Protokoll der Sitzung vom 26.01.2012

Das hat er nicht verstanden? Da ist er auch in guter Gesellschaft mit anderen Landesministern aus der CDU.

Es wird Sie jetzt aber nicht so überraschen, auch wenn Sie es aus Ihren Anträgen immer wieder tapfer ausblenden: Die finanziellen Mittel in Bremen sind endlich, und was Herr Ramsauer in Berlin kaputtspart

oder auch ein Stück weit kaputtinszeniert, das können und sollten wir nicht einfach einmal eben ersetzen, finde ich. Das Leitbild Bremen 2020 ist insgesamt eine der sozialen Stadtentwicklung und wurde ganz breit aufgestellt, mit Beteiligungsformaten in den Stadtteilen schon entwickelt, und es beinhaltet auch in der Umsetzung viele Beteiligungsformate.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Die Wirk- samkeit ist entscheidend!)

Ja, genau! Die Wirksamkeit des Programms Soziale Stadt, Herr Strohmann, evaluiert der Senator für Bau und Stadtentwicklung gerade, und wir werden uns dann ansehen, was diese Evaluation ergibt. Dann wird man sehen, wo das Programm Soziale Stadt sinnvoll wirkt, wo es vielleicht nicht so sinnvoll wirkt, was man daran besser machen kann und was man daraus für alle anderen Stadtentwicklungsprogramme und Projekte lernen kann, die es noch bei uns in der Stadt gibt. Die Koalition arbeitet zum Beispiel an der Neuaufstellung eines Flächennutzungsplans für ganz Bremen, an einem Verkehrsentwicklungsplan, beide unter großer, intensiver grundsätzlicher Bürgerbeteiligung. Das ist für uns soziale Stadtentwicklung.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Dasselbe gilt für die Entwicklung des Innenstadtkonzepts, an dem wir ganz besonders auch mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen arbeiten wollen. Schauen Sie einmal in die Pauliner Marsch oder nach Osterholz-Tenever, das haben Sie selbst gerade zitiert, oder nach Walle: Dort machen alle Senatsressorts unheimlich viel für eine soziale Stadt der Teilhabe und des sozialen öffentlichen Raums. Soziales Bauen ist nicht nur staatliches Bauen, sondern auch Wohnungsbau, betrifft auch das Zentren- und Nahversorgungskonzept, das eine zutiefst soziale Funktion und Wirkung hat, die Versorgung am Wohnort nämlich, um dort einkaufen, den Arzt oder den Anwalt besuchen zu können ohne Fahrtkosten und lange Fahrzeiten und das auch möglichst lange im Alter, ohne Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen. Wir wollen in der Innenstadt mehr Aufenthaltsqualität, wir wollen die Stadt insgesamt immer sozialer machen. Wir fördern Zwischennutzungen, die ZwischenZeitZentrale macht dort eine tolle kommunikative und, ich glaube, auch effektive Arbeit, und eine nicht so wahnsinnig teure übrigens! Mit dem StadtTicket und dem Kulturticket machen wir die Menschen mobil, damit sie die Stadt, die dann gebaut ist, überhaupt erleben können. Im HulsbergQuartier wird deutschlandweit beachtet, wie wir dort die Beteiligung betreiben, um einen wiederum sozialen Stadtteil zu bauen.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist auch kein sozialer Brennpunkt!)

