Protokoll der Sitzung vom 21.05.2014

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei der SPD)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Vogt.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute liegen zwei Anträge vor, die zusätzlich bezahlbaren Wohnraum beim Stu

Ich bin aber froh, dass es jetzt mittlerweile – zwei Jahre später! – endlich ein Umdenken gibt. Es sollen zusätzliche Wohnungen in Studierendenwohnheimen geschaffen werden. Das ist aus Sicht der LINKEN zu begrüßen, denn die soziale Infrastruktur des Hochschulstandorts Bremen – das haben auch die Vorrednerinnen und Vorredner gesagt – ist lange vernachlässigt worden.

Kurz zu den Fakten! Bremen stellt zu wenig öffentlich geförderten Wohnraum beim gemeinnützigen Studentenwerk zur Verfügung. Die Unterbringungsquoten sind unter dem Bundesdurchschnitt, Herr Pohlmann hat recht, sie liegen irgendwie bei 6,3 in Bremen und im Bundesdurchschnitt bei circa 11 Prozent. Jährlich können rund 250 Menschen nicht in Studierendenwohnheimen untergebracht werden und stehen auf den Wartelisten für die 1 900 Wohnungen. Der letzte große Neubau in der Spittaler Straße wurde vor zehn Jahren fertiggestellt. Gleichzeitig – auch das haben wir hier kritisiert – werden Grundstücke in bester Lage am Uni-Campus an private Investoren und Hedgefonds verkauft, die dort Wohnungen bauen und mit maximaler Rendite vermieten.

Ich habe noch einmal nachgelesen. Wissen Sie, was ein WG-Zimmer in der sogenannten Galileo-Residenz in der Fahrenheitstraße kostet?

Wissen Sie das? 20,58 Euro pro Quadratmeter, und dann kommen noch Internet- und Telefonkosten dazu! Das ist für Studierende mit Sicherheit nicht tragbar, das ist auch für normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schon fast nicht tragbar. Diese privaten Großwohnanlagen sind übrigens auch folgerichtig nicht auf Studierende beschränkt, die sich das leisten können. Alle, die sich das leisten können, können dort einziehen, daher kann man schon getrost sagen, das als Studentenwohnheim zu bezeichnen, wäre übertrieben. Dem Wohnungsmarkt für Studierende entsprang diese Einrichtung jedenfalls nicht.

Die öffentlichen Grundstücke hat der Senat vor einigen Jahren verkauft, ohne das Studentenwerk oder die GEWOBA zu fragen, ob sie hier vielleicht preiswerten Wohnraum bauen möchten. Auch das haben wir damals im Ausschuss kritisiert. Die Grundstücke

wurden natürlich auch verkauft, und da kommen wir wieder zum Thema der Aktuellen Stunde, weil die Universität aus dem Verkaufserlös Löcher stopfen konnte und auch sollte. Das war auch ausdrücklich so gewollt. Aus Sicht der Studierenden und für den Wohnraum sind das strukturell angelegte Fehlentwicklungen gewesen, die zu einer Privatisierung öffentlicher Liegenschaften führen, über die sich letztendlich nur private Finanzinvestoren freuen können.

DIE LINKE beantragt daher heute, dass in den kommenden Jahren 500 neue Wohnungen beim Studentenwerk entstehen sollen. Dafür sollen noch verfügbare Grundstücke im städtischen Besitz kostenfrei zur Verfügung gestellt werden, es sollen entsprechende Kredite gegeben werden, die das Studentenwerk dann mit den Mieteinnahmen zurückzahlen soll. Außerdem beantragen wir, dass die Grundstücksspekulation am Campus gestoppt wird. Grundstücksverkäufe an Firmen wie die Galileo Residenz wollen wir zukünftig verhindern. Dieser Aspekt fehlt im Antrag der Koalition, das finden wir an dieser Stelle eigentlich schade, denn ziemlich genau vor einem Jahr, am 22. Mai 2013, hat Herr Pohlmann bei Radio Bremen erklärt, in Zukunft dürfe eine solche Flächenverkaufspolitik nicht mehr erfolgen.

(Abg. P o h l m a n n [SPD]: Richtig!)

