Protokoll der Sitzung vom 10.11.2004

Arbeitslosenhilfe, das Verwaltungsgericht für Sozialhilfe, für das Asylbewerberleistungsgesetz und andere Fragen. Man kann fragen, wie eigentlich diese Aufteilung zustande gekommen ist, das kann man logisch nicht erklären, sondern das ist halt so gewachsen.

Wir müssen also jetzt überlegen, wie wir die Zuständigkeit für die Verfahren in Sachen Arbeitslosengeld II regeln. Ab 1. Januar 2005 wäre nach dem Bundesrecht das Sozialgericht zuständig für das Arbeitslosengeld II, für das Sozialgeld und für Entscheidungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Nun ist es so, dass nach längerem Hin und Her, wir haben es hier schon angesprochen, der Bundestag eine so genannte Öffnungsklausel dahingehend beschlossen hat, dass die Länder entscheiden können, diese Fragen vorübergehend auch den Verwaltungsgerichten zuzuweisen. Wir sind als SPD froh darüber, dass es diese Öffnungsklausel gibt, weil sie uns die Möglichkeit gibt, flexibel auf die bremische Situation zu reagieren.

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir hier in Bremen beim Verwaltungsgericht eine Kammer haben, die bisher für die Fragen der Sozialhilfe zuständig ist, die ausgesprochen schnell und zügig arbeitet, die im Hauptsacheverfahren Entscheidungen unterhalb einer Laufzeit von acht Monaten erledigt, in Eilsachen innerhalb von 14 Tagen entscheidet und, wenn es ganz eilig ist, auch innerhalb von zwei oder drei Tagen zu einer Entscheidung fähig ist. Das heißt, wir haben dort eine ausgesprochen leistungsfähige Einheit mit leistungsbereiten Richtern, einer gut funktionierenden Geschäftsstelle, und das ist eigentlich etwas, worüber wir froh sein können, dass wir so etwas haben.

Beim Sozialgericht haben wir eine Situation, die nicht ganz so erfreulich ist, ich will es einmal vorsichtig ausdrücken. Dort ist leider innerhalb der letzten zehn Jahre ein Anstieg der laufenden Verfahren von 2600 auf 3000 Sachen erfolgt. Wir haben schon darüber gestritten, worin die Ursachen liegen. Es sind wahrscheinlich vielfältige Ursachen, die dort zusammengekommen sind, krankheitsbedingter Ausfall von Richtern, Abordnungen an andere Dienststellen, krankheitsbedingter Ausfall in den Geschäftsstellen, Mutterschutz, da ist vieles zusammengekommen. Wir hoffen, dass jetzt nach dem Umzug des Sozialgerichts in das neue Gerichtszentrum die Sache vorangeht, weil jedenfalls bei der Büroorganisation und beim Technikeinsatz doch jetzt bessere Voraussetzungen bestehen. Das heißt also, dass wir für das Sozialgericht mittelfristig eine Lösung finden müssen, um die Bestände abzubauen. Wir versprechen als SPD, dass wir uns um diese Frage kümmern werden.

Hartz IV, Arbeitslosengeld II würde also für das Sozialgericht zu einer zusätzlichen Belastung führen. Man kann nur schätzen, wie hoch diese zusätzliche Belastung wäre. Es mögen 300, 400 oder auch

500 zusätzliche Verfahren im Jahr sein. Dies lässt sich im Moment dort mit dem vorhandenen Personal nicht bewältigen. Deshalb sind wir der Meinung, dass von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht werden sollte. Wir wollen, dass die Rechtsuchenden schnell eine Entscheidung bekommen, wir möchten vermeiden, dass ab 1. Januar 2005 diejenigen Bürger, die Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben oder ihn geltend machen, Wochen oder Monate warten müssen, bis eine rechtskräftige Entscheidung getroffen wird. Deshalb sind wir der Meinung, dass dieser Gesetzentwurf hier beschlossen werden sollte.

Wir sagen aber auch, dies ist kein Präjudiz für eine Zusammenlegung von Verwaltungs- und Sozialgericht, wie sie bundesweit diskutiert wird. Wir wissen, dass zum Beispiel der DGB gegen eine Zusammenlegung dieser beiden Gerichte ist. Es gibt gute Gründe, dagegen zu sein, es gibt auch Argumente für eine Zusammenlegung. Das wollen wir aber in Ruhe diskutieren, und dann wollen wir die Argumente austauschen. Deshalb sagen wir, es ist kein Präjudiz, was jetzt hier vorgeschlagen wird.

