Ich kann mir nicht erklären, warum die Summe dort so klein ist. Es ist durchaus offensiv beworben worden, darauf hingewiesen worden, und ich finde es in Ordnung, dass wir jetzt einen Vorschlag haben, eine bestimmte Personengruppe mit kostenlosen Verhütungsmitteln auszustatten. Das ist richtig.
Ich sehe das aber als ersten Schritt und hoffe, dass wir mutiger sind, in Zukunft auch den anderen Frauen, die glücklicherweise nicht in dieser prekären Situation sind, einen kostenlosen Zugang zu Verhütungsmitteln zu ermöglichen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Erstens, liebe Kollegin Grönert, ich fand es interessant, Ihre Argumentation läuft ja fast darauf hinaus, dass es da so etwas wie eine Verhütungserschleichung geben könnte, wenn man sagt, diejenigen wären benachteiligt, die gar keine Verhütung bräuchten, während die anderen letztendlich etwas dazu bekämen. Da müsste ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
man ja irgendwann anfangen zu kontrollieren, wer verhütet und wer nicht. Das, finde ich, ist eine völlig absurde Diskussion!
Zweiter Punkt! Meine Kollegin Frau Wendland hat uns vorgeworfen, wir würden hier diskriminieren. Das weise ich ausdrücklich zurück! Ich habe anerkannt, dass wir einen ersten Schritt in diese Richtung tun, und das habe ich hier vorhin auch ganz klar gesagt und betont. Das ist etwas, was ich überhaupt nicht verstehen kann, das ist meiner Rede auch nicht zu entnehmen.
Das Dritte ist, wenn wir warten wollen, bis die Kostenübernahme vom Bund erfolgt, dann ist diese entsprechende Personengruppe letztendlich darauf angewiesen zu sagen: Dann habe ich eben keinen Sex mehr! Das heißt es doch im Endeffekt. Bis der Bund in Gang kommt, kann es dauern.
Ich bin abschließend ganz dankbar über die Ausführungen von Frau Böschen, denn es ist selbstverständlich richtig, dass diese Kosten tatsächlich überschätzt werden. Diese Zahl aus Hannover finde ich auch durchaus beeindruckend. Ich finde, dass es durchaus einen Fingerzeig in die Richtung gibt, dass man hier mit deutlich weniger Geld tatsächlich ein paar Schritte weiterkommen könnte, denn es ist ein eklatantes Beispiel dafür, dass wir an der falschen Stelle sparen.
Die späteren Kosten sind auch für diese Stadt viel höher, und letztendlich müssen die Frauen und die Familien sie tragen. Das ist die Kurzsichtigkeit, die ich hier wirklich bemängele und auf das Schärfste verurteile! Ich hoffe wirklich, dass wir hier weiterkommen. Soweit erst einmal, aber wir werden dieses Thema weiter bearbeiten! – Vielen Dank!
Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema kostenlose Verhütungsmittel hat uns in der Tat – Frau Böschen hat es eingangs erwähnt – auch ganz schön viel Zeit gekostet. Ich hatte mir das nach dem Aufschreiben der Koalitionsvereinbarung auch einfacher vorgestellt, was die Gespräche mit den Kassen angeht, die zuerst gesagt haben: Ja, klar unterstützen wir Sie, das sehen wir auch! Das ist ein wichtiges frauenpolitisches Thema, und wir sehen auch, dass die Kassen da eigentlich ––––––– *) Von der Rednerin nicht überprüft.
mit in die Verantwortung einsteigen müssen. Sie haben sich in den Gesprächen zuerst auch gar nicht so geziert, als ich darauf verwiesen habe, dass die Kassen ja auch Geld zur Verfügung haben und sich dadurch doch auch eine Möglichkeit ergäbe, etwas an die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler zurückzugeben.
Wenn man sich das einmal ein bisschen auf der Zunge zergehen lässt und den Blick in das Jahr 1968 zurückwirft, in dem in Deutschland und weltweit viel über Familienplanung, das Menschenrecht auf Sexualität und darüber, dass eben auch Paare das Recht haben, über die Anzahl der Kinder und den zeitlichen Abstand der Geburten zu bestimmen, dann ist seit dem Jahr 1968 viel Zeit vergangen, und ich muss unter dem Strich feststellen: Verhütung ist leider immer noch Frauensache, und daran hat sich nicht viel geändert. Ich glaube, das ist auch ein Punkt, an dem man aus frauenpolitischer Sicht ganz dringend noch weiter arbeiten muss.
