Protokoll der Sitzung vom 27.09.2001

(Einstimmig)

Europäische Agentur für Schiffssicherheit Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen vom 28. August 2001 (Drucksache 15/797)

Dazu als Vertreter des Senats Staatsrat Dr. Färber. Die Beratung ist eröffnet. Das Wort erhält der Abgeordnete Töpfer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir unterhalten uns jetzt über einen Sachverhalt, zu dem ein interfraktioneller Antrag vorliegt. Ich begrüße erst einmal sehr, dass CDU, SPD und Grüne sich geeinigt haben, zu dieser Thematik Bremerhaven ins Gespräch zu bringen, und sich verständigt haben, Bremerhaven als Standort für die geplante EU-Agentur gemeinsam hier im Parlament vorzuschlagen. Das ist auch sinnvoll, denn hier geht es unter Umständen um eine ganz wichtige Ansiedlung, wenn es gelingt, die EU-Agentur nach Bremerhaven zu ziehen. Lassen Sie mich kurz den Hintergrund dieser Initiative erläutern! Sie wissen, es hat eine ganze Reihe von Schiffsunglücken vor den europäischen Küsten gegeben. Das letzte Schiffsunglück mit sehr schweren Auswirkungen war der Untergang der Erika vor der französischen Küste im Dezember 1999. Die französische Ratspräsidentschaft hat dann das Thema Schiffssicherheit besonders forciert, und letztendlich hat die EU-Kommission vor einem Jahr entschieden, ein Maßnahmenpaket zu mehr Schiffssicherheit anzukurbeln. Ein ganzes Bündel von Maßnahmen ist verabredet worden, und zwar von der Einführung eines europäischen Systems zur Information über den Schifffahrtsverkehr bis hin zur Verschärfung von Haftungsregelungen und so weiter. Ein Vorschlag ist, eine europäische Agentur für die Sicherheit des Seeverkehrs zu errichten, so wie es die EU schon in vielen anderen Fällen getan hat. Welche Aufgaben hat diese Agentur? Sie soll die EUKommission bei der Aktualisierung entsprechender Sicherheitsvorschriften unterstützen, sie soll Forschungsprojekte analysieren, und sie soll die Kommission bei der Kontrolle der Hafenstaatenkontrollen unterstützen, weil es hier doch vielfach in einigen europäischen Ländern nicht so richtig läuft. Sie soll die Kommission technisch in den Gremien des Pariser Memorandums zur Hafenstaatenkontrolle und bei der Kontrolle der Klassifikationsgesellschaften unterstützen, ein ganz besonders wichtiger Punkt. Wir haben in der Vergangenheit hier auch schon darüber diskutiert und so etwas für notwendig erachtet. Sie soll die Kontrolle der EU-Richtlinien zur Sicherheit von Fahrgastschiffen, zur Schiffsausrüstung ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

und andere Richtlinien zur Schiffsentsorgung unterstützen. Sie soll Datenbanken aufbauen, sie soll ein einheitliches EU-Verfahren zur Unfalluntersuchung aufbauen und technische Unterstützung in den EUBewerberländern leisten. Sie sehen, dass unwahrscheinlich viele Aufgaben auf diese EU-Agentur zukommen werden.

Mittlerweile hat dieser Vorschlag der Europäischen Kommission schon dem Europäischen Parlament vorgelegen, und sowohl im Verkehrsausschuss als auch im Umweltausschuss ist die Fragestellung der Notwendigkeit einer solchen Agentur diskutiert worden. Sie ist von beiden Ausschüssen bejaht worden. Es ist sogar der Vorschlag gemacht worden, die Aufgaben der Agentur nicht nur auf Sicherheitsfragen zu beschränken, sondern sie auch bei der Überwachung der Vermeidung der Verschmutzung der Meeresumwelt einzusetzen. Das ist ein Gesichtspunkt, den wir sehr unterstützen.

Warum nun der Vorschlag Bremerhaven? Es wird die zusätzliche Einrichtung von EU-Agenturen diskutiert. Bisher gibt es in Deutschland noch keine EUAgentur, im Gegensatz zu anderen europäischen Nationen. Wir finden, dass die Seestadt gut für eine solche Dienststelle geeignet ist. Wenn man das einmal vergleicht an der norddeutschen Küste, Hamburg hat einen internationalen Seegerichtshof, hat viele wichtige Einrichtungen, Bundesämter, die mit Seeschifffahrt zu tun haben.

In Cuxhaven wird das Havariekommando aufgebaut, um Unfälle an der deutschen Nordseeküste besser zu behandeln. Bremerhaven bietet sich daher für eine solche Agentur an. Wir haben die entsprechenden räumlichen Kapazitäten vor Ort. Sie müssen wissen, dass etwa 55 Mitarbeiter dieser Agentur zugeordnet werden sollen. Das wäre schon eine gute strukturpolitische, standortpolitische Entscheidung, wenn es gelingen würde, die Bundesregierung dafür zu begeistern, Bremerhaven vorzuschlagen.

