Protokoll der Sitzung vom 09.11.2017

Wie gesagt, es ist unser Ziel, dass die Pflege besser wird, und daran werden wir weiter mitarbeiten. Es wird hier ein Weg beschritten, nicht konsequent und nicht an allen Stellen zu Ende. Es bleibt die große Aufgabe, die Personalfrage in den Pflegeheimen zu klären und dafür zu sorgen, dass wir ausreichend Menschen haben, die diese Arbeit machen, aber dies können wir mit diesem Gesetz nicht regeln. Dieser Aufgabe werden wir uns weiterhin stellen müssen.

Andere Dinge wie die kultursensible Pflege wurden angesprochen. Das Thema ist ja viel komplizierter als hier angedeutet: Es geht nicht nur in die Richtung, dass das Personal auf die kulturellen Herkünfte und Eigenheiten der Menschen eingehen muss, die dort wohnen, sondern es gibt sehr viele Menschen, die zu uns kommen und inzwischen in der Pflege arbeiten, die auch erst einmal andere Kulturen - nämlich unsere hier und die der Bewohner - kennenlernen müssen.

Also, das Ganze ist noch viel komplexer, und dem müssen wir uns stellen, weil unser Land auch ein Einwanderungsland ist. Auch in diesem Bereich, wo Personalmangel herrscht und natürlich Einwanderung in diesen Beruf notwendig ist, um die Aufgaben zu stemmen, auch dem müssen wir uns stellen. Es bleibt demnach eine Aufgabe, und wir sind einen Schritt in die richtige Richtung unterwegs, mehr aber leider auch nicht. - Vielen Dank!

(Beifall FDP)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Erlanson.

Sehr geehrter Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Ich will noch einmal sagen, DIE LINKE ist dezidiert der Meinung, dass ein novelliertes Wohn- und Betreuungsgesetz unbedingt notwendig ist. Das ist das eine.

(Beifall DIE LINKE)

Das andere ist, wir müssen dabei natürlich - und darum streiten wir hier so ein bisschen - schauen, wie das ausgestaltet ist und welche Interessen wie berücksichtigt werden. Dazu will ich noch einmal sagen, Herr Möhle: Ja, ich kann vielem von dem, was Sie sagen, zustimmen, aber mir fehlt dann immer im entscheidenden Moment die materielle Ausstattung!

(Beifall DIE LINKE)

Wenn Sie sagen, okay, in dem Wohn- und Betreuungsgesetz wird festgelegt, dass man jetzt zumindest Teile der ambulanten Pflege überprüfen will, dann fände ich das ja in Ordnung. aber wenn Sie gleichzeitig den Personalschlüssel der Heimaufsicht nicht wenigstens ein bisschen angehen, ist eigentlich für jeden klar, dass das nicht funktionieren kann, weil man nicht das Personal hat!

(Beifall DIE LINKE)

Ich habe es vorhin gesagt, aber ich kann es noch einmal erwähnen, wir haben einen regelrechten Haushaltsantrag gestellt, in dem wir formuliert haben, wir brauchen zehn Stellen mehr für diese Art von Heimaufsicht, und wir haben vor allem auch gesagt, wenn wir, wie wir es fordern, die Heimaufsicht ausweiten, dann kann sie sich nicht immer nur auf diejenige Institution beziehen, wo sowieso gepflegt wird, wenn sie darin arbeiten. Ich sage, wir müssen einfach zu mehr Kontrollen kommen! Herr Buhlert hat es richtigerweise noch einmal erwähnt, ich meine, da gibt es massenhaft Betrugsfälle, das wird immer wieder in der Zeitung beschrieben, und es ist klar, wenn es keine Aufsicht gibt, dann ist es schwer. Wir müssen eine Aufsicht dafür organisieren!

(Beifall DIE LINKE)

Noch einmal zu diesem Aspekt Personal: Frau Görgü-Philipp, wer liest, ist im Vorteil! Im dritten Punkt unseres Antrages heißt es „Festschreibung einer bedarfsdeckenden Personalbemessung in den Tag- und Nachtdiensten, mindestens aber zweier examinierter Pflegekräfte für bis zu 50 Pflegebedürftige im Nachtdienst“. Das heißt, wir haben da eine Untergrenze eingezogen und „Keine Nacht alleine!“ gesagt, wie der Slogan so schön heißt. Wir haben gesagt, wir müssen in der Nacht als Untergrenze zwei Pflegekräfte für 50 Bewohnerinnen und Bewohner haben, Nummer eins!

Wir haben aber auch gesagt, das muss man nicht da haben, dafür gibt es mittlerweile - und das ist altbekannt - Personalbemessungsinstrumente, die man anwenden kann, indem man die Pflegestufen der Bewohnerinnen und Bewohner einsortieren kann. Dann kann man feststellen, okay, man braucht vielleicht in der einen Einrichtung aufgrund der Patienten und ihrer Bedürfnisse tatsächlich nur eine Pflegekraft für 50 Bewohnerinnen und Bewohner. Das kann einmal sein, ja, aber es kann andere Bereiche geben, wo man tatsächlich mehr braucht, um den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner nachzukommen.

