Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Für uns stellt sich die Frage, warum dieses restriktive Regeln angesichts des Gewalt- und Gefährdungspotenzials, das von dieser Gruppe ausreisepflichtiger Personen ausgeht, nicht schon lange in den einschlägigen Erlass aufgenommen wurde, zumal nach Ziffer 3.3 Beschränkungen zum Schutz der Sicherheit und Ordnung in der Gewahrsamseinrichtung ausdrücklich erlaubt sind. Bei der Hochrisikogruppe der Gefährder sollten deshalb verdachtsunabhängige Zellenkontrollen ebenso selbstverständlich sein wie Kommunikationseinschränkungen, zum Beispiel in Form eines Handyverbots, um die von Häftlingen geführten Gespräche mit Externen besser kontrollieren zu können.

(Beifall BIW)

Diese Sonderregelungen für die Gruppe der Gefährder müssen innerhalb des Erlasses in einem eigenen Abschnitt zusammengefasst werden, um den hohen Stellenwert zu verdeutlichen.

Neben den von der CDU beantragten Ergänzungen des Erlasses sind aus unserer Sicht weitere Anpassungen der Vorschrift erforderlich, um dem besonderen Sicherheitsrisiko Rechnung zu tragen, das von den in Abschiebungshaft des Polizeivollzugsdienstes befindlichen Gefährdern ausgeht. Es sollte bei Gefährdern grundsätzlich darauf verzichtet werden, den Betroffenen ihren voraussichtlichen Ausreisezeitpunkt mitzuteilen, Ziffer 2.10 des Erlasses ist entsprechend zu ergänzen. Gefährder sind stets in Einzelzellen unterzubringen, um ihre Überwachung zu erleichtern, aber auch, um Mithäftlinge in Gewahrsam zu schützen.

(Beifall BIW)

Die gemeinsame Unterbringung mit Familienangehörigen nach Ziffer 3.1 ist bei Gefährdern ebenfalls auszuschließen. Ziffer 3.7 des Erlasses sieht vor, dass Gegenstände und Waren, die die Sicherheit und Ordnung der Unterbringungseinrichtung ge

fährden, vom Einkauf durch die Abschiebungshäftlinge ausgeschlossen werden können. Für Gefährder muss dieser Ausschluss zwingend gelten. Die Kontrolle von Geschenken von Besuchern, die Ziffer 3.9 des Erlasses optional dann erlaubt, wenn Anhaltspunkte für die Gefährdung der Sicherheit oder Ordnung des Gewahrsams vorliegen, muss bei Gefährdern wegen des hohen Risikopotenzials, das von diesen Abschiebungshäftlingen ausgeht, generell erfolgen. Dasselbe gilt für die Kontrolle des Postverkehrs nach Ziffer 3.11.

Wie bereits im Antrag der CDU gefordert, sollen Gefährder in Abschiebungshaft keine eigenen Handys nutzen dürfen. Darüber hinaus muss die Nutzung eines Telefons für solche Personen auf bestimmte Apparate in der Einrichtung beschränkt werden, um den Beamten eine bessere Kontrolle ihrer Kommunikation zu ermöglichen.

Wichtiger noch als eine Verschärfung der Haftbedingungen ist die rasche und konsequente Abschiebung von Gefährdern in ihre Herkunftsländer,

(Beifall BIW)

denn von diesen Personen geht auch in der Abschiebungshaft eine erhebliche Bedrohung insbesondere für die dort tätigen Polizeibeamten, aber auch für andere Abschiebungshäftlinge und dritte Personen aus. Außerdem kann die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, dass Gefährder aus der Haft entweichen oder gar durch Gesinnungsgenossen freigepresst werden können. Diese Risiken lassen sich nur wirksam unterbinden, wenn die ausreisepflichtigen Ausländer außer Landes gebracht werden. Die Rückführung muss also gerade bei diesem Personenkreis im Fokus der Bemühungen stehen.

Bekanntlich hat Bremen in puncto Abschiebungen im Vergleich zu den anderen Bundesländern einen erheblichen Nachholbedarf. Wir Bürger in Wut hoffen, dass die Abschiebungen in Zukunft nun schneller und besser vonstattengehen werden und das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger dadurch gestärkt werden kann. – Danke für die Aufmerksamkeit!

