Protokoll der Sitzung vom 24.08.2010

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Ravens, Sie haben es gesagt: Wir sind zwar vorn, aber wir sind noch nicht am Ende, wir müssen uns weiter bewähren. Trotzdem muss ich sagen, die vergangene Woche belegte ein gutes Ergebnis für die berufliche Bildung, denn im Bildungsmonitor belegte Bremen zum ersten Mal die erste Stelle. Im letzten Jahr waren wir an zweiter Stelle mit der beruflichen Bildung. Wir haben dieses Mal Baden-Württemberg überholt. Beurteilungskriterien waren unter anderem die Abschlussquoten, die Stärkung der Berufsvorbereitung, die Arbeitsmarktorientierung, die Zahl aufgelöster Verträge und auch die quantitative Entwicklung der Ausbildungsplätze. Wir meinen, das ist ein herausragendes Ergebnis, und das sollte man ruhig noch einmal beklatschen,

(Beifall bei der SPD)

denn die Berufsschulen und die Betriebe haben eine außerordentlich gute Leistung erzielt.

Wir fragen uns, worauf dieses Ergebnis zurückzuführen ist. Wir meinen, dass es Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung ist, die bereits im Jahr 2001 ihren Ursprung hat. Zum einen wurden in den Berufsschulen die regionalen Berufsbildungszentren eingeführt. Hierbei war immer oberstes Prinzip: Strategie vor der Struktur! Es wurden strategische Überlegungen für die Qualitätsentwicklung der Schulen formuliert, erst danach sollte geprüft werden, ob es an der Struktur Veränderungsnotwendigkeiten gibt. Hier zeigt sich, dass stabile Strukturen auch Erfolge bringen. Das wird noch einmal im ganzen Test in den ostdeutschen Ländern deutlich. Sie haben sich eher auf die Qualität bezogen.

Deshalb sage ich, es ist ganz wichtig, dass im allgemeinen schulischen Bereich jetzt eine Strukturdebatte beendet wurde und wir uns hoffentlich in den nächsten Jahren mehr um die qualitative Entwicklung kümmern können. Da sind wir uns aber einig.

Damals, meine Damen und Herren, wurden erst Handlungsfelder und Ziele über die Unterrichtsentwicklung, die Organisationsentwicklung und die Personalentwicklung sowie die Kooperationsbeziehungen zu den Betrieben definiert. Anschließend wurde ein Qualitätsmanagementmodell, Q2E, mit seiner Rückmeldekultur in den Berufsschulen etabliert, neben den neuen Lernfeldern, neuen Unterrichtsformen, Stärkung der Schulleitung und der Ausbildungsko

operation. Man kann sagen, diese Ergebnisse waren erfolgreich. Schritt für Schritt wurde bei den Schulen vorgegangen, es gab fünf berufliche Pilotschulen, die in einem Wettbewerb herausgefiltert wurden. Anschließend wurde das ganze System auf alle Schulen übertragen.

Neben diesen inneren Maßnahmen an den Schulen kam der regionale Pakt für Ausbildung hinzu, er steigerte die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe. Wir sagen, durch das Zusammenwirken aller Akteure konnte viel mobilisiert werden. Ich weiß allerdings auch, dass es noch Schwächen gibt, das haben wir letzte Woche in der Arbeitsdeputation verfolgen können, die ganze „Altbewerber“-Problematik. Hier muss etwas getan werden. Hierzu werden jetzt neue Instrumente entwickelt, wir hoffen, dass sie erfolgreich sind.

Insgesamt muss man zur Vergangenheit sagen: Es gab immer eine gute Zusammenarbeit zwischen den Ressorts Arbeit, Bildung und Wirtschaft, indem man noch zusätzliche Mittel mobilisieren konnte, das ist auch in der Antwort des Senats nachvollziehbar. Allein die EFRE-Mittel und die ESF-Mittel konnten einiges beitragen, dass die Sachausstattung in den Schulen verbessert wurde.

