Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch zu dieser späten Stunde, da jetzt sozusagen die Koalition im Block spricht und wir gerade schon viel Wichtiges gehört haben, was Grundlage dieses Antrags ist, vielleicht noch ein paar zusätzliche Bemerkungen. Wir haben zum Thema Bienen ja schon einiges hier als Koalition gemacht, als Parlament insgesamt in den letzten Jahren. Ich möchte da aber vor einem Irrglauben warnen. Wir haben uns zum Beispiel hier im Parlament damit beschäftigt, wie die Imkerinnen und Imker, die in der Tat einen wichtigen Job machen, weil all ihre Honigbienen auch als Bestäuber tätig sind, wie wir für die gute Politik machen können.
Wenn aber vom Bienensterben die Rede ist, meine Damen und Herren, dann geht es wenig bis fast gar nicht um die Honigbiene. Natürlich hat auch die ihre Probleme. Das Stichwort Varroa Milbe kann jeder gern zu Hause bei Google eingeben, da erfährt man vieles, womit auch Imkerinnen und Imker zu kämpfen haben. Das noch viel größere Problem, für das eine Lösung auch noch viel schwerer zu finden ist, ist aber das der Wildbienen. Und Wildbienen sind überwiegend Solitärbienen, also einzeln lebende, nicht Staaten bildende Bienen, die genauso bestäubend tätig sind wie ihre befreundeten Verwandten, die Honigbienen, die wir aber nun einmal nicht so leicht durch Imkerei und durch menschgemachte Maßnahmen davor schützen können, wenn die Bestände sich reduzieren. Tatsächlich sind diese Wildbienen eine der ganz großen Aufgaben beim Thema Insektenschutz.
Aber auch da hört es nicht auf. Auch andere Insekten, die vielleicht der einen oder anderen Zuhörerin oder Zuhörer nicht so sympathisch sind, beispielsweise die Gemeine Waldmücke, sind Insekten, die Schutz verdienen.
Es gibt ja diese ganz populäre Annahme darüber, wie viele Insekten, ich mache gleich einmal eine Sprechpause, Entschuldigung, es an Biomasse in unserer Republik gibt. Diese Erfahrung, die Autofahrer früher einmal gemacht haben, wenn sie von
Nord nach Süd die Autobahn entlanggefahren sind oder besser noch über die Landstraße, an der links und rechts kein Lärmschutzwall ist, also man freie Fahrt hat, am Ende der Strecke festzustellen, dass die Scheibe voll mit Insekten ist. Vielleicht hat man sogar zwischendurch einmal Halt gemacht und einmal weggewischt im Sommer, wenn besonders viel Insektenflug war. Wenn Sie das heute machen, stellen Sie fest, es ist nicht mehr so. Das als ein sehr gefühlter, aber doch durchaus berechtigter Indikator dafür, dass wir in den letzten Jahren an Insektenbiomasse insgesamt in Deutschland sehr viel verloren haben und die Lage ernst ist.
Ich hatte eine Erfahrung dieses Jahr, die mich sehr beeindruckt hat. Da bin ich mit einem Kollegen zusammen, der beruflich Zierkräuter kultiviert, um dann Zierkräutersamen zu verkaufen, durch seine Flächen gefahren, und das sind überwiegend Flächen, die er sich bei Bauern pachtet, die eigentlich auf einer Fläche beispielsweise ganz normales Getreide anbauen. Dann haben sie aber dort beispielsweise ein Windrad stehen, und heute wird Landwirtschaft ja maschinell betrieben. Das heißt, wenn ich ein Feld habe, auf dem ich Getreide anbaue, und in der Mitte steht ein Windrad, habe ich ein Problem, denn ich muss mit meinem schweren Gerät irgendwie um dieses Windrad herumfahren. Oder wenn ich eine Fläche habe, die einen Knick macht, dann habe ich auch ein Problem, denn an den Knick komme ich mit meiner schweren Erntemaschine nicht heran. Also sind da ungenutzte Flächen. Und sein Konzept besteht darin, auf diesen ungenutzten Flächen, die er sich von den Bauern dann für wenig Geld pachtet, ganz gezielt Kräuter anzubauen und auf die Weise Lebensraum für Insekten zu schaffen. Das hat mich sehr beeindruckt, denn ich glaube, wir müssen uns, wenn wir über Landwirtschaft sprechen und darüber, wie Landwirtschaft insektenfreundlicher werden kann, auch ganz genau darüber verständigen, wie das in einer Win-win-Situation passieren kann zwischen den Landwirten und denen, die sich um solche Sparten kümmern, wie es der Kollege tut.