(Beifall DIE LINKE)

Landtag 4050 52. Sitzung/09.11.17

Jetzt noch einmal kurz zu diesen Anträgen! Ich meine, es ist schon interessant, die Senatorin hat immer gesagt, sie will auf gar keinen Fall eine Evaluation. Heute stellen Sie einen Änderungsantrag und schreiben eine hinein. Okay, muss man sagen, Sie haben sich bewegt, gut. Sie wollten eigentlich nur 1 zu 50, jetzt schreiben Sie 1 zu 40 hinein, wobei, wie ich finde, das größte Problem überhaupt ist, dass Sie erst im Jahr 2019 anfangen wollen. Was machen wir bis dahin? Bis dahin machen wir das weiter, was als schlecht erkannt ist. Ich finde, das geht nicht!

(Beifall DIE LINKE)

Wenn man eine Erkenntnis hat und sagt, das ist zu wenig, dann muss man auch handeln! Sie handeln an dieser Stelle wieder nicht, Sie verschieben es ein bisschen. Ich habe es vorhin gesagt, und ich sage es noch einmal, Sie machen öfter viele Sachen durchaus richtig, aber Sie machen es immer zu spät, und Sie machen es immer zu wenig!

(Abg. Fecker [Bündnis 90/Die Grünen]: Aber es muss doch auch realistisch sein, was man hineinschreibt!)

Deshalb werden wir uns bei Ihrem Änderungsantrag enthalten, denn er geht in die richtige Richtung. Wir werden uns beim Antrag der CDU enthalten, weil auch er in die richtige Richtung geht, und wir werden das Gesetz an sich ablehnen. - Danke!

(Beifall DIE LINKE)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau Grönert.

Nach Ihrem Redebeitrag unterbrechen wir dann die Sitzung.

Es ist sehr nett, dass ich noch reden darf! Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Möhle, in einer kleinen Welt den Durchblick zu haben und zu behalten, ist immer noch besser, als ihn in einer großen Welt zu verlieren!

(Beifall CDU)

Nur noch einmal dazu!

Dann noch etwas zu dem, dass alle gehört worden seien! Das kann man so sagen, es wurden alle gehört. Man kann auch alle, die gehört wurden, aufzählen und noch einmal präsentieren. Die Frage ist doch aber, was am

Ende dabei herausgekommen ist! Wenn Sie so ein paar weichgespülte, kleine Formulierungen irgendwo ändern und jemandem damit irgendwelche Brocken vorwerfen, um ihm zu zeigen, wir nehmen dich ja ernst, dann reicht das nicht! Ich habe erlebt, dass alle unsere Anträge komplett abgelehnt wurden. Jeder Änderungsvorschlag, den wir gemacht haben, steht heute noch im Raum und wurde nicht aufgenommen, bis auf jetzt, heute Morgen plötzlich - Dramatik! -, das mit dem Personalschlüssel! Das ist ja auch wunderbar.

Zu den ambulanten Pflegediensten! In Hamburg wird es auch so gemacht, dass alle ambulanten Pflegedienste von der Heimaufsicht kontrolliert werden. Das ist in Hamburg so. Wollen Sie jetzt behaupten, dass in Hamburg gegen den Datenschutz verstoßen wird? Oder zu dem Punkt, dass Sie sagen, die Nutzer wollten es vielleicht gar nicht, sie wollten nicht ständig kontrolliert werden! Haben Sie die Nutzer jemals gefragt? Vielleicht freuen sich die Nutzer, dass sie in neuer Sicherheit leben können und das Gefühl haben, da schaut noch jemand zusätzlich darauf! Sie haben sie nämlich noch nicht gefragt, das ist bloß vorgeschoben!

Wir freuen uns natürlich, dass Sie unserem Antrag zustimmen. Sie haben jetzt einen Änderungsantrag eingebracht, weil Sie nicht zugeben können, dass Sie ihm zustimmen, aber letztlich ist es so, Sie haben einen Punkt von uns weggelassen, was wir jetzt einmal ignorieren werden, was aber nicht heißt, dass wir den Punkt nicht später wieder aufgreifen werden. Wir sind froh, dass der Personalschlüssel für die Nacht jetzt perspektivisch auf 1 zu 40 verbessert werden soll, aber es muss auch vollkommen klar sein: Wären die Gespräche vom Sozialresort in den letzten Monaten und Jahren geführt worden, dann hätten wir das heute schon mit in die Personalverordnung hineinschreiben können. Die Gespräche wurden nicht geführt, es ist schade, dass da solche Verzögerungen eintreten, aber perspektivisch wird sich da jetzt etwas tun, und dafür sind wir auch dankbar!