Meine Damen und Herren, ich meine, wenn wir auf dieser Ebene weiterarbeiten, können wir die neuen Herausforderungen meistern. Was haben wir für neue Herausforderungen? In der Antwort wird deutlich, wir müssen uns an der Wirtschaftsstruktur im Land Bremen orientieren, hier gilt es, besonders den Dienstleistungsbereich ins Auge zu fassen, obwohl auch der gewerblich-technische Bereich immer noch eine starke Domäne in unserem Bundsland besitzt. Inzwischen hat aber der kaufmännisch-verwaltende Bereich diese Domäne überholt. In allen Wirtschaftssektoren gelten die Berufsschulen als zuverlässige Partner der Betriebe, hier vor allen Dingen im Logistikbereich, das ist ein sehr starker Bereich mit den Berufen im Groß- und Außenhandel, in Schifffahrt und Spedition. Hier gibt es eine große Nachfrage für den mittleren Managementbereich. Hier müssen wir sehen, dass wir sogenannte doppelqualifizierende Abschlüsse anbieten.

Es gibt den Antrag des Instituts für Handel und Verkehr. Sie möchten gern, dass in Bremen hinsichtlich einer Bachelorausbildung mehr gemacht werden sollte, damit diese Doppelqualifizierung auch attraktiv für die zukünftigen Beschäftigten sein wird. Wir müssen an den Berufsschulen nicht nur die schwierigen Lerngruppen bedienen, sondern versuchen, möglichst attraktive Angebote für alle zu gestalten, damit es auch interessant für die Schüler wird. Diese Schule – wir kennen sie alle –, Berufsschule für Groß- und Außenhandel, ist inzwischen spitzenmäßig. Sie wurde als Berufsschule des Jahres im Bereich Handel, Schifffahrt, Spedition ausgezeichnet. Wie gesagt, das ist eine führende Domäne, der ganze Logistikbereich. Allerdings sagen wir auch, in den Berufen Informa

tik und Mechatronik sollte möglichst ebenfalls eine doppelqualifizierende Möglichkeit geschaffen werden. Das ist die eine Seite, also noch stärkere Durchlässigkeit, höhere Qualifikation.

Auf der anderen Seite müssen wir uns aber auch intensiv um die schwächeren Schüler kümmern, denn sie brauchen einen Berufsabschluss. Dies ist die Voraussetzung für die demografischen Herausforderungen. Allein zum Erhalt der Sozialsysteme ist es notwendig, dass die Arbeitsproduktivität steigt und die jungen Leute in sozialversicherungspflichtige, dauerhafte Beschäftigung münden. Nur so können wir die Zukunft bestehen, denn diese Fachkräfte werden jetzt schon händeringend gesucht, hier müssen wir etwas machen. Hier gilt es, flexible Aufnahmemöglichkeiten sowie eine ausgezeichnete individuelle Förderung zu schaffen.

Wir müssen die Jugendlichen ins duale System hineinbringen. Ich frage mich manchmal, warum sie nicht vielleicht von vornherein gleich länger im dualen System bleiben können, denn manche brauchen ein bisschen länger, aber das kann durchaus hilfreich sein, wichtig ist, dass sie dann einen Abschluss haben. Wir müssen auch darauf achten, dass das duale System – Sie haben es vorhin schon gesagt – nicht durch den Europäischen Qualifikationsrahmen ausgehöhlt wird, denn für uns als Sozialdemokraten ist die duale Ausbildung immer noch das beste System.

(Beifall bei der SPD)

Es wird viel über individualisierten Unterricht gesprochen, an den Berufsschulen haben wir den schon jahrelang machen müssen. Da sitzt zum Teil der Hauptschüler neben dem Studienabbrecher, und sie müssen das gleiche Ergebnis bringen. Das kann nur individuell mit den Schülern geschehen, und da müssen meines Erachtens Rahmenbedingungen geschaffen werden, dass dieser individualisierte Unterricht durchgeführt werden kann. Das Lernen muss natürlich nachhaltig sein, das heißt, es muss geübt werden, und dieses Wissen, das die jungen Leute erzielt haben, muss auch nach längerer Zeit wieder abrufbar sein.

Wir müssen für diese Probleme, einerseits die Durchlässigkeit und andererseits die Probleme der schwächeren Jugendlichen, noch stärker Ideen produzieren, wie wir dem gerecht werden können. Dazu hat der Unterausschuss „Berufliche Bildung“ angeregt, dass man einen Fachtag macht, und zwar am 23. und 24. September, unter dem Motto „Demografischer Wandel und Zukunft der beruflichen Bildung“. Hier wird diese Thematik eine große Rolle spielen. Wie gesagt, wir werden hier, glaube ich, die Zukunft neu gestalten, und wir werden versuchen, über solche Diskussionen und neue Anregungen unseren Platz im beruflichen Bereich zu halten.