(Beifall BIW)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Fecker.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten

Damen und Herren! Ich glaube, dass hier wahrscheinlich eine breite Einigkeit darüber besteht, dass es grundsätzlich eine Änderungsnotwendigkeit in diesem Rechtsbereich gibt, und ich will ganz kurz auf zwei Punkte eingehen, die dazu geführt haben. Punkt eins, es gibt geltende Rechtsprechungen, und es gibt die sogenannte JI-Richtlinie, die es erfordern, dass wir ohnehin das Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam ändern müssen. Punkt zwei, wir haben es in diesem Fall nicht nur mit ausreisepflichtigen Menschen zu tun, die ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen, sondern auch mit der Gruppe der Gefährder, die es bisher nicht in dieser Anzahl in unseren Einrichtungen gab. Insofern glaube ich, dass es tatsächlich Anpassungsbedarf gibt, Herr Kollege Lübke.

Ich will aber ganz deutlich darauf hinweisen – und ich bin dankbar, dass Sie es auch getan haben –, dass wir sehr differenziert schauen müssen. Es gibt nämlich auf der einen Seite den Bereich der Ausreisepflichtigen, die dann zwangsweise aus dem Land herausgebracht werden müssen, und diese die befinden sich eben nicht in einer Strafhaft, sondern in einem Gewahrsam. Deswegen heißt es auch Abschiebungsgewahrsam, auch wenn der eine oder andere gern umgangssprachlich vom Abschiebeknast spricht. Das ist falsch. Das bedeutet, es gelten ganz andere Regeln und Ansprüche, die unter Rot-Grün im Jahr 2007 auch in einem entsprechenden Erlass geregelt wurden, durch den wir gemeinsam weitgehende Verbesserungen für diesen Bereich erreicht haben.

Nun haben wir heute aber auch die Gefährder, und es gibt das Aufenthaltsgesetz des Bundes, nach dem man diese Gefährder sogar bis zu 18 Monaten in den Einrichtungen belassen darf. Ich glaube, das allein zwingt schon dazu, sich einmal anzuschauen, wie man künftig mit dieser Gruppe umgeht, die größer geworden ist und natürlich die Beschäftigten auch vor große Herausforderungen stellt, aber ja auch den gesamten Ablauf. Deswegen sind zwei Dinge wichtig und relevant, und das führt am Ende auch dazu, dass wir Ihnen Antrag nicht mittragen, aber gern bereit sind, im Detail und am Ziel weiterzuarbeiten.

Zum einen würde ich gern einmal darüber diskutieren – und zwar, ohne jetzt die Lösung zu kennen –, ob wir es tatsächlich dabei belassen wollen, dass diese Gruppen am selben Ort untergebracht sind. Ich finde, diese Diskussion muss man führen. Sie wissen, dass das immer wieder debattiert wird – ich glaube, das war hier an dieser Stelle auch schon einmal Gegenstand der Beratungen –: Bringen wir

tatsächlich den „normalen“ Ausreisepflichtigen zusammen in derselben Unterkunft unter wie jemanden, von dem wir wissen, dass er eine potenziell terroristische Gefahr ausstrahlen kann? Es ist immer noch der Konjunktiv! Das ist die eine Diskussion. Ich bin da vollkommen offen und lasse mir jedes Pro und Kontra gern zeigen.

Zum anderen haben wir es dann aber bei diesen Gefährdern mit einem sehr hohen Grundrechtseingriff zu tun. Wir finden, das, was zulässig ist, kann man anwenden, aber nicht auf Basis eines Erlasses, sondern es ist aus unserer Sicht dann dringend im Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam zu regeln.

Ich glaube, auch da müssen wir es in einer gesetzlichen Grundlage regeln, um die andere Seite abzubilden, denn Zielsetzung muss es sein, den jetzigen Standard mindestens für die „normal“ ausreisepflichtigen Menschen zu halten – wenn nicht sogar durch europäisches Recht sehr wahrscheinlich auch noch einmal deutlich zu verbessern –, auf der anderen Seite aber auch sicherzustellen, dass die Gefährder innerhalb des Abschiebungsgewahrsams nicht weiter das machen, weswegen sie darin sitzen. Das müssen wir uns im Detail anschauen.

Da halte ich die von Ihnen beschriebenen Maßnahmen auch nicht für abwegig. Aus unserer Sicht gilt es dann auch im Detail und in der Abwägung gesetzlich zu klären, wann nämlich die Eingriffstiefe gegeben ist und wann Leute auch in ihrem persönlichen Grundrecht eingeschränkt werden dürfen. Das meine ich auch im Sinne der Beschäftigten, denn ich glaube, wenn jemand im Abschiebungsgewahrsam arbeitet, dann muss man ihm auch klare gesetzliche Regeln an die Hand geben, damit er oder sie diese auch vernünftig umsetzen kann.

