Protokoll der Sitzung vom 12.12.2012

Der Versuch, das staatlich beaufsichtigte und wohlgeordnete Spielbankwesen zu konsolidieren, zu verteidigen und in ruhigeres Fahrwasser zu bringen, ist für mich persönlich immer ein bisschen zweischneidig, weil ich insgesamt eigentlich nicht so viel davon halte. Vielleicht kann man aber doch sagen: Wenn schon Spielen, dann ordentlich und mit Blick auf die Weser! Deswegen bitte ich Sie um Ihre Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. – Vielen Dank!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Rupp.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, mit dem Spielen, insbesondere wenn es in Spielcasinos stattfindet, ist es vielleicht ein bisschen so wie mit anderen Genussmitteln auch. Wenn man es aus Spaß macht oder daran Freude hat, ist es in Ordnung, aber es besteht immer die Gefahr der Sucht. Daher stehe ich der Frage Spielbank ja oder nein zunächst neutral gegenüber. Wenn sie sich in Bremen finanziert und man ein Stück weit mehr Einblick in die Szene bekommt, dann ist es vielleicht ganz gut.

Es ist auch gut, wenn über eine solche Einrichtung Geld in die Stadtkasse gespült wird. Dann hat man auch wieder Geld, um möglicherweise die Folgen der Spielsucht an anderer Stelle zu bekämpfen.

Wenn man sich einmal die Projekte anschaut, die die Stiftung „Wohnliche Stadt“ fördert, leistet die Stiftung mit ihren Projekten einen respektablen und guten Beitrag, um die soziale Spaltung der Stadt nicht noch schneller wachsen zu lassen. Sie übernimmt einen Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, die wir für unbedingt nötig halten. Daher ist für uns das erste Kriterium, um die Fragen zu beantworten, Spielbank ja oder nein, ob es ein Gesetz zur Absenkung der Abgaben geben soll, ob der Stiftung „Wohnliche Stadt“ weiterhin Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Da es weiterhin Geld für die Stiftung „Wohnliche Stadt“ geben wird, gibt es unseres Erachtens auch keinen Grund – und da schließe ich mich Herrn Gottschalk an –, die Insolvenz dieser Spielbank zu befördern oder ihr nicht die Möglichkeit zu geben, auf anderem Niveau wirtschaftlich tätig zu sein.

Die Frage, ob mit der Gesetzesänderung eine Problemlösung für die Zukunft gefunden ist, ist offen. Wir werden es weiter beobachten. Spätestens wenn die Frage gestellt wird, ob es Geld für Bremen gibt oder nicht, muss man in den sauren Apfel beißen und einfach sagen: Eine Spielbank in Bremen rentiert sich eben nicht mehr wie so vieles andere auch. Wenn es so weit ist, bin ich relativ sicher, dass der Haushalts- und Finanzausschuss und andere dafür sorgen werden, dass das ordentlich abgewickelt wird, und dann gibt es in Bremen eben keine Spielbank mehr. Meines Erachtens darf es keine Form staatlicher Förderung, Subvention oder Unterstützung der Spielbank geben, wir wären strikt dagegen. Wir werden also diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Ich weise auch darauf hin, dass wir noch eine andere Herausforderung haben, die nur mittelbar mit der Spielbank zu tun hat. Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben schon darauf hingewiesen, dass die Spielbankabgabe in den letzten Jahren deutlich von 10 Millionen Euro im Jahr 2002 auf 2,2 Millionen Euro im Jahr 2011 gesunken ist. Das ist ein deutlicher Rückgang, und das heißt natürlich, es ist ein Rückgang der Mittel für die Stiftung „Wohnliche Stadt“ und ein Rückgang der Möglichkeiten, bestimmte Projekte in Bremen durchzuführen, zu verzeichnen.

Die Herausforderung ist, dafür zu sorgen, dass die meines Erachtens notwendigen Projekte, die von der Stiftung „Wohnliche Stadt“ finanziert werden, eine andere Finanzquelle erhalten. Darauf, wie diese Herausforderung bewältigt wird, bin ich gespannt. Wir werden also dem Gesetz zustimmen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall bei der LINKEN und beim Bünd- nis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Piontkowski.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dieses Gesetz heute hier zu beschließen, würde bedeuten, das Pferd von hinten aufzuzäumen, es ist ein bisschen in der Rede von Herrn Rupp schon angeklungen. Mit der schrittweisen Senkung der Spielbankabgaben von ursprünglich 80 Prozent auf bis zu 11 Prozent doktern Sie nur an den Symptomen herum. Sie versuchen, kurzfristig die Insolvenz der Spielbank zu verhindern, indem Sie die Abgaben senken. Die Ursachen der seit Jahren rückläufigen Bruttospielerträge der Bremer Spielbank beheben Sie damit allerdings nicht.