Herr Ravens, Sie haben es vorhin angesprochen, dazu sind natürlich auch die finanziellen Rahmenbedingungen wichtig. Ich gehe davon aus, dass das

Parlament den Berufsschulen für die berufliche Bildung den Rücken stärken wird. Sie haben vorhin auch noch von den Übergangssystemen gesprochen. Wir halten von den Übergangssystemen nicht sehr viel. Deswegen ist das Konzept der Werkschulen positiv: Sie sollen eine Brücke zwischen der Allgemeinbildung und dem beruflichen Ausbildungssystem schaffen. Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir die Leute schon früher abholen. Die Werkschulen sind an die Berufsschulen angegliedert, damit das Know-how von den Berufsschulen eben auch hier überfließen kann.

(Glocke)

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen: Berufliche Bildung und die Qualität, die wir in unserem Bundesland erreicht haben, sind nicht zum Nulltarif zu erreichen. Deswegen erwarten wir, dass wir sie weiterhin positiv begleiten, damit wir diesen Spitzenplatz in Deutschland auch weiterhin halten können. – Ich danke Ihnen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Schön.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bremen steht im bundesweiten Bildungsranking auf Platz fünf und in der beruflichen Bildung sogar auf Platz eins. Das hat letzte Woche die Initiative Soziale Marktwirtschaft in ihrem Bildungsmonitor veröffentlicht. Ich glaube, darüber können wir uns alle gemeinsam freuen, es wurde ja auch schon von den Vorrednern angesprochen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Bremen wird darin bestätigt, und ich zitiere: „Trotz der Probleme in den Schulen sind die Voraussetzungen für den erfolgreichen Übergang von Schule in den Beruf in Bremen relativ günstig. Das Land hatte gemessen an der Einwohnerzahl im entsprechenden Alter die höchste Zahl an verfügbaren betrieblichen Ausbildungsplätzen im Jahr 2008. Sowohl die Auszubildenden als auch die Berufsfachschüler in Bremen schließen, verglichen mit anderen Ländern, ihre Ausbildungsgänge relativ häufig erfolgreich ab.“ Das zeigt einerseits, dass die berufliche Bildung in der Lage ist, Probleme, die nach wie vor im Schulsystem vorhanden sind, aufzufangen, und andererseits, dass die Auszubildenden gute Startchancen haben, im Bildungssystem voranzukommen. Auch deshalb haben wir mit dem neuen Hochschulreformgesetz den er––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

leichterten Hochschulzugang ohne Abitur beschlossen. (Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Dennoch, auch wenn wir an der Spitze stehen, haben wir erhebliche Herausforderungen zu bewältigen. Deshalb finde ich es auch ausgesprochen gut, dass die Bildungssenatorin im Herbst einen Fachtag zu den Perspektiven der beruflichen Bildung durchführen will. Wir werden uns auch in der Ausbildung dem demografischen Wandel, dem Fachkräftemangel stellen müssen. Wir werden uns vermehrt um Aufstiegschancen kümmern müssen. Insbesondere aber werden wir uns um die Integrationskraft der dualen Ausbildung für leistungsschwächere Jugendliche kümmern müssen. Wir haben jetzt schon das Problem, Betriebe klagen darüber, dass sie nicht ausreichend gut vorgebildete Jugendliche finden. Gleichzeitig landen viele Jugendliche im sogenannten Übergangssystem und werden als nicht ausbildungsfähig definiert.

Ich glaube, wenn man die Herausforderungen der demografischen Entwicklung des Fachkräftemangels ernst nehmen will, muss man zu einer neuen Kultur der Ausbildung kommen. Die Zeiten, in denen sich die Unternehmen damit zufriedengeben konnten, die besten Schulabgängerinnen und Schulabgänger herauszupicken und die anderen links liegen zu lassen, werden vorbei sein. Meines Erachtens wird sich die Qualität der beruflichen Bildung künftig daran messen lassen müssen, wie sie gerade schwache Schülerinnen und Schüler integriert und zum Erfolg führen kann. Da wir im Ranking auf Platz eins stehen, bin ich davon überzeugt, dass wir auch allerbeste Voraussetzungen haben werden, das zu schaffen.

