Protokoll der Sitzung vom 13.12.2012

Zu Frage 2: Küstenparallele Straßenverkehre sind deutlich teurer als vergleichbare Transporte mit dem Schiff oder der Bahn. Aufgrund der sich ändernden Einzugsbereiche auf der Straße ist eine Verlagerung von besonders eilbedürftigen Ladungen denkbar. Diese Verkehre haben allerdings nur einen kleinen Anteil an den Gesamtverkehren. Eine Verkürzung der Transportwege würde in diesem Segment zu einer Verlagerung der Verkehre führen. Der Gesamteffekt einer derartigen Verlagerung ist jedoch als gering einzuschätzen.

Zu Frage 3: Der wesentliche Effekt der A 20 wird in einer großräumigen Routenverlagerung der Verkehrsströme Richtung Schleswig Holstein/Dänemark und Nordrhein Westfalen/Rheinland-Pfalz/Frankreich erwartet, die voraussichtlich zu einer Entlastung der bestehenden Autobahnen führen würde. In Bezug auf die Verkehre der Seehäfen Bremerhaven und Wilhelmshaven könnte hierdurch insbesondere die A 1 von Verkehren im Seehafenhinterland in diese Regionen entlastet werden. – Soweit die Antwort des Senats!

Herr Willmann, Sie haben eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, stimmen Sie mir zu, dass das Projekt A 20 nach wie vor erstens ein umstrittenes Projekt und zweitens auch in Bezug auf die finanziellen und genehmigungsrechtlichen Bedingungen ein Projekt ist, das eher noch mit Blick in die Zukunft als konkretes Projekt zu bewerten ist?

Bitte, Herr Senator!

Herr Willmann, ich stimme Ihnen darin zu, dass die meisten Projekte in dieser Republik, die etwas mit Infrastruktur zu tun haben, ähnlich zu sehen sind wie die A 20. Ich will allerdings gleichzeitig darauf hinweisen – und ich glaube, dies auch in der Antwort des Senats deutlich gemacht zu haben –, dass man bei der Bewertung der A 20 und der Bewertung von Transportwegen, ob sie nun zu Wasser, auf der Bahn oder auf der Straße stattfinden, zum einen berücksichtigen muss, welche Güterverkehrsströme wir haben, und zum anderen berücksich

tigen muss, welche Preisstrukturen wir in einzelnen Segmenten haben.

Deswegen habe ich deutlich zum Ausdruck gebracht, dass nach unserer Auffassung die A 20 keine Konkurrenz für Verkehre auf dem Seeweg darstellt, weil die deutlich kostengünstiger sind. Ich habe aber auch deutlich gemacht – ich referiere natürlich immer indirekt auch für das Land Niedersachsen, weil es den Antrag stellen will, die A 20 in den Bundesverkehrswegeplan aufnehmen zu lassen –, dass es für einzelne Bereiche durchaus zu einer Entlastung der vorhandenen Verkehrsknotenpunkte kommen kann. Ich stimme Ihnen aber natürlich darin zu, dass das Thema A 20 noch Zukunftsmusik ist.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die vierte Anfrage betrifft die Einbürgerungen unter Hinnahme von Doppelstaatsangehörigkeiten in Bremen – Neufassung. Die Anfrage ist unterschrieben von den Abgeordneten Frau Dr. Mohammadzadeh, Fecker, Frau Dr. Schaefer, Dr. Güldner und Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Bitte, Frau Dr. Mohammadzadeh!

Wir fragen den Senat:

Erstens: Wie bewertet der Senat die Ergebnisse des Projekts des Grundkurses Politik der Gesamtschule Ost „Wer ist Deutscher? Einbürgerung mit Doppelpass!“, aus denen hervorgeht, dass Bremen bei Einbürgerungen im Vergleich viel seltener als andere Bundesländer doppelte Staatsangehörigkeiten zulässt?

Zweitens: Weshalb erhielten Menschen mit türkischer Staatsangehörigkeit im Jahr 2010 in Hamburg dreimal und im Saarland sechsmal häufiger einen „Doppelpass“ als in Bremen?

