Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Keine andere Industrie in der Hansestadt hat eine solche Erfolgsgeschichte geschrieben wie die Raumfahrt. Bremen ist heute der bedeutendste Raumfahrtstandort in Deutschland und einer der ganz großen Player in Europa.
Allein EADS ist auf nationaler Ebene umfassend systemfähig, und Bremen ist zudem auch noch das europäische Zentrum für die bemannte Raumfahrt. Wie
sehr Bremen international anerkannt ist, konnte man sehr eindrucksvoll auf der EADS-Veranstaltung im Mai 2006 sehen, als das Raumfahrtlabor Columbus an die NASA übergeben worden ist. Das Labor ist ein wesentliches Element der internationalen Raumstation, und wir können sehr stolz darauf sein, dass es aus Bremen kommt.
EADS, OHB und Eurockot sind die Hauptplayer in der Wirtschaft. ZARM, BEOS und das Mechatronikinstitut sind es auf Seite der Wissenschaft, neben einigen weiteren hoch kompetenten Forschungseinrichtungen und auch einer Vielzahl von mittelständischen Unternehmen. Insgesamt machen elf Unternehmen in der Region einen Umsatz von 400 Millionen Euro in diesem Geschäft und beschäftigen rund 1800 Menschen. EADS ist damit ein zentraler Grundpfeiler für den Technologiestandort Bremen.
Möglich wurde diese herausragende Kompetenz hier vor Ort durch ein engagiertes gemeinschaftliches Handeln von Unternehmen, Wissenschaftlern und Politik. Ich darf in diesem Zusammenhang auch einmal die operative Arbeitsebene in den Ressorts loben. Die Zusammenarbeit des Wissenschaftsressorts mit dem Wirtschaftsressort und anderen senatorischen Dienststellen, um diesen großen wichtigen Tanker hier in Bremen auf einen ganz hervorragenden Weg zu bringen, ist hervorragend gelungen.
Gleichzeitig ist die Raumfahrt auch ein klassisches Beispiel für ein gut gelungenes Cluster, und ist zu Recht von Prognos und dem „Handelsblatt“ als ein Kraftzentrum im Norden bezeichnet worden. Dieser Erfolg basiert auf zwei Großvorhaben, die wir hier in Bremen unterstützt haben. Das ist einmal das Projekt BEOS. Das ist das europäische Betriebs- und Nutzungszentrum für die internationale Raumstation, und das ist das Projekt PHOENIX, also die wiederverwendbaren Raumtransportsysteme. Allein diese beiden Projekte hat Bremen mit rund 27 Millionen Euro unterstützt. Mit diesem Engagement des Landes ist es beispielhaft gelungen, Know-how in Bremen zu halten und gleichzeitig neben der Stärkung der Industrie auch viele Unteraufträge an mittelständische Betriebe zu vergeben. Die wichtigsten Teilbereiche von BEOS und PHOENIX sind das Columbuslabor, Raketenoberstufen, Transportsysteme, Kleinsatelliten, Raketenstartdienste oder Weltraumrobotik.
Der herausragende und wichtigste Effekt von BEOS und PHOENIX ist aber auch, dass die Raumfahrtakteure in Bremen in die Lage versetzt wurden, an den zukünftigen Rahmenprogrammen der ESA, der EU und des Bundes teilzunehmen. Die guten Leistungen, die Bremen bisher abgeliefert hat, haben aber auch
dazu geführt, dass es gelingen konnte, das DLR-Institut in Bremen anzusiedeln. Das ist das erste DLRInstitut im Norden, und auch hierfür möchte ich allen Beteiligten danken! Es ist in kurzer Zeit gelungen, durch gute Verhandlungen die Ansiedlung in Bremen zu ermöglichen. Damit werden ganz neue Dimensionen der Entwicklungen von orbitalen und Raumtransportsystemen möglich, damit können aber auch Bundes- und EU-Gelder nach Bremen gezogen werden, und es können hier die bremeneigenen Mittel in der Wissenschaft fokussiert eingesetzt werden. Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Bremen wird durch diese Ansiedlung erheblich gestärkt, und das ist ein großer Erfolg für Bremen.
