Bremisches Landesmediengesetz (BremLMG) Mitteilung des Senats vom 11. Januar 2005 (Drucksache 16/500) 1. Lesung
Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Dr. Scherf, ihm beigeordnet Staatsrat Professor Dr. Hoffmann.
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute hier in erster Lesung einen Gesetzentwurf des Senats zur Reform des Landesmediengesetzes. Ich hoffe auch, dass der Senat gleich an der Sitzung teilnehmen wird. Seit 1993 hat sich im deutschen und europäischen Medienrecht einiges geändert. Deshalb macht es Sinn, dass das Bremische Landesmediengesetz neu gefasst wird. Einen Entwurf dafür haben wir heute hier vorliegen.
Ich will jetzt weniger auf die technischen Neuerungen oder auf die neuen Frequenzregelungen in meinem Debattenbeitrag eingehen. Der Medienausschuss der Bürgerschaft wird eine Anhörung zu diesem Gesetz durchführen, dann in der zweiten Lesung noch einmal ausführlich dazu Stellung nehmen und sicherlich auch noch einige Änderungsanträge einbringen.
Für die grüne Bürgerschaftsfraktion möchte ich vier Punkte ansprechen, die meiner Meinung nach ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
bei den weiteren Beratungen eine wichtige Rolle spielen sollten. Das wäre erstens die Weiterentwicklung der Offenen Kanäle zum Bürgerfunk, zweitens die Stärkung und Förderung von Medienkompetenz, so wie sie das Gesetz vorsieht, drittens die Gremiengröße des Landesrundfunkausschusses und viertens die Absicherung der Unterstützung der kulturellen Filmförderung auch durch die Landesmedienanstalt.
Mit dem Gesetz bekommen die Offenen Kanäle ein neues Gesicht, sie bekommen eine andere Struktur, ohne ihren Charakter als Bürgermedium zu verlieren. Die Offenen Kanäle setzen künftig stärker auf Ereignisfernsehen und Film, zum Beispiel Diskussionen oder wie hier Bürgerschaftssitzungen, sie filmen Veranstaltungen oder größere Events, die auch eine Ausstrahlung über Bremen hinaus haben, um sie dann im Programm des Offenen Kanals zu präsentieren.
Die Offenen Kanäle waren in der Vergangenheit immer wieder eine Art Talentschuppen für viele, die sich für Medienberufe interessierten und die hierdurch in diese Bereiche hineinschnuppern konnten und dann diesen Weg beruflich eingeschlagen haben. Das finde ich prima, das soll auch künftig so bleiben. Ich finde, dies könnte auch noch viel stärker als bisher forciert werden.
Mein Vorschlag für die Zukunft ist, die Offenen Kanäle stärker mit anderen zu vernetzen. Wie wäre es mit Campusfernsehen und -hörfunk? Das wäre doch ein wichtiger Baustein, um die Offenen Kanäle zu stärken und Nachwuchs zu fördern. Außerdem hat Bremen eine Hochschule, an der man internationale Journalistik studieren kann. Auch hier wäre ein Zusammenkommen aus meiner Sicht ein so genannter Win-Win-Effekt.
Ich würde mir wünschen, dass auch die Lokalzeitungen, allen voran der „Weser-Kurier“ und auch die „Nordsee-Zeitung“, wieder das Programm des Offenen Kanals veröffentlichen. Das haben sie bislang freiwillig getan, es aber vor einiger Zeit eingestellt. Ich würde mir wünschen, dass von der Bürgerschaft unterstützt wird, dass der „Weser-Kurier“ und die „Nordsee-Zeitung“ wieder den Offenen Kanal stärker unterstützen.
Stichwort Medienkompetenz! Darüber haben wir hier in dieser Bürgerschaft schon einmal debattiert, als es um das Thema Internet für alle ging. Das ist ein wenig her. Ich will mich jetzt an der Definition dieses Begriffs nicht festbeißen, aber ich möchte anregen, dass wir bei den wichtigen und richtigen Überlegungen, Medienkompetenz zu fördern, auch
andere Akteure in die Diskussionen und Überlegungen einbeziehen. Ich kann mir in diesem Bereich eine bessere, eine transparentere und effizientere Struktur als bisher vorstellen. Warum bündelt man nicht das Know-how künftig im Stephaniviertel oder in der Nähe des Medienzentrums?
