Protokoll der Sitzung vom 18.10.2007

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

aber trotzdem ist klar, die Verbraucher wollen solche Produkte, und der verstärkte Einsatz transgener Nutz

pflanzen wird die Wahlfreiheit der Verbraucher drastisch einschränken, wenn nicht gar unmöglich machen. Es würde bedeuten, dass ein heute bereits bestehender Markt zumindest gefährdet, wenn nicht zerstört wird.

Wenn nun im Rahmen der Selbstverpflichtung auf den Einsatz gentechnisch veränderter Organismen verzichtet wird, so kann dies für eine Region durchaus ein Markenzeichen werden und neue Märkte eröffnen beziehungsweise die alten sichern. Hinsichtlich der Wahlfreiheit der Verbraucher und des Aufbaus einer Marke gentechnikfreier Lebensmittel beziehungsweise Lebensmittelerzeugung handelt es sich also um eine Entscheidung, die auch durchaus wirtschaftspolitisch sinnvoll ist. Deshalb begrüßen wir es aus ökologischen und aus wirtschaftspolitischen Gründen, und wir bitten Sie um Unterstützung für den Antrag!

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Herr Präsident, verehrte Damen und Herren! Wir unterstützen diese Initiative, weil es schlichtweg ziemlich viele Gründe gibt, so etwas dringend anzufangen. Ich erlaube mir zwei Anmerkungen, weil ich befürchte, dass wir allein über den Hebel der Selbstverpflichtung und der Einrichtung von gentechnikfreien Zonen diesen Problemen möglicherweise nicht genügend begegnen. Die Frage der freiwilligen Selbstverpflichtung hat in diesem Fall, ich sage einmal, zwei doppelte Schwächen. Wenn sich nur einer in dieser Gegend nicht freiwillig selbstverpflichtet und dort Dinge anbaut, die gentechnisch verändert sind, macht er im großen Maße die Bemühungen aller anderen zunichte. Man kann Bienen zum Beispiel nicht verbieten, über die Grenze einer – –.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Man kann es versuchen, aber die Frage ist, ob es gelingt!)

Man kann es versuchen, aber die Schilder haben wir leider noch nicht! Ich will darauf aufmerksam machen, dass es ganz schwierig ist, da allein mit dem Instrument der Selbstverpflichtung zu arbeiten in dem Sinne, dass man es eben leicht unterlaufen kann.

Im Übrigen wissen wir, dass solche Formen von Selbstverpflichtungen und solche Konstruktionen von finanziell mächtigen Konzernen natürlich auch deutlich erpressbar oder angreifbar sind, und meiner Meinung nach bedarf es für die Erzeugung von Lebensmitteln sozusagen größerer und besserer Schutzme–––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

chanismen als nur auf der Ebene der Selbstverpflichtung eingerichteter Umweltzonen.

(Abg. Frau D r. M a t h e s [Bündnis 90/ Die Grünen]: Ich habe auf die Novelle des Gentechnikgesetzes hingewiesen!)

Ich glaube auch, dass wir jetzt genau schauen müssen, was wir eigentlich tun können, wie wir diese Form von Selbstverpflichtung unterstützen können. Es wird schon angeregt, es kann gut sein, dass wir bereits vorhandene regionale Label aufwerten können. Ich bin der Meinung, es muss auch einfach ein bisschen Geld in diese Sache investiert werden, um das Ansinnen zu vermarkten, und wir können schauen, inwieweit wir auch durch Bundesratsinitiativen und Ähnliches diese Form von gentechnikfreier Landwirtschaft unterstützen.

