Protokoll der Sitzung vom 25.08.2016

allein weiß, dass die Ausbildungsordnung aus dem Jahr 1985 stammt. Da weiß man, dass an diesem Berufsgesetz der Hebamme etwas geändert werden muss. Das muss weiterentwickelt werden. Es liegt jetzt ein Evaluationsbericht vor, den Bundesminister Gröhe in Auftrag gegeben hat. Dabei geht es auch noch einmal um die Frage, in welche Richtung sich der Hebammenberuf entwickeln muss. Muss er vollständig als Studiengang eingerichtet werden, oder bedarf es einer Kombination von Schule und Studiengängen. Ich bin etwas irritiert, da die Evaluation ergeben hat, dass die Studiengänge alle sehr gut sind. Trotzdem wird die Modellklausel fortgesetzt. Das ist ein wenig widersprüchlich. Ich erkläre mir diesen Widerspruch so – an der Stelle kann es auch sinnvoll sein –, dass man jetzt nicht die Schulen, die es gibt, brüskiert, sondern mit den Schulen gemeinsam einen Weg entwickelt, wie ein duales Studienangebot im Bachelor-Bereich für Hebammen etabliert werden kann.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Auch für uns gilt natürlich, sich damit auseinander zusetzen und zu schauen, ob das eine richtige Ent wicklung sein kann. Es sollte hier aber nicht gleich die Erwartung entstehen, dass sofort angefangen werden könne, denn das kostet Geld. Im Moment ist die Hebammenausbildung krankenhausfinanziert. In dem Moment, in dem sie in das Wissenschaftssystem übernommen wird, ist sie nicht mehr krankenhausfi nanziert, und das hat Konsequenzen für die Frauen wie für den Haushalt des Landes. Deshalb müssen solche Dinge ernsthaft geprüft werden. Man muss sich überlegen, durch was man sinnvollerweise zu dieser Entwicklung beiträgt.

Im Moment verfügen wir über eine in BremerhavenReinkenheide angebundene Hebammenschule. Wir müssen schauen, wie eine gute Weiterentwicklung dieses Standorts, vielleicht in Verbindung mit einem Fenster, das sich auch in eine andere Richtung öffnen lässt, gestalten ließe.

Ich glaube, in diesem Sinne kann man wirklich guter Hoffnung sein, und man kann vor allem davon aus gehen, dass das, was unsere Ärztinnen und Ärzte, unsere Hebammen und unser pflegendes Personal in unseren Krankenhäusern gegenwärtig umsetzen, hervorragende Arbeit ist. Das ist die beste Visitenkarte für das Land, auch dafür, dass die Niedersächsinnen und Niedersachsen gern weiterhin in unsere Kran kenhäuser kommen. – Herzlichen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Die Aussprache ist geschlossen.

Die Bürgerschaft (Landtag) nimmt von der Mittei lung des Senats, Drucksache 19/655, auf die Große

Anfrage der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und der SPD Kenntnis.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, begrüße ich zwei Gäste von der Ägäis-Universität unserer Partnerstadt Izmir, Herrn Caniroglu und Herrn Yelmen. – Seien Sie beide ganz herzlich willkommen!

(Beifall)

Zweites Gesetz zur Änderung des Landesmindestlohngesetzes Mitteilung des Senats vom 8. März 2016 (Drucksache 19/323) 2. Lesung

Dazu als Vertreter des Senats Herr Staatsrat Siering.

Die Bürgerschaft (Landtag) hat den Gesetzentwurf des Senats in ihrer 19. Sitzung am 21. April 2016 in erster Lesung beschlossen.

Wir kommen zur zweiten Lesung.

Die Beratung ist eröffnet.

Als erster Redner hat das Wort der Abgeordnete Schmidt.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Herr Bensch – wo ist er, jetzt ist er weg! – hat ja eben behauptet, dass sowohl der Senat als auch der Präsident des Senats nicht handeln. Ich glaube, wir reden hier heute über ein Gesetz, das auf Bun desebene mit eines der ersten war. Dass wir im Jahr 2012 das Landesmindestlohngesetz eingeführt haben, hat auch zu der stabilen Arbeitsmarktlage, die wir im Moment hier vorfinden, geführt.

