Protokoll der Sitzung vom 12.09.2012

Wie viele Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen hat es im Jahr 2011 für den öffentlichen Dienst im Land Bremen gegeben, wie viele der Bewerber wurden eingestellt, und wie hoch ist der Anteil schwerbehinderter Menschen an den Neueinstellungen?

Warum ist es im öffentlichen Dienst nicht gelungen, bei Neueinstellungen die in Paragraf 71 SGB IX

festgelegte Quote für die Beschäftigung von schwerbehinderten Menschen zu erfüllen?

Durch welche Maßnahmen will der Senat in Zukunft sicherstellen, dass mehr schwerbehinderte Menschen im öffentlichen Dienst eingestellt werden?

Die Anfrage wird beantwortet von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu den Fragen 1 bis 3: Die jeweiligen Bewerbungsund Auswahlverfahren werden dezentral und eigenverantwortlich in den ausschreibenden Dienststellen und Betrieben durchgeführt. Zentrale statistische Auswertungen über die Anzahl der Bewerbungen von schwerbehinderten Menschen in den einzelnen bremischen Dienststellen und Betrieben liegen nicht vor. Eine Nacherhebung für das Jahr 2011 ist nicht möglich, da die entsprechenden Unterlagen in der Regel nur zwischen zwei Monaten und bis zu einem Jahr aus Rechtsschutzgründen aufgehoben werden.

Im Jahr 2011 erfolgten im bremischen öffentlichen Dienst 2 697 Neueinstellungen, davon 1 706 Frauen, einschließlich Auszubildenden, Referendarinnen und Referendaren. Im Rahmen dieser Einstellungen konnten 62 schwerbehinderte Menschen, davon 27 Frauen, eingestellt werden.

Gemäß Paragraf 71 SGB IX bezieht sich die Beschäftigungspflicht von schwerbehinderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht auf die Anzahl der Neueinstellungen von schwerbehinderten Menschen, sondern auf die Zahl der Gesamtbeschäftigten.

Im Jahr 2011 wurden im bremischen öffentlichen Dienst 1 562 schwerbehinderte Menschen, davon 901 Frauen, beschäftigt. Mit den im Einzelfall vorzunehmenden Mehrfachanrechnungen waren im Jahresdurchschnitt 1 712 schwerbehinderte Menschen gemäß Paragraf 71 SGB IX tätig. Dies entspricht einer Quote von 6,9 Prozent und liegt damit deutlich über den gesetzlich vorgeschriebenen fünf Prozent.

Der Senat hat eine Vielzahl von Maßnahmen getroffen, um die Einstellung von schwerbehinderten Menschen zu fördern. Schwerbehinderte Menschen können sich grundsätzlich – unabhängig vom bestehenden Einstellungsstopp – auf jede freie und frei werdende Stelle bewerben. Dies schließt auch die verwaltungsinternen Stellenausschreibungen mit ein, die sich nur an unbefristet beschäftigte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des bremischen öffentlichen Dienstes richten. Entsprechende Ausnahmeregelungen sind in der Integrationsvereinbarung getroffen worden, die der Senat mit den zuständigen Interessenvertretungen abgeschlossen hat. Nach Paragraf 82 SGB IX werden alle Bewerberinnen und Bewerber zum Vorstellungsgespräch eingeladen.

Schwerbehinderte Menschen haben deshalb die Möglichkeit, sich internetbasiert über alle freien und frei werdenden Stellen zu informieren und können sich die Ausschreibungen per E-Mail oder gedruckt zusenden lassen. Darüber hinaus können schwerbehinderte Menschen über das ebenfalls im Internet zur Verfügung gestellte Bewerbungsformular eine Online-Initiativbewerbung an die Freie Hansestadt Bremen richten.

Neben diesen Maßnahmen wird in jeder Stellenausschreibung dafür geworben, dass sich schwerbehinderte Menschen um die ausgeschriebenen Stellen bewerben sollen. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Es ist schade, dass wir keine Zahlen über die Anzahl der Bewerbungen schwerbehinderter Menschen haben. Es ist natürlich auch sehr löblich, dass Menschen, die im Laufe ihres Arbeitslebens schwerbehindert werden, weiterarbeiten dürfen, können und natürlich auch müssen, trotzdem liegt die Quote bei den Neueinstellungen nur bei knapp über zwei Prozent, es sind ja nicht einmal zweieinhalb Prozent. Ich denke, dass es höchstwahrscheinlich mehr Bewerbungen gegeben hat, das würde ich jetzt einfach einmal so sagen. Ich weiß nicht, ob Sie vielleicht nicht auch die Situation dann doch für unbefriedigend halten.