Die Pharmakonzerne verdienen viel Geld mit der Pille, das ist einfach so. Die Pille ist ein teures Produkt, sie könnte auch wesentlich billiger sein. Nun ist eine Sozialsenatorin in der Bremischen Bürgerschaft nicht diejenige, die allein bestimmen kann, dass es billiger werden muss. Ich bin aber der Auffassung, dass Bremen seine Anstrengungen auf der Bundesebene fortsetzen muss, um dafür zu kämpfen, dass kostenlose Verhütungsmittel nicht nur für Geringverdienerinnen – auch für Geringverdienerinnen, aber insgesamt für Frauen – als Thema noch einmal auf das Tapet der großen Politik in den Bundestag gebracht werden.
Wir gehen jetzt einen Schritt voran und nehmen Geld in die Hand. Die Frauen, die wir jetzt mit einbeziehen – das ist von Frau Wendland erwähnt worden –, sind Frauen mit Wohnsitz in der Stadtgemeinde Bremen, die eine Drogensubstitutionsbehandlung und existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, dem Sozialgesetzbuch XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Die Frauen waren vorher auch ausgeschlossen, es sind circa 370 Frauen. Es gehören Frauen dazu, die in der Stadtgemeinde Bremen Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach dem Achten Kapitel Sozialgesetzbuch XII erhalten, das sind ungefähr 45 Frauen. Hierzu gehören auch Frauen, die sich in einer objektiv belastenden Lebenslage befinden, zum Beispiel wegen fehlenden oder nicht ausreichenden Wohnraums, die Wohnungslosen.
Weiterhin werden in dieses Programm Frauen aufgenommen, die in der Stadtgemeinde Bremen eine Jugendhilfeleistung erhalten, das sind Frauen, die als Minderjährige Mütter geworden sind und jetzt in einer Einrichtung sind oder Angebote wahrnehmen, die einen Anspruch auf Krankenhilfe haben, das sind circa 40 Frauen. Im Jahr 2015 wollen wir weitere Frauen mit einbeziehen, und zwar Frauen, die in der Stadtgemeinde Bremen ambulante oder stationäre Eingliederungshilfe nach dem Sechsten Kapitel Sozialgesetzbuch XII und existenzsichernde Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II, dem Sozialgesetzbuch XII oder Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Das ist dann eine große Gruppe von circa 1 000 Frauen. Hierzu gehören unter anderem psychisch kranke, sucht- und drogenkranke Frauen, auch Frauen mit geistiger, körperlicher und mehrfacher Behinderung.
Das ist auch aus meiner Sicht ein Schritt. Ich finde, dass wir uns bemühen müssen, dieses Thema in Berlin anzugehen und an der großen Schraube zu drehen. Es ist den Kassen geradezu untersagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Darauf haben sie am Ende hingewiesen. Wir sind bis in die Selbstverwaltungsorgane gegangen, haben da auch die Menschen, die wir kennen, angesprochen und gebeten, uns zu unterstützen. Es ist für die Kassen vor dem Hintergrund der rechtlichen Vorgaben – wir haben es vom Gesundheitsressort noch einmal prüfen lassen – nicht möglich, Geld in die Hand zu nehmen und offiziell in einen Fonds einzuzahlen. Das müssen wir gemeinsam ändern.
Ich bin sehr dafür, dass wir uns da auf den Weg machen, einen Fonds zu gründen, aus dem wir so etwas bestreiten können, einen Fonds, der nicht gedeckelt ist, damit wir, ich sage einmal, Wunschkinder haben. Es ist auch eine psychische Belastung, einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen. Was ist eine ungewollte Schwangerschaft? Jede Frau kann einmal darüber nachdenken. Das ist eine ganz schwierige Lebenssituation, in der man dann lange ist, weil man natürlich auch Verantwortung für einen neuen Menschen trägt. Für die Unterstützung, die man dann auch selbst all die Jahre braucht, steht dann auch der Staat ein. Das ist eine absolute Schieflage. Ich teile das, was hier vorgetragen worden ist.
