Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

In der Antwort wird zutreffend ausgeführt, an einigen Stellen sei für Bremen anzuerkennen, dass für die Versorgung der alten Menschen teilweise relativ gute Strukturen bestehen, wenn man bedenkt, wie wenig Geld wir in Bremen zur Verfügung haben. Wenn ich zum Beispiel an die Dienstleistungszentren denke, muss man schon ohne Neid anerkennen, dass da gute Arbeit geleistet wird und dass es dort eine gute Versorgung gibt.

Andererseits würde ich aber noch einmal gern darauf hinweisen, wenn man ein bisschen nachliest, wo solche Genossenschaften gegründet worden sind und was man im Internet darüber findet, dann ist es schon interessant, wenn ein Mitglied der berühmten Seniorengenossenschaft Riedlingen e. V., die der Senat in seiner Antwort auch erwähnt, sagt, wir sind angetreten, um die Lücken im sozialen System zu schließen. Das ist durchaus eine interessante Aussage; denn natürlich geht es bei Seniorengenossenschaften – wie sie sich bisher verstanden haben – schon darum, dass man auch unabhängig vom Einkommen nicht nur sagt, wir bauen ein Mehrgenerationenhaus, das man als Bewohner wiederum auch finanzieren können muss, sondern dass man einfach sagen kann, wenn ich in so eine Genossenschaft eintrete, erbringe ich Leistungen und Zeitstunden, die angespart und verrechnet werden und mir später zugutekommen. Es ist keine Voraussetzung, dass ich über ausreichend Geld verfüge. Das ist ein gewisser Charme einer solchen Genossenschaft, und aus diesen Gründen fördert das bayerische Sozialministerium – ich habe auch noch einmal nachgeschaut – solche Genossenschaften immerhin mit 30 000 Euro Anschubfinanzierung.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Das ist ja auch ein vernünftig geführtes Land!)

Dass wir in Bremen sehr wenig Geld haben, weiß ich auch, aber dennoch sollte man näher den Blick darauf werfen, wenn wir all das, gerade auch die Pluralität der Lebensformen, wirklich ernst meinen. Mein Vorredner hat bereits ausgeführt: Je älter man wird, desto mehr denkt man darüber nach, wie man denn tatsächlich im Alter leben will, und das habe ich auch schon getan.

(Abg. S t r o h m a n n [CDU]: Und?)

Das ist eine berechtigte Frage, die ich mir noch nicht beantwortet habe.

Die Aussage des Senats, im Moment gebe es keine wesentlichen Initiativen in Bremen für eine solche Art von Genossenschaft, ist zutreffend. Wenn es solch eine geben würde, fände ich das sehr interessant. Dann sollten wir als Parlament und vielleicht auch als Einzelpersonen dann noch einmal genau hinschauen. – Danke schön!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Ahrens, Fraktion der CDU.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ehrlich gesagt wusste ich Ihren Debattenbeitrag nicht ganz zu deuten, Herr Schmidtmann. Sie haben eben etwas ganz anderes ausgeführt als das, was Sie in Ihrer Großen

Anfrage nachgefragt haben. Ich will einfach noch einmal zitieren, was Sie zum Thema Seniorengenossenschaft ausgeführt haben: „eine auf Selbsthilfe angelegte Vereinigung, Jung hilft dort Alt gegen Bezahlung oder Gutschrift der Stunden, die dann, wenn derjenige, der vorher jung war und geleistet hat, alt ist, von jemand anderem Jüngeren einfordern kann“. Da war in der ganzen Anfrage von Wohnprojekten und Ähnlichem mit keinem einzigen Wort die Rede, und das wirft ein völlig neues Licht auf das Thema. Deswegen möchte ich mich bei unserer Debatte, die ich für die CDU-Fraktion führe, nur auf die Große Anfrage beziehen, die heute Thema ist.

