Protokoll der Sitzung vom 21.06.2018

Es gibt ein Vorbild aus dem Saarland. Dort gibt es eine Arbeitnehmerkammer, und dort sagt man, man brauche keine Pflegekammer. Es steht dem Senat nicht zu, letztendlich zu beschließen, ob das die Bremer Antwort ist, sondern dem Haus liegt hier ein Antrag vor, über den miteinander debattiert werden muss, und das halte ich auch für den richtigen Weg.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Darf ich Sie dann so verstehen, dass Sie mir zustimmen, dass eine Pflegekammer weder irgendeinen Einfluss nehmen kann bei der Frage der kollektivrechtlichen Verabredung von Entgeltstrukturen und der Höhe der Entgelte noch bei der individualrechtlichen Frage, wer dann in welche Entgeltgruppe in einem Betrieb des öffentlichen oder privaten Gesundheitswesens gehört?

Ja, das habe ich gesagt.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Eine wichtige Möglichkeit der Kammern ist es ja, Einfluss auf die Gestaltung von Prüfungen der Auszubildenden zu nehmen. Wie sähe das denn bei einer Pflegekammer aus? Ist daran gedacht, dass sie Anteil an der Gestaltung oder den Inhalten der Prüfungen hätte?

So weit haben wir uns noch nicht mit der Ausgestaltung einer möglichen Pflegekammer befasst, das sind Fragen, die man miteinander in der Debatte besprechen muss. Das wird in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt, und auch das gehört aus meiner Sicht in das Paket der Punkte, die geklärt werden müssen.

Haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wir haben ja alle zum Ausdruck gebracht, dass die Wertschätzung des Pflegeberufs unbedingt erhöht werden muss, da sind wir uns alle einig. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass aber die Wertschätzung eines Berufs, die sich ja im allergrößten Teil in der Bezahlung und in den Arbeitsbedingungen ausdrückt, am ehesten durch starke Gewerkschaften gesteigert werden kann, wenn ich mir bestimmte Gewerkschaften ansehe und das damit verbundene Lohnniveau?

Das ist ein wichtiges Thema, das Sie ansprechen, Frau Böschen. Auch die Gewerkschaften haben sich ja in der Debatte zu Wort gemeldet und gesagt, Sie wären auch noch da und spielten eine ganz wichtige Rolle für die Beschäftigten. Auch über dieses Thema müssen wir uns dann in der Debatte in der Bürgerschaft noch einmal miteinander austauschen. Die Gewerkschaften

haben ihre eigenständige Rolle, die sie sich auch historisch erkämpft haben, und ich glaube – ich bin auch Mitglied einer Gewerkschaft –, man sollte die Gewerkschaften auch dafür nutzen, die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auch zu stärken und durchzusetzen.

Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Würden Sie es aufgrund der vielseitigen Fragestellungen, die jetzt auch in der Fragestunde zu diesem wichtigen Thema gekommen sind, begrüßen und unterstützen, dass man noch einmal eine vertiefte Auseinandersetzung sucht und eine Veranstaltung oder eventuell eine Anhörung zu diesem Thema durchführt, um eine nachhaltigere Entscheidung treffen zu können?

Die Bürgerschaft wird ja in dieser oder in der kommenden Sitzung über dieses Thema diskutieren, ich glaube, heute schaffen wir es nicht mehr. Es liegt ein Antrag vor, ich glaube, die Debatte wird eine hohe Aufmerksamkeit finden, und ich habe den Eindruck, es wird viele Argumente pro und kontra geben. Ich glaube, auch in den Fraktionen selbst gibt es vielleicht auch unterschiedliche Stimmungsbilder. Auf diese Debatte freue ich mich schon, das wird inhaltlich sehr spannend werden.

Weitere Zusatzfragen liegen nicht vor.

Die achte Anfrage trägt die Überschrift „Angriffe im privaten Wohnumfeld“. Die Anfrage ist unterschrieben vom Abgeordneten Timke und Gruppe BIW.

Bitte, Herr Abgeordneter Timke!

Wir fragen den Senat:

Erstens: In wie vielen Fällen wurden im Zeitraum zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 31. Dezember 2017 Polizeibeamte, Angehörige der Justiz, Politiker oder Mitarbeiter der Verwaltung – mutmaßlich – im Zusammenhang mit ihrer dienstlichen oder politischen Tätigkeit von dritten Personen rechtswidrig in ihrem privaten Wohnumfeld angegangen, und in wie vielen dieser Fälle kam es dabei zu Sach- oder Personenschäden? Bitte getrennt nach Jahren und den oben genannten Opfergruppen ausweisen!