Ich bedanke mich für die sachliche Debatte und hoffe, dass wir jetzt auch in der Folge weiter daran arbeiten können, indem wir noch einmal darüber nachdenken, wie wir die neue Bundesregierung für dieses wichtige Thema motivieren können. Da sollten wir nicht aufgeben, sondern weiter am Ball bleiben! – Danke schön!
Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mitteilung des Senats, Drucksache 18/1002, auf die Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE Kenntnis.
Freien Zugang zum Internet sicherstellen – Netzneutralität für alle Nutzenden und alle Inhalte festschreiben Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/ Die Grünen vom 14. Juni 2013 (Drucksache 18/957)
Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Professor Stauch. Die Beratung ist eröffnet. Als erste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ryglewski.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Noch vor zehn Jahren war es Standard, mit einem Modem, das eine Übertragungsrate von 56 Kilobit pro Sekunde hatte, in das Internet zu gehen. Webseiten waren damals sehr einfach aufgebaut und dienten vorrangig der Informationsbeschaffung. Die Zeit und die technische Entwicklung schreiten aber voran, und die Menge der auszutauschenden Daten steigt stetig an, und auch die Angebote und das Nutzerverhalten haben sich verändert. Das Internet wird nicht nur zur Informationsbeschaffung genutzt, sondern wir schauen über das Internet Fernsehen, wir hören Radio, wir speichern unsere Daten und Fotos in einer Cloud.
All das hat zu einem hohen Datenverbrauch beigetragen. Somit wird schon mit einem normalen Nutzerverhalten das Datenvolumen von 75 Gigabyte, ab der die von der Deutschen Telekom geplante Drosselung des Internets für Neukunden greifen soll, erreicht, insbesondere wenn mehrere Personen einen Internetanschluss nutzen, beispielsweise Familien. Wer dieses Datenvolumen ausgeschöpft hat, soll nach den Plänen der Deutschen Telekom mit seiner Internetgeschwindigkeit auf 384 Kilobits pro Sekunde gedrosselt werden. Nur zur Veranschaulichung, das Herunterladen eines normalen Spielfilms würde so fast einen ganzen Tag dauern! Für uns mittlerweile alltäglich gewordene Dienste, wie beispielsweise das Streaming, die dem üblichen Nutzerverhalten entsprechen, werden dadurch fast unmöglich. Der Nutzer wird also quasi in die Internetsteinzeit zurückversetzt und erhält nur noch eine Grundversorgung. Der Verbraucher erhält also für den Preis, den er zahlt, eine Flatrate, die diesen Namen nicht mehr verdient. ––––––– *) Von der Rednerin nicht überpüft.
Die Drosselung soll aber nicht für alle Dienste gelten. Der eigene Multimediadienst Entertain der Deutschen Telekom und vermutlich künftig auch weitere Dienste, deren Anbieter bereit sind, für diese Ausnahme zu zahlen, werden nicht auf das Datenvolumen angerechnet. Damit wird einer der wichtigsten Grundsätze des offenen, sicheren und vor allem freien Internets außer Kraft gesetzt, die Netzneutralität, nach der alle Daten gleich behandelt und gleich durchgeleitet werden sollen. Das ist das Ende für das innovative Internet!
Kleine, unabhängige und nicht kommerzielle Dienste werden künftig benachteiligt beziehungsweise bekommt der Verbraucher zusätzliche Kosten aufgebürdet, entweder dadurch, dass es mehr kostenpflichtige Dienste im Internet gibt, oder dadurch, dass er seine Flatrate mit einem höheren Datenvolumen kaufen muss, um wie üblich das Internet nutzen zu können.
Dieses Vorgehen wurde massiv von Verbraucherschützern und der Internetgemeinde kritisiert. Der Spitzname Drosselkom hat die Runde gemacht. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat die Deutsche Telekom sogar abgemahnt, ein Prozess steht an. Die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt prüfen das Vorgehen. Die Deutsche Telekom ist zwar schon in bestimmten Teilen zurückgerudert – so soll die Datengrenze angehoben werden, und die Geschwindigkeit, auf die gedrosselt werden soll, soll auf 2 Megabit pro Sekunde angehoben werden –, doch das reicht nicht und löst auch nicht das Problem im Hinblick auf die Bevorzugung eigener Dienste.