Wir haben Kinder- und Jugendschutz, der bei einer senatorischen Behörde angegliedert ist. Wir haben die Medienarbeit an den Schulen, das Studio Null Sat, das beim Medienzentrum in Walle beheimatet ist, wir haben Medienarbeit für Eltern, und wir haben die Landesbildstelle, die jetzt auch durch das Gutachten, das der Senator für Bildung in Auftrag gegeben hat, noch einmal untersucht worden ist. Wir sollten einmal diese ganzen Aufgaben anschauen und uns dann Gedanken machen über eine effizientere und auch kostengünstigere Struktur, die viel besser als bisher junge Leute im Land Bremen erreicht.
Die Landesmedienanstalten sind in Deutschland für die Zulassung und Kontrolle privater Hörfunkund Fernsehveranstalter zuständig. Für den Bereich des bundesweiten Hörfunks und Fernsehens arbeiten die Landesmedienanstalten nach Maßgabe des Rundfunkstaatsvertrags der Länder zusammen. Die Bremer Landesmedienanstalt ist die im Land Bremen zuständige Einrichtung für die Zulassung und die Aufsicht im privaten Hörfunk und Fernsehen und führt auch die Aufsicht über die im Land Bremen ansässigen Telemedien.
Ich finde allerdings, dass der Landesrundfunkausschuss viel zu groß ist mit 24 Mitgliedern. Diese Art von Riesengremien halte ich für eine Bremer Spezialität. In Schleswig-Holstein macht die Unabhängige Landesanstalt für Rundfunk und neue Medien, kurz ULR, es uns besser vor: Ein Neunergremium für ein großes Bundesland mit Sach- und Fachverstand ist durch den Landtag gewählt worden. Das halte ich für klug und zukunftsweisend, und das werde ich mit einem Änderungsantrag dann hier auch noch einmal zur Abstimmung stellen.
Zum Abschluss meines Redebeitrags möchte ich das Engagement der Bremer Landesmedienanstalt bei der kulturellen Filmförderung würdigen. Damit dieses Engagement auch künftig möglich sein wird, ist in diesem Kontext eine Gesetzesformulierung exakter zu fassen, ohne dass die kulturelle Filmförderung beeinträchtigt wird. Ich habe da auch schon Einvernehmen bei meinen Kollegen festgestellt, dass wir an einigen Punkten im Gesetz noch zu Änderungen kommen werden.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmt heute dem Entwurf in erster Lesung zu. Zu einzelnen Punkten werden wir Änderungsanträge vorbereiten. Ich bin gespannt, besonders was die Größe des Gre
miums angeht, ob ich da Bewegung bei den Fraktionen von SPD und CDU feststellen kann. Das halte ich wirklich für ein sehr sinnvolles Vorgehen. Ich würde es mir auch wünschen, wenn wir irgendwann noch einmal mit Blick auf das Radio-Bremen-Gesetz schauen, dass wir auch zu weiteren Reformen bei anderen Gremienzusammensetzungen kommen. – Danke schön!
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Für die SPD-Fraktion gilt, alle Bürgerinnen und Bürger müssen die Möglichkeiten haben, zu Themen, die ihre oder ihrer Kinder Interessen, Lebenschancen berühren, ihre Meinung zu erarbeiten und zu verbreiten. Ich werde mich deswegen in der ersten Lesung zu dem Gesetz nur auf den Abschnitt sechs des Gesetzentwurfs in meiner Rede beziehen.
Angesichts der Gefährdung der Informations- und Äußerungsmöglichkeiten sowie der Defizite an unmittelbaren Partizipationsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger durch die einseitige Orientierung an Quoten und Auflagen in vielen Teilbereichen unserer Medien treten wir, die SPD-Fraktion, für Bürgerrundfunk als dritte eigenständige Säule unserer elektronischen Medienordnung ein. Dieser Bürgerrundfunk ist dauerhaft abzusichern und weitgehend mit direkten Beteiligungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger auszustatten. Der freie und gleichberechtigte Zugang von einzelnen Gruppen muss weiter gewährleistet sein. Für sie ist die Möglichkeit zu erhöhen, sich aktiv und kritisch am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben besonders im Nahraum zu beteiligen.