Zweitens: Wie viele Tatverdächtige aus Frage eins konnten von der Polizei ermittelt werden, und in wie vielen Fällen war das Handeln dieser Personen politisch motiviert? Bitte getrennt nach Jahren ausweisen!

Drittens: Wie haben sich die Tatverdächtigen nach den Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden die privaten Wohnanschriften ihrer Opfer verschafft, und was wird vonseiten des Senats getan, um Übergriffe dieser Art zum Schutz der in Frage eins genannten Personengruppen und ihrer Familien zu verhindern?

Die Anfrage wird beantwortet von Herrn Senator Mäurer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für den Senat beantworte ich die Anfrage wie folgt:

Zu Frage eins bis drei: Eine technische Erfassung der in der Fragestellung beschriebenen Vorgänge wird seitens der Ermittlungsbehörden nicht vorgenommen. Eine Beantwortung der Fragen könnte nur durch eine Einzelauswertung aller Strafanzeigen erfolgen. Dies ist mit einem vertretbaren Aufwand nicht möglich. Valide Aussagen zu Sachverhalten und Tatverdächtigen können daher nicht getroffen werden.

Der Senat und die nachgeordneten Behörden stehen im engen Austausch mit verschiedenen Beratungsstellen und Opferschutzorganisationen. Betroffenen steht der Senat im Bedarfsfall selbstverständlich unterstützend und vermittelnd zur Seite. – So weit die Antwort des Senats!

Herr Timke, haben Sie eine Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wenn es um Übergriffe auf Polizeibeamte und Politiker geht, werden diese in der Regel öffentlich gemacht, das heißt, wenn Sie nicht die Statistiken bemühen, hätten Sie eine Auswertung der Presse vornehmen müssen. Ich glaube nicht, dass Übergriffe auf Polizeibeamte bei der Polizei verborgen bleiben, sodass Sie diese Zahlen hätten liefern können. Ich darf Sie noch einmal auffordern, mir hier und heute die Zahlen zu nennen, ansonsten muss ich mir die Zahlen auf anderem Wege einklagen.

Noch einmal: Es bleibt für mich unklar, worauf sich diese Zahlen eigentlich beziehen sollen. Es ist uns natürlich durchaus bekannt,

dass es in der Vergangenheit Ereignisse gegeben hat. Ich erinnere an den Anschlag auf die Oberbürgermeisterin in Köln, den Fall in Nordrhein-Westfalen, bei dem der Bürgermeister in Altena verletzt wurde, oder das jüngste Ereignis in Hitzacker, bei dem sich eine große Anzahl von Vermummten vor dem Haus eines Polizeibeamten versammelt hat, der beim Verfassungsschutz arbeitet. Das alles sind Dinge, die wir kennen, auch Einzelereignisse in der Vergangenheit. Nehmen Sie Bremerhaven, da gab es zwei Fälle mit Stadtverordneten. Es gab zwei Bedrohungen, in einem Fall kam es zu Farbschmierereien an einem Privathaus, das sind Dinge, die uns natürlich bekannt sind. Ich sage auch einmal, wenn wir in Bremen solche Fälle hätten, würde darauf auch entsprechend reagiert, aber so eine allgemeine Fragestellung wie von Ihnen können wir schlichtweg nicht abbilden.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Nur eine Anmerkung! Die Fragestellung war konkret auf einen ganz bestimmten Zeitraum, auf ganz bestimmte Personengruppen bezogen, sie war nicht allgemein. Das nur zur Klarstellung!

Eine weitere Zusatzfrage des Abgeordneten Zenner. – Bitte sehr!

Mir geht es nicht um die Einzelheiten, aber könnte so eine Fragestellung nicht auch aus der Fürsorgepflicht des Staates dafür sprechen, sich dieses Themas mehr anzunehmen, um wirklich auch zu sehen, wo Bedienstete des Staates aus der Gesellschaft heraus aufgrund ihrer dienstlichen Tätigkeit angegriffen werden? Das könnte doch sinnvoll sein und wäre eine Anregung. Wie würden Sie dazu stehen?

