Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Meine Damen und Herren, die gemeinsame Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pflugradt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben in der letzten Sitzung der Bürgerschaft darüber diskutiert, die sogenannte Kurzintervention einzuführen. Kurzintervention heißt, dass vom Mikrofon im Saal nach einem Debattenbeitrag eine Kurzintervention kommt, um die Debatten zu beleben. Dieser Antrag von CDU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen ist an den Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss überwiesen worden. Wir wollen mit dieser Kurzintervention die Debatten beleben, wie das im Bundestag und in anderen Landtagen auch schon passiert. Ich glaube, dass das eine gute Sache ist.

Der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuss hat sich mit dieser Frage beschäftigt. Aus den 3 Minuten Redezeit sind 1,5 Minuten geworden. Ich glaube, auch in 1,5 Minuten kann man kurz noch einmal eine entgegengesetzte, andere Position deutlich machen. Wir haben auch eine Änderung dergestalt vorgenommen, dass nicht mehr nur noch Abgeordnete, die in Fraktionsstärke hier im Hause vertreten sind, sondern auch einzelne Abgeordnete, die nicht einer Fraktion angehören, dann die Möglichkeit bekommen, solch eine Kurzintervention zu machen. Insofern haben wir zwei Veränderungen vorgenommen, die dann auch zum Beispiel dem Anliegen von Herrn Wedler von der FDP entsprechen.

Meine Damen und Herren, wir haben gleichzeitig gesagt, dass diese Kurzintervention nicht im Rahmen einer Aktuellen Stunde und nicht im Rahmen einer Regierungserklärung stattfinden kann, allerdings im Rahmen einer Aussprache zu einer Regierungserklärung. Wir sind der Auffassung, dass den Mitgliedern des Senats und ihren Beauftragten ein Recht gegeben wird, ebenfalls in einem Zeitraum von

1,5 Minuten auf solch eine Kurzintervention zu antworten.

Zu einem Debattenbeitrag können mehrere Abgeordnete jeweils eine Kurzintervention anmelden, also nicht nur eine Person, sondern mehrere Abgeordnete, sie werden nacheinander aufgerufen, der Redner kann zusammengefasst darauf antworten, und in diesem Fall kann der Präsident die Redezeit für Erwiderung verlängern. Dem Präsidenten wird in dem Zusammenhang das Recht eingeräumt, die Zulassung einer Kurzintervention oder einer weiteren Kurzintervention abzulehnen, wenn er den Besprechungsgegenstand für erschöpft hält oder der weitere parlamentarische Ablauf eine Nichtzulassung nahe legt. Das heißt, wir wollen nicht, dass es ausufernde Kurzinterventionen gibt, sondern es sollen nur einige wenige dazu reden. Im Übrigen soll diese Kurzintervention in einem freien Vortrag erfolgen, nicht dass sich jemand hier noch eine schriftliche Ausarbeitung für diese Kurzintervention erstellt.

Ich glaube, dass diese Kurzintervention eine gute Sache ist, und hoffe, dass dies dann auch zur Belebung der Debatten beiträgt. Im Übrigen wollen wir dann, das wird auch in dem Bericht des Verfassungsund Geschäftsausschusses wiedergegeben, was wir schon seit kurzem praktizieren, nämlich eine Kurzdebatte nach der Geschäftsordnung von bis zu dreimal bis zu fünf Minuten. Die Regelung hat sich bewährt. Wir werden sie nun auch formal in die Geschäftsordnung aufnehmen. Ich glaube, dass wir damit einen zusätzlichen Beitrag haben, um hier ein stückweit mehr Leben in die Bude zu bekommen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

„Bude“! Ich überlege gerade, ob das parlamentarisch war, Herr Kollege Pflugradt.

(Heiterkeit)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Tschöpe.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Einführung von Kurzinterventionen legt schon begrifflich nahe, dass man sich kurz dazu einlassen soll, und das werde ich tun. Der Abgeordnete Pflugradt hat den Antrag inhaltlich noch einmal ausführlich begründet. Wir waren im Ausschuss in großer Eintracht und haben vereinbart, die Kurzintervention als allgemeines Abgeordnetenrecht auszugestalten. Insofern hat sich dann der Antrag des Abgeordneten Wedlers auch inhaltlich erledigt.

Ich habe eben auf die Uhr geschaut, ob das, was ich eben gesagt habe, 90 Sekunden lang war. Es dürfte 90 Sekunden lang gewesen sein. Sie sehen also, dass die vorgesehenen eineinhalb Minuten ausreichen

können, um kurz zu intervenieren. – Ich danke Ihnen und hoffe, dass wir von dem Instrument Gebrauch machen.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Als nächste Rednerin erhält das Wort die Abgeordnete Frau Linnert.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses ergeht einstimmig, das heißt, dass ich mir die Sachdarstellung schenken kann, denn die hat Herr Pflugradt zutreffend vorgenommen, und die Grünen stimmen dem zu.