Wir haben dann auch, und dann kommen wir relativ schnell über das Insektenthema hinweg, tatsächlich für Vögel einen wichtigen Beitrag geleistet, wir haben dann auch für Niederwild einen wichtigen Beitrag geleistet –
– danke, Herr Präsident –, weil dadurch dann Strukturierung von Lebensräumen passiert. Also ist das im Thema Landwirtschaft sehr spannend, und da kann viel passieren. Jetzt sind wir als Stadtstaat zwar auch mit Landwirtschaft gesegnet zum Glück, aber wir haben natürlich vor allem auch städtische Grünflächen. Ich glaube, und da ist dieser Antrag, glaube ich, ein wertvoller Baustein, dass wir uns da auch überlegen müssen, wie wir in den nächsten Jahren noch mehr schaffen können. Ich habe immer so das Gefühl, wenn man mit dem Umweltbetrieb spricht, dass die Erfahrungswerte bislang in die Richtung gehen: Wenn man eine sauber gepflegte Rasenfläche innerstädtisch mit Blühkräutern, Wildkräutern als Blühstreifen bearbeitet, dann passiert es natürlich im ersten Moment, dass da etwas heranwächst, das blüht, das wunderschön ist, und darüber freuen sich auch die Insekten. Aber das sieht natürlich ein paar Wochen später dann anders aus. Dann ist das im Zweifel eine Fläche, die nicht mehr blüht, sondern sich im Zerfall befindet und die deutlich abweicht von dem normalen sauberen Rasenschnitt, den Bürgerinnen und Bürger auf innerstädtischen Grünflächen gewohnt sind.
Ich glaube nicht, dass das ein Grund sein muss, nicht in Richtung Blühstreifen und innerstädtische Blühflächen zu gehen. Ich bin ein großer Fan davon, dass wir das tun. Aber ich glaube, wir müssen es so machen, dass wir auch damit umgehen, wie die Bürgerinnen und Bürger es wahrnehmen. Ich glaube, an der Stelle muss man einen Kulturwandel hinbekommen, wenn wir die ganzen schönen innerstädtischen Flächen mit einem dafür finanziell vernünftig ausgestatteten UBB entsprechend bearbeiten würden.
Genau, also das gehört auch dazu, weil es im Zweifel auch die Frage von Pflegeaufwand ist, der sich dahinter versteckt. Aber wenn wir das schaffen würden, könnten wir einen ganz großen Beitrag leisten. Wir haben es ja im Bereich der Vögel längst schwarz auf weiß evaluiert, dass Vögel in Städten heute wertvollere Lebensräume finden, als sie das häufig auf der offenen Landfläche, also auf dem platten Land mit landwirtschaftlicher Nutzung finden. Ich glaube, da soll man keine Konkurrenz aufmachen.
Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Aber genauso wie Landwirtschaft gefordert ist, ist auch Stadtpolitik und in dem Fall dann gemeinsam mit dem UBB gefordert. Und auch der Bürgerpark ist eine schöne große Fläche, bei der man vielleicht auch noch einmal ins Gespräch kommen kann, dass wir es einfach hinbekommen, Bremen insektenfreundlicher zu machen. Bremen, insektenfreundliche Stadt, das ist, finde ich, ein Attribut, das wir uns erarbeiten sollten. – Ich danke Ihnen!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ja, 300 Bienenarten sind derzeit vom Aussterben bedroht. Das betrifft nicht nur Bienen, viele andere Insektenarten sind tatsächlich, wie viele Forscherinnen und Forscher beobachten, rückläufig, und die Populationen werden kleiner. Das ist nicht nur ein Problem für die Biodiversität, es ist auch ein Problem für Nahrungsketten und Nahrungsnetze und damit auch für die Biodiversität außerhalb der Insektenklasse für andere Tiere, die auf diese als Nahrung angewiesen sind. Der Rückgang der Insekten ist auch ein Problem, weil sie als Bestäubung nicht nur von Nahrungsmitteln, aber auch von Nahrungsmittelpflanzen, einen wichtigen Teil zur Bestäubung in der Natur übernehmen.