Ich glaube, dass wir alle gemeinsam, wir hier, Schulen, Kammern und Betriebe, uns noch viel mehr den schwächeren Schulabgängerinnen und -abgängern zuwenden und ihnen Mut machen müssen. Eines kann nicht sein: Ich höre von Schülerinnen und Schülern mit schwachen Abschlüssen immer wieder, dass sie sehr stark verinnerlicht haben und glauben, keine Chance auf dem Ausbildungsmarkt zu haben. Sie geben auf, bevor sie überhaupt alle Möglichkeiten ausprobiert haben. Das muss sich aus meiner Sicht ändern, daran müssen wir gemeinsam arbeiten.

Ich glaube auch, dass wir wieder mehr Betriebe brauchen, denen es ein Anliegen ist, Jugendlichen etwas beizubringen. Wir hatten gerade vor ein paar Wochen die Umfrage der Gewerkschaften, wie zufrieden Jugendliche mit ihrer Ausbildung sind; es ist durch die Medien gegangen, ich will das nicht wiederholen. Ich bin mir nicht sicher, ob Unternehmen, nachdem sie jahrelang die besten Schüler und Schülerinnen aussuchen konnten, auch selbst wieder Ausbildung lernen müssen. Ich glaube, dass sie das vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung

und des Fachkräftemangels tun müssen. Ich würde mich freuen, wenn der Senat solche Unternehmen, die schwache Jugendliche zu erfolgreichen Abschlüssen führen, im Sinne einer Vorbildfunktion auch auszeichnet. Wir in der Politik, finde ich, sollten den Weg, den wir eingeschlagen und größtenteils in der Bremer Vereinbarung auch festgelegt haben, konsequent weitergehen. Das heißt, wir legen sehr viel Wert auf die Vorbereitung, auf die Ausbildung in der Schule. Wir haben gerade die Werksschulen eingeführt, sie sollen besonders den schwächeren Schülerinnen und Schülern, die in der Schule Probleme haben, Chancen geben. Durch die Aufhebung der Trennung von Theorie und Praxis ist ein ganz anderer Lernzugang möglich, und durch die engen Kontakte zu Wirtschaftsunternehmen sollen die Übergänge in die duale Ausbildung erleichtert werden. Wir erwarten aber auch gleichzeitig von den Schülerinnen und Schülern etwas, denn sie müssen sich darauf aktiv bewerben, und wir erwarten von ihnen auch, dass sie sich dort bewähren werden. Wir sind auch dabei, das Übergangssystem, das ist ja auch schon genannt worden, also das System der berufsvorbereitenden Maßnahmen, zu reformieren. Ich finde, wir müssen verstärkt daran arbeiten, wie erworbene Qualifikationen auf die Ausbildung anerkannt werden und wie die Übergänge in die Ausbildung organisiert werden. Die vielen Warteschleifen, die viele Jugendliche in der Vergangenheit drehen mussten, sollen der Vergangenheit angehören! Es soll wieder eine neue Bremer Vereinbarung zwischen Senat, Kammern und Gewerkschaften abgeschlossen werden! Ich wünsche mir, dass wir Ziele vereinbaren, die aus meiner Sicht zu Recht eine zentrale Rolle spielen werden, nämlich mehr Ausbildungsplätze zu schaffen – denn wir sind nach wie vor davon entfernt, dass alle Jugendlichen einen Ausbildungsplatz bekommen –, mehr Chancen für Altbewerberinnen und -bewerber und das Übergangssystem zu reformieren. Daneben sollte vor dem Hintergrund, dass wir Chancen für alle Jugendlichen brauchen, und vor der Herausforderung der demografischen Entwicklung, des Fachkräftemangels gemeinsam überlegt werden, wie daran gearbeitet wird, dass die duale Ausbildung gerade die Integrationskraft für die schwachen Schülerinnen und Schüler erhöht.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Ich glaube sehr, dass wir dafür gute Voraussetzungen haben, denn nicht umsonst stehen wir in der beruflichen Bildung im Länderranking auf Platz eins. – Herzlichen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Beilken.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die berufliche Bildung verdient mehr Aufmerksamkeit. Das geben allein schon die umfänglichen Zahlen wie-der, die hier genannt wurden. Ich bin deswegen sehr froh, dass wir das hier einmal wieder thematisieren, und wir werden das möglicherweise auch ausbauen. Die Aufmerksamkeit, die die allgemeine Bildung immer wieder einfordert, ist richtig, die berufliche Bildung verdient aber unsere Unterstützung, auch wenn sie nicht so gut darin ist, die Aufmerksamkeit unmittelbar einzufordern.