Wir können zur Aufklärung beitragen, denn sonst passiert es uns irgendwann einmal so wie einem bekannten Zauberlehrling, ich zitiere Johann Wolfgang von Goethe: „Hat der alte Hexenmeister sich doch einmal wegbegeben, und nun sollen diese Gene auch nach meinem Willen leben. Einen Kern und Zellen hab’ ich und den Brauch, und mit Geistesstärke schaff’ ich neues Leben auch. Säe, säe manche Strecke, dass zum Zwecke Genmais sprieße und in hohen dichten Raten zum Profite sich ergieße.“ Wir haben nur das Problem, es gibt keinen Hexenmeister, und der Prozess ist nicht wie in dem Gedicht rückholbar. – Vielen Dank!

(Beifall bei der Linken)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Imhoff.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! An nichts scheiden sich die Geister wohl mehr als bei der Gentechnik und deren Einsatz. Die Gräben sind in der Diskussion zwischen Chancen und Risiken tiefer denn je, aber eines steht fest: 70 Prozent der Deutschen und fast 85 Prozent der Bremer lehnen durch Gentechnik veränderte Lebensmittel ab, ob nun aus Angst, Kenntnis oder Unwissenheit, das lasse ich einmal dahingestellt, aber klar ist: Die Mehrheit der Menschen lehnt diese Technik zumindest bei Lebensmitteln ab.

Meine Damen und Herren, in Deutschland gibt es zurzeit 950 Hektar Versuchsfläche für genetisch veränderte Pflanzen. Demgegenüber gibt es über 3 Millionen Hektar und über 28 000 Landwirte, die durch eine Selbstverpflichtung bestätigen, dass sie keine gentechnisch veränderten Pflanzen anbauen wollen. Die Zahl zeigt uns, wie in den landwirtschaftlichen Kreisen gedacht und auch mehrfach gehandelt wird. –––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Man kann sagen, es werden jeden Tag mehr Landwirte, die das unterstützen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Doch wie sieht es in Europa oder weltweit aus? In Europa ist die Anpflanzung von genetisch veränderten Pflanzen noch nicht so verbreitet wie in Nord- und Südamerika. Dort wird Genmais und Gensojaschrot seit Jahren großflächig angebaut. Der Mais und das Soja werden von den dortigen Landwirten an die Kühe und Schweine verfüttert. Soweit ist es nicht schlimm, doch eines ist in Amerika Fakt: Das jahrelange Verfüttern von gentechnisch verändertem Mais hat zu Unfruchtbarkeit bei Schweinen und Kühen geführt. Es ist schon bezeichnend, was in den Betrieben passiert, die diesen Mais dauerhaft verfüttert haben. Diese Unfruchtbarkeit war nicht nur bei 10 bis 15 Prozent der Herden zu sehen, sondern bei 90 bis 95 Prozent. Die betroffenen Landwirte dort klagen gegen die Saatfirmen. Ob sie vor Gericht recht bekommen oder nicht, ist, wie immer vor Gericht, nicht vorhersehbar, doch es liegt auf der Hand, weswegen die Herden unfruchtbar geworden sind.

Meine Damen und Herren, ich komme jetzt zur Einrichtung einer auf freiwilliger Basis einzurichtenden gentechnikfreien Zone und den dazugehörigen Bremer Verhältnissen! Bremen ist im übrig gebliebenen ländlichen Raum eine gewachsene Grünlandkultur, die in der Masse durch ihre nassen Strukturen kaum ackerfähiges Land hat. Da Grünland, also Wiesen und Weiden, unverdächtig für Gentechnik-Versuchsanbauten sind, gibt es bei uns große Chancen, dass sich viele Landwirte dieser freiwilligen Selbstverpflichtung anschließen, wobei wir auf die Freiwilligkeit Wert legen, und heute wird hier auch erst einmal nichts anderes beschlossen. So etwas muss nicht in einem Netzwerk geschehen, sondern es können sich auch einzelne Betriebe und Höfe dort mit einbinden, und deswegen ist es richtig, dass wir den Senat hier auffordern, bei den einzelnen Betroffenen Überzeugungsarbeit zu leisten.

