Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Erstens, ja selbstverständlich reden wir nicht über Tilgung, sondern über Vermeidung von Neuverschuldung. Zweitens, Frau Piontkowski, zu dem Versuch, unserem Vorschlag, in bestimmte Teile unserer Stadt zu investieren, Geld hineinzustecken, können Sie sagen, dass Sie das inhaltlich nicht richtig finden. Ich finde aber, dass wir Geld „auf den Kopf hauen“ wollen, das ist ein Verständnis, das ich nicht teile, und das weise ich auch deutlich zurück!

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist die Wahrheit!)

Möglicherweise sind wir richtig uneins, wofür es sich lohnt, Geld auszugeben, und wofür nicht. Geld „auf den Kopf hauen“, da kenne ich aber ein paar Projekte hier in Bremen, da hatte ich den Eindruck, dass es einmal eine Zeit gegeben hat, in der so gedacht wurde! Ich hoffe, diese Zeit ist zu Ende, und, auf jeden Fall, Geld „auf den Kopf hauen“ werden wir nicht.

Wir haben, insbesondere durch das Programm zur Verwaltungs- und Infrastrukturverbesserung gelernt, dass es durchaus Ansätze gibt, die genau diesen Gedanken aufgreifen, nämlich zu schauen, was uns in einer Zeit, in der die Einnahmen nicht mehr so gut sind wie heute, am meisten nützt, um gegebenenfalls Verschuldungsgrenzen einzuhalten. Nützt es uns tatsächlich, Neuverschuldung in Form der Zinsersparnis zu vermeiden, oder gibt es nicht Bereiche, in denen man jetzt legitimiert Geld ausgeben könnte, um einen Effekt zu erzielen, der uns hilft und der dann nicht in einer Zinsersparnis, sondern der Vermeidung in anderen Ausgaben liegt? Das ist die Frage, der wir uns stellen müssen, und deswegen ist es auch falsch, wenn jemand sagt, wir wollen den letzten Pfennig, den wir haben, ausgeben.

Es stimmt nicht mehr, weil wir mittlerweile eine Prognose haben, die um ungefähr 117 Millionen Euro besser ist als die Prognose vom Mai, und selbst wenn man die wirtschaftliche Entwicklung berücksichtigt, werden sich die Steuereinnahmen wahrscheinlich nicht so entwickeln, dass es innerhalb von Wochen passiert. Der Regelungsprozess ist relativ lang, un––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

ter Umständen um ein Jahr versetzt, sodass wir durchaus realistisch die Möglichkeit haben, ohne das bis auf den letzten Euro und ohne jede Reserve auszugeben, trotzdem in der Größenordnung von 100 Millionen Euro mehr in diese Stadt zu investieren, ohne in irgendein Risiko zu kommen, wenn wir es denn wollen und wenn wir feststellen, dass sich das mehr lohnt als die Vermeidung von Neuverschuldung. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Kuhn, Ihren Nachhilfeunterricht brauche ich wirklich nicht!

(Beifall bei der CDU)

Ich habe mir das UVI-Programm und die angemeldeten Projekte sehr genau zu Gemüte geführt. Ich frage mich bei dem einen oder anderen Projekt schon, wo denn da die nachhaltigen Wirkungen für die Zukunft und die zukünftigen Ersparnisse sein sollen. Wenn ich mir jetzt zum Beispiel den Umbau des neuen Schauspielhauses anschaue, wo ist da der nachhaltige Effekt? Dann verkehrstechnische Verbesserungen durch LED-Signalanlagen, das ist ja alles schön und gut!

Beim nächsten Projekt geht es um die Polizei! Das Vorgangsbearbeitungssystem der Polizei war eine Sache, die die Polizei schon lange haben wollte, das Geld war auch schon einmal im Haushalt, 700 000 Euro oder ein bisschen mehr! Dann hat man dieses Geld genommen, um andere Lücken zu stopfen, und hat das Ganze dann in dieses UVI-Programm umgeschaufelt. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass auf diese Weise letzten Endes mehr Geld ausgegeben wird!

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Sie haben doch gesagt, dass wir mehr Polizei haben wollen!)

Von Ihnen, die Sie in der Regierung sind, die den Zugriff auf sämtliche Zahlen haben, erwarte ich da ein bisschen mehr Kreativität darin, sich darüber Gedanken zu machen, wie man aus dem bestehenden Haushalt die Mittel so verteilen kann, dass wir vernünftige Maßnahmen auch hier in Bremen umsetzen können. Das, was Sie machen, ist genau das, was Sie bei Herrn Rupp kritisiert haben, nämlich das Verfahren.