Jetzt ist es notwendig, in dem Gesetz eine technische Angleichung vorzunehmen. Das werden wir heute mit der Lesung beschließen – –.

(Abg. Kastendiek [CDU]: Der Senat? Das glauben Sie, was Sie da gerade gesagt haben?)

Herr Kastendiek, ich glaube alles, was ich sage, da bin ich genauso wie Sie auch! Es hat dazu geführt, wenn Sie sich die Zahlen der Arbeitnehmerkammer ansehen, Herr Kastendiek – und ich glaube, Sie lesen sie ja regelmäßig –, dann werden Sie das, was ich eben gerade ausgeführt habe, bestätigt sehen.

Der Maßstab wird weiterhin der sozialpartnerschaft lich vereinbarte Tariflohn sein, den wir in ganz vielen Bereichen unserer Wirtschaft in Bremen haben. Das heißt, wir reden gar nicht über die Anpassung des Landesmindestlohns, sondern wir reden darüber, weiterhin eine Grenze nach unten einzuziehen für die Menschen, die meinen, die dementsprechenden Grenzen nach unten nicht einhalten zu müssen, damit sie sich nicht anders nach unten bewegen dürfen.

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen – Vizepräsident Imhoff übernimmt den Vorsitz.)

Das hat übrigens dazu geführt – und auch die Zahlen kennen Sie ja mit Sicherheit –, dass es durch gute Beschäftigung ein erhöhtes Steueraufkommen gab, diesen sogenannten Wohlstandsbauch. Der Großteil der Steuern wird im Moment von den Lohnempfängern gezahlt, also von den Beschäftigten in den Betrieben. Das ist auf der einen Seite natürlich sehr gut, auf der anderen Seite wird aber auf der Bundesebene das eine oder andere in nächster Zeit entsprechend angepasst werden müssen.

Wir werden weiter dafür werben, und wir werden heute mit der Einführung des Paragrafen 2 a dafür Sorge tragen, dass das Landesmindestlohngesetz in Bremen weiter die unterste Abgrenzung beinhaltet. Wir werden weiterhin darum werben, die Sozialpart nerschaft stark auszustatten. Das führt übrigens auch dazu, dass mir Gewerkschaftsvertreter, aber auch Arbeitgebervertreter bestätigen, dass sie das für den richtigen Weg halten, denn gerade der Arbeitsmarkt braucht Regularien, keine Überregulierung, das ist auch völlig klar, aber er braucht gewisse Rahmenbe dingungen, unter denen er sich bewegen kann und muss. Das erleben wir in vielen Branchen, das hat sich bewährt, und es wird sich weiterhin bewähren. Deswegen werden wir heute in zweiter Lesung dieses Gesetz verabschieden. – Recht schönen Dank!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bernhard.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Es passt gerade thematisch sehr gut, nachdem wir über die schlechte Bezahlung der Hebammen gesprochen haben. Ich weiß, Bremen ist wahnsinnig stolz auf sich, das erste Landesmindestlohngesetz auf den Weg gebracht zu haben.

(Abg. Pohlmann [SPD]: Zu Recht sind wir das! Zu Recht!)

Zu Recht, okay! Umso trauriger ist es, dass die Er höhung jetzt ausgesetzt wird. Ich finde es gut, dass wir darüber überhaupt noch debattieren, es war ja am Anfang gar nicht so vorgesehen.

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Auf Ihren Wunsch hin!)

Ich finde, es ist ein bedeutendes Gesetz. Insofern ist es aber auch bedeutend, dass jetzt diese Aufhebung gewissermaßen erfolgt ist, indem man sich aus den Erhöhungsverhandlungen verabschiedet. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf verabschiedet sich das

Land Bremen gewissermaßen von dem Landesmin destlohn, der hier eingeführt worden ist, und das heißt, es gibt jetzt den Bundesmindestlohn, und das reicht Ihnen. Ab Januar 2017 wird er 8,84 Euro betragen. Ich finde, die unangenehme Nachricht ist in dem Zusammenhang, dass gerade jetzt in Bremen, wo es positiv gegriffen hat, aus der Erhöhung ausgestiegen und gesagt wird, es habe seine Pflicht erfüllt. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan, der Mohr kann gehen! Das finde ich an der Stelle falsch!