(Beifall CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich unterbreche jetzt, wie vereinbart, die Sitzung der Bürgerschaft (Land- tag) bis 15.00 Uhr, damit wir gemeinsam zur Gedenkfeier in die Dechanatstraße gehen, um der Verbrechen an den Juden und ihrer Ermordung zu gedenken.

(Unterbrechung der Sitzung 11.58 Uhr)

Landtag 4051 52. Sitzung/09.11.17

Vizepräsident Imhoff eröffnet die Sitzung wieder um 15.00 Uhr.

Die unterbrochene Sitzung der Bürgerschaft (Landtag) ist wieder eröffnet.

Wir setzen jetzt die Aussprache zu den miteinander verbundenen Tagesordnungspunkten 7 bis 9, 75 und 103 fort.

Da sich schon vor der Mittagspause Abgeordnete gemeldet haben, hat nun als Erster das Wort der Abgeordnete Möhle.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere ja noch daran, dass wir über das Wohn- und Betreuungsgesetz vor der Pause schon geredet haben. Das meiste, was ich sagen wollte, habe ich gesagt, mich vor der Pause aber gemeldet, weil mir noch zwei Aspekte wichtig sind. Diese müssen Sie jetzt einordnen in das, was ich vor der Pause schon gesagt hatte, dann hat das einen gewissen Reiz und auch einen gewissen Zusammenhang.

(Abg. Dr. vom Bruch [CDU]: Das ist mir zu kompliziert!)

Der erste Punkt ist betrifft die Frage der Beschwerden. Wenn Angehörige sich über die Pflege beschweren wollen, brauchen sie eine Instanz, die angstfrei den Weg der Beschwerde möglich macht. Das ist nicht immer so. Wenn man als Angehöriger an die Heimleitung herantritt, dann hat man oft die Sorge, dass die Patienten, die Bewohnerinnen danach schlechter behandelt werden als vorher. Um das auszuschließen, glaube ich, müssen wir an der Stelle auch die Heimaufsicht stärken und als Instrument der Beschwerde besser installieren. Mir ging es jetzt um die Beschwerden innerhalb der Einrichtungen, und dass es dort häufig der Fall ist, das haben mir viele, gerade auch Bewohnerbeiräte erzählt. Sie machen sich Sorgen, wenn sie sich beschweren in der Einrichtung, dass es den Angehörigen hinterher schlechter geht, weil es eine Beschwerde gab. Das darf nicht sein. Das möchte ich verhindert wissen, und da, glaube ich, kann man den Weg über die Heimaufsicht gehen. Das war mein Argument eben.

Das Zweite ist, dass ich glaube, dass ein großer Bestandteil für die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner auch darin besteht, dass wir nunmehr in dieses Gesetz hineingeschrieben haben, dass sich die Heime in den Sozialraum hinein öffnen sollen. Das hört sich

zwar sperrig an, ist aber relativ einfach zu verstehen. Es geht nämlich einfach nur um Teilhabe am Stadtteilleben. Ich weiß, dass in Obervieland eine Einrichtung besteht, wo man einfach für ein paar Euro einen Mittagstisch einnehmen kann, ohne dass man Heimbewohner ist oder sonst irgendeine Funktion hat. Man kann sich dort beim Mittagessen mit den Bewohnerinnen und Bewohnern treffen und austauschen, auch das trägt dazu bei, dass es nicht so abgeschottet und vereinsamt ist in diesen Einrichtungen.

Ich glaube, insgesamt, am Ende dieser Debatte ist es für mich interessant, dass die LINKEN sagen, dass wir da auf einem durchaus richtigen Weg sind. Nicht alles wird für richtig und gut befunden, das ist auch in Ordnung, das habe ich auch verstanden, aber wenn wir denn auf dem richtigen Weg sind, dann werbe ich einfach dafür, dass wir diesen richtigen Weg jetzt gemeinsam gehen sollten. Auch der CDU haben wir ja durchaus Brücken gebaut, das jetzt mitzutragen.

In der Hoffnung, dass wir hier eine breite Unterstützung für genau dieses Wohn- und Betreuungsgesetz erhalten, verbleibe ich mit der Freude, dass wir jetzt gleich dann auch abstimmen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall SPD, Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächste Rednerin hat das Wort die Abgeordnete Frau GörgüPhilipp.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in aller Kürze die positive Regelung wiederholen. Sinn des Gesetzes ist erstens der Schutz der Bewohnerinnen und Bewohner. Dieser Schutz wird ausgeweitet. Zweitens werden das Selbstbestimmungsrecht und die Unabhängigkeit der Bewohner gestärkt. Drittens wird die Öffnung zum Stadtteil geregelt. Viertens geht es um den Schutz vor Gewalt und fünftens um eine Verankerung der kultursensiblen Pflege. Die sechste Regelung betrifft die gleichgeschlechtliche Pflege.

Ich finde, diese neuen Regelungen sind richtig. Sie regeln das Altwerden in angemessener Form, um in Würde alt zu werden.