Ich erzähle Ihnen einmal, wie ich die gelesen habe! Also: Das Recht auf eine Wohnung steht jedem Menschen gleichermaßen zu. Nicht so selbstverständlich ist derzeit leider noch die bedarfsdeckende Umsetzung dieses Rechtes für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen.
Geeignete Wohnungen für diese Bürgerinnen und Bürger müssen deren individuellen Bedürfnissen entsprechen.
Die Große Anfrage zu diesem Thema ist hilfreich und wird von der SPD ausdrücklich begrüßt, denn die Antwort des Senats zeigt uns Folgendes auf – meine Art zu lesen! –: Nur die im Rahmen des sozialen Wohnungsbaus geförderten rollstuhlgerechten und barrierefreien Wohnungen werden erfasst. Im Erfassungszeitraum 1990 bis 2007 wurden in der Stadtgemeinde Bremen 2 268 barrierefreie und 41 rollstuhlgerechte Wohnungen gezählt. Frei finanzierte barrierefreie und rollstuhlgerechte Wohnungen sind statistisch leider nicht erfassbar. Das würde die Zahl noch erhöhen.
Seit 2008 besteht im Rahmen des geförderten Wohnungsbaus die Verpflichtung, alle geförderten Wohnungen barrierefrei erreichbar und in ihrer Nutzung behindertenfreundlich auszustatten. Obwohl die Rollstuhlgerechtigkeit im engeren Sinne in der auch von Frau Grönert zitierten DIN 18040-2 nach den Förderrichtlinien nicht vorgeschrieben ist, sind die Bauherren grundsätzlich bereit, bei konkretem Mieterinteresse die Wohnung entsprechend den Bedarfen herzurichten, wenn der Mieter auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Das führt dazu, dass im Land Bremen, also in den Stadtgemeinden Bremerhaven und Bremen, in den Programmjahren 2008 bis 2010 165 barrierefreie Wohnungen, 42 rollstuhlgerechte Wohnungen, 151 sozial gebundene Wohnungen zur Verfügung stehen. Während in Bremen-Stadt – dazu gehört auch Bremen-Nord –
diese Wohnangebote etwa gleichmäßig auf die Stadtteile verteilt sind, befinden sich solche Wohnungen in Bremerhaven in den Stadtumbau-West-Gebieten Wulsdorf, Lehe und Geestemünde. Hier würde ich mir sehr wünschen, dass auch Bremerhaven die Möglichkeit nutzt, zu einer ausgewogeneren Verteilung der barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnungen auf alle Stadtteile überzugehen, um damit dem berechtigten Wunsch und dem Rechtsanspruch auf uneingeschränkte Wahl des Wohnortes gerecht zu werden und so einer Ausgrenzung der Menschen mit Behinderung entgegenzuwirken. Das Signal, Menschen mit Behinderung gehören in unsere Mitte, wäre dann noch glaubwürdiger.
Die überwiegende Anzahl der Wohnungen hat eine Größe zwischen rund 45 Quadratmetern und 60 Quadratmetern und ist für Ein- und Zweipersonenhaushalte vorgesehen. Leider ist hierbei nicht bedacht worden, dass auch Familien mit einem Familienmitglied mit Behinderung einen entsprechend geeigneten Wohnraum in ausreichender Größe benötigen.
Wohnungssuchende Menschen mit Behinderung finden Hilfe unter www.barrierefrei-wohnen-bremen. de. Dieser Internetauftritt wurde von der AG Wohnen in Zusammenarbeit mit dem Senator für Umwelt, Bau und Verkehr und der Senatorin für Soziales, Kinder und Frauen erarbeitet.
In der Planung befinden sich weitere geeignete Wohnungen. Es liegen zurzeit Förderanträge für weitere 261 Wohnungen in 13 Gebäuden in der Stadtgemeinde Bremen und drei Wohngebäuden in der Stadtgemeinde Bremerhaven vor. Die ersten dieser Wohnungen werden voraussichtlich im Jahr 2015 bezugsfertig sein. Die ordnungsgemäße Belegung wird in der Stadtgemeinde Bremen vom Senator für Umwelt, Bau und Verkehr überwacht. In der Stadtgemeinde Bremerhaven ist der Magistrat zuständig.