Problematisch wird es allerdings, wenn es um eine Zusatzvereinbarung geht, die es auch in diesen Netzwerken gibt, da kann man nämlich zusätzlich fordern, dass keine gentechnisch veränderten Futtermittel an die Tiere verfüttert werden, und ich erkläre Ihnen auch, warum: Die Bremer Landwirte leben nämlich hauptsächlich von der Milchwirtschaft, und die Milchkühe müssen leistungsgerecht gefüttert werden, das heißt, ihr Energiehaushalt muss auch ausgefüttert werden. Das bekommt man mit Gras allein aber nicht hin, und da wir keine Ackerflächen haben, können wir hier in Bremen auch keinen Mais anbauen.

Was macht also ein Landwirt? Er kauft Sojaschrot dazu. Weltweit gibt es aber keinen garantiert nicht genveränderten Sojaschrot, das ist das Problem! Es gibt weltweit keinen unveränderten Sojaschrot mehr, deswegen kann es auch keiner garantieren, der das

einsetzt. Es darf aber auch nicht zulasten der Gesundheit der Tiere gehen.

Ich glaube, dass wir hier an unserem natürlichen Grünlandstandort gute Chancen haben. Die Chancen zur Selbstvermarktung können und müssen wir dort nutzen. Deswegen stimmen wir diesem Antrag zu,

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

und ich glaube, dass es der Schritt in die richtige Richtung ist. Ich würde mich freuen, wenn viele meiner Kollegen dem beitreten würden, und ich selbst überdenke es auch gerade. – Danke!

(Beifall bei der CDU, bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

Als nächster Redner erhält das Wort der Abgeordnete Dr. Buhlert.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben die Problematik zu sehen, dass es darum geht, Chancen und Risiken der grünen Gentechnik wirklich gegeneinander abzuwägen. Auch wir von der FDP meinen oder wissen, dass die Verbraucher zu Recht das Risiko sehen, dass es dort Gefahren gibt, und deswegen darauf bestehen, und das auch zu Recht, dass durch Gentechnik veränderte Lebensmittel gekennzeichnet sind, sodass sie klar wissen, wann sie was essen. In der Tat ist die Kennzeichnung nicht so, dass keine, Herr Imhoff hat darauf hingewiesen, Spuren von gentechnisch verändertem Material darin sein können, und insofern gibt es Risiken, und deswegen gibt es auch die Initiativen freiwilliger Zusammenschlüsse.

Wir von der FDP fragen uns nur, wenn es denn freiwillige Zusammenschlüsse sein sollen, warum braucht es dabei den Senat? Warum soll der Senat etwas dazu tun, wenn es wirtschaftlich attraktiv sein soll? Ich kann es mir durchaus vorstellen. Man kann sehen, wie sich Bio-Supermärkte, Bio-Nahrungsmittel in Supermärkten und so weiter am Markt etablieren und immer mehr Bio-Ware verkauft wird, sodass schon die Erzeugung von Übersee eingeflogen werden muss und der ökologische Vorteil gegenüber dem gesundheitlichen Vorteil, den man durchaus davon haben kann, verloren geht. Wir sehen also die Sorgen der Verbraucher und wissen, dass es deswegen eine Kennzeichnung braucht. Wir sagen auch, dass es deswegen gut ist, wenn man die verschiedenen Arten der Erzeugung separat voneinander hält.

Wir haben in der Tat in Bremen keine Ackerstandorte in der Größe, trotzdem haben wir eine große Nahrungsmittelindustrie, und auch die müssen wir im Auge behalten, wenn wir uns darüber austauschen, wie wir es denn mit der grünen Gentechnik halten.

Am Ende müssen wir auch die Frage beantworten, wie wir mit der grünen Gentechnik bei der Erzeugung nachwachsender Rohstoffe umgehen. Auch dort gibt es Bestrebungen, entsprechenden genmanipulierten Mais zu erzeugen, um überhaupt die Biomasse zu gewinnen, die man für Biokraftwerke braucht. Auch darüber muss man nachdenken. Es geht nämlich um die Fragen, wie viel Wasser solch ein Mais verbraucht und wie resistent und standfest er ist. Auch hier gibt es Diskussionen, solchen Mais entsprechend gentechnisch verändert zu züchten, damit es eben die Biomasse gibt, die in Biokraftwerken gebraucht wird. Das kann natürlich genauso mit Risiken behaftet sein.