(Beifall DIE LINKE)

Der Mindestlohn war ein wichtiger Schritt, aber jetzt will ich auf Frankreich und auf andere Länder verwei sen, sie liegen bei 9,67 Euro. Wir haben in Deutschland auch eine Niedriglohngrenze von 10,36 Euro, und der Monatslohn im öffentlichen Dienst entspricht einem Bruttostundenlohn von knapp zehn Euro. Jetzt sollten wir uns eigentlich auf den Weg machen und dieses Minimalniveau bekämpfen. Gerade für die Situation in Bremen wäre es exorbitant notwendig zu sagen, wir schreiten weiter voran, kämpfen um die Höhe und warten nicht auf den Bund!

(Beifall DIE LINKE – Vizepräsidentin Dogan über nimmt den Vorsitz.)

Es geht darum, dass der Maßstab nicht ein Lohn sein kann, bei dem man als Single noch Hartz IV beziehen muss. Es ist ja auch immer ein interessanter Zusam menhang, wenn man das bei den Aufstockerinnen sieht, bei den Haushaltsgemeinschaften nach dem SGB II: Der Abstand ist relativ gering. Daraus folgt die Frage: Wo lohnt sich Arbeit? Das ist letztlich etwas, was hierbei eine große Rolle spielt.

Es ist auch nicht so, dass es praktisch nur um die Lohnhöhe ginge, sondern es geht auch um die Be schäftigungsdauer, um Zuschläge, um bestimmte Qualifikationen. Das heißt, es geht auch um eine Ausgestaltung des Landesmindestlohns.

Der Bedarf ist doch da! Ich meine, nur jeder vierte Betrieb in Bremen ist überhaupt noch tarifgebunden. Nur jeder zweite Beschäftigte arbeitet in einem tarif gebundenen Betrieb. Der Anlass für den Mindestlohn, dass immer mehr Arbeitnehmerinnen und Arbeit nehmer vom Tarifgeschehen ausgenommen wurden, hat sich doch nicht erledigt, ganz im Gegenteil! Was sich erledigt hat, ist der politische Mut, hier ein Stück weit voranzugehen und zu sagen, okay, prima, dass es den Bundesmindestlohn gibt, aber wir sollten auf Landesebene jetzt darum kämpfen, dass diese Erhöhung weitergeht.

Über das Stichwort Altersarmut haben wir auch schon debattiert, das ist auch für Bremen, gerade landes politisch, eine riesige Herausforderung, in Bezug auf Frauen sowieso. Das wäre noch einmal völlig eigenständig zu behandeln.

Zu sagen, wir steigen jetzt aus, darüber müssten wir eigentlich die Debatte und die Auseinandersetzung hier führen. Dazu hat letztendlich der DGB die glei che Meinung vertreten wie ich hier jetzt, dass das für Bremen eigentlich nicht angemessen ist.

(Beifall DIE LINKE)

Ich weiß, dass ein Landesmindestlohn nur die öf fentlichen Aufträge erfasst, aber das ist letztendlich nicht so wenig, das sollten wir auch bedenken. Ich glaube, es würde sich sogar um circa 20 Prozent des Wirtschaftsgeschehens handeln.

Der Mindestlohn betrifft ja nicht nur die Frage, wen es genau betrifft, sondern er hat ja eine Ausstrahlung, er hat ja auch eine symbolhafte Bedeutung, das heißt, er strahlt auch auf andere Bereiche aus, die sich letzt endlich daran orientieren müssen. Das kennen wir ja auch im Negativen, das ist ja das Problem. Es gibt sehr viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Land Bremen, die eigentlich ein Stück weit um diese Erhöhung, die in Bremen einmal angestoßen wurde und wofür Bremen sozusagen vorneweg gelaufen ist, betrogen werden, und das finde ich falsch. Das muss ich an der Stelle sagen, und ich finde es bedauerlich, dass Bremen jetzt diesen Schritt geht, und es quasi erst einmal auf Eis gelegt wird. Es kann wieder auf genommen werden, das weiß ich auch, aber mein Vertrauen ist relativ gering. Ich hoffe, dass wir das nicht aus den Augen verlieren, und ich muss noch einmal sagen, wir üben sehr große Kritik an dieser Entscheidung. – Danke!