Ich will die Gelegenheit nutzen, hier einmal zu sagen – mir wurde ja vorhin von Herrn Perschau unterstellt, dass ich immer alles mies mache, das mache ich jetzt ganz bestimmt nicht –, dass es wider die Erwartungen, die man an Große Koalitionen hat, hier eine Sache gibt, die gut miteinander funktioniert. Wir haben bisher noch nie tief greifende Konflikte in Geschäftsordnungsangelegenheiten gehabt.

Außerdem will ich auch noch einmal aus unserer Sicht anerkennen, dass Sie sehr darauf bedacht sind, sich da mit uns zu einigen. Das hat gut funktioniert, es war ein guter Beratungsprozess, und das ist ja auch nicht selbstverständlich. Das erleichtert und ermöglicht hier die Zusammenarbeit natürlich, und dafür möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bedanken. Mit Leben füllen müssen wir diese neue Regelung hier nicht, indem wir hier Leben in die „Bude“ bringen – da hat der Präsident schon ganz indigniert geschaut –, sondern indem wir gute und interessante Debatten führen.

Ich habe noch eine Bitte, nämlich zur Kurzdebatte von bis zu dreimal bis zu fünf Minuten. Das ist schon gut, es gibt Sachverhalte, die kann man auch sehr gut so darstellen und hier auch so debattieren, und es wird lebendiger. Das haben wir hier ja auch schon ausprobiert, und in einigen Punkten hat das funktioniert, und wir bitten den Präsidenten, den Senat in aller Form – der Senat unterliegt ja nicht der Geschäftsordnung – darauf hinzuweisen, dass wir es als dem Parlament gegenüber nicht so richtig achtungsvoll fänden, wenn wir hier in fünf Minuten eine kleine Geschäftsordnungsdebatte führen und der Senat sich in epischer Breite ergeht. Es mag einmal Sachverhalte geben, bei denen es nicht anders geht, aber als Regelfall sollte die Bitte ergehen, dass sich der Senat auch daran orientiert. – Danke!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Wedler.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich will mich auch kurz fassen. Ich möchte mich zunächst einmal dafür bedanken, dass die Fraktionen mein Anliegen, das ich in meinem Änderungsantrag zum Ausdruck gebracht habe, konstruktiv aufgenommen haben und sich das heute in dem Änderungsantrag auch so wiederfindet. Es ist in Richtung Abgeordnetenrecht verändert worden, und das scheint mir auch eine sehr vernünftige Sache zu sein.

Bedanken möchte ich mich außerdem, dass ich meinen Antrag und mein Anliegen im Ausschuss noch einmal darlegen konnte. Ich finde, das war gut, weil der Antragsteller damit Gelegenheit hatte, noch einmal seine Motive und seine Überlegungen darzustellen.

Ich kann dem Ergebnis der Beratung im Ausschuss, das heute als Antrag hier eingebracht wird, voll zustimmen. Die Änderungen samt den Anwendungsempfehlungen treten dann sicher unmittelbar nach der Beschlussfassung hier im Hause in Kraft und gelten dann bis zum Ende der laufenden Legislaturperiode. Die neue Bürgerschaft kann dann anhand der gewonnenen Erfahrungen neu entscheiden und überlegen, ob sich die neuen Instrumente dann auch bewährt haben oder möglicherweise Veränderungen vornehmen.

Nach meiner Einschätzung dürften sich die neuen Regelungen wohl bewähren und das gewünschte Ziel auch erreichen, vor allem mit den Anwendungsempfehlungen für das Präsidium, dem ich genügend Fingerspitzengefühl und Großzügigkeit im Umgang mit den Regelungen zutraue, sodass wir da dann hier in der Debatte nicht zu neuen Problemen kommen werden. Ich werde den Anträgen zustimmen. – Vielen Dank!

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Damit ist die Beratung geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Da der Änderungsantrag des Abgeordneten Wedler mit der Drucksachennummer 16/1139 und der Antrag der Fraktionen der CDU, SPD und Bündnis 90/ Die Grünen mit der Drucksachennummer 16/1120 durch den Antrag des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses erledigt sind, lasse ich jetzt über diesen Antrag abstimmen.

Wer dem Antrag des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses, Drucksache 16/1159, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

Ich bitte um die Gegenprobe!

Stimmenthaltungen? ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) stimmt dem Antrag zu.