Dass mehrere Grundstücke an private Investoren verkauft worden sind, haben Sie, Herr Pohlmann, damals als Fehler bezeichnet, und dem können wir nur zustimmen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf des Abg. P o h l m a n n [SPD])

Genau das ist aber mein Problem mit Ihrem Antrag, dem ich sonst gern zugestimmt hätte, dieser Aspekt fehlt in Ihrem Antrag, und ich frage mich warum. Warum fehlt eine klare Prioritätensetzung zugunsten des öffentlich-rechtlichen Wohnraums beim Studentenwerk? Diese Priorität sagt natürlich auch, Wohnraumspekulationen auf ehemals öffentlichen Grundstücken kann und darf es zukünftig nicht mehr geben, und es ist sehr bedauerlich, dass dieser Aspekt in Ihrem Antrag nicht auftaucht. Wir werden ihn daher ablehnen, weil er unserer Meinung nach inkonsequent ist und nicht das Ziel erreicht, das Sie, Herr Pohlmann, zu Recht ursprünglich einmal definiert haben. – Danke!

(Beifall bei der LINKEN)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Häsler, Fraktion der CDU.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Kaum ein Bundesland bietet seinen Studenten weniger staat

lich geförderte Wohnheimplätze als Bremen. Wie so oft gehört Bremen auch in diesem Bereich mit einer Versorgungsquote von 6,3 oder 6,4 Prozent bundesweit zu den Schlusslichtern. Momentan kann das Land knapp 2 000 Wohnplätze für circa 30 000 Studenten anbieten. Auf die Fertigstellung eines weiteren Studentenwohnheims in der Überseestadt wird händeringend gewartet.

Auch wenn wir als CDU-Fraktion die Vielfalt der studentischen Wohnungsmöglichkeiten mit privaten Anbietern einerseits und staatlich geförderten Wohnheimen andererseits sehr schätzen, bleiben die Studentenwohnheime des Studentenwerks, das ist klar, mit einer Pauschalmiete von bis zu 250 Euro die günstigste Variante des selbstständigen studentischen Wohnens. Dabei geht der Bedarf an günstigem Wohnraum für Studenten logischerweise mit steigenden Studierendenzahlen einher. Wir erwarten auch im nächsten Wintersemester wieder mehrere Tausend neue Studenten, was die Wohnraumsituation von Jahr zu Jahr verschlimmert. Die Entwicklung des Wissenschaftsstandortes Bremen und die steigenden Studierendenzahlen müssen mit einer funktionierenden Infrastruktur einhergehen, zu der auch der günstige Wohnraum für Studenten gehört. Damit kommen wir zu dem Punkt, an dem die rot-grüne Regierungskoalition in den vergangenen Jahren wieder einmal versagt hat.

(Abg. Frau Vo g t [DIE LINKE]: Sie haben vor zwei Jahren gesagt, wir hätten Wahn- vorstellungen! – Abg. R ö w e k a m p [CDU]: Haben Sie ja auch!)

Ja, weil Sie die privaten Anbieter immer verteufeln und deren Wohnheime als Hedgefonds-Wohnheime darstellen. Ich sagte schon, wir stehen für eine Vielfalt an Wohnungsangeboten.

(Beifall bei der CDU)

Wir sind natürlich ebenso für die staatliche Förderung von Wohnheimen. Es ist ja kein Geheimnis, dass die rot-grüne Regierungskoalition hier versagt hat. Herr Pohlmann hat im letzten Jahr bei Radio Bremen ein interessantes Interview dazu gegeben, in dem er das sogar eingestanden hat. Sie schreiben sich das Attribut „sozial“ bei jeder Gelegenheit in fetten Buchstaben auf die Fahnen, aber das, was Sie hier in der letzten und in der aktuellen Legislaturperiode versäumt haben, ist für die Studenten im Land Bremen unsozial.

(Beifall bei der CDU)

Der Antrag der Regierungskoalition versucht nun nach geraumer Zeit den rot-grünen, vor allem den grünen Versäumnissen in der Bremer Baupolitik entgegenzusteuern. Daher muss man einfach auch nicht besonders kreativ sein, um den ersten Beschlusspunkt

mit der Erweiterung des bisher sehr einseitigen Wohnraumförderungsprogramms als entsprechenden Denkzettel für das grüne Bauressort aufzufassen.