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Jetzt müsste Herr Rupp noch ein- mal Sie kritisieren!)

Sie haben das Verfahren im Einzelnen erklärt, dagegen ist auch nichts zu sagen, aber was Sie machen, ist, im Prinzip das Ganze ad absurdum zu führen und umzudrehen, indem Sie sagen, wir haben erst einmal die haushaltslose Zeit, wie schön, dann müssen wir im Vorfeld, im Jahr vorher, noch die Verpflichtungsermächtigungen erteilen, um dieses Geld schon entsprechend zu binden. Es kann doch wohl nicht wahr sein, dass Sie dem Haushaltsgesetzgeber auf diese Weise vorgreifen wollen und den Haushaltsgesetzgeber gleich binden. Wir müssen das doch andersherum machen!

Wir müssen uns zuerst über die Maßnahmen Gedanken machen, darüber, was wir inhaltlich wollen, und hinterher können wir uns über die Finanzierung Gedanken machen. Ich meine aber, das Beispiel mit der elektronischen Schülerakte, das ich genannt habe, ist einfach haarsträubend. Machen Sie sich zuerst einmal Gedanken darüber, was Sie wollen, und überlegen Sie dann, wie Sie das finanzieren. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Liess.

(Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Man könn- te sich auch noch einmal selbst zum The- ma machen!)

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich finde auch, wir müssen uns Gedanken machen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Den Satz finde ich richtig! Ich will noch einmal etwas zu dem UVI-Programm, Umbau der Verwaltung und Infrastruktur, sagen! Ich will das in den Zusammenhang stellen, der eigentlich allen Haushältern bekannt sein sollte.

Es ist ja so, dass wir durch die Vorgaben auch des Stabilitätsrats gezwungen sind, nur bis zu einer bestimmten Höhe die Ausgaben zu tätigen, und wenn wir sie tätigen wollen, sie auch tatsächlich zu tätigen, weil wir es im nächsten Jahr nicht können. Die wunderbar einfache Methode, das, was wir dieses Jahr nicht können, machen wir nächstes Jahr, funktioniert ja nicht mehr. Das war der Grund, weshalb wir gesagt haben, welches eigentlich politische Themen sind, Themen, die wir zum Teil in der Stadt auch schon lange bewegt haben, von denen wir sagen, wenn wir sie jetzt anpacken, dann schaffen wir mittelfristig eine Entlastung! Ich finde nun gerade das Vorgangssystem der Polizei ein falsches Beispiel, da zu sagen, dass das nicht insbesondere im Ergebnis ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

eine Entlastung in der Bearbeitung bringt. Natürlich bringt das eine Entlastung!

Zweiter Punkt, die LED-Signalstation! Frau Piontkowski, vielleicht ist es ja nicht unbedingt Ihr Thema, aber wenn hier im Rahmen von Energiedebatten und ökologischer Erneuerung geredet wird, sollten Sie zuhören, dann würden Sie wissen, dass wir genau dort Einspareffekte erzielen!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Daher bin ich sehr dafür, dass ein bisschen mehr nachgedacht wird! – Danke!

(Erneuter Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Strehl.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin auf eine Haushaltsdebatte jetzt gar nicht vorbereitet, freue mich aber schon darauf. Ich finde, man sollte, gerade was die Frage des Haushalts 2012 angeht, zwischen den Möglichkeiten, die wir in unserem Sanierungspfad vorab gemeinsam diskutiert und beschlossen haben, und den Werkzeugen für eine vernünftige Haushaltsumsetzung trennen.

Die Maßnahmen zum UVI-Programm, dazu kann man inhaltlich unterschiedlicher Meinung sein, und ich finde es auch richtig, das zu diskutieren, sind jedenfalls haushaltstechnisch völlig sauber und korrekt umgesetzt worden. Sie sind im Haushalts- und Finanzausschuss auch mit großer Mehrheit beschlossen worden, sodass wir für die Verwaltung Vorlagen haben, die wir vernünftig umsetzen können, sobald sie endgültig entschieden worden sind. Es ist festzuhalten: Das Verfahren ist völlig sauber und korrekt und auch nicht unüblich, dafür sind Begriffe wie Verpflichtungsermächtigung ja da.