Für diesen Raum erfüllt der Bürgerrundfunk eine Integrationsfunktion, die zu fördern ist. Die Funktion des Bürgerrundfunks als eine Plattform für die Medienarbeit von Vereinen und Initiativen ist zu unterstützen und auszubauen. Auch als Mittel der medienpädagogischen und politischen Bildung im Bürgerrundfunk ist Unterstützung angesagt, da sich hier unter anderem vielfältige Möglichkeiten für die außerschulische Jugendarbeit, Erwachsenenbildung ergeben. Nicht zuletzt treten wir dafür ein, dass die Finanzierung des Bürgerrundfunks aus dem Rundfunkgebührenaufkommen bestehen bleibt, die Finanzierung aus dem Gebührenanteil der Landesmedienanstalt ist deswegen dauerhaft sicherzustellen.
Über mangelnde Akzeptanz können sich die Offenen Kanäle in Bremen und Bremerhaven, glaube ich, nicht beklagen. Zum Beispiel hat die Bremer
Studie ergeben, dass man immerhin 7,8 Prozent der Rezipienten als Stammhörer oder -seher festmachen kann. Das sind etwa 19,8 Prozent der Rezipienten, die den Offenen Kanal mehr als einmal pro Woche hören und sehen. Dies sind Ergebnisse, die deutlich machen, dass es einen großen Bedarf an lokalen Informationen und Kommunikationen gibt. Aus medienpolitischer Sicht möchte ich einflechten, dass lokale und regionale Berichterstattung meines Erachtens immer noch viel zu kurz kommt. Vor allem das Leitmedium Fernsehen hat hier einen generellen Nachholbedarf. Bürgerrundfunk fördert auch die Integration von ausländischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern, meist durch muttersprachliche Sendungen von ausländischen Nutzerinnen und Nutzern. Der Bürgerrundfunk wird öffentlich seinem Anspruch auf Vermittlung von Medienkompetenz gerecht.
Anzusprechen ist auch, dass bisher eine offene Flanke des Offenen Kanals die Qualität und die Struktur der Programme war, die wir alle in Bremen und Bremerhaven teilweise sehen. Es ist also notwendig, und das Gesetz gibt es her, dass es lokale Programmbeiträge zukünftig gibt, also neben dem Prinzip des Schlangestehens – es kommt ein Beitrag herein, er wird gesendet, die Qualität ist so, wie sie ist – gibt dieses neue Gesetz die Möglichkeit, feste Programmstrukturen sicherzustellen und auch feste Aufträge aufzunehmen, die als Ereignisfernsehen oder lokaler Phoenix zu verstehen sind.
Frau Kollegin Stahmann hat einen Teil angesprochen, den ich gern aufnehmen möchte, der die Gremienstruktur der Landesmedienanstalt betrifft. Ich sehe mich im Moment außerstande zu sagen, dass alle bisher gesellschaftlich relevanten Gruppen, die die Landesmedienanstalt mit beobachten, überflüssig wären oder in der Vergangenheit ihre Aufgaben nicht oder nur teilweise gemacht haben. Ich halte bei dem Anspruch eines Offenen Kanals beim Bürgerrundfunk es durchaus für angesagt, dass viele gesellschaftliche Gruppen, nämlich die, die bisher im Gesetz auch verankert sind, auch weiter den Offenen Kanal, den Bürgerrundfunk, die Landesmedienanstalt überprüfen und beobachten. Ich sehe mich deswegen im Moment nicht in der Lage und will es politisch gern in der Diskussion im Medienausschuss abwarten, welche inhaltlichen Begründungen dafür sprechen, die Kirchenverbände, die Gewerkschaften, den Sport oder die weiteren Gruppen aus dem Landesrundfunkausschuss zu streichen.
