Meine Damen und Herren, es ist ja fast ein historischer Moment, wenn man bedenkt, wie lange diese Planungen hier schon geführt worden sind. Sie kommen immer ganz unspektakulär daher. Ich freue mich, dass wir diesen Tag erreicht haben, und ich freue mich, wenn wir dies hier gleich gemeinsam beschließen können. – Vielen Dank!
Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE mit der Drucksachen-Nummer 18/610, Neufassung der Drucksache 18/601, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen!
Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/585, Kenntnis.
Dazu als Vertreterin des Senats Frau Senatorin Jürgens-Pieper, ihr beigeordnet Herr Staatsrat Dr. Schuster.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! „Kinderwunschbehandlungen in Bremen fördern“ lautet die Überschrift unseres Antrags. Er müsste eigentlich noch heißen: ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
„Kinderwunschbehandlungen in Bremen finanziell fördern“. Wir werden nachher darüber abzustimmen haben, ob Bremen ein bisschen Geld erübrigt, um die anderen Zuschusstöpfe zu aktivieren, denn darum geht es.
Vorweg aber: Der Anlass ist natürlich kein schöner. Es gibt ungewollte Kinderlosigkeit in Deutschland. Man spricht von 1,4 Millionen Menschen, und es gibt eine andere Zahl, die wichtig ist: Etwa 800 000 Paare gehen jährlich zum Arzt, um sich Rat einzuholen, um zu fragen, was sie tun können.
Es geht hier aber jetzt nicht um das Inhaltliche, was dann der Arzt sagt, was man machen kann und welche Möglichkeiten der Untersuchung und der Behandlung es gibt, sondern es geht hier schlichtweg um die finanzielle Förderung. Seit dem Jahr 2004 ist das Geld, was dafür bereitsteht, Änderungen ausgesetzt, und die Änderungen sind folgende: Seit der rot-grünen Gesundheitsreform im Jahr 2004 müssen die in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Kinderwunschpaare mindestens die Hälfte der Kosten, die entstehen, tragen. In der Regel sind das nicht eine oder zwei, sondern meistens drei Behandlungen, und die Kennzahl, die einfach wichtig ist, ist 1 600 Euro pro Behandlung. Das heißt, ein ungewollt kinderloses Paar – und versetzen Sie sich einmal in die Lage eines jungen Paares! – muss 4 800 Euro aufbringen. Das ist kaum zu tragen, das ist sozial ungerecht, und deswegen muss an dieser Stelle etwas getan werden!
Dabei gibt es jetzt folgende Möglichkeiten: 50 Prozent zahlen die Kassen, aber was ist mit den anderen 50 Prozent? Da hat der Bund gesagt, für das jetzige Jahr 2012 gibt es sieben Millionen Euro Zuschuss insgesamt und für das nächste Jahr zehn Millionen Euro Zuschuss! Wir geben 25 Prozent, also ein Viertel der Kosten dazu, wenn – und jetzt kommt unsere Verantwortung – die einzelnen Länder auch bereit sind, das andere Viertel zu zahlen. Genau deswegen, meine Damen und Herren, haben wir heute eine kleine finanzpolitische Entscheidung zu treffen, nämlich dem Antrag der CDU zu folgen oder auch nicht. Unser Antrag lautet: „Die Bürgerschaft (Landtag) fordert den Senat auf, der Bürgerschaft (Landtag) bis zum 1. Dezember 2012 unter Einbeziehung des Bundestagsbeschlusses ein Konzept zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen im Land Bremen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen, das Kinderwunschbehandlungen einkommensunabhängig macht.
Meine Damen und Herren, ich möchte Sie im Namen der CDU-Fraktion dazu auffordern, etwas gegen die soziale Ungerechtigkeit zu tun, was die Fi
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Vielen Menschen bleibt ihr Kinderwunsch aufgrund von medizinischen oder auch anderen Gründen unerfüllt. Ungewollte Kinderlosigkeit bedeutet für die betroffenen Paare oftmals eine hohe Belastung. Maßnahmen zur Behandlung von Kinderlosigkeit stellen sowohl emotional als auch finanziell eine große Herausforderung für diese Paare dar.
Seit dem 1. Januar 2004 müssen gesetzlich Versicherte 50 Prozent der Kosten selbst übernehmen. Das sind circa 1 500 bis 2 400 Euro pro Behandlungszyklus. So hängt die Möglichkeit der künstlichen Befruchtung entscheidend an der Einkommens- und Vermögenssituation der Paare. Auch wir sind der Meinung, hier bedarf es einer Korrektur, und hier muss es eine andere Regelung geben.