Nein, aber es soll auch kein sozialer Brennpunkt werden, deswegen muss man ihn sozial sinnvoll bauen

und mischen! Wir stärken in den Haushaltsentwürfen für die nächsten die WiN-Projekte, und da fördern wir in Zukunft vermutlich mehr als bisher. Die grüne Fraktion macht übrigens in den Stadtteilen Fahrrad-Workshops für eine fahrradfreundlichere Stadt und die Gestaltung von Straßen und Wegen. Es wäre doch schön, wenn auch Sie aus Ihrer Fraktion der Linkspartei einmal einen konkreten Input zur Verkehrsentwicklung oder zur Stadtentwicklung produzieren würden, Sie dürfen Politik ja auch einmal jenseits des Schimpfens machen. Die CDU engagiert sich ja auch ganz nett für alte Busse und lange Laster.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Wir verstehen alle diese Projekte als nachhaltige, haltbare, beständige und soziale Stadtentwicklung, aber das Sparen von CDU und FDP im Bund können Sie auch mit ein paar rhetorischen Tricks nicht den Grünen und der SPD in Bremen anhängen. Wir lehnen Ihren Antrag ab, versprechen aber, dass wir uns für eine soziale Stadtentwicklung weiter einsetzen und dafür einstehen! Das werden Sie, glaube ich, auch in ein paar Wochen im Haushalt sehen und lesen können, und dann können wir es noch einmal gemeinsam nacharbeiten. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Strohmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja schön, dass DIE LINKE jetzt mit ihrem Antrag noch einmal versucht, uns die Städtebauförderung in vielen Erläuterungen zu erklären. Leider Gottes sind die Schlussfolgerungen wieder einmal die gleichen und leider auch wieder einmal die falschen. Unserer Meinung nach – das haben wir hier auch schon öfter gesagt – bringt es eben nach wie vor nichts, Geld in komplizierte und teilweise in intransparente Systeme zu stecken. Der Antrag der Regierungskoalition macht sich wenigstens in den ersten zwei Absätzen die Mühe, die Komplexität einer sozialen Stadtentwicklung darzustellen.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Danke schön!)

Da muss ich Ihnen ehrlicherweise sagen, ja, nicht nur danke schön, sondern da sind wir auch auf Ihrer Seite, ob das in diesem Haus ist, aber natürlich auch auf Beiratsebene in den jeweiligen Stadtteilen.

Ein Blick auf die Diskussion in der letzten Bürgerschaftssitzung, das war eigentlich auch der Kern dessen, worauf jetzt dieser Antrag der LINKEN noch einmal beruht! Es ist nicht richtig, dass das Geld für die Förderung des Städtebaus gekürzt wird, ich sage das ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.

hier auch noch einmal, es wurden nur neue Prioritäten gesetzt. Das hat zum Teil eben auch Gründe, das ist nicht nur eine Einsparung. Im Gegensatz zu Bremen haben sich auch viele Probleme entschärft, aufgrund derer bestimmte Projekte in den jeweiligen Gemeinden angegangen wurden. Gleichzeitig gibt es aber neue Herausforderungen, ich sage nur energetische Sanierung, für die auch sehr viele Fördermittel vom Bund aufgelegt worden sind. Das sind im Grunde genommen die neuen Herausforderungen, und das steht auf der Tagesordnung.

Ich kann nur noch einmal deutlich sagen, bei den ersten beiden Absätzen sind wir auf Ihrer Seite, das wollen wir auch. Wenn Sie jetzt aber nicht langsam anfangen, auch über eigene Fehler nachzudenken, was in den letzten Jahren falsch gelaufen ist, und weiterhin entweder nach Brüssel, Berlin oder wohin auch immer die Schuld schieben, wird sich leider nichts ändern. Liebe Sozialdemokraten, Sie sind jetzt seit dem Krieg in der Regierungsverantwortung.

(Zurufe von der SPD)

Ja, das ist Ihre Interpretation!

(Abg. Frau G a r l i n g [SPD]: Ja, so ist das! Das ist die Wahrheit!)