(Widerspruch beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. P o h l m a n n [SPD]: Überhaupt nicht!)

In diesem Programm wird die soziale Komponente immer besonders hochgehalten – das ist ja auch schön und gut –, doch sie erweist sich hierbei als rot-grüne Mogelpackung, da sie eine für die Zukunft extrem wichtige soziale Gruppe, nämlich die Studenten und damit die Fachkräfte von morgen vergisst. Dies zeigt, wie kurzsichtig Ihre soziale Baupolitik doch manchmal ist, was sich leider auch darin niederschlägt, wie unwichtig es Ihnen ist, durch die Förderung von gewerblichen Betrieben oder Einkaufs- und Versorgungsmöglichkeiten den Campus zu einem lebenswerten und qualitativ hochwertigen Wohn- und Lebensort für Studenten auszugestalten.

(Abg. Frau D r. S c h a e f e r [Bündnis 90/ Die Grünen]: Da wird gerade ein Supermarkt gebaut, aber egal!)

Ja, jetzt wird nach ewig langer Zeit – ich hätte gar nicht gedacht, dass ich das als Studentin noch mitbekomme – ein Supermarkt gebaut, aber das kann nicht das Ende der Fahnenstange sein, liebe Frau Dr. Schaefer!

(Beifall bei der CDU)

Dennoch sind wir als CDU-Fraktion froh, dass Sie immerhin langsam zu der Erkenntnis kommen, Wohnraumförderungspolitik nicht nur einseitig auf bestimmte soziale Gruppen zu beschränken, sondern den Blick weiter fassen und sich den realen Problemen im Land Bremen stellen. Nebenbei hoffen wir, dass diese späte Erkenntnis – immerhin! – zukünftig auch endlich auf weitere Gruppen wie beispielsweise mittelständische Familien übergreift. Sie selbst haben sich im letzten Wohnraumförderungsprogramm das Ziel gesetzt, Wohnraum zu schaffen, der die zukünftige Nachfrage nachhaltig erfüllt. Dies ist bezüglich des studentischen Wohnens leider keine Realität in Bremen, und wir als CDU-Fraktion mahnen auch nicht zum ersten Mal den Nachholbedarf in diesem Bereich an, liebe Frau Vogt!

Deshalb können wir dem Antrag der Regierungskoalition zustimmen und halten es für die zukünftige Entwicklung für sinnvoller, gemeinsam mit dem Studentenwerk die benötigten Kapazitäten für die nächsten Jahre zu ermitteln, als nach Manier der LINKEN unüberlegt nicht zu erreichende Zahlen zu fordern, was besonders dann interessant wird, wenn man letztendlich sogar mehr Plätze braucht, als Sie sie in Ihrem zusätzlichen Antrag jetzt fordern, das weiß man ja einfach noch nicht.

Wir brauchen in Bremen nicht nur einen starken Wissenschaftsstandort, sondern auch die dazugehörige Infrastruktur, die den Studenten in Bremen attraktiven und günstigen Wohnraum sowie ein lebenswertes Umfeld mit ausreichenden Versorgungsmöglichkeiten bieten muss. Je weniger die Studenten für ihren Wohnraum zahlen müssen, desto weniger müssen sie letztendlich für die Finanzierung ihres Studiums arbeiten, und umso schneller werden diese Studenten unsere unverzichtbaren und dringend benötigten Fachkräfte von morgen. Deshalb unterstützen wir diesen längst überfälligen Antrag der Regierungskoalition und lehnen den Antrag der LINKEN ab, weil wir für eine nachhaltige, verantwortungsvolle und durchdachte Wohnraumpolitik stehen. – Danke!

(Beifall bei der CDU)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Pohlmann, Fraktion der SPD.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe eben vernommen, was mir gesagt wurde. Was soll ich jetzt nach den beiden letzten Beiträgen sagen?

(Abg. I m h o f f [CDU]: Sie hat recht! – Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grünen]: Man muss nichts sagen!)