Das alles, meine Damen und Herren, ist nicht das Ziel – bei Weitem nicht! –, sondern erst der Weg dorthin. Deutlich ist aber, dass sich Bremen und Bremerhaven entschieden und nicht zögerlich auf den Weg machen, und darüber sind die SPD und ganz sicher ebenso unser Koalitionspartner froh. Wir sind sicher, dass sich diese Entwicklung fortsetzen wird, und zwar zwingend unter den Gesichtspunkten: Barrierefreier und rollstuhlgerechter Wohnraum muss in bedarfsgerechter Anzahl und Ausstattung erstellt und angeboten werden können. Wartelisten sollten überflüssig sein. Wohnraum für Menschen mit Behinderung und Mobilitätseinschränkungen dürfen nicht abseits der Wohnungen nicht behinderter Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden, sondern auch diese Bremerinnen und Bremer gehören in unsere Mitte, und zwar in allen Stadtteilen Bremens und Bremerhavens. (Glocke)
Barrierefreier und rollstuhlgerechter Wohnraum muss auch für Familien mit behinderten Mitgliedern ausreichende familientaugliche Wohnungsgrößen aufweisen. Barrierefreier und rollstuhlgerechter Wohnraum muss in allen Stadtteilen des Landes Bremen bezahlbar sein, auch in den Stadtteilen, die in der Regel höhere Mieten zugrunde legen können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Barrierefreiheit ist eine Grundvoraus
setzung für den Wohnungsbau, auch in der Beratung und in der Förderung. Das wird auch, wie ich finde, aus der Antwort des Senats ganz deutlich klar.
Sie reden, Frau Grönert, die vorhandenen Regeln, die vorhandenen Wohnungen und die vorhandene Beratung – die von kom.fort zum Beispiel finde ich toll – schlecht, und ich frage mich, warum. Die Kollegin hat das mit dem halb vollen und dem halb leeren Glas etwas freundlicher beschrieben. Sie haben in der Tat ganz ausdrücklich vom halb leeren Glas geredet.
Sie haben recht: Für rollstuhlgerechte Wohnungen kann und muss noch mehr passieren. Das ist, wie ich glaube, unstrittig, und das haben wir hier schon einmal vor vier Wochen debattiert. Aber dann muss man Wohnanlagen auch für mobilitätseingeschränkte Menschen doch nicht schlechtreden.
Nur weil es keine vollständige Statistik gibt, heißt das meiner Ansicht nach nicht, dass es das alles, was nicht in diesen unvollständigen Statistiken steht, gar nicht gibt, und das heißt auch nicht, dass es keine gute Politik für barrierefreien Wohnraum gibt. Dafür stehen auch die Antworten auf Ihre Fragen in der Senatsantwort.
Die Verfahren zur Vergabe von barrierefreien und behindertengerechten Wohnungen und auch die zur Förderung von behindertengerechten und barrierefreien Modernisierungen in Bremen sind, anders als die Statistiken, sehr detailliert und sehr praxisnah. Im Rahmen des Bündnisses für Wohnen haben wir vereinbart, dass die Werkzeuge zur Vergabe noch einmal untersucht werden und verbessert werden sollen. Sie werten aber als schlechtes Zeichen, dass wir sagen: Wir wollen noch besser werden.
Barrierefreiheit ist schon heute, so glaube ich – das hat auch Frau Schmidtke beschrieben –, ein wichtiges, wertvolles und auch geldwertes Vermarktungsmerkmal im Wohnungsbau. Es gibt viel Wohnungsbau, in dem das schon üblich ist. Es gibt Regeln dafür, was gebaut werden muss. Im Sozialwohnungsbau ist Barrierefreiheit Standard. Eine nachträgliche, rollstuhlgerechte Anpassung von Bestandswohnungen kann als Modernisierung gefördert werden. Die Voraussetzung dafür ist, dass sie vollständig und umfassend ist und dass nicht nur an Details in den Bestandswohnungen herumkorrigiert wird.
Zur Wohnraumförderung kann es einen zusätzlichen Zuschuss der Pflegekassen und sozialgesetzliche Hilfen geben, die mit dem Wohnungsbauzuschuss oder dem Modernisierungszuschuss kombiniert werden können. Ich kann nicht erkennen, wo die großen Lücken und die großen Fehler in den Regeln sind. Gebaut werden muss am Ende mehr. Das gilt aber nicht nur für den barrierefreien und rollstuhlgerechten
Umbau und Bau. Wir brauchen mehr Wohnungen insgesamt. Und das gilt auch für dieses Segment. Auch das ist, wie ich glaube, unstrittig.
Die LBO soll in diesem Jahr evaluiert werden, und einer der Gründe dafür ist die Barrierefreiheit. Sie wissen ja, dass die Musterbauverordnung das vorsieht, die die Bauminister beschlossen haben. Es ist also unstrittig, dass wir besser werden wollen und dass es besser werden soll. Da soll gar nicht abgewartet oder abgewertet werden, sondern wir wollen diese Novellierung umsetzen, um mehr zu machen, mehr möglich zu machen und mehr barrierefreien Wohnraum zu schaffen. – Vielen Dank!
Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will zunächst einmal sagen, dass ich der CDU für diese Anfrage durchaus dankbar bin, weil ich schon der Meinung bin, dass sie durchaus das ein oder andere Neue zutage gefördert hat und damit im Sinne von Optimierung und von Zielen Anlass bietet, zu sagen: An bestimmten Stellen muss man noch ein bisschen nachbessern, oder da gibt es noch etwas zu tun.
Wenn man zusammenfasst, was dort steht, dann kann man zumindest nach der Rechnung, die wir aufgemacht haben, feststellen, dass in den letzten sechs Jahren 90 rollstuhlgerechte Wohnungen im Lande Bremen als Neubau gefördert worden sind. Um dazu, wie der Bedarf ist, etwas sagen zu können, sind – auch das wurde schon mehrmals angesprochen – die Statistiken eigentlich nicht in der entsprechenden Tiefe vorhanden. Man könnte eine Anhaltszahl ausrechnen, wonach es im Land Bremen etwa 59 000 schwerbehinderte Menschen gibt. Nach statistischen Zahlen auf Bundesebene, mit denen man versuchen könnte, eine Zahl auszurechnen, könnte man zu dem Ergebnis kommen, dass es im Land Bremen etwa 11 000 Personen gibt, die schwerbehindert oder mindestens außergewöhnlich gehbehindert sind, wenn nicht sogar einen Rollstuhl benötigen. Wenn man diese 11 000 in einem Vergleich den geförderten 90 Neubauwohnungen gegenüberstellt, sieht man, dass das natürlich ein bisschen wenig ist.
Man könnte auch auf die Datenbanken, die es ja tatsächlich gibt, hinweisen. – Ich muss zugeben, dass ich das Thema „geerbt“ habe, weil unsere Kollegin, die dazu sprechen wollte, leider erkrankt ist. – Ich habe seit gestern Abend versucht, mir dazu Internetseiten anzugucken. Mir wäre es, wenn ich gewollt hätte, nicht gelungen, eine rollstuhlgerechte Wohnung zu finden.
Eigentlich ist das ja nicht verwunderlich. Wir alle wissen doch, dass es in Bremen das Problem gibt, dass zu wenig bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist. Dann könnte man sagen: Na ja, dann ist es auch selbstverständlich, dass wir zu wenig bezahlbaren rollstuhlgerechten Wohnraum haben. – Ich würde fast sagen, dass sich das eine in der Tat aus dem anderen ergibt.
Das Problem zeigt sich natürlich ganz deutlich, wenn ein Vermieter oder ein Eigentümer sagt: Es ist sicherlich schwer – ich will es einmal so sagen –, freiwillig rollstuhlgerechten Wohnraum anzubieten, wenn man nicht so genau weiß, ob Menschen, die keine Behinderung haben oder keinen Rollstuhl benötigen, für so eine Wohnung, wenn sie andere Wohnungen bekommen können, mehr bezahlen. – Wenn der Bedarf nicht so ganz klar ist, dann muss man einfach feststellen: An der Stelle funktioniert der Markt nicht so, wie viele das immer ganz gerne sehen. Der Wohnungsmarkt schafft also hier von sich aus noch kein ausreichendes Angebot für die Nachfrage, die es tatsächlich gibt.
Von daher schließen wir uns gerne allen Vorrednern an, die sagen: Es gibt auf jeden Fall einen Handlungsbedarf in Bremen. Es gibt gute Ansätze. Es gibt auch entsprechende Vorschriften. Ferner wurde gesagt, dass in der neuen Landesbauordnung wahrscheinlich die DIN 18040 eingeführt wird, die schon einen wesentlichen Fortschritt in der ganzen Geschichte darstellt. Aber es ist nach wie vor zu wenig entsprechender Wohnraum vorhanden.
Einen letzten Punkt möchte ich noch ansprechen. Ich glaube, es gibt in der Tat ein besonderes Problem, was sich auf die Bezieher von Leistungen nach SGB II und SGB XII bezieht. Zunehmende Behinderung oder der zunehmende Anspruch auf barrierefreies Wohnen ist gerade bei diesem Personenkreis oder bei diesem auch älter werdenden Personenkreis nicht gerade klein, sondern, wie man sagen muss, steigend. Zwar gibt es auch dazu keine richtigen Statistiken. Aber die praktische Erfahrung zeigt das einfach.