Was jetzt hier vorgeschlagen wird, ist auch keine Notlösung, wie das da und dort in der Debatte genannt wird. Der Begriff Notlösung hat etwas, dass man denkt, halb ausgebildete Juristen entscheiden über wichtige Fragen. Das ist nicht der Fall. Hier haben wir, ich habe es erwähnt, eine gut funktionierende Kammer des Verwaltungsgerichts, die bisher die Sachen erledigt hat, und wir glauben, dass der Begriff der Notlösung der bisherigen Arbeit der Verwaltungsrichter, die dann weiterhin für diese Fragen zuständig sind, nicht gerecht wird. Wir meinen, dass dies eine gute, eine pragmatische Lösung ist, und wollen dafür sorgen, dass wir Zeit gewinnen, um die grundsätzlichen Probleme damit beim Sozialgericht in Angriff zu nehmen.

Zum Schluss wollte ich mich noch mit dem Argument auseinander setzen, das ebenfalls in dieser Debatte bereits vorgebracht worden ist, Bremen sei das einzige Bundesland, das von dieser Öffnungsklausel Gebrauch mache, und das sei doch einigermaßen ungewöhnlich, jedenfalls nicht richtig. Dazu möchte ich nur anmerken, es gibt im Bereich des Gerichtsverfassungsrechts eine ganze Reihe von so genannten Öffnungsklauseln, wonach die Länder je nach den regionalen Besonderheiten eigene spezielle Regelungen beschließen können. Sie haben vielleicht in den Zeitungen gelesen, dass es bis jetzt noch in Bayern eine Sonderlösung gibt. Es gibt ein bayerisches oberstes Landesgericht, also nicht nur die Oberlandesgerichte, sondern noch etwas anderes. Das ist so ein Sonderweg und wird jetzt abgeschafft, ist aber trotzdem ein Beispiel dafür, wie speziell zum Teil doch die Regelungen der Gerichtsverfassung sind.

Wir haben in Bremen zum Beispiel eine auswärtige Strafkammer des Landgerichts bei dem Amtsgericht in Bremerhaven. Das ist auch etwas, was das

Gerichtsverfassungsrecht zulässt. Das ist bundesweit nicht ganz einmalig, aber es ist ziemlich ungewöhnlich, und es zeigt nur, dass wir in Bremen als kleines Bundesland manchmal besondere Lösungen brauchen, um unsere Probleme zu lösen. In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu diesem Entwurf. – Danke schön!

(Beifall bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Hannken.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will es genauso kurz machen wie Herr Grotheer. Wir haben über diesen Tagesordnungspunkt auch schon sehr ausführlich, ich glaube, zwei oder drei Mal im Rechtsausschuss öffentlich diskutiert und haben dazu auch die Vertreter der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte angehört und uns mit deren Argumenten auseinander gesetzt. Grundlage der Diskussion ist heute ein Gesetzentwurf, den der Senat eingereicht hat, über die Einrichtung besonderer Spruchkörper beim Verwaltungsgericht und Oberwaltungsgericht zur Ausübung der Sozialgerichtsbarkeit. Zum 1. Januar 2005 wird im Rahmen der Umsetzung von Hartz IV die Zuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte im Bereich der gerichtlichen Verfahren zu Sozialleistungen geändert. Derzeit sind die Sozialgerichte zuständig für Verfahren zum Arbeitslosengeld und zur Arbeitslosenhilfe, wie Herr Grotheer schon ausgeführt hat. Die Verwaltungsgerichte sind zuständig für Verfahren zur Sozialhilfe und zum Asylbewerberleistungsgesetz. Dies ändert sich ab 1. Januar 2005. Dann werden die Sozialgerichte zuständig für Verfahren zur Grundsicherung für Arbeitsuchende, also Arbeitslosengeld II und zum Sozialgeld, sowie für Verfahren zur Sozialhilfe. Bremen kann es derzeit nicht gewährleisten, dass diese zusätzlichen Aufgaben auf die Sozialgerichte übergehen. Das ist der Grund dafür, dass wir heute diese besonderen Spruchkörper einrichten. Der Bundesgesetzgeber hat den Ländern eine Öffnungsklausel gegeben, das heißt, sie können von der Möglichkeit Gebrauch machen. Das gilt für eine Übergangszeit, und das sollte man ganz deutlich betonen, es ist nur eine Übergangszeit. Ab 1. Januar 2009 muss auch Bremen gewährleisten, dass die Sozialgerichte in der Lage sind, diese Verfahren durchzuführen, ab da können diese Aufgaben nicht mehr von den Verwaltungsgerichten wahrgenommen werden. Also, für eine Übergangszeit werden die Verwaltungsgerichte für diese Bereiche zuständig erklärt. Der Grund dafür ist, wie ich ausgeführt habe, die derzeitige Situation bei den Sozialgerichten, und ich glaube schon, dass man das auch sagen kann, Herr ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

