Ich wollte drei weitere Bemerkungen machen. Die erste Bemerkung richtet sich an Herrn Rupp. Herr Rupp, die Haushaltsberatungen führen wir morgen noch. Sie haben jetzt noch einmal sehr auf die Jahre 2016 und 2017 und auf die Sozialhilfekosten abgehoben. Morgen haben wir eine Haushaltsdebatte, in der wir das noch einmal ausführlich besprechen. Im Moment geht es um die mittelfristige Perspektive.
Es ist wichtig zu sagen, wie das mit der Verlässlichkeit ist. Fast alle Fraktionen haben sich im Rahmen der Diskussion der letzten drei oder vier Jahre irgendwann für die Altlastenentschuldung in Form eines Fonds eingesetzt und gesagt, am liebsten schieben wir unsere Schulden dort hinein. Das war in unserer Fraktion der Fall. Von der SPD-Fraktion wurde das vorhin angesprochen. Ich glaube, bei den Grünen war das auch einmal Mehrheitsmeinung, wenn ich es in den letzten Jahren richtig mitbekommen habe, und Sie haben das auch gesagt, Herr Rupp.
Ich finde es nur gedanklich etwas schwierig nachzuvollziehen, dass jetzt, wo wir uns hoffentlich auch mit dem Bund einem Ergebnis nähern, alle sagen: Wenn wir die zusätzlichen Mittel ab 2020 haben, haben wir das mit der Altschuldentilgung nicht so ernst gemeint, wenn das ein Fonds übernommen hätte, dann wäre das eine schöne Sache gewesen, dann wären wir das mit einem Mal los gewesen, wenn wir das jetzt aber selbst abbezahlen müssen, und das noch über einen solch langen Zeitraum, können wir als Politik eigentlich viel besser das Geld ausgeben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist doch der völlig falsche Ansatz! Zu der Verlässlichkeit einer solchen Vereinbarung gehört doch auch, dass die anderen Länder und der Bund irgendeine Erwartung haben, dass wir etwas gegen unseren hohen Schuldenstand unternehmen.
Deshalb habe ich das vorhin gesagt, ich sage es jetzt noch einmal, Herr Dr. Sieling: Es ist richtig, dass Sie
das vorhin betont haben. Die Finanzsenatorin muss jetzt nach Berlin. Ich habe vorhin nicht gehört, ob Sie deckungsgleich sind. Von den öffentlichen Äußerungen im Haushalts- und Finanzausschuss und im „Weser-Kurier“ konnte man zumindest einen anderen Eindruck gewinnen. Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie gleich noch einmal einen Satz dazu sagen könnten, Herr Bürgermeister.
Sie bauen eine weitere Mär auf, Herr Rupp, auch das wird uns morgen noch einmal in den Haushaltsberatungen beschäftigen, wir hatten das auch in der Einbringungsdebatte! Bremen hätte die Flüchtlingsaufgaben in diesem Jahr leisten können, wenn wir in allen anderen Gebieten die Hausaufgaben gemacht hätten. Auch die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache: 30 Millionen Euro zusätzliche Kreditaufnahme, 110 Millionen Euro für die Flüchtlinge, 105 Millionen Euro für weitere Aufgaben.
Hätten wir unsere Hausaufgaben insgesamt im bremischen Haushalt gemacht, dann hätten wir auch die Flüchtlingsherausforderungen – –. Wir können nicht einfach sagen, weil wir so viele Flüchtlinge haben, können wir mit unseren Mitteln nicht mehr hinkommen. Das ist ein völlig falscher Ansatz und verkehrt übrigens auch den Eindruck, den wir mit dem Thema Flüchtlinge in der Öffentlichkeit verbinden. Das ist ein fatales Signal. Es entspricht nicht der Realität, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Eine letzte Bemerkung zu gleichwertigen Lebensbedingungen in ganz Deutschland, weil sie von mehreren Rednern als Grundgesetzvorgabe hingestellt wurden: Wir haben gerade noch einmal nachgeschaut. Wir finden das im Grundgesetz nicht.
Es gibt einen Punkt in Artikel 107. Ich habe etwas in Artikel 107 gefunden, Frau Vogt. Darin steht, dass die Finanzausgleichsmethoden ungefähr zu einem Ausgleich führen müssen, sodass man überall die Chance auf gleichwertige Lebensverhältnisse hat. Das ist eine freies Zitat.