Drittens: Welche Maßnahmen ergreift der Senat, um Ermessensspielräume zugunsten der Antragstellerinnen und Antragsteller, insbesondere junger Menschen, besser auszuschöpfen?

Diese Anfrage wird beantwortet von Herrn Staatsrat Münch.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage 1: Der Senat begrüßt das Engagement der Schülerinnen und Schüler für eine erleichterte Einbürgerung. Bremen hat sich bereits mehrfach im Bundesrat für die Beibehaltung der ausländischen Staatsangehörigkeit eingesetzt. Der Senator für Inneres und Sport hat das Thema darüber hinaus für die Beratungen der nächsten Innenministerkonferenz angemeldet. Die gesetzliche Einbürgerungsvoraus

setzung, die bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben zu müssen, ist nicht mehr zeitgemäß. Sie erschwert die Integration der hier lebenden Migrantinnen und Migranten.

Zur Einbürgerungsstatistik hat das Bundesinnenministerium festgestellt, dass Einbürgerungen mit Mehrstaatigkeit teilweise fehlerhaft erfasst worden sind. Als Einbürgerung mit Mehrstaatigkeit sollen nur solche Fälle registriert werden, bei denen die bisherige Staatsangehörigkeit auf Dauer fortbesteht. So verfährt Bremen. Andere Länder haben aber entgegen den Vorgaben auch dann Mehrstaatigkeit angekreuzt, wenn diese nur vorübergehend eingetreten ist. Weitere Abweichungen können sich aus einer unterschiedlichen Ausländerstruktur ergeben, denn die Ausnahmeregelungen, die Mehrstaatigkeit erlauben, greifen nicht für alle Herkunftsstaaten gleichermaßen.

Zu Frage 2: Es handelt sich um statistische Erfassungsfehler, wie einzelne Länder, insbesondere Hamburg und das Saarland, mitgeteilt haben. Nach den bundeseinheitlich geltenden Vorschriften ist es nur sehr eingeschränkt möglich, bei türkischen Staatsangehörigen Mehrstaatigkeit auf Dauer zuzulassen.

Zu Frage 3: Der Senator für Inneres und Sport wird sich auch weiterhin auf Bundesebene für ein zeitgemäßes Staatsangehörigkeitsrecht sowie die Ausschöpfung sämtlicher Ermessensspielräume im Interesse von Einbürgerungserleichterungen einsetzen. – Soweit die Antwort des Senats!

Frau Dr. Mohammadzadeh, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, erst einmal vielen Dank für die ausführliche Antwort! Sehen Sie mir aber nach, wenn ich Zweifel daran habe, dass die niedrigen Einbürgerungszahlen bei Migranten mit türkischem Hintergrund durch einen statistischen Fehler erklärt werden. Ist meine Information richtig, dass es einen bundeseinheitlichen Erhebungsbogen beziehungsweise ein Programm für die Auswertung und Erfassung diese Daten gibt?

Bitte, Herr Staatsrat!

Es ist richtig, dass der Erhebungsbogen einheitlich ist. Leider müssen wir feststellen, dass die Erhebungssystematik nicht einheitlich war. Es hat deshalb im Mai dieses Jahres eine Besprechung der Staatsangehörigkeitsreferenten aller Länder und des Bundes genau zu dieser Problematik gegeben, weil festgestellt wurde, dass in einigen Ländern – und darunter gerade Hamburg und auch das Saarland – Mehrstaatigkeit dann angekreuzt wurde, gerade auch bei türkischen Staatsangehörigen, wenn sie nur vorübergehend eintritt. Das Ergebnis war, dass der Anteil bei dieser Erfassung im Saarland bei 69 Prozent und in Hamburg, Hessen, Nordrhein-Westfalen bei 37

Prozent liegt und in anderen Ländern nur zwischen 3,7 und 12 Prozent. Das ist eine große Verzerrung, die wir wirklich auf diese unterschiedliche Erhebung zurückführen.