Stichwort Landwirtschaft, auch die Landwirtschaft hat mit der verstärkten Monokultur und Pestizidverwendung natürlich auch einen Anteil an dem Rückgang der Insektenpopulationen, ebenso wie es in den urbanen Gebieten auch die Flächenversiegelung hat. Deshalb glauben wir schon, dass der vorliegende Antrag ein Beitrag dazu sein kann, hier eine Verbesserung vorzunehmen und sich darum zu kümmern, dass die Flächen auch im innerstädtischen Bereich gezielt, also Flächen wie Parks, kommunale Friedhöfe und Verkehrsinseln, mit schmetterlings- und raupenfreundlichen Futter- und Wildstauden bepflanzt werden. Auch wenn es etwas kleinteilig wirkt, unterstützen wir solche Maßnahmen trotzdem und glauben, dass das auch ein Schritt in die richtige Richtung ist, ebenso wie die Einschränkung bei der Verwendung von Pestiziden. Deshalb werden wir dem Antrag auch zustimmen.
Aber, ganz so einfach wollte ich es an dieser Stelle nicht machen. 2013 gab es einen Antrag, auch von der Bürgerschaft verabschiedet, der hieß damals „Bienenfreundliches Bremen“. Ich vermute, das haben damals auch die Grünen eingebracht, ich weiß es nicht, darin hieß es, Zitat: „Öffentliche Flächen und Parks in Bremen artenreich mit bienenfreundlichen heimischen Pflanzen zu gestalten.“ Ist ja relativ nah an dem, was wir auch jetzt wieder heute diskutieren und verabschieden werden. Deshalb bleibt natürlich damit der Wunsch verbunden, dass es dieses Mal zu einer verstärkten Umsetzung kommt und man nicht in fünf Jahren den gleichen Antrag wieder hat. So ein Antrag bringt es natürlich auch nur, wenn insgesamt die Ressourcen, und damit meine ich auch die personellen Ressourcen, zur Verfügung stehen, um ihn umzusetzen.
Deshalb erlauben Sie mir noch abschließend die Bemerkung, der UBB braucht eine personelle Ausstattung, die ihm ermöglicht, die immer weiteren Zusatzaufgaben auch umzusetzen.
Der UBB hat drei Millionen Euro zusätzlich erhalten, das ist richtig. Man müsste sich einmal anschauen, wie viel davon in Personal und wie viel dann davon in Fremdvergabe verwandelt wurde, die Ausbildungszahlen sind miserabel, der Altersstand steigt. Ich glaube, dass der UBB anders aufgestellt sein muss, um solche Aufgaben in der Zukunft auch zu bewältigen.
Deshalb werden wir dem Antrag zustimmen und verbinden damit die Hoffnung, dass der UBB auch in die Lage versetzt wird, solchen Aufträgen nachzukommen, damit wir hier nicht in fünf Jahren dieselbe Diskussion noch einmal führen müssen. – Danke schön!
Das Problem ist erkannt und das Problem ist klar: Der Rückgang der Insekten ist allgegenwärtig. Auch dass Handlungen erforderlich sind, ist klar. Die Frage ist aber, ob Sie mit diesem Antrag einen
großen Beitrag hierzu leisten. Frau Dr. Schaefer hat selbst gesagt, Großstädte sind eher das Paradies für Insekten. Das Problem sind Monokulturen in den Flächenländern. Zudem ist der Antrag sehr undifferenziert. Was sind genau insektenfeindliche Pestizide? Geht es da nur um Schädlingsbekämpfungsmittel oder geht es auch um Herbizide, die Blüher vernichten? In der Debatte um Glyphosat war dies das Hauptargument der Grünen. Das ist mir nicht klar, und das wird aus diesem Antrag auch nicht deutlich.