Nun fragt man sich gelegentlich, ob die Raumfahrt nur ein Luxus für begeisterte Wissenschaftler und Ingenieure ist oder ob sie einen Nutzen für die bodenständige Allgemeinheit, und das heißt ganz direkt auch für die Wirtschaft in Bremen, hat.
Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrt hat jüngst eine Broschüre herausgegeben, die eindrucksvoll die Gründe dafür aufzeigt, warum Deutschland die Raumfahrt braucht. Raumfahrt unterstützt die Umwelt, sie macht über Satelliten Klima- und Umweltveränderungen deutlich, sie unterstützt wissenschaftliche Kenntnisse in der Physik, Chemie und in den Lebenswissenschaften, also gerade auch in der Medizin, sie schafft Sicherheit durch neue Überwachungstechniken und Krisenmanagement, sie fördert Mobilität durch Navigationstechnik und Verkehrsüberwachung, sie fördert neue Techniken für Detailbilder über Städte, über Entwicklungen von Sonnensegeln und Robotik, sie schafft die Möglichkeit, hier Transporter zu bauen, die uns unabhängig von den Transportern für die Satelliten aus den USA oder aus Russland machen, und letztendlich in diesen Wochen ganz besonders wichtig: Raumfahrt ermöglicht Kommunikation. Heute können vier bis fünf Milliarden Menschen den Fußball nur deswegen sehen, weil es Satelliten gibt.
Die Raumfahrt hat also einen ganz konkreten Nutzen für unseren Alltag, und an der Entwicklung dieser einzelnen Bereiche ist Bremen fast überall beteiligt, sowohl mit der Großindustrie wie mit Instituten, aber auch mit kleineren Unternehmen. Mit der Fertigstellung des Columbuslabors endet also keineswegs eine erfolgreiche Raumfahrttradition in Bremen, sondern es eröffnen sich viele neue Betätigungsfelder in neuen Bereichen.
Eines davon ist das GMES, das so genannte Projekt Global Monitoring of Environment and Security. Es ist eines der Zukunftsprojekte. Dahinter verbirgt sich die Erdbeobachtung per Satellit, und es ermöglicht den Schutz der Umwelt über neue Daten aus dem Weltall. Ein entsprechendes Programm soll
ab 2008 starten und wird neben Galileo – das ist das Navigationstechniksystem – auch im siebten Forschungsrahmenprogramm auf der Tagesordnung stehen. Das deutsche Galileozentrum ist in Bayern angesiedelt, und ich hoffe daher, dass wir hier eine gute Chance haben, das deutsche Zentrum für GMES zu werden. Bei diesen Bemühungen des Senats, die er in vollem Umfang vorantreibt, müssen wir ihn unterstützen.
Neben den laufenden Projekten zur Raumfahrzeugentwicklung ist Bremen an ersten Überlegungen zu einer europäischen Mondmission beteiligt als Vorstufe zur späteren Marsmission Mona Lisa. Das ist ein spannendes Thema. Es bedeutet die Entwicklung von Radioastronomie, die es ermöglicht, zwölf Milliarden Jahre in die Vergangenheit zu schauen oder neue Entwicklungen in der Robotertechnik voranzubringen.
Es gibt also viele neue Ideen und große Herausforderungen. Die Frage ist: Wie muss sich Bremen aufstellen, um an diesen Projekten teilzuhaben? Die Maßnahmen des Landes zur Förderung der Luft- und Raumfahrt sind Schwerpunkt unseres Innovationsprogramms InnoVision 2010. Kernaufgabe wird es sein, Bremen als Modellregion der Raumfahrt für Deutschland in Europa zu etablieren. Wir stellen damit ganz klar den Anspruch, unverzichtbarer Raumstandort in Deutschland und in Europa zu sein und uns an dem nationalen wie europäischen Raumfahrtprogramm zu beteiligen. Dass sich zur Vorbereitung dieses Vorhabens der Bremer Initiativkreis Luft- und Raumfahrt konstituiert hat und ebenfalls das bremeninterne GMES-Office Bremen, ist eine gute Ausgangsbasis, ebenso, dass wir inzwischen auch einen Raumfahrtkoordinator hier in Bremen berufen haben.