Über kurz oder lang wird damit auch der Stiftung „Wohnliche Stadt“, die sich wesentlich aus den Spielbankabgaben finanziert, die Finanzierungsgrundlage entzogen. Wir alle wissen, wie viele gute Projekte die Stiftung „Wohnliche Stadt“ in der Vergangenheit in Bremen und Bremerhaven finanziert hat. Den Gedan

ken, der hinter der Stiftung steht, das Stadtbild, die Wohnqualität und die Landschaft vor Ort zu verbessern, gilt es unbedingt zu erhalten.

(Beifall bei der CDU)

Gleichwohl sollten wir uns grundsätzlich darüber Gedanken machen, ob die gegebenen Strukturen eine langfristige Perspektive haben. Wir müssen der Tatsache ins Auge blicken, dass sich das Spielverhalten der Bürgerinnen und Bürger ändert. Man geht nicht mehr in die Spielbank, man spielt im Internet oder an anderen Stellen. Die Spielbank in der jetzigen Form – das haben wir gesehen – verfügt nicht mehr über die Akzeptanz, die sie noch vor zehn Jahren hatte.

Die Bruttospielerträge betrugen nämlich im Jahr 2002 ursprünglich einmal 25 Millionen Euro. Inzwischen sind sie auf zehn Millionen Euro geschrumpft. Der Umzug der Spielbank an die Schlachte hat auch zu keiner wesentlichen Steigerung der Einnahmen geführt, im Gegenteil. Bremen steht jetzt noch mit einer Bürgschaft von 4,7 Millionen Euro Umzugskosten im Risiko. Das Eigenkapital der Spielbank von ursprünglich 5,2 Millionen Euro ist so gut wie aufgezehrt. Die Einnahmeerwartungen für die kommenden zehn Jahre fallen ebenfalls eher bescheiden aus und liegen bei knapp zehn Millionen Euro pro Jahr.

In Ihrer Modellrechnung, die dem Gesetz als Anlage beigefügt ist, ist noch nicht einmal das WorstCase-Szenario erreicht. Wenn nämlich die Spielbankabgaben tatsächlich auf elf Prozent – und das ist die Untergrenze – heruntergefahren würden, würde das bedeuten, dass die Finanzierungsgrundlage der Stiftung komplett wegfallen würde. Dann reichen die Abgaben noch nicht einmal mehr, um die jährlich 1,2 Millionen Euro für die Spielbankaufsicht zu finanzieren.

Der Senat setzt mit diesem Gesetzentwurf daher – und das ist unsere Meinung – offenbar einzig auf das Prinzip Hoffnung. Eine noch bestehende Darlehensschuld der Stiftung „Wohnliche Stadt“ über vier Millionen Euro, die eigentlich zurückgezahlt werden sollte, wird jetzt einfach – das wird eine weitere Vorlage in der Zukunft sein, ist aber bereits angekündigt – in den Haushalt übernommen, und Bremen ist ohnehin, wie wir alle wissen, schon hoch verschuldet genug. Ansonsten geht alles weiter wie bisher. Das ist unseres Erachtens keine vorausschauende Politik.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Was schlagen Sie vor?)

Dazu komme ich jetzt!

Es fehlt hier ein Konzept. Der Senat sollte sich nämlich grundsätzlich darüber Gedanken machen, in welcher Form die Unterstützung von gemeinnützigen Projekten in den Stadtteilen nachhaltig gesichert werden kann.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen auch, es sollte dort keine Denkverbote geben. Ich habe mir den Bericht des Rechnungshofs aus dem Jahr 2010 aufmerksam durchgelesen, und darin steht zum Beispiel – das ist jetzt das, was der Rechnungshof geschrieben hat –, dass in fast allen anderen Ländern die Spielbankabgaben direkt in die öffentlichen Haushalte fließen, entweder als allgemeine Deckungsmittel oder für definierte Zwecke, zum Beispiel soziale, kulturelle, gemeinnützige und sportliche Maßnahmen. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht im Jahr 2010 auch die Frage aufgeworfen, ob angesichts des damaligen Fördervolumens von 1,35 Millionen Euro eine eigenständige Institution noch sinnvoll ist. Künftig dürfte dieses Fördervolumen sogar noch geringer ausfallen. Wie gesagt, ich habe das zitiert, was der Rechnungshof gesagt hat.

Danach müssen wir auch dem ins Auge blicken, dass die Stiftung an sich kein Selbstzweck ist. Wenn sie über immer weniger Geld verfügt, dann kann sie die Aufgaben, insbesondere auch gerade die mehrjährige Unterstützung von Projekten, nicht mehr wahrnehmen. Im Rahmen eines Zukunftskonzepts sollte also überlegt werden, wie der Gedanke der Stiftung „Wohnliche Stadt“ aufrechterhalten werden kann, wie auch der örtliche Einfluss und die nachhaltige Finanzierung von förderungswürdigen Projekten in den Stadtteilen gefördert werden kann und wie dabei auch dem Grundsatz der Haushaltsklarheit Rechnung getragen werden kann.