Es gibt mittlerweile aus einer Reihe von EU-Nationen Vorschläge. Italien hat Genua ins Gespräch gebracht, Griechenland Piräus, Portugal Lissabon, Großbritannien Southampton. Dann gibt es noch Anmeldungen aus Frankreich und Spanien, die allerdings noch nicht die Unterstützung ihrer jeweiligen nationalen Regierung gefunden haben. Aus Deutschland ist uns bisher bekannt, dass Lübeck ein großes Interesse hat. Lübeck hat wohl auch schon die Unterstützung der schleswig-holsteinischen Landesregierung bekommen.

Wir denken, dass es jetzt noch angebracht und sinnvoll ist, uns in dieses Bewerberrennen einzubringen. Noch bestehen große Chancen, die man nutzen sollte. Deswegen finde ich es auch gut, dass wir uns auf einen solchen gemeinsamen Antrag verständigt haben. Mit diesem Antrag kann der Senat dann bei der Bundesregierung eine Bewerbung Bremer

havens ins Spiel bringen. Ich würde mich freuen, wenn Sie diesen Antrag einstimmig unterstützen könnten.

(Beifall bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Kastendiek.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Der Abgeordnete Töpfer hat sehr ausführlich den Hintergrund zu den einzelnen Punkten geschildert. Wir begrüßen das sehr. Wir würden uns auch sehr freuen, wenn die Bemühungen erfolgreich zum Abschluss geführt werden könnten. Das wäre eine Stärkung des maritimen Standorts Bremen und Bremerhaven, auch eine Stärkung des Hafenstandorts und würde die Bedeutung, die Bremen und Bremerhaven haben beziehungsweise in den letzten Jahren wieder gewonnen haben, ausdrücklich unterstreichen.

Ich glaube, dass die Bundesregierung an dieser Stelle auch eine Verpflichtung hat, sich hier für Bremen und Bremerhaven einzusetzen, um für eine Ausgewogenheit von europäischen Einrichtungen und Bundeseinrichtungen zu sorgen. Von daher bin ich ganz gespannt, wie das am Ende dann ausgeht, wie die Bemühungen des Senats und der Bundesregierung sich dann am Ende darstellen. Vielleicht können wir uns in zwei, drei Jahren erfolgreich gegenseitig auf die Schultern klopfen und sagen, jawohl, das haben wir gemeinsam geschafft. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Als Nächster hat das Wort der Abgeordnete Schramm.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist im Prinzip alles gesagt worden. Obwohl wir einen gemeinsamen Antrag haben, kann ich hier nicht auf einen eigenen Beitrag verzichten, weil wir natürlich auch in die Förderung dieser maritimen Angelegenheit involviert sind.

Wir haben bereits in der letzten Sitzung in der Fragestunde eine Anfrage an den Senat gerichtet, inwieweit er jetzt bereits aktiv geworden ist, diese Agentur anzumelden. Die Antwort lautete, bisher sei der Senat eben nicht tätig geworden. Er hat diese Agentur nicht angemeldet, und es wäre natürlich schon interessant zu wissen, warum der Senat bisher nicht tätig geworden ist.

Es ist natürlich irgendwie bezeichnend, dass europäische Institutionen und europäische Politik nach entsprechenden Krisensituationen oder nach ent––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

sprechenden Katastrophen, die eingetreten sind, immer eingefordert werden. Dies ist natürlich zu bedauern, ist aber in diesem Moment eine riesige strukturpolitische Chance für den Standort Bremerhaven, endlich einmal überregional Standort einer europäischen Dienstleistung zu werden. Diese Chance sollte man nicht leichtfertig vergeben,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

immerhin sind mit dieser Dienstleistung 55 hoch qualifizierte Arbeitsplätze verbunden.

Wir haben heute morgen sehr kontrovers über die Strukturpolitik in Bremerhaven diskutiert. Es wäre schon eine sinnvolle Einrichtung, hier 55 hoch qualifizierte, wissenschaftliche und andere Kräfte in Bremerhaven anzusiedeln, um den Standort auch überregional bekannt zu machen. Der Haushalt für diese Agentur bewegt sich in einem Volumen von immerhin fünf Millionen DM in der ersten Phase, in der zweiten Phase sind es 7,6 Millionen DM pro Jahr. Das ist, finde ich, eine nicht zu vernachlässigende Größe, die natürlich sinnvoll für den Standort Bremerhaven angelegt werden kann.

Deutschland bewirbt sich, das muss man wissen, für Agenturen in anderen Bereichen, in der Luftfahrt und bei der Polizei, und es steht jetzt in Frage, inwieweit die maritime Politik als Standortfrage für Deutschland Priorität besitzt, ob es die Luftfahrt mit der internationalen Luftfahrtagentur ist oder die europäische Polizeiagentur. Wir haben ja gesehen, dass der Bundeskanzler verschiedene Anläufe unternommen hat, die maritime Politik mehr in den Vordergrund zu rücken. Das drückt sich in verschiedenen Konferenzen aus, die stattgefunden haben und stattfinden werden, und das könnte dann natürlich seinen Niederschlag auch materiell in solchen Entscheidungen finden, den maritimen Standort durch handfeste materielle Fragen zu untermauern.