Ich hoffe, dass wir in den nächsten Wirtschaftsförderungsausschüssen auch die für diese Maßnahmen notwendigen finanziellen Mittel beschließen können, nachdem es nun eine Einigung im AIP gegeben hat.
Nun stellt sich noch die Frage, welche nationalen und europäischen Programme und finanziellen Mittel für diesen Kernbereich unserer Kompetenzen zur Verfügung stehen. Das deutsche Raumfahrtprogramm ist unter Rotgrün in Berlin ausgelaufen, und die Mittelausstattung der Raumfahrt wurde in dieser Zeit von 200 Millionen Euro auf 145 Millionen Euro jährlich gesenkt und sollte eigentlich auch weiter gesenkt werden. Nun sieht man aber in Berlin, was ein AlleMann-Manöver einer großen Koalition möglich macht, nämlich ein Zukunftsprogramm mit sechs Milliarden Euro, und an diesen sechs Milliarden wird sich auch die Raumfahrt beteiligen können. Die Raumfahrt ist aber darüber hinaus im Bundeshaushalt stabilisiert worden und soll bis 2009 wieder auf 210 Millionen Euro anwachsen. Das ist ein Plus von 25 Prozent, und
ich denke, das zeigt einmal mehr, dass wir mit gemeinschaftlichen Kräften in der Lage sind, Innovation und Technologie in Deutschland voranzubringen.
Zuversichtlich macht uns aber auch das klare Bekenntnis von Angela Merkel, hier in Bremen die Raumfahrt stärken zu wollen.
Ich komme zum Schluss! Ganz kurz: Was jetzt allen noch fehlt, ist ein deutsches Raumfahrtrahmenprogramm. Ich bin ganz sicher, dass die Wirtschaft bereits bei der Arbeit ist, dieses Raumfahrtprogramm auf den Weg zu bringen.
Ganz kurz noch zu Brüssel: Hier steht ein Etat von 550 Millionen Euro zur Verfügung. Flaggschiff werden Galileo und GMES sein, und insofern sind wir mit unseren GMES-Aktivitäten hervorragend aufgestellt. Wir können uns also an diesem europäischen Programm beteiligen. Wermutstropfen ist, dass wir nun nicht mehr die Headquarter von EADS-Transportation sind, aber ich hoffe, dass das, wie auch in der Vergangenheit, keine weiteren Auswirkungen auf den Standort hat.
Ich schließe mit einem Zitat von Herrn Verheugen ab, wenn es gestattet ist: „Bremen ist vorbildlich in seiner europäischen Rolle.“ Ich hoffe, wir tun alles dafür, damit das auch so bleibt. – Vielen Dank!
Meine Damen und Herren, bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich auf der Besuchertribüne recht herzlich eine neunte Gymnasialklasse des Schulzentrums an der Schaumburger Straße. – Herzlich willkommen in unserem Haus!
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sind soeben schon von Fakten erschlagen worden, die deutlich machen, wie erfolgreich wir im Bereich der Luft- und Raumfahrtindustrie in Bremen sind und welchen Anteil auch die bremische Politik daran gehabt hat, dass wir hier in der Tat zu einer Modellregion für Luft- und Raumfahrt werden können, womit die Voraussetzungen geschaffen worden sind, tatsächlich ein Institut der deutschen Luft- und Raumfahrt nach Bremen zu bekommen. Das ist ein sehr großer Erfolg, auch für ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
die beschäftigten Ingenieure und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die hier ja auch produzieren. Wir haben hier nämlich das gesamte System von der Entwicklung bis zur Produktion. Dies ist für Bremen in der Tat – ich sage so etwas selten –, finde ich, ein Schmuckstück, und es ist ein Imagegewinn für unsere Stadt.