Herr Möhle hat an dieser Stelle schon deutlich gesagt, dass Seniorengenossenschaften aus Sicht der Verwaltung, die das übrigens nicht so positiv gesehen hat, wie Sie es hier gerade versucht haben darzustellen, sondern die eigentlich an mehreren Stellen ziemlich deutlich etwas anderes gesagt hat, eine geeignete Organisationsform sein kann, wenn keine anderen Unterstützungsstrukturen bestehen. Die Verwaltung hat explizit auf die kleineren Kommunen verwiesen.

Nach einer zweiten Aussage der Verwaltung ist die Förderung komplementärer Strukturen sinnvoll, jedoch sei die Förderung von Doppelstrukturen zu vermeiden. Das ist eine Aussage, die ich voll unterstützen kann, gerade in Zeiten der Haushaltsnotlage. Was haben wir denn an gewachsener sozialer Infrastruktur genau in dem Bereich, nach dem Sie gefragt haben? Es bestehen die Dienstleistungszentren, die Sie schon einmal mit Kürzungen bedroht haben. Wir erinnern uns an die Debatte und den Aufschrei in der Gesamtstadt. Das konnten wir an dieser Stelle abwenden. Es gibt die Nachbarschaftshilfe, die aufsuchende Altenarbeit, die wir übrigens gerade erweitert haben, wo wir uns auch demnächst noch einmal treffen werden.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das stimmt doch gar nicht, Frau Ahrens! Dienstleistungszentren haben nie zur Disposition gestanden!)

Hören Sie doch erst einmal zu, ich habe Ihnen doch auch zugehört!

Es gibt die Selbsthilfegruppen, die Seniorentreffs, und es gibt die Begegnungsstätten. Auch bezogen auf die Begegnungsstätten erinnern Sie sich vielleicht daran, dass die Grünen Kürzungen vorgesehen hatten und wir das mit vereinten Kräften verhindert haben, weil wir der Auffassung sind, dass diese in Bremen sinnvoll und notwendig sind. Es gibt den Verein Ambulante Versorgungsbrücken, und es gibt das generationenübergreifende Projekt Wohnen für Hilfe. Das steht übrigens auch alles in der entsprechenden Antwort auf Ihre Große Anfrage.

Wenn Sie sich also diese ganzen Strukturen anschauen, und wenn Sie wissen, dass wir ein Haus

haltsnotlageland sind, dann muss man an der Stelle doch erst einmal deutlich sagen, wir haben schon eine breit angelegte Struktur, die an vielen Stellen noch finanziell verbessert werden könnte. Gerade die Dienstleistungszentren sind eigentlich flächendeckend in Bremen aktiv und leisten Nachbarschaftshilfe gegen eine sogenannte Aufwandsentschädigung. Sie helfen besonders den Menschen über 60 Jahre, die nicht so umfangreiche finanzielle Mittel haben, beim Einkaufen, wenn sie das nicht mehr allein können, oder aber auch bei anderen haushaltsnahen Dienstleistungen. Das halten wir für eine sehr sinnvolle und notwendige Arbeit, und wir wollen nicht, dass dort vielleicht Gelder weggenommen werden, um neue Dinge ins Laufen zu bringen. Die Zeit der Experimente sollte an dieser Stelle auch vorbei sein.

(Zuruf der Abg. Frau H o c h [Bündnis 90/ Die Grünen])

Nein, überhaupt nicht!

Wenn Sie sich die Antwort auf die Anfrage von Herrn Schmidtmann durchlesen, bemerken Sie, dass die Verwaltung deutlich sagt, diese konkreten Ideen zur Einrichtung einer Seniorengenossenschaft sollte in erster Linie aus der Zivilgesellschaft kommen, und dazu ist hier in Bremen nichts erkennbar. Ich meine, es handelt sich um eine Antwort aus einem Ressort, das von einer grünen Senatorin verantwortet wird, das muss man an der Stelle erst einmal so zur Kenntnis nehmen.