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Es tut mir leid, wir liegen bei der Beschäftigung von Schwerbehinderten deutlich über der Quote, und wir sind da auch im Vergleich der Bundesländer wirklich sehr gut.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Das machen wir engagiert und voller Überzeugung, aber dass die Quote jetzt für die Einstellungen gilt, ist weder gesetzlich vorgegeben noch sinnvoll. Also, wenn man das auf einzelne Auswahlverfahren herunterbricht, wozu soll das führen? Das geht gar nicht, dazu ist das viel zu kleinteilig.

Wir achten massiv darauf, dass wir die Quote erfüllen, und ich habe auch versucht darzustellen, wie sehr sich der Senat darum bemüht, dass wir da auch weiter führend sind, aber auf einzelne Bewerbungsverfahren lässt sich das nicht herunterbrechen, das ist auch nicht sinnvoll.

Eine weitere Zusatzfrage durch die Abgeordnete Frau Aytas!

Frau Senatorin, gibt es ein Kontrollsystem, ob auch genug Personen mit Schwerbehinderung eingestellt werden?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Ich habe ja dargestellt, dass wir bei den Bewerbungsverfahren sehr viele Lockerungen für schwerbehinderte Menschen eingebaut haben, indem sie eben einen erleichterten Zugang haben und wir das SGB einhalten und dass sie auch generell eingeladen werden und die Chance haben, sich zu präsentieren. Alles das sind Regelungen, die die Chancen schwerbehinderter Menschen für eine Einstellung verbessern sollen. Der Bericht, den wir jährlich abgeben und der die Situation und die Quote schwerbehinderter Menschen im bremischen öffentlichen Dienst darstellt, bezieht sich auf den Bestand und nicht auf einzelne Auswahlverfahren. Diese liegen in der Verantwortung der Dienststellen, das ist auch völlig richtig. Das kann ich gar nicht zentral steuern, weil in den einzelnen Dienststellen geschaut werden muss, wer dorthin passt und wie man es erreicht, die Anzahl schwerbehinderter Menschen in den Dienststellen zu erhöhen. Da wir das bei den Berichten zum Beispiel auf Dienststellen herunterbrechen, kennen wir den Bestand also ganz genau.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor. Die zehnte Anfrage steht unter dem Betreff „Wegfall der Umsatzsteuerbefreiung für private Musik-, Tanz-, Ballett- und Schwimmschulen“. Die Anfrage ist unterzeichnet von den Abgeordneten Werner, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte, Herr Abgeordneter Werner!

Wir fragen den Senat: Erstens: Wie bewertet der Senat die von der Bundesregierung für 2013 geplante Erhebung der Umsatzsteuer von 19 Prozent für private Musik-, Tanz-, Ballett- und Schwimmschulen? Zweitens: Welche Unternehmen und Selbstständigen und welche Nutzer privater Bildungsangebote wären von dieser Regelung betroffen? Drittens: Wie würde sich die Umsatzsteuererhebung nach Einschätzung des Senats auf die Nutzung privater Musik- und Sportangebote sowohl im privaten Bereich als auch für die Ganztagsbetreuung von Kindern und Jugendlichen auswirken?

Diese Anfrage wird beantwortet von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Mit der im Jahressteuergesetz 2013 vorgelegten Neuregelung beabsichtigt die Bundesregierung nicht, sämtliche Leistungen der Tanz-, Ballett-, Musik- und Schwimmschulen zukünftig umsatzsteuerpflichtig zu machen. Vielmehr sollen Leistungen, die schul- oder berufsorientiert erbracht werden, auch weiterhin regelmäßig von der Umsatzsteuer befreit sein. Dies soll grundsätzlich für alle Leistungen gelten, die auch von Einrichtungen des öffentlichen Rechts und von Ersatzschulen erbracht werden. Dienen die Leistungen privatrechtlicher Einrichtungen auch der Freizeitgestaltung, darf zukünftig für die Steuerbefreiung vom Inhaber keine systematische Gewinnerzielung angestrebt werden. Deshalb können auch weiterhin Maßnahmen im frühkindlichen Bereich als sogenannte Bildungsleistungen umsatzsteuerfrei sein. Hierüber müsste in der Zukunft jeweils nach den jeweiligen Verhältnissen entschieden werden.