Daher fordern wir weiterhin eine gesetzliche Festschreibung der Netzneutralität im Telekommunikationsgesetz, nach der Zugangsprovider verpflichtet werden, alle Inhalte diskriminierungsfrei und gleichberechtigt durchzuleiten!
Darüber hinaus fordern wir, dass der Bund als Anteilseigner sich dafür einsetzt, kurzfristig die Volumenbeschränkung zurückzunehmen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abgeordnete Ryglewski hat die Situation, was damit eigentlich gemeint ist, ausdrücklich gut beschrieben. Man muss sich das noch einmal vor Augen führen, um welchen Streit es bei der Netzneutralität geht. Welche Frage steht im Mittelpunkt? Was ––––––– *) Vom Redner nicht überprüft.
bedeutet das für den Verbraucher – oder nennen wir ihn Kunden –, für die Allgemeinheit und für unser tägliches Leben? Ist es gerecht, wenn ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom, die ungefähr 12,7 Millionen DSL-Anschlüsse hat und 45 Prozent des Marktes der Internetanschlüsse beherrscht, die eine Marktstellung innehat und damit auch eine Vorbildfunktion für andere Internetunternehmen haben kann, dort Geschwindigkeiten drosselt? Welche Auswirkungen kann das haben, nicht nur rein rechtlich?
Wie verhält sich die ganze Problematik auf der Ebene der Europäischen Union? Es ist sehr interessant, dass die Europäische Kommission gerade an einer Verordnung arbeitet, die diesen Telekommunikationsunternehmen freie Hand gibt, wie diese Drosselung – oder nennen wir sie Internetbremse – umgesetzt werden kann. Im Alltag wird sich das natürlich radikal auswirken.
Es ist auch eine staatspolitische Frage, die von Interesse ist, die die ganze Bevölkerung interessiert, nämlich was der Staat dagegen unternehmen kann. Der Staat kann solche Geschäfte verbieten, regulieren, zulassen, aber man muss es aus der Sicht der Nutzerinnen und Nutzer, der Kunden denken, wenn man das aus unternehmerischer Sicht noch einmal betrachtet.
Das Bundeskartellamt prüft derzeit, ob so etwas zulässig ist, da stellt sich nämlich die Kernfrage, ob es in Ordnung ist, dass zum Beispiel die Deutsche Telekom konzerneigene Inhalte wie Telekom Entertain bevorzugt zum Kunden bringt, sodass am anderen Ende diejenigen, die diese Dienste nicht mitbezahlen, letztendlich diese Dienste doch bezahlen, indem sie eine Geschwindigkeit des Internets zur Verfügung gestellt bekommen, die extrem langsam ist. Meine Kollegin hat dieses tolle Beispiel genannt, was es bedeuten würde, wenn man sich ganz legal einen Film bei der gedrosselten Geschwindigkeit downloaden möchte. Einen Tag hatte sie, glaube ich, genannt, einige sagen sogar, dass es durchaus länger dauern kann, je nachdem, welchen Rechner man hat und in welcher Region man wohnt. Ich glaube, in diese Steinzeit wollen wir nicht zurückfallen. Wir als Grüne sind entschieden dagegen.
Wir plädieren weiterhin dafür, dass die Netzneutralität per Gesetz verankert werden muss. Es kann nicht sein, dass wir eine Zweiklassengesellschaft auch im Internet haben: Die einen surfen auf der Datenautobahn, und die anderen müssen irgendwie den Datenfeldweg nehmen. Dagegen wehren wir uns entschieden, und zwar mit diesem Antrag!
Wir fordern, sich auch beim Bund dafür einzusetzen, dass die Netzneutralität zum einen gesetzlich festgeschrieben wird und zum anderen diese unangemessene Benachteiligung noch einmal ganz gesondert geprüft werden muss. Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie auch dem Ministerium für
Verbraucherschutz einmal freie Hand lässt, damit es sich dazu äußert, weil es bisher sehr verhalten war. Vielleicht lag es daran, dass es kurz vor der Wahl war, man wollte nicht an die Öffentlichkeit. Jetzt spielt man der Europäischen Kommission den Schwarzen Peter zu, weil sie entsprechend eine Verordnung erarbeitet. Ich finde, das ist alles viel zu kurz gedacht.