Das kann man auch nicht wegstreiten! Das ist die Wahrheit, dass Sie in der Regierungsverantwortung sind. Sie reden – das ist auch die Wahrheit – seit Jahren von der Überwindung der sozialen Spaltung dieser Stadt. Ehrlicherweise war sie aber noch nie so schlimm wie heute, das muss man einfach zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Das ist schlussendlich das Problem: Wenn wir nicht auch selbstkritisch über einiges, was wir hier in dieser Stadt gemacht haben – da spreche ist jetzt nicht nur von der jeweiligen Partei, sondern von uns gemeinsam –, nachdenken, was vielleicht in einigen Stadtteilen oder in dieser Stadt missglückt ist, wo Geld falsch eingesetzt wurde, dann werden wir das Problem die Spaltung der Stadt nie überwinden. Wir haben nicht mehr so viel Zeit, denn so stark war sie noch nie, und wenn es noch ein paar Jahre weitergeht, dann wird es in einigen Stadtteilen wieder sehr problematisch, wie wir es schon Anfang der Neunzigerjahre hatten.

Zu Herrn Werner will ich nur sagen: Der Beitrag war ja sehr schön. Er handelte allgemein von der Stadtentwicklung, er ging aber ein bisschen an der Frage der Problematiken sozialer Brennpunkte vorbei. Sie haben Hulsberg genannt. Ich glaube, das wird kein sozialer Brennpunkt, auch mit sozialem Wohnungsbau nicht, obwohl wir dort ansetzen müssten,

inwieweit wir eine Entmischung hinbekommen und dort zum Beispiel sozialen Wohnungsbau vorsehen. Sehen wir einmal, ob Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Östlichen Vorstadt und aus dem Viertel Hurra rufen und das mitmachen wollen!

(Abg. D r. G ü l d n e r [Bündnis 90/Die Grünen]: Darum geht es da!)

Ich bin einmal gespannt! Dann kämpfe ich dort auch mit Ihnen Seite an Seite, keine Frage! Nur, jetzt ist im Moment nicht sichtbar, dass dort wirklich ein Wille vorhanden ist. Ich lasse mir das da aber gern auch noch einmal zeigen und mich dann positiv einstimmen, und dann mache ich dort auch mit.

Ich will abschließend sagen, wir müssen langsam anfangen. Da sind Sie gefragt, Sie haben die Verantwortung, Sie haben den Regierungsauftrag bekommen. Fangen Sie jetzt endlich an, Projekte für die Menschen zu machen und nicht gegen Ihr schlechtes Gewissen! – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn Sie finden, es ist schon alles gesagt, ich sehe trotzdem noch einen kleinen Aufklärungsbedarf!

(Abg. S c h i l d t [SPD]: Ja, dann einmal los!)

Ich weiß gar nicht, warum das so schwer zu verstehen ist. Ich habe mir jetzt extra die Anträge mitgenommen. Mir geht es gar nicht darum zu sagen – Herr Pohlmann, Sie waren es! –, wir wollen nicht substituieren. Darum geht es mir nicht! Wir haben hier den Sockel Bundesmittel, dann haben wir hier den Sockel, den wir aufbringen müssen, das ist hier die Kofinanzierung. Jetzt sinken die Bundesmittel, und da finde ich einfach, dass wir das nicht mit absenken. Es geht hier praktisch nicht darum, das zu substituieren, was auf Bundesebene reduziert wird, darum geht es mir nicht! Darauf möchte ich noch einmal hinweisen, das ist ein anderer Sachzusammenhang.

(Zuruf des Abg. P o h l m a n n [SPD])

Ja, bitte! Ich meine, dann kann man doch einfach sagen, wir möchten dieses Niveau beibehalten. Das ist doch nicht so schwer zu verstehen! Sie sagen, wenn der Bund hier wieder die Mittel anhebt, wären Sie praktisch auch gezwungen, Ihre Komplemen––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.

tärmittel zu erhöhen. Das ist die Frage der Kofinanzierung, und das ist der einzige Punkt, um den es hier letztendlich geht. Deswegen haben wir diesen Antrag gestellt!