Ich nehme gern das Zitat auf, das der Herr Bausenator gestern im Rahmen der Debatte A 281 von dem auch von mir sehr geschätzten Herrn Müntefering erwähnt hat, und zwar: „Opposition ist Mist!“

(Abg. D r. K u h n [Bündnis 90/Die Grü- nen]: Das könnt Ihr doch gar nicht beurtei- len! – Heiterkeit!)

Regierungsverantwortung heißt auch, Politik in die Praxis umzusetzen, lieber Herr Dr. Kuhn. Ich möchte jetzt noch einmal einige Punkte deutlich machen, die in dem Antrag der Regierungskoalition formuliert worden sind.

Als Erstes: Ich stehe selbstverständlich dazu – Sie haben das ja zitiert, und ich glaube Frau Häsler auch –, was ich in einem Interview von Radio Bremen gesagt habe. Ich sage als baupolitscher Sprecher der SPDBürgerschaftsfraktion, ja, wir haben in der Vergangenheit die Notwendigkeit des bezahlbaren Wohnraums für Studierende nicht richtig eingeschätzt. Diese Kritik nehme ich auch als Selbstkritik an, so ist es!

Trotzdem glaube ich, ist es politisch richtig zu sagen, wir müssen jetzt die Möglichkeiten, die wir haben, auch im Rahmen unserer Wohnungsbauoffensive und im Rahmen unserer wohnungspolitischen Initiativen, insbesondere zur Sicherstellung ausreichenden Wohnraums für Studierende, nutzen.

Darum ist es ganz wichtig für uns, dass dies auch in dem neuen Wohnraumförderungsprogramm über das Jahr 2014 hinaus fortgesetzt wird und dort die besondere Förderungsfähigkeit auch von Wohnungen für Studierende abgesichert ist. Das ist auch für weitere Aktivitäten des Studentenwerks und anderer Träger, die sich in diesem Bereich engagieren wollen, ganz wichtig.

Ein weiterer Punkt ist – und darauf möchte ich noch einmal hinweisen –, dass wir den Senat darum bitten, gerade im Bereich seiner Aktivitäten auf der Bundesebene den engen Schulterschluss mit den anderen Bundesländern zu suchen, um in dem geplanten Bündnis für bezahlbares Wohnen auf Bundesebene auch die Förderung von Wohnheimen für Studierende mithilfe des Bundes einzufordern. Das ist noch nicht sichergestellt. Ich glaube, für Bremen und Bremerhaven ist es wichtig, dass wir uns diese Förderungsmöglichkeit auch auf Bundesebene erschließen.

Sehr geehrte Frau Kollegin Vogt, wir von der Regierungskoalition nehmen sehr ernst – und das haben wir auch in der Ziffer 3 unseres Antrags formuliert –, gemeinsam mit dem Studentenwerk und weiteren Trägern, mit den ASten einen Mindestbedarf für studentisches Wohnen in Bremen und Bremerhaven zu ermitteln. Sie sagen, es sind 500 Wohnungen, oder sind es 600, oder sind es 480? Ich glaube, man sollte sich erst einmal auf den Weg machen, insbesondere auch mit denen sprechen, die vor Ort die Erfahrung haben, und dieses Wissen einbeziehen, und das ist unser Anspruch. Es können auch mehr oder weniger Wohnungen sein, aber ich glaube, man sollte diesen Prozess erst einmal durchführen. Wir bitten darum, dies ernst zu nehmen, um Erfahrungen, die es dort gibt, auch zu nutzen.

DIE LINKE hat darüber hinaus in ihrem Antrag die Fortsetzung und überhaupt die Einbindung in das Wohnraumförderungsprogramm hier im Lande Bremen vollkommen ausgeblendet.

(Glocke)

Ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Punkt, bei dem wir gesagt haben, um das darüber hinaus auch zu realisieren, ist dies umzusetzen. Darum sage ich, es ist überhaupt kein Zurückweichen, sondern ein ganz ordentlicher Antrag, den wir vorgelegt haben.

Wir werden das gemeinsam erarbeiten, wir werden das als eine ressortübergreifende Aufgabe des Senats sehen, aber nicht, dass der eine dem anderen etwas zuschiebt, sondern wir werden darauf achten, dass dabei auch unter dem Strich etwas herauskommt. Ich bitte um die Unterstützung unseres Antrags. – Vielen Dank!

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/ Die Grünen)