Ich möchte zur Mitteilung des Senats in drei Punkten Stellung nehmen, die ich herausgreife. Der erste Punkt ist die Frage der Ausstattung und des Sanierungsbedarfs, der zweite die Themen Ausbildungsreife, Übergangssystem und Lehrstellenmangel und der dritte die Frage Modularisierung der Ausbildung, dazu Alternativen und die Perspektiven.

Ich fange an mit der Ausstattung. Dazu wird hier ohne Weiteres gesagt, für Bremen sei die Ausstattung der Schulen gut. Es wird für Bremerhaven angemerkt, das finde ich symptomatisch, ich zitiere: „Bei der vorhandenen Ausstattung mit etwa 400 Personalcomputern beträgt der jährliche Reinvestitionsbedarf an den Kaufmännischen Lehranstalten 40 000 bis 50 000 Euro, die nicht aus dem Regelhaushalt aufgebracht werden können.“

Meine Damen und Herren, es ist hier schon von meinem Vorredner Herrn Brumma gesagt worden, das ist nicht zum Nulltarif zu haben! Bei diesen Summen jetzt zu sparen und eine schlechtere Ausbildungsqualität in diesem Bereich hinzunehmen, ist völlig unangemessen und muss bei den nächsten Haushaltsberatungen wirklich Folgen haben! Wir müssen unseren Worten im Haushalt dann Taten folgen lassen im Bereich Bildung und eben auch im Bereich berufliche Bildung! Es sind keine riesigen Summen, aber der Schaden ist sehr groß, wenn da etwas fehlt. Für Bremen müssen meines Erachtens die Ausstattungsintensität, die Ausstattungsmodernität noch einmal sehr sorgfältig erfasst werden, wenn hier ohne Weiteres gesagt wird, die Ausstattung sei gut. Ich stelle mir dort noch einmal eine Feedbackkultur von den Schulen vor, auch in Richtung des Ausschusses für berufliche Bildung, um an der Stelle wirklich denjenigen das Ohr zu leihen, die die Mängel vor Ort auch bezeichnen können.

Ich komme damit zum Sanierungsbedarf. Seitens der Betroffenen ist es offenbar schon mehr gelungen durchzudringen, wir haben es auch immer wieder in der Presse gelesen. Die Aufstellung in der Mitteilung wird subsumiert – ich zitiere – mit dem Satz: „Die zurzeit laufenden und noch ausstehenden Maßnahmen betreffen für die Stadtgemeinde Bremen die folgenden Schulen.“ Laufende und noch ausstehende Maßnahmen, hierzu hätte ich gern gewusst, welche ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

schon laufen und welche noch ausstehen. Die konkrete Aufzählung ist durchaus schon einmal sinnvoll. Ich will einmal drei Beispiele herausgreifen, das ist beim Schulzentrum Alwin-Lonke-Straße die Grundsanierung einschließlich Brandschutz, das ist beim Schulzentrum Vegesack die Erneuerung des Dachs, der Beleuchtung sowie die Sanierung von Gebäudeteilen, beim Schulzentrum Walliser Straße sowie bei der allgemeinbildenden Berufsschule sind es Fenstersanierungen.

Meine Damen und Herren, wir sehen, dass es sehr konkrete Dinge sind, die in dieser stichwortartigen Übersicht vorkommen und die eben nicht vollständig zitiert ist, aber doch den Bedarf anzeigt. Für eine andere Schule wird die Gesamtsanierung formuliert. Ich bin der Meinung, all diese Bedarfe gehören in den nächsten Haushalt hinein. Dort haben wir Nachholbedarf! Wie wichtig der Bereich ist, ist von allen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden, deswegen setzen Sie sich bitte mit dafür ein, dass diese Dinge im nächsten Haushalt berücksichtigt werden! Es ist etwas, das wir in diesem Lande bewältigen können und müssen.