(Einstimmig)

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschusses, Drucksache 16/1159, Kenntnis.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich auf der Besuchertribüne ganz herzlich Vertreter des Europäischen Verbandes privater Wettunternehmer, an der Spitze der Präsident, Herr Rechtsanwalt Maul, in Begleitung von Horst-Jürgen Lahmann, dem ehemaligen Fraktionsvorsitzenden der FDP, begrüßen!

Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall)

Sportwetten: Die Gemeinwohlziele des Staates durch ein gesetzlich normiertes und kontrolliertes Lizenzierungsverfahren durchsetzen

Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 15. August 2006 (Drucksache 16/1105)

Dazu als Vertreter des Senats Bürgermeister Röwekamp.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Güldner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich hatte mich schon gefragt, ob die bremische Landesregierung heute wohl durch den Innen- und Sportsenator oder vielleicht auch durch den Bildungssenator, der in seiner Freizeit auch noch Aufsichtsratvorsitzender von Werder Bremen ist, vertreten ist. Jetzt ist sie durch den Sport- und Innensenator vertreten, dann ahne ich schon, wie die Position des Senats nachher sein wird.

Meine Damen und Herren, die Frage der Sportwetten ist in den letzten Jahren zunächst eher unterschwellig und schleichend in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Seit März 2006 ist sie quasi explosionsartig in das Licht der Öffentlichkeit gerückt. Woran liegt das? Sie werden sagen, zum einen natürlich an dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes genau in dieser Frage – darauf werde ich später noch zurückkommen –, was ist aber der Kern, warum so viele Menschen, warum die Öffentlichkeit über dieses Thema diskutiert? ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Ich glaube, es ist nicht so, dass viele Menschen wirklich selbst dieses Rieseninteresse an den Sportwetten selbst haben oder dass sie ihr Herz jetzt an die eine oder andere Seite in diesem Konflikt verloren haben, sondern es liegt daran, dass die Öffentlichkeit so intensiv – wenn Sie einmal die Medien in Deutschland in den letzten Monaten verfolgen – dieses Problem diskutiert, weil man instinktiv spürt, dass hier etwas nicht in Ordnung ist, dass hier eine Politik für die nächsten Jahre gemacht und geplant wird, an der irgendetwas nicht stimmt, wie sie die Mehrheit der Länder hier vertritt und in Zukunft auch noch vertreten will, dass es irgendeine Art von Ungerechtigkeit gibt und dass diese ganze Geschichte mit den Sportwetten nicht stimmig ist.

Ich möchte hier gern zur Begründung unseres Antrags aufzeigen, welche Punkte es sind, die die Menschen, ich glaube, zu Recht, so in Rage bringen, wenn sie an dieses Thema denken.

Die Einführung des Internets hat es vollbracht, teilweise auch das Ende der DDR – man glaubt gar nicht, dass die beiden Themen etwas miteinander zu tun haben –, dass das staatliche Monopol auf die Sportwetten in den letzten Jahren faktisch, rechtlich haben wir da immer noch eine sehr unklare Zone, außer Kraft gesetzt wurde, weil man im Internet zunehmend Wetten bei privaten Anbietern abschließen konnte. Gleichzeitig hat die EU-Kommission dieses Thema im Sinne der Wettbewerbsfreiheit, im Sinne der Dienstleistungsfreiheit in der Europäischen Union thematisiert, und natürlich hat es eine besonders hohe Aufmerksamkeit, weil Sportvereine wie zum Beispiel unser Verein Werder Bremen hier in Bremen private Wettanbieter als Sponsoren haben und auch sonst die Präsenz in der Öffentlichkeit dieser privaten Wettanbieter enorm zugenommen hat.

Bremen hat über diesen Punkt hinaus eine Rolle gespielt, weil Senator Röwekamp zusammen mit seinem Kollegen aus Bayern eine Art Vorreiter gespielt hat bei der Frage, das staatliche Monopol in Wettund Glücksspielen jetzt nicht nur weiter zu verankern, sondern auch für die Zukunft mit der Idee eines neuen Staatsvertrages festzuschreiben. Das heißt, Bremen spielt in dieser Frage eine ganz wichtige Rolle, und deswegen ist es auch richtig, dies hier in Bremen – und das ist auch ein Hintergrund unseres Antrags – im Landtag zu diskutieren, weil sich dieses parlamentarische Gremium, das ja den Willen des Volkes abbilden soll, bisher noch nicht zu diesem Thema geäußert hat, sondern der Senat dies in den entsprechenden Innenminister- und Sportministerkonferenzen und auch in der Ministerpräsidentenkonferenz sozusagen quasi auf seinem Ticket vorangetrieben hat.