Ich muss an der Stelle auch deutlich sagen, ich verstehe jetzt die Intention, weshalb Sie die Große Anfrage gestellt haben. Aus der Großen Anfrage ging sie aber nicht hervor.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Natürlich, aber die Fragen sind doch genau so!)

Ich habe sie mir durchgelesen, ich habe mir auch die Antworten durchgelesen, darin steht überhaupt nichts zum Thema Wohnen.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ja, Sie zitieren die Antworten, aber nicht die Fragen!)

Ich sage Ihnen ganz deutlich, wenn es um die Vermittlung von Dienstleistungen geht, haben wir in Bremen eine bestehende Struktur, und ich bin eher dafür, eine gut funktionierende Struktur durch zusätzliche Gelder zu unterstützen, als hier an dieser Stelle mit etwas Neuem anzufangen.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Das geht doch um Wohnen, dann lesen Sie sich doch die Fragen einmal durch!)

Ich habe mir die Fragen sehr genau durchgelesen und auch die Antworten, aber ich glaube, dass Sie das deutliche Nein, das die Verwaltung Ihnen da hineingeschrieben hat, an der Stelle wirklich nicht nachvollzogen und auch nicht verstanden haben.

(Abg. S c h m i d t m a n n [Bündnis 90/Die Grünen]: Ich habe das doch gesagt!)

Nein, haben Sie nicht! Kommen Sie doch noch einmal nach vorn, dann haben Sie die Möglichkeit, darüber zu sprechen! Sie haben auch die Möglichkeit einer Kurzintervention.

Ich kann Ihnen an der Stelle nur sagen, dass ich das nicht nachvollziehen kann: So, wie Sie Ihre Große Anfrage gestellt haben, ist das etwas völlig anderes, als das, was Sie jetzt hier dargestellt haben.

(Vizepräsident R a v e n s übernimmt den Vorsitz.)

Ich bin der Auffassung, wir haben hier in Bremen Strukturen, die gut funktionieren, gerade die Dienstleistungszentren sind für mich ein ganz wichtiger Bestandteil in dieser Stadt, und müssen eher weiter ausgebaut werden, als dass man da an der Stelle vielleicht Finanzmittel umwidmet. – Danke schön!

(Beifall bei der CDU)

Als nächste Rednerin hat das Wort Frau Senatorin Stahmann.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich erkläre mich bereit, eine Seniorengenossenschaft in Bremen zusammen mit jemandem hier aus dem Hause zu gründen, wenn sich denn hier auch Interessierte finden. Ich finde, das ist ein spannendes Thema.

Noch einmal zur Klarstellung, Frau Ahrens: Die Initiative von Herrn Schmidtmann zielt darauf ab, nach einem Angebot zu fragen, das es in Flächenländern gibt. Die haben oftmals nicht die Vielfalt an Angeboten, die wir in der Großstadt haben, aber der Bremer Senat hält die Idee der Seniorengenossenschaft für nicht verwerflich. Wir sagen, wir starten sie nicht selbst, sondern wir setzen auf Selbsthilfe und folgen dem Prinzip der Autonomie, und da, wo sich Menschen zusammentun und sagen, sie kommen mit der Idee einer Genossenschaft, werden auch der Senat in Bremen und der Magistrat in Bremerhaven solche Initiativen unterstützen, und das ist gut und auch richtig so.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Auf der Deputationsreise nach Bielefeld, haben wir auch ganz intensiv – –. Deswegen reden wir auch über das Wohnen, weil wir es live gesehen haben. Erstens

haben wir festgestellt, dass es Bielefeld doch gibt – das war die erste These, die wir ausräumen mussten –, und zweitens, dass Seniorengenossenschaften ein sehr guter Baustein sein können, um eine Quartiersentwicklung voranzutreiben. In der Stadt Bielefeld, die diese Idee schon über einen langen Zeitraum verfolgt, hat man am Modell der Freien Scholle gesehen, dass man damit auch Wohnungsbaupolitik und Sozialpolitik richtig miteinander verbinden kann. Der Bremer Senat hat in seiner Antwort darauf hingewiesen, dass wir in Bremen eine Vielzahl von Angeboten haben, das haben die Abgeordneten hier auch wiedergegeben. Wir haben in Bremen 4 000 Nachbarschaftshelferinnen und -helfer, wir haben die Selbsthilfe, die Dienstleistungszentren, die Nachbarschaftseinrichtungen und die Begegnungsstätten.