Im Übrigen ist es ein wunderbares Beispiel, wie gut es funktionieren kann, wenn Wirtschaft und Wissenschaft aufeinander zugehen, wenn sie gemeinsam an Projekten arbeiten, sich verzahnen und erkennen, wo es Dinge gibt, die auf der wissenschaftlichen Basis noch erörtert, gefunden und einer Lösung zugeführt werden müssen, und die Wirtschaft dann sagt, wie sie dies auch tatsächlich umsetzen kann. Das ist ein hervorragendes Beispiel, das ich mir in vielen anderen Bereichen weitaus mehr wünsche, zumal wir ja wissen, dass wir ansonsten immer diese Probleme mit dem Transport des Wissens in die Wirtschaft beklagen. Hier hat es richtig gut funktioniert.
Ich will zu den beiden Programmen, um die es gegangen ist – zu BEOS und zu PHOENIX, weil Frau Winther das ja umfassend so dargestellt hat –, eigentlich nur noch sehr wenig sagen. Ich möchte mich darauf beschränken, noch einmal zu betonen, dass die Förderung des Landes im Bereich des BEOS dazu geführt hat, dass wir insgesamt Investitionen, aber eben auch private Investitionen im Bereich Forschung und Entwicklung von 100 Millionen Euro hier haben generieren können, und vielleicht noch wichtiger in diesem Bereich ist, dass wir einen Zielerreichungsgrad von 91 Prozent haben. Das ist, wenn man sich mit diesen Systemen auskennt und man etwas Ahnung hat, was eigentlich Forschung und Entwicklung bedeutet, ein wahnsinnig guter Wert, der in anderen Bereichen kaum erreicht wird. Von daher kann man auch nur den Beteiligten, sowohl der Wissenschaft als auch der Wirtschaft, sagen: Sie haben hier hervorragende Arbeit geleistet.
Ich will aber – es ist ja immer so, es gibt immer ein Haar in der Suppe – natürlich nicht verhehlen, dass der Luft- und Raumfahrtbereich im Augenblick natürlich immer noch ein Bereich ist, der hauptsächlich aus öffentlichen Kassen gespeist wird. Frau Winther hat mit Blick auf die letzte Bundesregierung gesagt, dass die Mittel dort heruntergefahren worden sind. Jetzt werden sie wieder heraufgefahren. Trotzdem muss man der Ehrlichkeit halber dann auch sagen: Wenn man sich anschaut, was zum Beispiel die Fran
zosen in diesem Bereich ausgeben, ist es immer noch lächerlich, was hier insgesamt in der Bundesrepublik ausgegeben wird. Eines würde ich jetzt allerdings für Bremen nicht ableiten, nämlich dass wir nun ein eigenständiges bremisches Raumfahrtprogramm machen.
Das haben Sie auch so nicht gemeint! Ich glaube, wir machen hier Begleitmaßnahmen, die sich an die gesamten Rahmenprogramme anpassen. Das ist auch angemessen für uns, nicht?
Trotzdem, glaube ich, muss man in der Gesamtentwicklung in der Luft- und Raumfahrt zur Kenntnis nehmen, dass sich mittlerweile doch tatsächlich Märkte auftun und es dazu kommt, dass wir auch Vermarktungschancen haben. Wenn Sie sich die Zukunft des RFID-Chips in der Logistikkette anschauen und welche Unterstützung Sie da über Satelliten brauchen, zeigt sich, dass hier auch eine große Chance ist, diesen bisher öffentlich so hoch finanzierten Bereich auch wirklich marktfähig für die Wirtschaft zu machen, so dass wir hier in Bremen mit diesen Maßnahmen, die wir eingeleitet und weiterhin unterstützt haben, auch gute Voraussetzungen haben, zukunftsfähige Arbeitsplätze zu haben, die nicht nur von dem Füllhorn der öffentlichen Kassen abhängig sein werden.