Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

deswegen wurde die elektronische Schülerakte in der Bildungsdeputation nicht beschlossen.

(Beifall bei der CDU)

Sie können doch nicht erst sagen, wir geben das Geld aus, wunderbar, und hinterher machen wir uns Gedanken darüber, wofür wir das Geld ausgeben. Ich finde das so unverantwortlich!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Wir geben es ja gar nicht aus! Das ist ja so etwas von falsch!)

Das ist nicht falsch! Wir waren doch dabei! Wir waren doch alle beide dabei! Ich habe im Haushalts- und Finanzausschuss gewarnt, und der Rechnungshof hat auch gewarnt, aber diese Warnung haben Sie in den Wind geschlagen. Auch die Hinweise auf die Wirtschaftlichkeitsberechnungen, die erfolgen müssen, haben Sie einfach in den Wind geschlagen, und sie haben einfach diese Millionen beschlossen, das kann ich absolut nicht nachvollziehen! (Glocke)

Frau Piontkowski, Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Noch mehr Geld auszugeben, wie es DIE LINKE will, machen wir nicht mit, weswegen wir den Antrag auch ablehnen! – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Dr. Kuhn, genauso oft, wie Sie versuchen, mir zu erklären, dass ich bestimmte finanzielle Zusammenhänge nicht verstanden habe – und das regelmäßig wieder behaupten –, den Mechanismus haben wir sehr wohl verstanden,

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie haben das verstanden, Sie wollen nur etwas anderes!)

genauso oft muss man auch nicht jedes Mal wieder so tun, als wäre es eine Frage von latenter Dummheit oder ein Missverständnis. Als hätten wir die Tatsache noch nicht verstanden, dass wir nicht über Geld sprechen, was Bremen nicht hat, sondern über Neuverschuldung, und als hätten wir nicht verstanden oder wüssten nicht, 17 bis 18 Milliarden Euro Schulden seien ein großes Problem! ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

Es ist jetzt nur so, Frau Piontkowski, wir sind seit ungefähr vier Jahren hier in diesem Parlament, und vor diesen vier Jahren lag dieser Schuldenberg bei 15 bis 16 Milliarden Euro. Das heißt, an einer sogenannten verantwortungslosen Ausgabenpolitik der LINKEN kann es nicht gelegen haben, dass wir 15 Milliarden Euro Schulden haben,

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Dann hätten wir noch mehr!)

sondern es waren die vorherigen Landesregierungen, die möglicherweise die gute Absicht und die Illusion hatten, dass man durch große Investitionen in Infrastruktur, in Beton und andere Dinge hier die ökonomische Situation verbessern kann. Das war die Illusion! Möglicherweise war es auch keine Illusion, weil nämlich die Tatsache, dass das nicht geholfen hat, Bremen zu sanieren, jetzt nicht an den ständig steigenden Ausgaben liegt, auch nicht an dem wenigen Fleiß, sondern nachweisbar an der Steuerpolitik der jeweiligen Bundesregierung und deren Steuererleichterungen. Das ist die Wahrheit! Das heißt, dieser Schuldenberg ist nicht durch eine ständig überbordende Ausgabenpolitik oder durch unvernünftiges Ausgeben von Geld entstanden – zumindest nicht in der Summe, möglicherweise im Detail –, sondern er ist im Wesentlichen entstanden, weil Helmut Kohl, Gerhard Schröder und Joschka Fischer gemeint haben, dass man durch Steuererleichterung die Wirtschaft ankurbeln könnte.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Noch einmal die Siebzigerjahre!)

Es hat zu Einnahmeausfällen geführt, insbesondere für Bremen, die genau dieses strukturelle Defizit, das wir heute haben, erzeugt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Piontkowski, wenn ich einmal Enkel habe, die in die Politik gehen und hier stehen, dann bin ich sehr dafür, dass sie in der Lage sind, über Geld zu entscheiden.

(Abg. I m h o f f [CDU]: Das ist ja dreimal wenn!)

Es wird immer die Illusion erzeugt, dass das Abbauen von Schulden unter Inkaufnahme von Armut und sozialen Notständen in dieser Stadt jetzt generationengerecht wäre. Ich sage, es gibt nur diesen einen Weg, nämlich dass man letztendlich mehr Steuern einnimmt.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Ja, letztendlich, das ist ja das Problem!)

Armut ist genauso wenig generationengerecht wie zu hohe Schulden, und man löst es nicht, indem man versucht, hier den Sanierungspfad zu überbieten.