(Beifall bei der LINKEN)

Zur nächsten Frage, Ausbildungsreife! Es ist hier in der Mitteilung eine Vereinbarung unter Federführung der Senatorin für Bildung und Wissenschaft zitiert worden, die vier Punkte beinhaltet, ich zitiere: „Intensivierung der Arbeits- und Berufsorientierung in den Schulen, Minimierung der Anzahl von Jugendlichen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, Erhöhung des Ausbildungsplatzangebots und Verbesserung des Übergangssystems“.

Der springende Punkt meines Erachtens ist hier die Erhöhung des Ausbildungsplatzangebots. Wir haben einmal mit Zahlen der Agentur für Arbeit recherchiert, und da kommen dann die hier schon gelegentlich angesprochenen sogenannten Altbewerberinnen und -bewerber mit in die Berechnung hinein. Danach haben wir 3 349 Ausbildungsplatzsuchende, davon sind 52 Prozent unversorgt, das sind 1 768 junge Menschen. Bei denen sind dann schon diejenigen gutgeschrieben, die eine sogenannte andere bekannte Alternative gewählt haben, das sind 396. Da haben wir dann wahrscheinlich den Übergang zum Übergangssystem, oder sie haben einfach die Berufsausbildung aufgegeben.

Das Übergangssystem ist schon oft genannt worden, und ich begrüße es sehr, wenn hier von der Vorrednerin Frau Schön gesagt wird, man will im Übergangssystem Ausbildungsabschlüsse organisieren. Das scheint mir ein sehr plausibler Ansatz, und da muss investiert werden, damit dies auch geschieht. Das Übergangssystem ist eine unsägliche Entwicklung, die die Menschen frustriert und die bei Schaden und Nutzen ungefähr halbe-halbe als Ergebnis aufweist; wenn also jemand zwei bis drei Jahre in

einem Übergangssystem war, mit dem man auf die Berufsausbildung oder auf den Beruf vorbereitet wurde, ohne einen Beruf zu erlernen. Dies geht so nicht, und der beste Weg, das aufzulösen, sind immer noch mehr Lehrstellen!

Es wurde angesprochen, es fällt den Betrieben nicht gerade leicht, wenn mit Recht gesagt wird, man kann sich die Jugendlichen nicht mehr so aussuchen. In Zeiten des Wirtschaftsbooms in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts wurden auch alle angelernt, und da ist ihnen auch etwas gezeigt worden, und das waren hinterher ausgezeichnete Facharbeiter, obwohl sie erst einmal relativ unbedarft in den Betrieben angekommen sind. Ich kann aus eigener Erfahrung bestätigen, dass es diese Kultur in den Betrieben gab. Diese Kultur müssen wir wieder schaffen, wenn die Betriebe nicht in ihrer Gesamtheit hinreichend dazu finden, dies selbst zu betreiben.

Man muss sagen, der einzelne Betrieb ist im Dilemma, er bildet womöglich für andere mit aus, hat die zusätzlichen Kosten, die besonderen Mühen, auch für manche, denen dann noch geholfen wird, das gab es alles früher. Wer das heute macht, hat erst einmal die Kosten, und den Nutzen haben dann womöglich andere. Man kann vom einzelnen Betrieb hier nicht verlangen, dass er vorangeht, und selbst schreibt man dann die Unkosten der moralischen Selbstvergewisserung gut. Auf die Art arbeiten Unternehmen normalerweise nicht. Wenn es das gibt, will ich es sehr loben, wir als Politik dürfen uns aber nicht darauf verlassen und auch nicht auf Appelle in dieser Richtung.

Ich weiß nicht, ob ich es richtig verstanden habe, es soll Belohnungen und Unterstützung geben für Betriebe, die ausbilden. Das finde ich sehr gut! Unsere klassische Forderung lautet, dass diese Unterstützung aus einem Fonds geschieht, in den alle Betriebe einzahlen. Das ist natürlich bundesweit zu regeln, es ist die sogenannte Ausbildungsplatzabgabe.