Grotheer, Sie haben eben ausgeführt, man darf es nicht als Notlösung bezeichnen, Notlösung sicher nicht in dem Sinne, dass diejenigen, die es jetzt übernehmen werden, nicht dazu in der Lage sind. Die Verwaltungsgerichte sind sehr wohl in der Lage, die Verfahren ordentlich und gut durchzuführen, aber es ist schon eine Notlösung in dem Sinne, dass die eigentliche Zuständigkeit bei den Sozialgerichten liegen sollte. So hat es der Bundesgesetzgeber vorgesehen, und nur für eine Übergangszeit ist es möglich, dass es die Verwaltungsgerichte übernehmen.

In dem Sinne ist es schon eine Notlösung, weil wir eingestehen müssen, dass in Bremen die Sozialgerichte derzeit nicht in der Lage sind, die Verfahren durchzuführen. Deshalb fordern wir auch ausdrücklich noch einmal von dieser Stelle den Senat auf, eine nicht nur mittelfristige, sondern, ich finde schon, eine kurzfristige Lösung zu präsentieren, wie die Situation bei den Sozialgerichten zu verbessern ist.

(Beifall bei der CDU)

Die Verfahrensdauern sind dort enorm. Wenn man sich das ansieht, es sind teilweise Verfahren, die zehn Jahre dort anhängig sind, und ich denke einmal, man kann wirklich niemandem deutlich machen, warum ein Sozialgericht zehn Jahre braucht, um einen Fall zu behandeln. Vor dem Hintergrund, dass man weiß, dass das Leute sind, die existentielle Nöte haben, die zum Sozialgericht gehen, glaube ich, ist es nicht tragbar, und dort müssen kurzfristige Lösungen gesucht werden, um den Stau, der dort herrscht, abzubauen und die Sozialgerichte in die Lage zu bringen, dort auch die Fälle des Arbeitslosengelds II zukünftig behandeln zu können.

Insofern ist es sicherlich eine Notlösung, die wir hier heute beschließen. Es ist die zweitbeste Lösung, es ist eine pragmatische Lösung. Es ist ein Weg, wie wir ab 1. Januar 2005 sicherstellen können, dass die Menschen, die Hilfe brauchen, diese auch vor Gerichten schnell und gut finden werden, aber es kann uns nicht zufrieden stellen, was wir hier heute beschließen.

Ich möchte noch einmal wiederholen: Der Senat ist aufgefordert, kurz- und mittelfristig ein Konzept vorzulegen, wie die Situation bei den Sozialgerichten verbessert werden kann. Es ist nicht nur die personelle Ausstattung, die dort zur Sprache kommen muss, auch das hat Herr Mäurer zumindest in den Sitzungen des Rechtsausschusses sehr deutlich gemacht. Es ist nicht nur eine Frage des Personals im Bereich der Richterstellen und im Mittelbau, sondern es ist vielleicht auch eine Frage der Organisation, der Umorganisation in bestimmten Bereichen. Vielleicht ist es auch eine Frage der Motivation der Mitarbeiter, die dort auch noch einmal zur Diskussion gebracht werden muss, um insgesamt sicherzustellen, dass wir ab 1. Januar 2009 die Sozialge

richte so ausgestattet haben, dass sie in der Lage sind, diese Verfahren durchzuführen.

Wir werden dem Gesetz heute in der ersten und zweiten Lesung unsere Zustimmung erteilen. Es ist die zweitbeste Lösung, eine pragmatische Lösung, und sie bietet den Menschen, die hier vor den Gerichten Hilfe suchen, eine Chance. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Köhler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn das vorliegende Gesetz heute beschlossen wird, ist immer noch nicht klar, wo denn nun ab Januar tatsächlich die Rechtsstreitigkeiten über das Arbeitslosengeld II und die Sozialhilfe verhandelt werden. Das liegt daran, dass das Bundesgesetz, von dem eben die Rede war, das es uns in Bremen überhaupt erst ermöglichen würde, diese Streitigkeiten dem Verwaltungsgericht zu übertragen, letzten Freitag den Bundesrat nicht passiert hat.