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Bergmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Der Landesmindestlohn in Bremen beträgt 8,80 Euro, der im Bund derzeit 8,50 Euro und wird Anfang des Jahres 2018 auf 8,84 Euro erhöht. Die Gesetzes vorlage, über die wir heute abstimmen, räumt dem Senat die Option ein, die jährliche Anpassung des Landesmindestlohns auszusetzen. Dies unterstützen wir. Wir erwarten vom Senat, dass er davon auch Gebrauch macht. Ziel muss es aus unserer Sicht sein, den im Jahr 2012 eingeführten Landesmindest lohn in den seit 2015 geltenden Bundesmindestlohn aufgehen zu lassen. Wir haben diese Debatte schon einmal im Januar geführt. Schon damals habe ich darauf hingewiesen, dass es einen unnötigen büro kratischen Mehraufwand bedeutet, wenn mittelstän dische Betriebe bei öffentlichen Aufträgen im Land Bremen zu den Aufzeichnungs- und Dokumentati onspflichten des bundesweiten Mindestlohns auch noch sämtliche Nachweise über die Einhaltung des Landesmindestlohns inklusive der Doppelkontrollen vom Zoll führen sollen.

Ich habe damals auch bereits darauf hingewiesen, dass der Senat mit dem Landesmindestlohn seinerzeit Er wartungen geweckt hat, die er mangels Zuständigkeit nicht erfüllen konnte. Das Landesmindestlohnkon zept hat gar keine Bindewirkung für die bremischen Eigenbetriebe. Beim Bundesmindestlohn ist das an ders. Auch hier wird deutlich, dass ein zusätzlicher Landesmindestlohn kein Gewinn ist.

An der grundsätzlichen Haltung und Sicht der CDUFraktion zum Mindestlohn hat sich nichts geändert. In der sozialen Marktwirtschaft ist es zuallererst Aufgabe der Tarifparteien, die Löhne auszuhandeln. Es ist Aufgabe der Tarifparteien, die branchenspezifi schen Mindestlöhne festzulegen. Gewöhnlich liegen diese deutlich über dem allgemeinen Mindestlohn. Der bundesweite Mindestlohn ist jetzt ein von SPD und CDU ausgehandelter tragfähiger Kompromiss, der die Niedriglohnbranchen wie eine Leitplanke gegen Wettbewerb nach unten absichert, also gegen Lohndumping schützt und das Existenzminimum sichern hilft.

Jeder hier im Raum ist sicher der Meinung, dass Menschen, die vollbeschäftigt arbeiten, ohne Auf stockung leben können sollen. Trotzdem gibt es natürlich weiterhin Konstellationen, wenn Menschen beispielsweise nur halbtags arbeiten können und eine große Familie ernähren müssen, dass aufstockende Sozialleistungen nach wie vor nötig sind. Es war of fensichtlich eine falsche Erwartung, dass sich durch den Mindestlohn die Zahl der Aufstocker deutlich reduziert. Sie hat sich nicht erfüllt.

Wir wissen, dass in der Kommission, die den Min destlohn festlegt, die Arbeitnehmer- und Arbeitge berinteressen gleichmäßig vertreten sind. Das hat auch einen guten Grund, weil es nämlich ein ganz sensibles Instrument ist, von dem jeder weiß, der sich damit beschäftigt, dass man es eben auch überziehen kann. Wenn man hier zu hoch pokert, können nied rigschwellige Arbeitsplätze auch vernichtet werden. Die Gefahr ist nicht vom Tisch. Deswegen müssen ökonomische und soziale Faktoren bei der Festset zung des Mindestlohns ausschlaggebend sein und nicht meine oder Ihre politische Wunschvorstellung oder Ideen von Symbolwirkungen oder Ähnliches.