Wir können uns gern einmal darüber unterhalten, ob der Sanierungspfad vernünftig ist. Sie haben diese Vereinbarung getroffen und hier erklärt, dass es ein vernünftiger und sinnvoller Weg ist, Bremen aus den Schulden zu führen. Was Sie jetzt machen, ist, dass Sie nicht nur den Sanierungspfad einhalten, sondern den Sanierungspfad in der Größenordnung von 800 Millionen Euro überbieten. Das, finde ich, ist auf die nächsten vier Jahre mit den Rechnungen von jetzt übertrieben. Dann hört es irgendwann auf, Verständnis zu erwecken, man wolle die Haushalte sanieren und gleichzeitig die soziale Spaltung der Stadt möglichst nicht vorantreiben.

(Beifall bei der LINKEN)

Das ist ein Widerspruch, den Sie nicht lösen!

Deswegen fordern wir ein weiteres Mal, dass Sie in den Grenzen, in denen es möglich ist, ohne den Sanierungspfad zu verletzen, ohne ihn zu akzeptieren, dieses Geld anders einsetzen. Sie können mir doch nicht erklären, dass Sie nicht wissen, wo! Sie wissen es ganz genau! Sie haben sich politisch entschieden, dass Ihnen die Tilgung von Schulden wichtiger ist als der soziale Zusammenhalt dieser Stadt. Das ist der Fakt in diesem Parlament. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Rupp, ich weiß nicht, ob Sie das Gutachten des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsforschungsinstituts gelesen haben. Das hätten Sie vielleicht einmal machen sollen! Darin steht, dass die Empfehlung ausgesprochen wird, jetzt die Schulden abzubauen und nicht erst in der Zukunft. Gerade in einer Situation, in der die Einnahmesituation durch die zusätzlichen Steuermillionen, die in Bremens Kassen gespült wurden, günstig ist, wird empfohlen, die Schulden abzubauen, und nicht später, wenn es so oder so schwieriger wird. Jetzt muss man die Sparanstrengungen unternehmen und nicht in der Zukunft. Das ist das eine, das ich sagen wollte.

Eine andere Sache! Sie verkennen vollständig, welche Risiken auch in dem jetzigen Haushalt noch enthalten sind. Vielleicht haben Sie das Interview von Frau Senatorin Linnert im „Weser-Kurier“ gelesen. Frau Senatorin Linnert wurde darauf angesprochen, sie rechne den Haushalt und auch die Einnahmen und Ausgaben in der Zukunft sehr positiv, und gefragt: Was ist, wenn es pessimistischer wird und wenn es schlech

Dann habe ich auch keine Antwort mehr. Das ist doch wirklich ein Armutszeugnis für eine Finanzpolitik, wenn die eigene Finanzsenatorin keine Antwort mehr hat, wenn es schlechter wird.

(Zurufe des Abg. D r. K u h n [Bünd- nis 90/Die Grünen])

Deswegen brauchen wir meines Erachtens eine vernünftige Risikovorsorge, wenn nämlich die Steuereinnahmen nicht mehr so sprudeln, wenn die Zinsen steigen oder die Einwohnerzahlen zurückgehen. Auch das ist in den vielen Berichten, die uns im Haushalts- und Finanzausschuss vorgelegt werden, enthalten. Darin steht, dass möglicherweise die Einwohnerzahlen sinken. Das bedeutet letztendlich 14 Millionen Euro weniger in den bremischen Kassen. Verantwortliche Finanzpolitik heißt für mich dann auch, eine vernünftige Risikovorsorge zu betreiben. Diese Risikovorsorge können wir jetzt betreiben, das ist der Punkt!

Auch der Stabilitätsrat, Abgeordneter Liess hat es schon angesprochen, hat es noch drastischer formuliert. Er hat uns einen Warnschuss versetzt. Er hat Bremen unter Fristsetzung aufgefordert, seine Konsolidierungsbemühungen zu konkretisieren. Er hat die zu optimistischen Annahmen der Steuerzuwächse für die Zukunft kritisiert und ausdrücklich gesagt: „Für den Erfolg des Programms bestehen hier Risiken, zumal Bremen darauf hinweist, dass eine Verschärfung der Eigenanstrengungen kaum leistbar sei.“ Wenn ich das lese, wird mir doch ganz anders. Dann die zusätzlichen Gelder, die durch die Steuern eingenommen wurden, gleich wieder „auf den Kopf zu hauen“, Herr Abgeordneter Rupp, das, finde ich, ist eine Finanzpolitik, die absolut unverantwortlich ist, weit unverantwortlicher noch als das, was uns hier vom rot-grünen Senat vorgelegt wird. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Kuhn.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Zensur, Frau Kollegin Piontkowski, dass wir nicht ganz so sind wie DIE LINKE! Sie täuschen sich aber in der Interpretation des Interviews mit der Finanzsenatorin. Ich finde es sehr vernünftig, dass man nicht den Eindruck erweckt, was übrigens vernünftige Finanzminister auf Bundesebene wie Herr Dr. Schäuble auch nicht tun, als wüssten sie genau, was wir zu tun haben, welchen Spielraum wir haben, wenn die wirtschaftliche Entwicklung in diesem Jahr, wie ja manche befürchten, ganz anders aussieht als die bisher optimistischen Prognosen. Es ist doch vernünftig