Ich möchte aber auch noch einmal ganz deutlich sagen, dass sich das Älterwerden in unserer Gesellschaft genauso wandelt wie das Leben von jungen Leuten. Vor 50 Jahren, als mein älterer Bruder geboren wurde, im Jahr 1964, haben ältere Menschen ganz andere Ansichten gehabt, sie haben ganz anders gewohnt, nämlich oft auch noch in Mehrgenerationenhäusern, in den gleichen Straßen. Die Kinder waren auch nicht so weit weggezogen, wie wir das heute teilweise erleben.

Ich bin in Bremerhaven aufgewachsen. Viele von meinen Klassenkameraden haben die Stadt verlassen, während die Eltern noch in Bremerhaven wohnen. Dazu gehört auch die Überlegung von Herrn Schmidtmann, dass man darüber nachdenkt: Wie will ich alt werden, wie will ich wohnen, wer soll sich um mich kümmern? Deswegen ist es wichtig, dass wir über einen breiten Instrumentenkasten verfügen, und dazu gehören die Seniorengenossenschaften wie auch die Dienstleistungszentren und die Nachbarschaftshilfe.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Zu den Begegnungsstätten! Frau Ahrens hat es noch einmal angesprochen: Ich bin nach wie vor der Meinung – damit werde ich auch meine Rede beschließen, so wie ich es gestern in der Debatte zur Jugendpolitik gesagt habe –, dass wir uns immer die Qualität der Angebote anschauen müssen, und wenn sich keiner dafür interessiert, dann müssen wir die Angebote verändern. Es gibt nach wie vor Angebote, bei denen ich auch, wenn ich hier dem Hause berichte, Frau Ahrens, erklären muss, wofür ich das Steuergeld ausgegeben habe und wie die Angebote angenommen worden sind. Wenn ich sagen kann, ein Angebot wird nicht mehr angenommen, weil sich der Stadtteil verändert hat, weil die älteren Menschen weggezogen sind, dann muss es auch erlaubt sein, das Angebot zu verändern und neue Angebote zu schaffen.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Darüber muss man hier im Haus auch sachlich diskutieren können. Ich glaube, wir sollten uns zu dem Thema, wie es mit der Altenpolitik weitergeht, in der Deputation austauschen und hier im Haus dann auch noch einmal im größeren Rahmen darüber sprechen.

Die Ansätze, die wir umgesetzt haben, auch auf Initiative von Herrn Schmidtmann, zum Beispiel die Idee der aufsuchenden Altenarbeit, sind in den letzten Jahren auch sehr vorangetrieben worden, damit haben wir gute Erfahrungen gemacht. Ich bin nicht der Auffassung, dass wir, wenn jetzt jemand kommt und eine Frage stellt, die Tür gleich zuschlagen, diese Idee geißeln und sagen sollten, das haben wir alles schon. Wir müssen auch immer die Offenheit für neue Ideen bewahren. Hier sagen wir aber, diese Idee muss aus der Selbsthilfe kommen und der Senat wird sie nicht selbst starten. Soweit zu diesem Thema. – Danke schön!

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Dr. Korol.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wie will ich leben, wenn ich älter bin? Was ich zu sagen habe, schließt nahtlos an das an, was meine Vorrednerinnen und Vorredner sagten. Die Bevölkerung in Deutschland und Bremen schrumpft, die Menschen werden immer älter.

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Hört, hört!)