und Herren!

(Beifall)

Mittlerweile ist, glaube ich, auch die Angst vor einer unkontrollierten Eskalation wieder etwas gesunken. In den ersten Tagen danach haben viele, gerade jüngere Menschen sich immer wieder die Frage gestellt, ob es einen dritten Weltkrieg gibt. Viele von uns wussten auch nicht genau, wie die USA reagieren. Ich möchte ganz besonders an dieser Stelle betonen, dass ich schon den Eindruck habe, dass die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika bis zum jetzigen Zeitpunkt sehr überlegt und besonnen gehandelt hat. Ich glaube, wir sollten auch unseren Dank dafür nach Washington schicken, sehr geehrte Damen und Herren!

(Beifall)

Die USA sammeln derzeit weltweite Unterstützung im Kampf gegen den Terrorismus. Russland, selbst China, eine Vielzahl von arabischen Ländern, wie zum Beispiel Saudi-Arabien, bis hin zu Ländern wie auch Kuba haben ihre Unterstützung im Kampf gegen den internationalen Terrorismus signalisiert. Dies dokumentiert umso mehr, dass es sich bei dem Angriff vom 11. September nicht nur um einen Angriff gegen die USA, sondern um einen Angriff gegen die gesamte zivilisierte Welt gehandelt hat.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Ich bin auf die breite Resonanz in der bremischen Bevölkerung schon eingegangen. Ich möchte allerdings auch ganz deutlich sagen, dass ich mich am letzten Samstag schon gefragt habe, ob tatsächlich alle, die sich auch hier in Bremen zu Demonstrationen auf die Straße begeben haben, eigentlich wissen, wofür beziehungsweise wogegen sie demonstrieren. Wenn auf einer Kundgebung in Bremen un

ter anderem auch ohne Reaktionen der Teilnehmer dieser Demonstration Sätze fallen können wie „Die USA haben die gerechte Strafe für ihre Weltpolitik erhalten“, kann ich sagen, schäme ich mich dafür, dass solche Demonstrationen in Bremen möglich sind.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)