Herr Abgeordneter, in der Praxis sieht es doch so aus: Es gibt natürlich beispielhaft Fälle, in denen Staatsanwälte oder Richter sich bedroht fühlen, es muss ja nicht zu einem Anschlag kommen. Wir reagieren aber doch bereits im Vorfeld, das heißt, es wird auch eine ganze Reihe von Schutzmaßnahmen entwickelt, von der Observation bis dahin, dass man Privathäuser auch unter Sicherheitsaspekten nachrüstet und für sichere Fenster und Türen sorgt und dass Streifenwagen dort in einem festen Takt dort vorbeifahren. Das sind alles Maßnahmen, die im Verborgenen laufen, aber darüber berichten wir nicht in der Bürgerschaft, da bitte ich Sie um Verständnis.

Uns geht es darum, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – und da schließe ich die Gerichte, die Staatsanwälte und alle mit ein, die in der Justiz tätig sind – geschützt werden. Das machen wir aufmerksam, aber nicht so, dass das zum Thema in der Presse wird.

(Beifall SPD)

Herr Kollege Zenner, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Mir ist bekannt, dass natürlich solche Präventionsmaßnahmen getroffen werden. Die Frage zielte aber eigentlich auf Folgendes ab: Es wird einem nicht immer bekannt, dass sich etwas anbahnt. Es geht eigentlich darum, ob es nicht in dem Fall Sinn macht, in dem etwas passiert ist, so wie es in den Fragen zum Ausdruck kommt, den einen oder anderen Vorgang – nicht kleine Fälle, aber doch gravierendere Fälle – statistisch zu sammeln.

Wenn es notwendig ist, dann machen wir das auch.

Eine weitere Zusatzfrage durch den Abgeordneten Timke! – Bitte sehr!

Herr Senator, trifft es zu, dass politisch motivierte Straftaten in Bremen beim K 63 bearbeitet werden?

Ich bin nicht ganz sicher, was die Nummerierung angeht. Wir haben eine Staatsschutzabteilung, aber welche Ziffer sie trägt, wissen Sie vielleicht besser.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Herr Senator, gehen wir einmal davon aus, dass das K 63 diese politisch motivierten Straftaten bearbeitet, dann muss es Ihnen doch möglich sein, die Zahlen der Personenkreise der politisch motivierten Straftaten zu liefern!

Wir haben eine exakte Statistik darüber, wie viele Ermittlungsverfahren beziehungsweise wie viele Straftaten es in diesen verschiedenen Kategorien gegeben hat. Wir haben das in der letzten Woche auch noch einmal in Zusammenhang mit der Vorlage des Verfassungsschutzberichts 2017 berichtet. Darin sind diese ganzen Dinge gelistet, aber in dieser Kombination,

wie Sie es hier abgefragt haben, haben wir das nicht zur Verfügung. Wenn man im Einzelfall nachfragen würde, wie viele Ermittlungsverfahren hat es gegeben, darüber haben wir durchaus präzise Erkenntnisse, aber wir können das nicht in der Form zuordnen, wie Sie es angefragt haben.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Wissen Sie denn ungefähr, wie viele politisch motivierte Straftaten pro Jahr in Bremen begangen werden?

Das hängt davon ab, in welcher Kategorie man sich befindet: Reden wir über Salafisten, Linksradikale, Rechtsradikale? Alles dies ist in dem Bericht, den wir in der letzten Woche vorgelegt haben, umfassend nachzulesen. Ich glaube, in der Kategorie „linksradikal“ haben wir circa 80 bis 100 Ermittlungsverfahren pro Jahr.

Herr Abgeordneter Timke, haben Sie eine weitere Zusatzfrage? – Bitte sehr!

Ja, das regt noch zu einer Nachfrage an: Wenn Sie nur circa 80 bis 100 Fälle pro Jahr haben, dann muss es doch möglich sein, aus diesen Fällen herauszufiltern, wie viele politisch motivierte Straftaten gegenüber Justizbeamten, Polizeibeamten oder Verwaltungsbeamten begangen wurden. Das ist doch eine überschaubare Anzahl. Wenn Sie mir hier sagen, dass das mit einem Aufwand verbunden wäre, das zu überprüfen, dann bin ich der Auffassung, dass das bei 80 bis 100 Straftaten nicht der Fall ist. Warum können Sie das nicht?