Die von der Bundesregierung vorgesehene Neuregelung ist europarechtskonform. Ansonsten bleibt zunächst abzuwarten, ob sich im Rahmen der weiteren, für den Spätsommer/Herbst dieses Jahres vorgesehenen parlamentarischen Beratungen im Deutschen Bundestag noch sachliche Änderungen an der vorgesehenen Neuregelung ergeben.

Zu Frage 2: Von der geplanten Regelung sind insbesondere die privaten Musik-, Tanz-, Ballett- und Schwimmschulen und deren Kunden betroffen.

Zur Frage 3: Verlässliche Angaben – auch im Wege der Schätzung –, wie sich die Umsatzsteuererhebung auf die Nutzung privater Musik- und Sportangebote auswirken würde, sind nicht möglich. Eine Umsatzsteuerpflicht für die Leistungen privater Musik-, Tanz-, Ballett- und Schwimmschulen würde im Übrigen auch nicht zwingend zu einer Preiserhöhung um 19 Prozent führen, weil diese zukünftig die ihnen in Rechnung gestellte Umsatzsteuer für Vorbezüge als Vorsteuer geltend machen könnten.

Die Ganztagsbetreuung von Kindern und Jugendlichen bleibt von der Neureglung unberührt. Sie fällt unter eine andere Befreiungsvorschrift. – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Bürgermeisterin, teilen Sie die Einschätzung, dass eine klare Unterscheidung zwischen kultureller Bildung und kultureller Freizeitgestaltung extrem schwierig ist? Ob Musik- oder Malunterricht der schulischen oder der beruflichen Bildung gedient haben wird, weiß man ja eigentlich immer erst hinterher.

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Ich teile die Einschätzung absolut. Bei all diesen Befragungstatbeständen ist es

für die Finanzverwaltung und natürlich auch für diejenigen, die dort als Institution die Befreiung beantragen wollen, oft sehr schwer. Die Lösung, dass es dann so bleibt, wie es ist, oder alles umsatzsteuerbefreit ist, steht allerdings nicht zur Verfügung, weil wir uns sonst europarechtlich nicht konform verhalten. Bremen wird sich das – das verspreche ich auch hier – bei den Beratungen über das Jahressteuergesetz, wenn das dann in der Finanzministerkonferenz angesprochen wird, auch sehr genau anschauen. Ich habe ein sehr großes Interesse daran, dass das administrierbar bleibt und die ganze Last nicht auf die Finanzbeamtinnen und Finanzbeamten abgewälzt wird.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Bürgermeisterin, beträfe die Regelung, die jetzt vorgesehen ist, auch selbstständige Musik-, Ballett- oder Schwimmlehrer?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Sie müssen ja ein Gewerbe anmelden, würde ich sagen, und wenn das einer Gewinnerzielung dient und ein bestimmter Betrag überschritten ist – ich meine, es sind 17 500 Euro –, dann würde sie das, soweit ich informiert bin, auch betreffen. Wir würden aber sicherstellen – jedenfalls für den Bereich, für den ich mich hier verantwortlich fühle –, wenn die gesetzliche Regelung beschlossen wurde, dass wir diejenigen, die das dann betrifft, auch informieren, welche Neuerungen es jetzt gibt, und sie dabei unterstützen, weil das Finanzamt selbst ein Interesse daran hat, dass man sich da möglichst einig ist und frühzeitig darauf hinwirkt, dass dort keine Probleme auftauchen. Das kann ich dann wenigstens noch machen.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die elfte Anfrage trägt die Überschrift „Fiskalischer Nutzen von ‚Steuer-CDs’“. Die Anfrage trägt die Unterschriften der Abgeordneten Dr. Kuhn, Frau Dr. Schaefer, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Herr Abgeordneter Fecker!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie haben sich die Zahl und das fiskalische Ergebnis von Selbstanzeigen von „Steuersündern“ im Land Bremen seit dem Jahr 2008 entwickelt?

Zweitens: Wird sich das Land Bremen auch weiterhin am Ankauf sogenannter Steuer-CDs beteiligen?

Die Anfrage wird beantwortet von Frau Bürgermeisterin Linnert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: In den Kalenderjahren 2008 und 2009 sind jeweils rund 90 Selbstanzeigen eingegangen. Im Jahr 2010 war ein sehr starker Anstieg auf 302 Selbstanzeigen zu verzeichnen, was sich im Jahr 2011 mit 67 Anzeigen jedoch wieder deutlich relativiert hat.