Für die Zukunft ist ein einheitliches Verfahren vereinbart worden, sodass dann die Zahlen vergleichbarer werden. Ich glaube, es ist auch ein großes Verdienst der Schüler, dass sie Wert darauf gelegt haben, dass solche Zahlen auch wirklich vergleichbar sein müssen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Heißt das, dass man davon ausgehen muss, dass eine große Anzahl von Beschäftigten in den Behörden verschiedener Bundesländer praktisch fehlerhaft gearbeitet haben?

Bitte, Herr Staatsrat!

Wenn Sie das so radikal, so drastisch ausdrücken wollen! Ich würde sagen, dass bislang die Frage, wie dieser einheitliche Bogen auszufüllen ist, nicht hinreichend deutlich war, sodass Erfassungsfehler entstehen konnten. Ich bin aber zuversichtlich, dass aufgrund der Besprechungen und der einheitlichen Richtlinien diese Fehler in der Zukunft nicht mehr passieren können.

Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ich möchte Folgendes wissen, weil es ja diese niedrigen Zahlen in Bremen tatsächlich gibt: Welche Maßnahmen gibt es – fachliche Weisungen, Erlasse –, damit Ermessensspielräume besser ausgeschöpft werden.

Bitte, Herr Staatsrat!

Ich will noch einmal feststellen, dass die Anzahl der Einbürgerungen in Bremen nicht niedrig ist, auch nicht bei der Zielgruppe der türkischen Staatsangehörigen. Wir liegen im Ländervergleich, wenn man absolut darauf schaut, wie viele Staatsangehörige dieser Personengruppe eingebürgert worden sind, mit einer Quote von 2,14 Prozent an dritter Stelle, und zwar vorn!

Es stellt sich eher die Frage: Gibt es eine unterschiedliche Verfahrensweise bei der Zulassung von Mehrstaatigkeit? Die kann es eigentlich aufgrund der engen rechtlichen Vorgaben gar nicht geben. Insofern gehen wir erst einmal davon aus, dass wir in Bre

men unter den bestehenden rechtlichen Bedingungen auch das Maximale tun, und so verfahren wir auch in Problemfällen.

Ich persönlich bin dabei der Auffassung, dass wir wirklich viel Energie darauf verwenden sollten, dass das veraltete Staatsangehörigkeitsrecht endlich verändert wird, um auch unsere Mitarbeiter nicht in diese Bedrängnisse zu bringen.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Frau Abgeordnete, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Sehen Sie im Hinblick auf die Abschaffung der Optionspflicht perspektivisch noch Möglichkeiten mit der jetzigen Bundesregierung?

Bitte, Herr Staatsrat!

Das ist ja eine sehr persönliche Frage! Ich bin immer Optimist, und ich glaube, man muss sehr viele Anläufe unternehmen. Der letzte Vorstoß kam ja nun gerade auch von der SPD im Bund im November, dieses Staatsangehörigkeitsrecht zu verändern. Ich denke, wir dürfen nicht müde werden und müssen es immer wieder versuchen. Wenn wir es nicht bis zum Herbst nächsten Jahres schaffen, dann versuchen wir es eben danach noch einmal!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Hinners! – Bitte sehr!

Herr Staatsrat, Sie haben davon gesprochen, dass gegenwärtig schon der Ermessensspielraum ausgenutzt wird. Sie haben diese Aussage bei der letzten Frage meiner Kollegin ein bisschen relativiert, indem Sie auf rechtliche Beschränkungen eingegangen sind. Das würde ich doch etwas vertiefen wollen. Welcher Ermessensspielraum ist konkret vorhanden, die Doppelstaatsangehörigkeit zuzulassen?

Bitte, Herr Staatsrat!

Es ist so, dass bei türkischen Staatsangehörigen die Fälle, in denen Ausnahmen zugelassen werden können, abschließend aufgezählt sind. Es geht um die Frage, ob jemand Asylberechtigter, also kurdischer Herkunft ist. Es geht um die Frage der Ableistung oder Nichtableistung des Militärdienstes, und es geht um die Frage, ob jemand fehlerhaft oder nicht registriert in türkischen Regis

tern steht. Das sind die Kriterien, an denen wir uns orientieren können. Wie gesagt, bei türkischen Staatsangehörigen!