Bei der Studie des Berichts der Stiftung „Wohnliche Stadt“ aus dem Jahr 2011 ist mir auch aufgefallen, dass zum Beispiel Verwaltungskosten für die Stiftung in der Höhe von rund 37 000 Euro pro Jahr anfallen. Auch da könnte man durchaus einmal überlegen, wie diese Kosten weiter reduziert werden können.

Erlaubt sein sollte auch, die Frage nach der Zukunftsfähigkeit der Spielbank zu stellen. Ist die Spielbank so aufgestellt, dass eine nachhaltige Steigerung der Bruttospielerträge zu erwarten ist? Nach den vorgelegten Einnahmeerwartungen wohl kaum! Man sollte also versuchen, sich mit der Betreibergesellschaft ins Benehmen zu setzen und darüber einmal zu sprechen, wie denn möglicherweise durch Kostensenkungen oder durch Preiserhöhungen an anderer Stelle oder durch andere kreative Maßnahmen die Bruttospielerträge gesteigert werden können. Das wäre eine Möglichkeit.

Oder: Wie können auf der anderen Seite Kosten reduziert werden, wie zum Beispiel bei der Spielbankaufsicht, die 1,2 Millionen Euro pro Jahr verschlingt? Auch da könnte man zum Beispiel an eine elektronische Vernetzung denken und hier über ein elektronisches Auslesen der Bruttospielerträge erhebliche Kosten einsparen. Das passiert ja an anderer Stelle auch.

Also: Kreativität ist hier gefragt, nicht kopfloses Agitieren! Deswegen ist das Entscheidende, dass der

Gedanke der Stiftung „Wohnliche Stadt“ aufrechterhalten werden kann, dass Projekte in den Stadtteilen weiterhin finanziert und unterstützt werden können, und dafür müssen wir uns einsetzen. – Vielen Dank!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort Herr Staatsrat Strehl.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Spielbank in Bremen ist kein Subventionsempfänger, und die Freie Hansestadt Bremen ist auch nicht an der Spielbankgesellschaft selbst beteiligt – das steht auch in der Vorlage – und hat deshalb auch keine Gesellschafterrechte. Das heißt – einmal ins Deutsche übersetzt –, wir können in das Handwerk der Spielbank, in das tägliche Geschäft, nicht eingreifen.

Wir sind aber natürlich im Gespräch mit den Gesellschaftern der Spielbank, und wir sind auch im Gespräch über die Frage, wie die Geschäftsidee der Spielbank zukunftsfähiger gemacht wird. Jetzt den Vorwurf zu hören, dass die Planung im Hinblick auf die Einnahmen doch so konservativ sei, und das als Nachteil auszulegen, kann ich nicht nachvollziehen, ich empfinde genau das Gegenteil. Ich finde, wir haben da sehr vorsichtig kalkuliert, die Zahlen sehr niedrig eingeschätzt, damit wir keine neue Überraschung erleben, und wir hoffen natürlich, dass es zu einer Einnahmesteigerung kommen wird. Die Hoffnung liegt darin, dass es mehr wird, aber wir haben in der Planung eine durchaus akzeptable Größenordnung, die man, glaube ich, auch nachvollziehen kann.

Es ist ein äußerst schwieriges Marktumfeld – das ist schon gesagt worden –, und wir sind auch nicht wirklich überzeugt, dass das noch sehr lange als Markt, als Geschäftsidee, so wie es jetzt ist, erhalten wird. Ich glaube, es hat nichts mit dem Standort zu tun, und ich glaube, das, was der Senat heute vorlegt – er hat fast ein Jahr eine Diskussion geführt –, hat eine Konsequenz.

(Abg. Frau P i o n t k o w s k i [CDU]: Genau das ist das Problem!)

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, Frau Piontkowski: Entweder schließt man die Spielbank jetzt mit dem Nachteil, dass wir 4,7 Millionen Euro in die Hand nehmen müssen und keine zusätzlichen Einnahmen in den nächsten Jahren generieren können, oder man versucht, die Spielbank auf diesem Weg in eine vernünftige Zukunft zu bringen. Wir haben uns für den beschriebenen Weg entschieden und glauben auch, dass das der richtige Weg ist. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Beratung ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer das Gesetz zur Neuregelung der Spielbankabgaben, Drucksache 18/696, in zweiter Lesung beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen!

(Dafür SPD, Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE)

Ich bitte um die Gegenprobe!

(Dagegen CDU und Abg. T i m k e [BIW])

Stimmenthaltungen?

Ich stelle fest, die Bürgerschaft (Landtag) beschließt das Gesetz in zweiter Lesung.

Im Übrigen nimmt die Bürgerschaft (Landtag) von dem Bericht des staatlichen Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 18/692, Kenntnis.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, bin ich gebeten worden, folgende Erklärung hier zur Kenntnis zu geben:

„Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit erkläre ich, dass ich mit Wirkung zum 31. Dezember 2012 mein Mandat niederlege. Mit freundlichen Grüßen, Dr. Rita Mohr-Lüllmann.“