Natürlich gibt es aber keinen Zwang, dass es in Bremen genauso ist wie in Kempten und dass es in Bremerhaven genauso sein muss wie in Freiburg.
(Abg. Frau Vogt [DIE LINKE]: Es soll nicht genauso sein, es soll gleichwertig sein! Das ist ein großer Un- terschied!)
Nein, Sie sprechen immer von gleichwertig. Es soll in Schwachhausen genauso sein wie in Gröpelingen.
Doch! Das hat Herr Rupp doch gerade gesagt, Frau Vogt. Dann müssen Sie auch Ihrem eigenen Redner zuhören!
(Abg. Rupp [DIE LINKE]: Wenn Sie jetzt sagen, Sie wollen das nicht mehr, stellen Sie Ihrer eigenen Frak- tion ein Armutszeugnis aus! – Glocke)
Das steht also nirgendwo im Grundgesetz. Es ist aber natürlich eine politische Leitlinie. Regionale Unterschiede wollen wir sowohl in den Städten als auch in Bremerhaven haben. Wir wollen sie auch in der Bundesrepublik Deutschland, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Eckhoff und die anderen Kollegen von der CDU, ich möchte Ihnen mit meiner ersten Bemerkung gern eine Brücke bauen.
(Abg. Röwekamp [CDU]: Sie haben gar keine Inves- titionsmittel dafür! – Abg. Eckhoff [CDU] meldet sich zu einer Zwischenfrage.)
Wenn wir von 2020 bis 2030 die 400 Millionen Euro jährlich in die Tilgung stecken würden, würden unsere Schulden von ungefähr 22 Milliarden Euro auf 18 Milliarden Euro sinken. Wenn wir 2030 dann aber fünf Prozent Zinsen bezahlen müssen, steigt unsere Zinslast von heute 550 Millionen Euro auf 900 Millionen Euro. Das heißt, unser größtes Risiko, die Herausforderung besteht doch zuerst einmal in der Zinssteigerung, Herr Eckhoff. Deshalb plädiere ich in der Tat dafür, sehr eingehend darüber nachzudenken, welche Zinssicherheit wir eigentlich künftig in Verbindung mit den Möglichkeiten der Kreditaufnahme haben wollen.
Herr Abgeordneter Gottschalk, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir sehr wohl für eine langfristige Absicherung der Zinsen sind? Ich habe schon in meinem Eingangsredebeitrag gesagt, dass überhaupt nichts dagegen spricht, aber dass dazu Kreditprolongationen frei werden müssen, die zu einem möglichst niedrigen Zinssatz möglichst langfristig festgelegt werden müssen. Darüber haben wir keine unterschiedliche Auffassung. In weiteren Rückschlüssen sind wir dann allerdings leider nicht mehr einer Meinung.
Es freut mich, dass wir in dieser Sache einig sind. Bei der zweiten Sache rechne ich nicht damit, dass wir vollständig frei entscheiden können, was wir machen. Es wird einen Verhandlungsprozess geben. Es kann so etwas herauskommen, wie es Frau Steiner hier beschrieben hat. Sie erwartet, dass wir einen Teil in die Tilgung stecken und einen Teil in Investitionen hier in Bremen und in Bremerhaven.
Ich finde nur, wir müssen uns darüber im Klaren sein, was eigentlich passiert, wenn nicht alles in die Tilgung gesteckt wird. Ich wundere mich ein bisschen, dass bei jedem Sparer gesagt wird, falls eine Inflation kommt, wird er geschädigt. Warum? Weil sein Vermögen geringer wird! Umgekehrt ist es natürlich mit den Krediten. Wenn mir jemand sagt, ich habe hier ein Modell und möchte etwas machen, dann möchte ich eines klarstellen: Ich kann keine Inflation machen. Die Inflation wird geschehen, ob wir sie wollen oder nicht. Wenn sie steigt, werden die Löhne und Gehälter steigen. Wenn sie nicht steigt, dann wird es andersherum sein. Wir müssen uns aber doch wenigstens klar darüber sein, welchen Effekt das hat.
In der Tat werden wir vor der Frage stehen, was wir machen wollen, wenn wir es entscheiden können. Wollen wir Gelder, die wir vielleicht nicht in die Tilgung stecken wollen, für die sozialen und infrastrukturellen Voraussetzungen von wirtschaftlichem Wachstum in unseren beiden Städten ausgeben oder wollen wir das nicht? Dann schauen wir vielleicht einmal nach Gelsenkirchen und Duisburg, die nicht in dem Maße wie Bremen Geld aufnehmen wollen. Wenn Sie der Meinung sind, die Politik der Sparsamkeit hätte dort bessere Erfolge erzielt, dann lade ich Sie wie gestern Herrn Eckhoff und Herrn Lohse ein, dorthin zu fahren und Lebensqualität zu prüfen. – Danke!