Während alle anderen 15 Länder es hinbekommen haben, ihre Sozialgerichte so auszustatten, dass sie die zusätzliche Arbeit übernehmen können, hat der Bremer Justizsenator von Anfang an nur auf den Sonderweg gesetzt. Es ist aber inzwischen nur noch Bremen, das die Sozialhilfe und das Arbeitslosengeld II nicht dem Sozialgericht zuweisen will. Auf die bloße Hoffnung, dass der Bund für Bremen eine Sonderregelung hinbekommen würde, hat das Justizressort alle Planungen aufgebaut.

Das Dumme daran ist nur, dass sich diese Lex Bremen in einem umfangreicheren Gesetz befindet, das die CDU-Mehrheit im Bundesrat insgesamt blockieren will, und nach einem gescheiterten Vermittlungsausschussverfahren streiten jetzt Bundesrat und Bundestag über die Frage, ob es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz handelt, das also die CDU blockieren könnte oder nicht. Das heißt, wir haben maximal glücklicherweise die Situation, dass wir bis zum Jahresende wissen, was ab 1. Januar passiert, frühestens dann! Ich will mir nicht vorstellen, was passiert, wenn das Gesetz auf Bundesebene nicht zustande kommt. Dass Bremen auf die Hilfe der anderen Länder angewiesen ist, sollte man nicht überstrapazieren.

Es ist für die Bürgerinnen und Bürger nicht nachvollziehbar, für welche Angelegenheiten welches Gericht zuständig ist. Wer um Arbeitslosengeld I prozessiert, soll zum Sozialgericht gehen, wer Arbeitslosengeld II haben will, der geht zum Verwaltungsgericht, und wer Sozialhilfe oder Sozialgeld einklagt, muss nicht zum Sozialgericht, sondern zum Verwaltungsgericht. In vier Jahren wird dann wieder alles geändert und endlich geht dann alles zu den Sozialgerichten.

Dorthin gehört es auch und nicht nur, weil es vom Namen her besser passt, sondern es ist geschichtlichen Gründen geschuldet, dass die Sozialhilfe bislang nicht den Sozialgerichten, sondern den Verwaltungsgerichten zugeordnet wurde. Sozialhilfe ist historisch die Armenfürsorge gewesen, eine Aufgabe der Polizei, für deren Rechtsstreitigkeiten natürlich das Verwaltungsgericht zuständig sein musste. Mindestens zum jetzigen Zeitpunkt aber ist Sozialhilfe schon aus gutem Grund kein Unterfall des Polizeirechts mehr. Spätestens seit den siebziger Jahren, in denen man ein einheitliches Sozialgesetzbuch schaffen wollte, gehören Sozialhilfestreitigkeiten zu den Sozialgerichten. Schade, dass das in Bremen vier Jahre später passiert als sonst überall in der Republik!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Durch die bis Ende 2008 befristete Regelung werden Übergangsprobleme geschaffen, die hätten vermieden werden können. Auf die verfassungsrechtlichen Probleme mit der Übergangslösung, auf die die Präsidentin des Landessozialgerichts Bremen/ Niedersachsen hingewiesen hat, möchte ich hier nicht detailliert eingehen. Man stelle sich nur einmal vor, was denn passieren würde, wenn diese Regelung tatsächlich verfassungswidrig wäre! Wenn die Präsidentin des gemeinsamen Landessozialgerichts Bremen/Niedersachsen darauf hinweist, dass die Anwendung der Öffnungsklausel nur in Bremen die einheitliche Rechtslandschaft nicht nur im Bund insgesamt störe, sondern sie insbesondere im Verhältnis zu Niedersachsen als problematisch angesehen werde, dann kann man nicht einfach so darüber hinweggehen, zumal ja auch das gemeinsame Landessozialgericht betroffen ist, weil aus Bremen keine Berufungen in den genannten Rechtsbereichen bis 2009 kommen.

Ob es wirklich eine so gute Idee ist, dass man in Bremen die nächsten vier Jahre bei einer Klage um Arbeitslosengeld II zum Verwaltungsgericht geht, zur Berufung zum Oberverwaltungsgericht und dann zur Revision zum Bundessozialgericht, das mag man unterschiedlich beurteilen. Das alles wäre nicht nötig gewesen, wenn das Justizressort von Anfang an darauf gesetzt hätte, das Sozialgericht in die Lage zu versetzen, mit der zusätzlichen Arbeit fertig zu werden, so, wie es überall woanders möglich ist, zum Beispiel auch im Saarland, das ist nicht viel größer als Bremen, aber da ist es offenbar möglich.

