Protokoll der Sitzung vom 12.09.2012

Zu Frage 1: In den Kalenderjahren 2008 und 2009 sind jeweils rund 90 Selbstanzeigen eingegangen. Im Jahr 2010 war ein sehr starker Anstieg auf 302 Selbstanzeigen zu verzeichnen, was sich im Jahr 2011 mit 67 Anzeigen jedoch wieder deutlich relativiert hat.

Das steuerliche Mehrergebnis aus den Selbstanzeigen war und ist nicht Bestandteil der bundeseinheitlichen Statistik für Steuerfahndungsstellen. Für die Zeit ab Februar 2010 wurde deshalb in der Steuerfahndungs- und Strafsachenstelle Bremen eine gesonderte Statistik über Selbstanzeigen mit Bezug zu unversteuerten Kapitalerträgen aus dem Ausland geführt, die bisher 184 Selbstanzeigen mit einem steuerlichen Mehrergebnis von gut 13 Millionen Euro ausweist.

Zu Frage 2: Ja! – Soweit die Antwort des Senats!

Haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Frau Bürgermeisterin, die Bundesregierung plant ein Steuerabkommen mit der Schweiz. Darüber hinaus hat die Bundesjustizministerin verkündet, dass der Ankauf solcher CDs künftig eventuell auch unter Strafe gestellt werden könnte, so jedenfalls ihr Gedankengang. Können Sie uns kurz mitteilen, wie der Senat sich zu diesen beiden Dingen verhält?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Bei dem Steuerabkommen mit der Schweiz kann ich mich an eine sehr lebendige und interessante und lehrreiche Debatte der Bremischen Bürgerschaft und an einen mehrheitlich verabschiedeten Antrag erinnern, der dem Senat sagt – und diese Auffassung teilen wir auch –, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz in der Form, in der es jetzt vorliegt, Bremens Stimme im Bundesrat nicht erhalten soll. So verhalte ich mich auch in der Finanzministerkonferenz. Ich habe auch im Bundesrat zu diesem Thema gesprochen. Ich bin fest davon überzeugt, dass dieses Steuerabkommen, so wie es geplant ist, ungerecht und verfassungsrechtlich hoch problematisch ist, deshalb setzen wir uns weiter dafür ein, dass es zu diesem Abkommen nicht kommen wird.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Die Ankündigung einer gesetzlichen Initiative von Frau Leutheusser-Schnarrenberger mit dem Ziel, CD

Ankäufe zu verbieten, wird so, wie ich die politische Debatte verstanden habe, noch nicht einmal im Bundeskabinett eine Mehrheit finden, insofern droht das vielleicht gar nicht. Es ist aber natürlich in der Tat so, dass ein großer Druck ausgeübt wird, vor allen Dingen auf den Kollegen Walter-Borjans aus Nordrhein-Westfalen, die CD-Ankäufe zu unterlassen.

Im Übrigen ist in dem Steuerabkommen zwischen der Bundesregierung und der Schweiz auch verabredet, dass in Zukunft keine CDs mehr gekauft werden dürfen und die Anzahl der Überprüfungen rechtlich beschränkt ist. Natürlich bewegt man sich auf dünnem Eis, wenn man diese CDs kauft, und man möchte – so auch ich – lieber Hinweise auf Steuerhinterziehung aus anderen Quellen bekommen, aber so, wie es jetzt bewertet wird, finde ich es sehr problematisch. Ich glaube aber – wir sind so klein, uns werden keine CDs angeboten, aber es gibt ja Verabredungen, wie sie geprüft werden –, dass es umgekehrt, wenn man werthaltige Beweise über Steuerhinterziehung angeboten bekommt und dann sagt, das nehme ich gar nicht zur Kenntnis, auch nicht in Ordnung ist. Ich würde einmal sagen, dass ich das auch nicht darf. Deshalb ist dieser Versuch, dort jetzt einen Riegel vorzuschieben, meiner Meinung nach nicht im Interesse des Staates.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Gottschalk!