Ich möchte etwas zum Antrag der LINKEN und zum Begriff der zulässigen Neuverschuldung sagen! Es ist kein schönes Gefühl, von anderen Ländern und vom Bund beobachtet zu werden, wie man seine Haushaltsberatungen durchführt. Das empfinden wir, glaube ich, alle so. Ich möchte aber festhalten, dass wir trotzdem das Budgetrecht haben und in einem Rahmen, den wir selbst festgelegt und weitergegeben haben, arbeiten und uns inhaltlich streiten können. Es geht aber nicht, sich auf solch einen Beschluss festzulegen und dann zu sagen: Wer lässt das zu?

(Abg. R u p p [DIE LINKE]: Der Konsoli- dierungspfad!)

Wir entscheiden, wie wir unsere Schulden abbauen! Ich habe es auch vorhin schon gesagt: Es wurde bisher

noch kein einziger Euro der Schulden abgebaut, sondern wir nehmen weniger Geld auf.

Vielleicht sollte man an dieser Stelle festhalten, dass es eigentlich ein sehr schönes Ergebnis ist, dass wir voraussichtlich – ich weiß es schon, Sie werden es bald wissen! – im Jahr 2011 deutlich mehr Einnahmen hatten als erwartet. Doch auch dort möchte ich gleich Wasser in den Wein gießen. Es gibt zwei Punkte, die dafür entscheidend sind: Zum einen sind es die Zinsausgaben, weil der Zinssatz sehr viel geringer ist, als wir es ursprünglich geplant hatten. Ich möchte darauf hinweisen, dass dies in den nächsten zwei bis drei Jahren natürlich anders werden kann, und darin Risiken stecken. Zum anderen, und darüber können wir ebenfalls glücklich sein, gibt es Steuermehreinnahmen. Auch dazu muss man festhalten, weder ich noch der Senat können sagen, wie es in den Jahren 2012, 2013 und 2014 weitergehen wird. Insofern gibt es Risiken.

Jetzt komme ich zu der entscheidenden Frage: Können wir das Geld, das wir nicht zusätzlich aufnehmen müssen, im Jahr 2012 zusätzlich ausgeben? Der Senat ist der Meinung, dass wir aus einem ganz einfachen Grund an unseren Eckwerten festhalten sollten: Im Jahr 2016 haben wir die Sicherheitslücke in Höhe von vier Millionen Euro, das haben Sie ja auch gesehen, das ist auch von Berlin angemerkt worden. Sie wünschen uns viel Erfolg dabei, den Pfad einzuhalten, weisen aber auf das Risiko hin, dass wir strukturelle Änderungen auf der Ausgabenseite, aber auch auf der Einnahmenseite – da haben wir ja heute Vormittag eines gemacht, dankenswerterweise – durchführen müssen, um diese Vorgaben einzuhalten. Das ist der Grund, warum wir die Eckwerte nicht verändern werden.

(Abg. R u p p [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage. – Glocke)

Herr Staatsrat Strehl, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Rupp?

Bitte sehr!

Bitte, Herr Abgeordneter!

Herr Staatsrat, Sie haben gesagt, dass sich die Zinsausgaben in der Zukunft ändern können. Im Haushalts- und Finanzausschuss haben wir die Information, dass wir, insbesondere im letzten Jahr, sehr viel Geld investiert haben, um über den Konsolidierungspfad hinaus ein vergleichsweise konstantes und niedriges Zinsniveau wie jetzt zu haben. Welche Aussage stimmt denn jetzt?

Es stimmen beide! Ich möchte noch einmal klar sagen: Im Jahr 2011 sind 650 Millionen Euro Zinsausgaben gewesen. Es gab, Gott sei Dank,

geringere Ausgaben, und gemeinsam mit den Mitgliedern des Haushalts- und Finanzausschusses wurde vereinbart, dass wir den Zinsgewinn von 90 Millionen Euro auf zehn Jahre verteilen wollen. Sie würden mir allerdings helfen, wenn Sie mir sagen könnten, wie die Zinsen auf dem Finanzmarkt in zwei Jahren sein werden. Ich weiß es nicht. Sie sind zurzeit unglaublich niedrig und können steigen. Das meine ich, die externen Faktoren! Wir tun alles, damit es erreicht wird, sind aber in dieser Frage auch von der Außenwelt abhängig. – Danke!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/157 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür DIE LINKE)