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Eckhoff, ich bestätige hier noch einmal für meine Fraktion, wir interpretieren das Grundgesetz so, dass es gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Bundesländern geben soll, und meine Fraktion und ich interpretieren es auch so, dass es gleichwertige Lebensverhältnisse in diesen Stadtteilen geben soll. Offensichtlich hat sich die CDU von einem solchen Ansatz verabschiedet.
Das finde ich traurig, denn im Grunde sind Gleichberechtigung und Perspektiven für alle Menschen in dieser Stadt, insbesondere für die jüngere Genera
tion, eigentlich die oberste Leitlinie, die man auch als christliche Partei haben sollte, aber offenbar sind Sie der Meinung, dass das alles nicht mehr notwendig ist, und Menschen, die so etwas wollen, sind irgendwie von einer anderen Welt. Ich spreche mich dagegen aus. Wir werden an diesem Prinzip festhalten und versuchen, in diese Richtung Politik zu betreiben. – Danke!
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte gern zum Schluss dieser Debatte die Abgeordneten Eckhoff und Frau Steiner vor einer falschen Fährte retten.
Sie haben – Sie werden auch hinterher froh sein können – hier in Ihrer Rede, der Abgeordnete Eckhoff hat es ausdrücklich getan, eine Überschrift aus dem „Weser-Kurier“ zitiert, und diese Überschrift, die wohl lautete, wenn ich es richtig erinnere, Bremen will weniger sparen, oder Bremen will wieder Schulden machen, steht schon in keinem Zusammenhang zum Inhalt des Artikels, wenn man es genau liest.
Vor allem hätte Ihnen beiden als Profis – ich denke, damit liege ich richtig – das nicht passieren dürfen, dass Sie hier darauf hereinfallen.
Ich sage das deshalb sehr deutlich und ausdrücklich, weil es wichtig ist. Der Senat steht an der Stelle wie eine Eins, und die Finanzsenatorin trägt das natürlich voll und ganz mit, oder meinen Sie etwa, sie könnte sich jetzt in Berlin ordentlich beim Stabilitätsrat sehen lassen, wenn wir nicht klar hätten, dass wir die Vorgaben einhalten werden und dies auch mit unseren Haushalten tun werden?
Ich sage dies sehr explizit und möchte das gern mit einer Bitte verbinden. Herr Eckhoff, Sie als haushaltspolitischer Sprecher, Frau Steiner, Sie als Fraktionsvorsitzende, helfen Sie uns wenigstens dahingehend, dass Sie Schluss machen in Ihren Fraktionen mit den ständigen Forderungen nach Mehrausgaben! Die CDU möchte Parkhäuser unter dem Wall bauen, vorhandene Parkhäuser abreißen lassen, sie fordert immer mehr in anderen Bereichen, obwohl wir schon – –.
Sorgen Sie mit Ihrem Beitrag für Solidarität und Solidität bei den Ausgaben, dann werden wir das Ganze auch schaffen!
In dem Zusammenhang will ich aber auch ansprechen – es war hier ja auch ein Thema –, dass wir natürlich vor der Aufgabe stehen, und es sind gewaltige Mehrausgaben, mit denen wir zu tun haben werden, den Zuzug und den Zuwachs der vielen Tausend Menschen allein in Bremen und Bremerhaven auch umzusetzen in Wohnungen, mehr Bildung, Arbeit und anderes mehr. Das wird Ausgaben nach sich ziehen.
Meine Damen und Herren, das sage ich jetzt noch einmal in die Richtung der CDU und der FDP, weil von dort die Kritik kam, wir werden an der Stelle in eine Lage geraten und wenn wir nicht weitere Unterstützung gerade vom Bund erhalten für diese gemeinschaftliche Aufgabe in die Situation kommen, die das Grundgesetz ja mit außergewöhnlichen Situationen auch kennzeichnet, und dass es schwierig wird, die Vorgaben für die Haushalte, die wir ja unter normalen Bedingen erhoben haben, einzuhalten. Darum stehe ich hier und überall und sage, da stehen wir doch bitte zusammen!