Bezüglich der Einschätzung der sozialen Spaltung der Stadt bin ich, Herr Kollege Strohmann, ganz an Ihrer Seite, das sehe ich genauso. Wahrscheinlich würden wir aber bezüglich dessen, wie wir das ändern und wo die Ursachen letztendlich herkommen, wieder differieren. Es ist ein wichtiger Zusammenhang! Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass es mir darauf ankommt – und da können Sie in die Zahlen und in die Planungen für das Jahr 2011 hineinschauen –, wir gehen diese Kürzung auf Landesebene mit, und das wollen wir nicht. – Vielen Dank!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pohlmann.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch einmal zu einem Punkt, Herr Kollege Strohmann! Von meinem Verständnis her haben wir ja eine intensive Sachdebatte geführt, so glaube ich, unabhängig von Regierungen, von Stadträten, von Parlamenten, von politischen Kräfteverhältnissen, das ist meine Einschätzung. Man kann mit Programmen der Städtebauförderung oder mit Programmen, die bestimmte Prozesse auch notwendigerweise im städtebaulichen Bereich und im sozialen Zusammenleben der Menschen vor Ort unterstützen und fördern, die grundlegenden Fragen unserer gesellschaftlichen Entwicklung nur begleiten, aber nicht grundlegend ändern.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist kor- rekt!)

Da waren wir uns einig.

Wir hatten hier im Hause eine sehr interessante Debatte, als es um Fragen der Arbeitsmarktpolitik ging. Dort haben wir auch von unserer Bürgerschaftsfraktion deutlich gemacht, dass wir alles daransetzen, so viele Menschen wie möglich in ordentliche Arbeitsverhältnisse zu bringen. Ich glaube, dass wir dort auch eine breite Unterstützung und einen Konsens hatten. Das ist ein entscheidender Punkt.

Gleichzeitig müssen wir aber feststellen – ich erinnere an den Armuts- und Reichtumsbericht des Senats, an die Diskussion der Arbeitnehmerkammer und an deren Ausarbeitung –, dass wir hier aus unterschiedlichen Gründen immer weiter ein Auseinanderdriften der Einkommensschichten und einen immer größer werdenden Anteil von Menschen haben, die, obwohl sie arbeiten, von ihren Einkünften nicht leben können. Ich nenne einmal Aufstockerinnen und

Aufstocker. Das Thema hatten wir ja auch in der Bürgerschaft.

Das heißt also, dass bestimmte Verwerfungen, wo es auch Korrekturen der gesellschaftlichen Entwicklung in Fragen der Tarifpolitik und des Mindestlohns geben muss – alles, was wir diskutiert haben –, natürlich auch Auswirkungen auf die soziale Lage von Menschen haben. Dementsprechend glaube ich, können und werden Programme im Bereich der Städtebauförderung nur begleitend sein. Das muss sich ergänzen.

Deshalb, Herr Kollege Strohmann, finde ich es, wenn man es sich einmal richtig überlegt, inhaltlich nicht richtig, nur weil jemand so lange dabei gewesen ist, selbstverständlich muss man immer selbstkritisch überprüfen, was man für Fehler gemacht hat, und sich auch neu orientieren und korrigieren. Der Kernpunkt besteht aber darin, dass wir in Bremen über die ganzen Jahre alles darangesetzt haben, eine Politik zu betreiben, wie es uns gelingen kann, Menschen, die hier leben, in Arbeit zu bringen und dieses Auseinanderdriften der Gesellschaft zu verhindern.

Ich glaube, dass Sie sich dabei gar nicht zurückzunehmen brauchen. Es ist ja Herr Dr. Schulte gewesen, in dessen Amtszeit das Programm WiN auf den Weg gebracht worden ist. Ich glaube, dass das gut war und wir daran auch weiterhin arbeiten müssen. Ich habe nur versucht, es noch einmal sachlich darzulegen, und ich würde mich sehr freuen, wenn wir auch weiterhin die anstehenden interessanten Debatten auf dieser Ebene führen.