zu sagen, dass die Welt dann anders aussieht als in unseren Plänen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Das sagen doch alle vernünftigen Finanzpolitiker, das muss sie doch auch sagen. Ich finde, daran ist nichts auszusetzen.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Sie muss gar nichts sagen!)

Ich finde, wenn man öffentlich gefragt wird, wie die wirtschaftliche Entwicklung sein wird, dann ist es in Ordnung!

Wir waren diejenigen, die darauf hingewiesen haben, dass dieser Weg außerordentlich schwierig sein wird. Man muss sich doch von den jetzigen Zahlen nicht in die Irre führen lassen. Es kann sein, dass wir tatsächlich in den Jahren 2012 und 2013 so herauskommen, dass wir weniger Schulden aufnehmen, als wir nach dem Plan dachten. Das haben wir aber auch bitter nötig, weil die Jahre danach so schwierig und ungewiss werden, dass es wirklich fahrlässig wäre. Ich gebe Ihnen da recht, Frau Piontkowski, es geht nicht an, wenn es gut ist, haben wir Spielraum, dann geben wir das Geld aus, und wenn es dann schlechter wird, können wir überhaupt nichts machen, weil die Lage so schwierig ist, dann kommen wir aus den Schulden nie heraus. Diese Ausreden, diese Politik ist 20 bis 30 Jahre gemacht worden mit dem Ergebnis, das wir jetzt haben, das sollten wir nicht tun.

Frau Piontkowski, ein Wort noch zu Ihnen! Ich habe den Eindruck, dass Sie das eine oder andere nicht nachvollziehen können. Dazu gehört auch, wie wir die Mittel für Umbau, Verwaltung und Infrastruktur beschlossen haben. Ich erkläre es Ihnen noch einmal! Es liegt einzig und allein an der Tatsache, dass wir, um die erhofften Effekte erreichen zu wollen, zukünftig einzusparen, mit den Maßnahmen früh und jetzt beginnen wollen, dass wir aber jetzt keinen Haushalt haben und wir deswegen auch in der haushaltslosen Zeit keine Verpflichtungsermächtigung geben können, sondern das vorher machen mussten.

Deswegen haben wir gesagt, wir haben eine Übersicht an guten Projekten, und wir sind im Grundsatz davon überzeugt, dass es sinnvoll ist, so etwas zu machen. Wir eröffnen uns die Möglichkeit – Frau Piontkowski hören Sie jetzt zu! –, das zu machen. Ob wir es machen, das prüfen wir mit den notwendigen Unterlagen Stück für Stück in jeder Deputation und in jedem Ausschuss. Das haben wir zu neun Zehnteln gemacht, in einem Fall haben wir gesagt, noch nicht.

Was wir gewählt haben, ist genau das richtige Verfahren, weil die haushaltslose Zeit uns dazu zwingt, es sei denn, wir machen bis nach der Sommerpause gar nichts. Dann verpufft aber das, was wir damit machen wollen, und wir haben, genau wie bei den Vor

schlägen der Fraktion DIE LINKE, die Folgen in den Jahren 2014 und 2015, dass wir die Einsparungen nicht erbringen können. Das ist nicht das, was wir wollen. Versuchen Sie, diesen einfachen Gedankengang doch einfach einmal nachzuvollziehen! – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens, ja selbstverständlich reden wir nicht über Tilgung, sondern über Vermeidung von Neuverschuldung. Zweitens, Frau Piontkowski, zu dem Versuch, unserem Vorschlag, in bestimmte Teile unserer Stadt zu investieren, Geld hineinzustecken, können Sie sagen, dass Sie das inhaltlich nicht richtig finden. Ich finde aber, dass wir Geld „auf den Kopf hauen“ wollen, das ist ein Verständnis, das ich nicht teile, und das weise ich auch deutlich zurück!