Insofern sind wir sehr für freiwilliges Agieren, sind aber der Meinung, dass sich der Senat hier heraushalten kann und auch sollte, denn eine Freiwilligkeit, die dann darauf beruht, dass der Senat die Landwirte an die Hand nimmt, sehen wir dann doch nicht.

Deswegen sagen wir, angesichts der Chancen und Risiken gilt es weiter, grüne Gentechnik auch bei uns zu erforschen, denn sonst haben wir am Ende nicht einmal die Naturwissenschaftler, die das Ganze in den Gewerbeaufsichtsämtern beurteilen und auch erforschen und sehen können, welche Vorteile beispielsweise in der sich entwickelnden Welt daraus gezogen werden können. Es sind Fragen nach Wasserverbrauch, Schädlingsresistenzen und Nährstoffen sowie anderen Inhaltsstoffen, die man einfach mit beurteilen muss.

(Zuruf des Abg. I m h o f f [CDU])

Das wird sich nicht auf Bremer Äckern abspielen, Frank Imhoff, da hast du völlig recht, aber wir haben hier auf der einen Seite eine Universität sowie Hochschulen, die sich mit Lebensmitteln beschäftigen, wir haben auf der anderen Seite eine große Lebensmittelindustrie, und auch darüber sollten wir ordentlich nachdenken, wie diese qualifiziert und im Sinne des Verbraucherschutzes damit umgehen.

Deswegen sollten wir die Diskussion weiterführen, aber hier nicht den Senat involvieren, eine freiwillige Selbstverpflichtung bei den Landwirten zu bewirken. Darüber sollten die Landwirte dann selbst entscheiden, denn sie sind diejenigen, die am Markt agieren und es auch am Ende vor den Verbrauchern verantworten müssen.

(Beifall bei der FDP)

Frau Dr. Mathes, es ist jetzt gleich Punkt 13 Uhr. Wir haben die Möglichkeit, dass, wenn es nicht noch mehr Beiträge als die von Frau Dr. Mathes und Herrn Staatsrat Dr. Heseler gibt, wir es vielleicht noch durchziehen könnten. Sind Sie einverstanden?

(Zurufe: Ja! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Ich würde lieber erst etwas essen!)

Ich möchte aber darauf hinweisen, dass der Vorstand der Bremischen Bürgerschaft um 13 Uhr einen Termin hat.

Frau Dr. Mathes, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz, aber ich muss schon noch einmal auf den Beitrag von Herrn Rupp eingehen, weil er es so darlegte, als wollten wir als einziges Instrument die Selbstverpflichtung zur gentechnikfreien Region. Es ist ganz klar, dass wir natürlich weitere Aufgaben haben, um aufgrund der erheblichen Risiken der Gentechnik bei der Nahrungsmittelproduktion gegenzusteuern. Dazu gehört, wie gesagt, auch die Novelle des Gentechnikgesetzes.

Ich wollte sonst, Herr Imhoff, auch noch einmal deutlich machen, ich freue mich ungemein, dass die CDU jetzt wohl diesem Antrag zustimmen wird. Ich glaube, das ist ein ganz großer Schritt,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der Linken)

wobei ich der festen Überzeugung bin, dass wir insbesondere versuchen sollten, eine Selbstverpflichtung zu erreichen, bei der es auch darum geht, keine gentechnisch veränderten Futtermittel zur Anwendung zu bringen.

Insofern noch einmal vielen Dank! Ich glaube, das ist heute ein richtiger Durchbruch, dass wir in diesem Hause zu diesem Beschluss kommen werden. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)