Deshalb hat es auch schon viele verschiedene Anträge und Initiativen in den letzten Jahren dazu gegeben, zum Beispiel auch hier in Bremen auf der Jugend- und Familienkonferenz. Da war auch das Ziel, dass die Selbstbehalte durch den Bund finanziert werden sollen, aber in der Zeit ist nichts passiert, und der Bund hat da auch nichts geändert.
Herr Bensch hat es gesagt: Der Bund stellt vom Bundesfamilienministerium sieben Millionen Euro zur Verfügung, die Voraussetzung ist die Beteiligung der Länder! Bremen hat das abgelehnt. Ich finde das richtig, und ich möchte auch sagen, warum.
Natürlich verstehen wir die Situation der Paare, das habe ich am Anfang deutlich gemacht. Die Gesundheitsminister haben im Mai dieses Jahres in Saarbrücken eine Saarbrücker Erklärung verfasst. Der Inhalt dieser Saarbrücker Erklärung ist, dass die Krankenkassen die Kostenbeteiligung erhöhen sollen und der Bund das als Länderanteil werten soll. Das finde ich richtig, und ich finde, in diesem Sinne sollten wir diesen Weg auch gehen.
Das setzt nämlich genau da an, das Problem auf Bundesebene zu lösen und nicht auf die Länder zu ver––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
lagern. Thüringen und Sachsen sind da andere Wege gegangen, auch mit der Argumentation der demografischen Entwicklung. Diese Argumentation halte ich für nicht richtig. Ich denke, Bevölkerungspolitik sollte bei diesem Thema nicht gemacht werden. Mir ist bei dem Thema künstliche Befruchtung das psychosoziale Beratungsangebot für ungewollt kinderlose Paare besonders wichtig. Die Beratung muss ergebnisoffen sein und darf nicht von denen durchgeführt werden, die nachher die künstliche Befruchtung durchführen.
Wie ich schon gesagt habe, durch die künstliche Befruchtung entstehen körperliche und starke psychische Belastungen. Es kommt, das wissen wir, öfter zu Fehl- und Frühgeburten, Mehrlingsschwangerschaften und zu körperlichen Veränderungen bei der Frau durch die Hormongabe, auch das ist nicht einfach. Dann ist es manchmal auch so, dass es beim Einnisten der Embryonen zu Mehrlingsschwangerschaften kommt, sodass auch manchmal welche abgetötet werden müssen, daher ist eine psychologische Betreuung unbedingt vonnöten. Man muss auch deutlich sagen: Nicht in jedem Fall ist die künstliche Befruchtung die Lösung für eine ungewollte Kinderlosigkeit. Deshalb ist es auch noch einmal so wichtig festzustellen, wo eigentlich die Probleme liegen. Manchmal liegen sie in der Paarbeziehung. Was kann man tun, um diesem Paar auch eventuell anders zu helfen? Daher ist es unbedingt vonnöten, dass da angesetzt wird. Noch ein letzter Aspekt, bei dem ich denke, dass Bremen auch ziemlich weit vorn ist, und zwar dass Frauen den Kinderwunsch immer weiter nach hinten verschieben, weil sie vorher erst eine Berufsausbildung und solche Dinge erledigen möchten. Daher ist es wichtig, dass wir weiterhin alle Anstrengungen unternehmen, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, sodass dies nicht zusätzlich zum Problem wird und man die Schwangerschaft nach hinten verschiebt. Diese Saarbrücker Erklärung halten wir für den richtigen Weg, und da sollten wir auch weitermachen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Heute beschäftigen wir uns mit dem Thema Kinderwunschbehandlung. Herr Bensch, Sie sind wieder sehr großzügig, gehen nach vorn und wollen Geld verteilen. Sie sagen, das ist auch eine finanz––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
politische Frage, und dann müssen wir natürlich auch in diesem Bereich diskutieren. Aus unserer Sicht ist ein unerfüllter Kinderwunsch eine schwierige Situation, die auch psychische Belastungen erzeugt. Es kann nicht angehen, dass Paare mit mittleren und kleinen Einkommen für eine künstliche Befruchtung bisher so viel Geld auf den Tisch legen mussten. Wir sind auch der Meinung, dass hier ein höherer Anteil gezahlt werden muss, denn es ging auch die Zahl herum, dass im Jahr 2003 17 000 Geburten über diesen Weg erreicht wurden, und inzwischen sind es nur noch 6 000 Geburten. Es gibt auch inzwischen Versuche, dass Paare ins Ausland gehen und da nach Alternativen suchen. Das alles halte ich für schlechte Lösungen. Seit dem Jahr 2008 gibt es den Versuch, auch durch die Bundesländer, hier eine andere Regelung zu finden und die