Wir hatten gestern in der Fragestunde eine Frage zu dem Thema. Dabei ist deutlich hervorgegangen, dass es nach wie vor Probleme gibt, wenn Leistungsbezieher zum Beispiel in eine barrierefreiere Wohnung oder tatsächlich barrierefreie Wohnung umziehen wollen, was sehr häufig durchaus mit höheren Kosten verbunden ist. Das in den Jobcentern sozusagen durchzusetzen, ist bisher nicht so einfach. Bei dem Thema gibt es noch einige – so sage ich einmal – dicke Bretter, die zu bohren sind, zum Beispiel im Hinblick auf die Verwaltungsanweisungen, wie wir von Herrn Frehe gestern gehört haben, die zu den KdU neu gestaltet werden sollen. Ich glaube, wir müssen dabei ein besonderes Augenmerk auch auf diesem Personenkreis haben.
Also, alles in allem: Ich finde gut, dass die CDU diese Anfrage gestellt hat. Es ist klar, dass es Defizite gibt.
Barrierefreier Wohnraum ist nicht genügend vorhanden. Der Markt reguliert sich hier eben nicht von selbst. Auf dem Gebiet müsste noch einiges getan werden. – Danke!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lassen Sie uns nicht die Zeit damit verbringen, darüber zu diskutieren, ob das Glas halb voll oder halb leer ist! Ich räume ein: Da ist was drin, und da passt noch was rein. Wir werden in den nächsten Jahren daran arbeiten. Dazu wird auch Gelegenheit sein. Wir werden noch in diesem Jahr mit den Arbeiten an der Landesbauordnung beginnen und sie vielleicht auch beenden können. Das ist ein Vorhaben, an dem viele von ihnen beteiligt sein werden. Wir werden dann zu prüfen haben, welche Vorschriften wir dort aufnehmen müssen, um noch mehr barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnraum zu bekommen.
Dann vielleicht noch eine Sache, die Ihnen klar ist, aber die bisher noch nicht so öffentlich angesprochen worden ist: Das Wohnraumförderprogramm, der Jahrgang 12/13, ist fast ausgetrunken. Die Zahlen, die hier in den Antworten stehen, beziehen sich auf eine frühe Phase des Jahrgangs 12/13. Es kommen noch viele Förderungen dazu. Wir haben inzwischen Anträge für bis zu 700 Wohnungen vorliegen, die gefördert werden können, darin natürlich ein großer Anteil barrierefreier und rollstuhlgerechter. Da kommt noch eine Menge, und wir müssen über ein Cuvée 2014/ 2015 nachdenken, über das nächste Wohnraumförderprogramm. Auch da werden wir uns überlegen müssen, wie wir in diesem Bereich fördernd wirken können. Wie Sie auch an der Ausführlichkeit, mit der wir die Fragen beantworten konnten, sehen: Wir sind an dem Thema dran. Wir haben Experten dazu bei uns im Hause, und sie alle verspüren großen Ehrgeiz, dieses Thema zu bewegen.
Lassen Sie mich vielleicht noch einen Aspekt einbringen: Die öffentliche Förderung barrierefreien und rollstuhlgerechten Wohnraums ist die eine Seite. Die private Initiative ist die andere Seite. Natürlich ist ganz wichtig, dass sich diejenigen, die Wohnungen bauen oder auch umbauen, mit diesem Problem befassen. Ich hatte in der letzten Woche Gelegenheit, die Altbautage in der Stadthalle zu eröffnen, und ich war sehr froh darüber, wie viele Handwerker sich inzwischen dieses Themas angenommen haben.
Ich habe auch mit großer Genugtuung gehört, dass der neue Präsident der Handwerkskammer, Herr Kröger, sich zum Thema gemacht hat, die Mitglieder seiner Kammer dahin zu bewegen, entsprechende Angebote zu machen. Als wir das eröffnet haben, war es ganz interessant, zu beobachten, wie viele Betrof
fene sich auf diesen Altbautagen danach erkundigt haben, welche Möglichkeiten es heute gibt, entsprechend umzubauen.
Sie müssen sich immer vor Augen halten: In Bremen macht der Altbestand 75 Prozent aller Wohnungen aus. Die sind bis 1975 gebaut worden. Damals hat kein Mensch an Energieeinsparung und an Barrierefreiheit gedacht. Mit diesem Altbestand müssen wir aber umgehen. Wenn wir es schaffen, dafür vernünftige, pragmatische Lösungen mit der Handwerkerschaft und mit den Bauunternehmen in Bremen zu finden, dann werden wir wahrscheinlich bald darüber reden können, ob das Glas schon ganz voll oder nur halb voll oder halb leer ist. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!