Das alles hätte vorausgesetzt, dass die allgemeine schwierige Situation am Sozialgericht hätte gelöst werden müssen. Dies hätte ein Justizressort vorausgesetzt, das dazu in der Lage ist. Das haben wir in Bremen nicht, und das ist das eigentliche Problem.

Anstatt alles zu tun, um die Situation zu verbessern, geht es lieber um Mitarbeiterbeschimpfungen. Es ist die Art und Weise, wie der Staatsrat über Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter herzieht, entweder öf

fentlich im Rechtsauschuss oder auch anderswo. Jeder, der diese Lästereien einmal gehört hat, kann sich nur vorstellen, wie über ihn geredet wird, wenn er nicht dabei ist. Man muss nur einmal den ganzen Schriftwechsel und die ganzen öffentlichen Äußerungen, die da gemacht worden sind zwischen Sozialgericht und Justizressort, anschauen, um festzustellen, wie zerrüttet das ganze Verhältnis ist.

Anstatt die Ergebnisse aus dem Benchmarking im Vergleich des Bremer Sozialgerichts mit anderen Sozialgerichten positiv zu nutzen, ist der Staatsrat immer noch nicht bereit, bestimmte Tatsachen schlicht anzuerkennen, zum Beispiel, dass es einen riesengroßen Unterschied macht, ob man beim nichtrichterlichen Personal genau für diese Tätigkeit ausgebildete Richterassistenten einsetzt oder nicht. Beim Bremer Sozialgericht hat keine einzige Mitarbeiterin aus dem nichtrichterlichen Bereich eine justizspezifische Ausbildung. Ein verantwortungsvolles Justizressort würde überlegen, wie man es hinbekommt, die strukturellen Bedingungen, die anderswo dazu geführt haben, dass mehr Verfahren schneller erledigt werden, hier in Bremen herzustellen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das ist alles rein exekutives Handeln, auf das wir als Opposition überhaupt keinen Einfluss haben. Wir sehen mit Schaudern, was da insgesamt in dem Ressort passiert, wir sehen die Unfähigkeit des Ressorts,

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Probleme vernünftig zu lösen.

Weil wir einerseits die Zwischenlösung, wie sie in dem Gesetzentwurf vorgesehen ist, für schlecht halten, aber andererseits dieses Gesetz zum jetzigen Zeitpunkt als der einzige Ausweg erscheint, um nicht riesengroße weitere andere Probleme zu bekommen, auf die niemand vorbereitet ist, werden wir uns bei der Abstimmung über das vorliegende Gesetz der Stimme enthalten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich teile, Herr Köhler, Ihre Einschätzung, dass Sie auf das Justizressort keinen Einfluss haben, und das finde ich, ehrlich gesagt, gut so.

(Abg. Frau L i n n e r t [Bündnis 90/Die Grünen]: Es steht Ihnen gar nicht zu, das zu sagen, Herr Mäurer!)

Wir haben uns dafür entschieden, eine einfache, pragmatische Lösung vorzuschlagen, und von daher gesehen wird es so sein, dass ab 1. Januar dieses Jahres völlig – –.

(Zuruf des Abg. D r. G ü l d n e r [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Könnten Sie ein bisschen leiser sein?

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Nein! – Zuruf der Abg. Frau L i n - n e r t [Bündnis90/Die Grünen])

Ab 1. Januar nächsten Jahres werden die Verwaltungsgerichte zuständig sein für alle Verfahren nach Hartz IV, und ich versichere Ihnen, dass die Anträge zügig und zeitnah bearbeitet werden. Dies hat für uns absolute Priorität. Es geht hier nicht um Schönheitspreise.

Zweitens: Die ganze Debatte zeigt, wie antiquiert die jetzige Situation ist, deswegen haben wir im Bundesrat gemeinsam mit einer ganzen Anzahl von Nachbarländern, so auch Niedersachsen, einen gemeinsamen Gesetzentwurf eingebracht mit der Zielsetzung, diesen Zustand zu überwinden, das heißt, die Sozial-, die Verwaltungs- und sogar die Finanzgerichtsbarkeit zu einer einheitlichen öffentlichrechtlichen Gerichtsbarkeit zusammenzufügen. Dann haben Sie genau diese Situation, dass da das Personal sitzt, wo auch die Arbeit anfällt, und dass wir nicht immer in eine solche Situation kommen, nur weil der Gesetzgeber einige neue Positionen schafft, die zu bearbeiten sind.