Kosten von den Krankenkassen übernehmen zu lassen. Sie haben es vorhin gesagt: 50 Prozent tragen die Kassen, und ein Eigenanteil von 50 Prozent entsteht für die Betroffenen. Der Bund will inzwischen, dass das Land sich zu 25 Prozent an den Kosten beteiligt. Dazu muss ich sagen, die Gesundheitsminister der Länder haben richtig reagiert und das abgelehnt. Sie wollen, dass die Krankenversicherungen 62,5 Prozent tragen und dies als Länderanteil anerkannt wird. Hier gibt es also noch Unterschiede und noch keine Lösung. Sie fordern jetzt, dass wir uns als Land mit 25 Prozent beteiligen. Das sehe ich als einen schlechten Weg an, denn er ist einfach nicht gerecht. Die Frage der Geburten ist für uns eine gesamtgesellschaftliche Frage und nicht die eines Bundeslandes. Daher gibt es hier auch die Frage, was mit den niedersächsischen Betroffenen ist, die hierherkommen. Es gibt Berichte, dass 60 Prozent der Patienten in Bremen, die dieses Angebot annehmen, niedersächsische Patienten oder Betroffene sind. Wer trägt dann den Anteil? Gibt es da wieder unterschiedliche Berechnungen? Gibt es Auseinandersetzungen zwischen den Ländern? Hier ist noch viel zu regeln, und wir sagen, man sollte das einfach auf den Bund übertragen – das ist eine gesamtgesellschaftliche Frage, und es ist gerechter, wenn der Bund das macht –, oder aber die Krankenversicherungen übernehmen einen höheren Anteil, das bedeutet, dass dies dann als Länderanteil anerkannt wird. Das ist auch die einstimmige Beschlusslage der Gesundheitsminister der Länder, und hinter diesem Beschluss stehen wir. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich ge––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
stehe, dass die Fraktion und auch die Partei DIE LINKE relativ lange intern über diesen Antrag diskutiert hat. Wir sind der Meinung, dass es durchaus eine relativ große und tief gehende ethische Frage ist: auf der einen Seite der Kinderwunsch kinderloser Paare, auf der anderen Seite aber natürlich auch ein Zustand in dieser Welt, wo es Hunderttausende Waisen gibt! Ob es dann gerechtfertigt ist zu versuchen, diesem Kinderwunsch mit Medikamenten und künstlichen Eingriffen unbedingt zu folgen, ist eine Frage, über die wir diskutiert haben. Darüber kann man sehr unterschiedlicher Auffassung sein, und diese Meinungen sind bei uns auch vertreten.
Im Endeffekt haben wir uns dazu entschieden, dem Antrag der CDU zuzustimmen. Wir werden ihm zustimmen, weil – um es in aller Deutlichkeit zu sagen – ich finde, dass die Argumente, die die Vorredner der Koalition gebracht haben, sicherlich richtig sind, aber man manchmal auch einfach einen Antrag so nehmen muss, wie er ist. Wenn man all die Prosa einmal weglässt, wird man feststellen, die CDU beantragt, dass die Bürgerschaft den Senat auffordert, bis zum 1. Dezember 2012 unter Einbeziehung des Bundestagsbeschlusses ein Konzept zur Förderung von Kinderwunschbehandlungen im Land Bremen zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen, das Kinderwunschbehandlungen einkommensunabhängig macht. Ich finde – auch meine Vorredner haben das gesagt –, dass die Frage der Einkommensunabhängigkeit natürlich für uns als LINKE auch wichtig ist.
Der Antrag sagt schlichtweg, dass der Senat ein Konzept vorlegen soll. Es steht noch nicht darin, wie dieses Konzept aussehen soll und wer was bezahlen soll, sondern es ist einfach die Anforderung, dem Zustand, dass Kinderwunschbehandlungen nicht einkommensunabhängig sind, abzuhelfen. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag der CDU. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit der Gesundheitsreform im Jahr 2004 – das wurde gesagt – übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen pro Ehepaar nur noch 50 Prozent der Kosten bei bis zu drei Versuchen der künstlichen Befruchtung bei Kinderlosigkeit, vorher waren es 100 Prozent bei vier Versuchen. Das hatte zur Folge – auch das wurde schon erwähnt –, dass wir uns als Länder seit dem Jahr 2008 in verschiedenen Varianten dafür einsetzen, dass die Kassen wieder die Kosten übernehmen, weil wir natürlich der Auffassung sind, dass die Eltern auch einkommensunabhängig entlastet werden sollen, daher fordern wir immer wieder einen Zuschuss aus Steuergeldern. ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.