Wir müssen aufpassen, und deswegen sage ich das noch einmal, deswegen habe ich mich noch einmal gemeldet, die Frage ist nicht auf die lange Bank zu schieben, denn bereits im Herbst soll das Europäische Parlament über den Standort entscheiden. Das heißt, bis dahin müssen verschiedene Standortalternativen zur Entscheidung vorliegen. Andere Standorte, die auch maritimen Charakter haben, vielleicht nicht ganz so sehr wie Bremerhaven, zum Beispiel Lübeck, Lübeck ist mehr ostseebezogen, nicht so ganz weltweit, haben sich ebenfalls als Standort für diese Agentur ins Spiel gebracht, und die entsprechenden Abgeordneten aus diesen Bereichen sind vor Ort politisch aktiv. Man kann nur hoffen, dass auch die Europaabgeordneten des Bundeslandes Bremen entsprechende Politik betreiben und sich einsetzen, um den Standort Bremen/Bremerhaven für diese Agentur ins Spiel zu bringen, so dass nicht entsprechende Ostseehäfen hier vielleicht den Vorzug genießen.

Bremerhaven als Standort, das muss man vielleicht gar nicht mehr sagen, das ist selbstverständlich, als weltoffene Stadt, europäisch orientiert und international verwoben, bietet sich natürlich an für solche europäischen Dienstleistungen, als Kompetenzzentrum für Sicherheit, aber auch als Kompetenzzentrum für Umweltschutz mit seinen ganzen Kompetenzen, mit der Nähe zum Meer, mit den ganzen Vorschlägen und Potentialen, die an diesem Standort auszugraben wären. Es wäre sinnvoll, die Agentur in Bremerhaven anzusiedeln.

Wir können nur hoffen, dass der Senat alles tut, was ihm möglich ist, um den Standort Bremerhaven hier aktiv in die europäische politische Diskussion zu bringen. Herr Dr. Färber wird uns jetzt sicherlich über den neuesten Stand berichten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als Nächster hat das Wort Staatsrat Dr. Färber.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich sehe, es herrscht großes Einvernehmen zu diesem Thema. Der Vorschlag ist gut. Sie sehen aber auch, die Konkurrenz ist groß. Es wird eine Paketlösung auf EU-Ebene geben, das heißt, dass es schwierig werden wird. Der Antrag ist in Arbeit, und wir werden ihn über das Verkehrsministerium in Richtung EU leiten. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, der CDU und Bündnis 90/Die Grünen mit der DrucksachenNummer 15/797 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Aktionsprogramm gegen den Lehrermangel

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 25. September 2001 (Drucksache 15/837)

Wir verbinden hiermit:

Aktionsprogramm gegen Lehrermangel

Mitteilung des Senats vom 4. September 2001 (Drucksache 15/808)

Dazu als Vertreter des Senats Senator Lemke.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Aktionsprogramm gegen Lehrermangel, vom 1. November 2000, Drucksache 15/514, zu dem jetzt eine Neufassung vorliegt, ist von der Bürgerschaft (Landtag) in ihrer 27. Sitzung am 16. November 2000 an die staatliche Deputation für Bildung überwiesen worden. Diese Deputation legt nunmehr mit der Drucksachen-Nummer 15/808 ihren Bericht dazu vor.

Die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Das Wort erhält der Abgeordnete Mützelburg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist jetzt zehn Monate her, dass dieses Haus den Antrag vom Bündnis 90/Die Grünen, ein Aktionsprogramm gegen den Lehrermangel zu entwickeln, an die Deputation für Bildung überwiesen hat. Nach zehn Monaten legt der Senat uns jetzt endlich einen Bericht vor, den er auch tatsächlich Aktionsprogramm gegen Lehrermangel überschreibt. Ich will zu der Geschichte nichts mehr sagen, warum das so lange gedauert hat. Wir haben die Konsequenzen heute Morgen in einer Änderung des Deputationsgesetzes gezogen.

Der politische Hintergrund, nicht der verfahrensmäßige Hintergrund, und das kann man an diesem vorgelegten Bericht sehr gut sehen, ist in Wirklichkeit der, dass sich die Koalitionsfraktionen nach wie vor nicht darauf verständigen können, in welchen Bereichen der Bildungspolitik sie künftig mehr Geld ausgeben wollen, wofür sie mehr Geld einsetzen wollen und welche Bedeutung die Einstellung neuer Lehrer und anderen Personals in den Schulen in Zukunft für die Weiterentwicklung der Bremer Schulen hat. Diese Entscheidung ist vertagt worden.