Wenn ich mich frage, wie lange das geht und wie lange es noch dauert, dann bin ich Ihnen dankbar, dass Sie eben gesagt haben, wir haben aktuell keine Lücken, aber Sie haben zu Recht auf die eventuelle Rechtsunsicherheit hingewiesen. Ich glaube, wir müssen uns relativ schnell daranmachen, dieses Gesetz über den Abschiebungsgewahrsam zu überarbeiten. Ob wir das noch in dieser Legislaturperiode gemeinsam schaffen, weiß ich nicht, da müssen wir einmal miteinander ins Gespräch über die einzelnen Vorstellungen kommen.

Was von den Dingen, die Sie angesprochen haben, jetzt schon möglich ist, dazu wird, glaube ich, gleich der Innensenator – –. Entschuldigung, der

Staatsrat für Inneres, Herr Ehmke, ich wollte Sie jetzt nicht befördern!

(Abgeordneter Zenner [FDP]: Da hat er bestimmt nichts dagegen! – Präsident Weber übernimmt wie- der den Vorsitz.)

Ich Sie schon, aber das ist Sache des gesamten Parlaments! Dazu wird der Staatsrat für Inneres sicher gleich noch einmal etwas im Detail sagen.

Fazit: Ich glaube, dass wir weiter an dem Thema bleiben müssen, es gemeinsam diskutieren und auch die einzelnen Punkte gemeinsam abwägen müssen.

(Glocke)

Wir würden es aber deutlich klarer auf der gesetzlichen Ebene regeln wollen, und wir würden dem vorher die Diskussion über eine mögliche Frage des Standortes vorschalten, ob wir das zusammen belassen oder nicht.

Jetzt bin ich gern bereit, weitere Nachfragen zu beantworten, wenn der Präsident mich fragt.

So ist es! Das ist genau die Reihenfolge!

Herr Kollege Fecker, gestatten Sie eine Nachfrage des Abgeordneten Lübke?

Gern, Herr Präsident!

Bitte, Herr Kollege Lübke!

Herr Kollege Fecker, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie da einen Regelungsbedarf sehen und die Forderungen in dem Antrag auch, ich sage es einmal, nicht ganz abwegig sind? Könnten Sie sich denn vorstellen, dass Sie den Antrag an die Innendeputation überweisen?

Ich kann mir immer sehr viel in meinem Leben vorstellen, Herr Kollege Lübke, aber ich glaube nicht, dass das am Ende zielführend ist, weil wir ja über einen Gesetzentwurf reden müssen, der vollkommen anders ist. Ich bin aber nicht abgeneigt, aber ich bin sozusagen in einem eheähnlichen Verhältnis mit dem Kollegen.

(Zuruf)

Insofern können wir uns die Überweisung dann durchaus gemeinsam vorstellen und würden es machen, wenn er jetzt nickt. Ich sage Ihnen aber noch einmal, am Ende wird es die Ablehnung des Antrags deswegen geben, weil es aus unserer Sicht eine gesetzliche Grundlage geben muss.

(Abgeordneter Lübke [CDU]: Dann würde ich das hiermit beantragen!)

Das müssen Sie machen!

(Abgeordneter Lübke [CDU]: Ja, das ist klar!)

Möge es tun, wer es möchte! – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

(Beifall Bündnis 90/Die Grünen)

Als nächster Redner hat das Wort der Abgeordnete Zenner.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Endlich ist es gelungen, § 58 a Aufenthaltsgesetz anzuwenden und auch bis zum Bundesverwaltungsgericht durchzuhalten. Es scheint auch in Zukunft weitere Fälle zu geben, die auf dieser Grundlage aufgebaut werden. Auch nach unserer Auffassung ist es erforderlich, den Abschiebungsgewahrsam für Gefährder in diesem Fall neu zu regeln und anzugehen, wahrscheinlich auf gesetzlicher Grundlage.

(Beifall FDP)

Dies ist erforderlich, um auch Klarheit für uns selbst zu schaffen und auch für die Akteure vor Ort. Auch die Akteure vor Ort müssen Rechtssicherheit haben, und wir müssen ihnen einen sicheren Rahmen bieten.

Sie haben in diesem Zusammenhang eine ganze Reihe von Vorschlägen gemacht, die nach unserer Auffassung heute aber wegen ihrer Brisanz, auch wegen ihrer grundrechtlichen Brisanz, nicht einfach so schnell verabschiedet werden könnten.

Ich will einmal die einzelnen Punkte durchgehen! Mit den verdachtsunabhängigen Zellenkontrollen haben wir Probleme. Hier könnten wir doch Bedenken vortragen, ob dies nicht ein zu starker Grundrechtseingriff ist. Weiter geht es bei Ziffer: Die Anmeldefrist von mindestens 24 Stunden wird für Rechtsanwälte wahrscheinlich nicht gelten, da müsste man eine Ausnahme machen. Ob sie für alle