Frau Bürgermeisterin, Ihre Antworten gefallen mir auch sehr gut. Eine Zusatzfrage habe ich: Gibt es denn bei den CDs, aber auch bei den Selbstanzeigen auch tiefer gehende Erkenntnisse über die Helfer bei der Steuerhinterziehung und insbesondere über die Banken, die auffälligerweise daran beteiligt sind?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Das ist ein interessantes Thema, ja! Wir könnten vielleicht im Haushalts- und Finanzausschuss einmal darüber sprechen. Natürlich ist es mit dem Steuergeheimnis so, dass wir das nur sehr abstrakt machen können, aber es ist selbstverständlich so, und wenn man ein bisschen im Internet surft oder sich Werbebroschüren von Banken anschaut, insbesondere Schweizer Banken, dann sieht man, dass die Hilfestellung dort in den letzten Jahren schon immens gewesen ist.

Im Moment bezieht sich die Hilfestellung darauf, wie diejenigen, die ihr unversteuertes Vermögen in der Schweiz haben, noch bevor das Abkommen in Kraft tritt, noch schnell, ich sage es einmal flapsig, eine Biege machen können. Wir haben Hinweise darauf, dass ganz massiv beraten wird in Richtung Ver

lagerung der Guthaben von Schweizer Banken in das etwas weiter entfernte Ausland. Daran sind natürlich Banken beteiligt.

Eine weitere Zusatzfrage der Abgeordneten Frau Piontkowski!

Ist Ihnen bekannt, wie viele Steuerdelikte dadurch verjähren, dass die rot-grün regierten Bundesländer die Zustimmung im Bundesrat zu dem Steuerabkommen mit der Schweiz verweigern?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Das kann niemandem bekannt sein, sondern es gibt darüber nur Spekulationen. Wir kennen diesen Graubereich ja nicht, und wenn das Schweizer Steuerabkommen in Kraft tritt, dann werden wir ihn noch viel weniger kennenlernen. Insofern ist es richtig, jedes Jahr verjähren Straftaten – wobei man sich auch einmal über die Verjährungsfristen Gedanken machen sollte –, aber auch für diejenigen, die nicht wollen, dass das Abkommen in Kraft tritt, geht es da um eine Güterabwägung.

Es ist natürlich nicht gut, wenn Steuerhinterziehung verjährt, auf der anderen Seite ist es eben leider so, dass nach dem Inkrafttreten des Steuerabkommens eine Großzahl derjenigen mit niedrigeren Steuersätzen weniger Steuern zahlen muss, als wenn man diesen Weg über die Schweiz nicht gewählt hätte. Das halte ich für einen so großen Nachteil des Abkommens, dass man in der Güterabwägung dazu kommen sollte, eben das Abkommen in der Form nicht zu akzeptieren.

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Hamann!

Frau Bürgermeisterin, aus Ihrer Antwort auf die Frage des Abgeordneten Gottschalk meine ich herausgehört zu haben, dass der Senat der Meinung sein könnte, dass diese Steuerverkürzung, diese Steuerhinterziehung teilweise organisiert wird. Teilen Sie die Einschätzung, dass man bei den Begriffen klar sein muss, dass Menschen, die das machen, keine Steuersünder sind, sondern dass es einfach nur Kriminelle sind?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Vorsicht! Wer Steuern hinterzieht, begeht eine Straftat, aber es sind nicht alle Menschen Steuerhinterzieher, die ihr Vermögen in der Schweiz haben, und auch nicht alle Schweizer Banken leisten Beihilfe dazu. Ich finde, wir rüsten da ab. Ich möchte jeden erwischen, der den Fiskus hier betrügt oder betrogen hat, aber es ist nicht verboten, sein Geld auf einem Schweizer Konto zu

haben und Wirtschaftskontakte und finanzielle Kontakte mit Schweizer Banken zu haben, und man muss umgekehrt auch im Kontakt mit der Schweiz darauf achten, dass dort nicht so dieser Generalverdacht zunimmt. Im Gegenteil, wir setzen darauf, dass wir gern mit den Kräften in der Schweiz zusammenarbeiten, die merken, dass sie ihrem Land nicht guttun, wenn diese Steueroasen und die Unterstützung für ein Steuerbetrügerimage immer weiter Raum greifen. Wer aber Steuerhinterziehung begeht, der wird vor einem ordentlichen Gericht verurteilt, wenn wir ihn erwischen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage?