Ich glaube, dass es bisher gerade wichtig war, dass die gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt im Landesrundfunkausschuss auch ein Beitrag dafür war, wie Berichte oder auch die Berichte, die wir in Zukunft erwarten, dargestellt werden sollen. Deswegen sage ich an dieser Stelle für die erste Lesung dieses Gesetzes, dass ich mir sehr gut vorstellen kann, dass das Gesetz in dieser Form, wie es jetzt vorliegt, auch die Zustimmung der SPD-Bürgerschaftsfraktion nach einer Beratung finden kann, und
bin im Moment noch nicht so offen zu sagen, an der Stelle der Gremienstruktur sehe ich Handlungsbedarf.
Ich sehe ihn da nicht, ich sehe ihn an einer anderen Stelle. Sie haben die Stelle auch erwähnt hinsichtlich der Möglichkeiten, was passiert mit dem Geld, das bei der Landesmedienanstalt zum Jahresende übrig ist, wem kommt dieses Geld zugute, beziehungsweise wer kann daraus kulturelle Aufgaben ableiten. Darüber muss man noch einmal nachdenken, ob die nordmedia, die hier benannt ist, der richtige Adressat ist.
Ich sage aber auch ganz klar, weil die Diskussion schon hier in Bremen geführt wird, ohne dass das Gesetz schon lange diskutiert wurde, ich sehe keine nachhaltige negative Entwicklung für die kulturelle Filmförderung, für das Filmbüro Bremen. Ich sehe kein Problem, das dazu führen könnte, dass das Filmbüro über die Aktivitäten, die es bisher macht, keine weiteren Mittel erhält. Dieses Gesetz, so wie es jetzt vorliegt, sieht das aus meiner Sicht ganz explizit auch vor, so dass man sich im Bereich der kulturellen Filmförderung keine Gedanken machen muss, dass dieses Gesetz an dieser Stelle zu einer Negativentwicklung führen kann.
Ich würde mich freuen, wenn wir gleich das Gesetz in erster Lesung beschließen, an den Medienausschuss überweisen, um eine Anhörung mit der Landesmedienanstalt, mit Radio Bremen und weiteren Beteiligten durchführen zu können, und gehe davon aus, dass neben kleineren Änderungspunkten das Gesetz dann in zweiter Lesung im März oder April in der Bremischen Bürgerschaft beschlossen werden kann. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Meine beiden Vorredner haben viele Punkte schon angesprochen. Ich will mich auf ein paar Sachen konzentrieren. Als Erstes möchte ich vorweg sagen, auch in diesem Bereich, gerade mit diesem Gesetzentwurf, zeigt sich, dass die Koalition besser arbeitet als vielleicht manchmal ihr Ruf ist.
Wenn es jetzt nach uns als Parlament ginge, hätten wir schon vor einem halben Jahr den Gesetzentwurf eingebracht, denn die Forderung oder die Ausgangsposition waren die Punkte im Koalitionsvertrag. Die werden auch in dem neuen Landesmediengesetz umgesetzt, so zum Beispiel eine Sache, die, glaube ich, sehr wichtig ist, dass es in Zukunft keine Beteiligungen von öffentlich-rechtlichen Rundfunkveranstaltern an privaten Rundfunkveranstaltern gibt. Ich glaube, es ist ein sehr wichtiger Punkt, dass wir hier auch ein relativ unterentwikkeltes privates Hörfunk- und Fernsehproblem lösen können, dass sich eben auch private Rundfunkanbieter hier in Bremen ansiedeln und auch senden. Ich glaube, Konkurrenz hat noch nie geschadet. Das haben wir gemeinsam so gemacht, das wird so gemacht.
Was Sie zu den Offenen Kanälen sagten, Frau Stahmann! Der Offene Kanal bekommt ein neues Gesicht. Ich glaube, mit dem Landesmediengesetz und wie es dann natürlich auch von den Leuten im Offenen Kanal umgesetzt wird, bekommt er jetzt endlich einmal ein Gesicht. Die Akzeptanz in der Bevölkerung, da widerspreche ich so ein bisschen dem Kollegen Schildt, war doch sehr niedrig, wenn dann kurdische Säbeltänze oder indische Volksmusik gezeigt wurden.