Keine Frage, nur eine Bemerkung! Ich selbst habe jahrelang in der Schweiz gearbeitet,

(Heiterkeit)

und es ging mir nur darum, dass man nicht sagt, das sind irgendwie Sünder, sondern dass man die Begriffe klargestellt hat. – Vielen Dank!

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Röwekamp!

Frau Bürgermeisterin, mit der heute von Ihnen gegebenen Einschätzung: Würden Sie sagen, dass die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung beschlossene generelle Amnestie im Nachhinein ein Fehler gewesen ist?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Ja, ich persönlich würde das sagen. Es hat auch politische Auseinandersetzungen darüber gegeben, ob man so weit gehen sollte. Es ist Fakt, dass die Einnahmeerwartungen, die mit dieser Amnestie damals verbunden waren – mit denen man auch versucht hat, die Zustimmung der Bundesländer zu bekommen, soweit ich mich erinnere –, nicht nicht einmal ansatzweise erfüllt haben. Allein wenn man geahnt hätte, dass dann nun nicht so viele Jahre später die nächste Runde der Verschonung von Steuerhinterziehern eingeleitet wird, dann hätte das vielen, die das schon damals kritisch gesehen haben, vielleicht auch Auftrieb verliehen. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Zumindest die Erwartungen, die daran geknüpft waren, was die Einnahmen des Staates betrifft, haben sich nicht erfüllt, das ist sicher.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Nun kann die Frage, ob etwas moralisch vertretbar ist oder nicht, nicht allein

von der Frage abhängen, welche Einnahmen dadurch erzielt werden. Würden Sie mit den moralischen Ansprüchen, die Sie heute erhoben haben, sagen, dass auch damals die rot-grüne Bundesregierung mit der Amnestieregelung einen Fehler gemacht hat?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Das war der damalige Diskussionsstand, heute würde man es anders sehen. Ich glaube auch, dass die Eurokrise und viele Fragen über die Bedeutung eines funktionierenden Rechtsstaates heute anders beantwortet werden als damals. Ich glaube, dass man das heute so nicht mehr machen würde.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Welche Anforderungen müsste denn ein solches Abkommen mit der Schweiz erfüllen, damit Sie und der rot-grüne Senat zustimmen könnten?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Die verfassungsrechtliche Prüfung muss so ausgehen, dass die Sache verfassungskonform ist, dazu gibt es nach wie vor erhebliche Zweifel. Das Bundesverfassungsgericht hat starke Hürden aufgebaut vor dem Hintergrund der Frage der zwei Amnestien hintereinander, das ist ein Motiv, das den Senat stark bewegt. Außerdem glaube ich, dass das Zahlen von Steuern für das allgemeine Bewusstsein etwas ist, was man einer Gemeinschaft schuldet und wovon man auch selbst Vorteile hat.

(Beifall bei der SPD, beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der LINKEN)

Besser ist es, wenn sichergestellt ist, dass diejenigen, die dann pauschal ihre Steuern abführen, sich nicht besserstellen als diejenigen, die hiergeblieben sind und ehrlich waren.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Diese Anforderungen waren aber nach Ihrer Auffassung auch bei dem alten rot-grünen Amnestievorhaben nicht erfüllt?

Bitte, Frau Bürgermeisterin!

Nein, sie sind objektiv nicht erfüllt, weil es dabei um etwas ganz anderes ging. Da ging es um eine Amnestie, um zu sagen, wir können jetzt einmal einen Schnitt machen. Das war ein anderer Gedanke. Dieses Steuerabkommen soll