Das Ziel wird im Vortext klar benannt: Bremen und Bremerhaven als pestizidfreie Städte. Ich glaube, das, meine Damen und Herren, können wir unseren Landwirten derzeit nicht zumuten. Wenn man etwas für den Insektenschutz tun möchte, dann muss man manchmal sogar Pestizide zulassen. Hierzu verweise ich auf den Antrag unserer FDPBundestagsfraktion, die insbesondere für den Anbau von Leguminosen im Biobereich die Sondergenehmigung wiederherstellen wollen, um weitere Herbizide in dem Bereich einzusetzen. Dies schafft auf großen Flächen blühende Pflanzen, die insektenfreundlich sind. Man muss auch bereit sein, über das Dogma der schädlichen Pestizide zu springen und differenziert zu unterscheiden, was genau verboten werden soll und was nicht. Die Pauschalität, – wir haben in Deutschland über 400 verschiedene Pestizide zugelassen – zu sagen, wir verbieten alles, was in irgendeiner Form nicht weiter definiert insektenschädlich ist, ist zu wenig. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank!
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist ja eine buntes Durcheinander hier, das uns heute geboten wird: Grüne, die auf einmal die konventionelle Landwirtschaft wieder mit in das Boot holen wollen, Herr Crueger, der eigentlich keine Meinung hat, und die FDP, die wieder einmal alles ablehnt. Es war schon sehr interessant.
Jetzt kommen wir zur differenzierten Meinung der CDU. In Anbetracht der Uhrzeit lassen Sie mich einfach einmal auf Ihren Antrag eingehen, der mit der Überschrift „Insekten schützen und Pestizide verbieten“ eingebracht worden ist. Im ersten Abschnitt der Einleitung haben Sie beschrieben, wie
wichtig Insekten sind. Ich glaube, darüber brauchen wir auch nicht weiter zu reden, sind wir uns hier auch alle einig in diesem Haus. Wir brauchen Artenvielfalt, wir wollen Artenvielfalt und die muss auch weiterhin gefördert und geschützt werden. Im zweiten Abschnitt der Einleitung sind Sie auf die vielfältigen Gründe eingegangen, warum das Insektensterben einsetzte. Sie sind darauf eingegangen, dass es neben der Landwirtschaft auch noch andere Gründe gibt. So weit, so gut.
Das habe ich gelesen und gedacht, sehr gut, die Grünen werden jetzt auch differenzierter, aber dann kam der dritte Abschnitt. Dort haben Sie Ihren Traum von einer Landwirtschaft formuliert. Ich habe einen Traum, wie Landwirtschaft aussehen kann. Ich muss Ihnen sagen, Sie sprechen ja immer, das ist mir die letzten Tage aufgefallen, von Verkehrswende, Energiewende, Agrarwende. Also wenn ich eine Wende mache, dann drehe ich mich um und gehe rückwärts. Und wer rückwärts gewandt ist, der kann nicht immer vorwärts gehen. Das ist klar, oder?
Sie sprechen von Ihrem Traum, Bremen solle eine pestizidfreie Region werden. Pestizidfreie Region! Was ist denn ein Pestizid? Ich glaube, viele draußen an den Hörgeräten wissen das vielleicht gar nicht, deswegen möchte ich es noch einmal sagen. Es ist ein chemisches Pflanzenschutzmittel. Die sind aber wieder unterteilt, – Frau Dr. Schaefer, wenn Sie bitte zuhören würden – die sind wieder unterteilt in Herbizide gegen Unkräuter, Fungizide gegen Schimmel und Pilze oder Insektizide gegen Insekten und sonstige Schädlinge. Ich finde, man kann nicht einfach grundsätzlich sagen, alle chemischen Spritzmittel verteufeln wir jetzt. Wir wollen ja Insekten schützen. Also müssen wir auch differenziert darauf eingehen, was für Insekten schädlich ist, und können nicht einfach pauschalisieren sagen. Das geht nicht.
Kommen wir jetzt einmal zu Ihren einzelnen Antragspunkten. Im ersten Punkt fordern Sie, dass der Umweltbetrieb keine Pflanzenschutzmittel mehr einsetzen soll. Das tut er übrigens schon seit Jahren so gut wie nicht mehr. Das hat er schon unter der Großen Koalition nicht mehr getan, nur noch in Ausnahmefällen. Deswegen werden wir uns auch zu diesem Punkt enthalten, weil wir glauben, in Ausnahmefällen muss so etwas noch zugelassen werden, wenn es nicht mehr anders geht. Ansonsten ist die Regelung, die wir momentan in Bremen
haben, grundsätzlich erst einmal keine Pflanzenschutzmittel einzusetzen, genau richtig, und deswegen brauchen wir diesen Beschluss nicht. Dazu enthalten wir uns.
Kommen wir zum zweiten Punkt: geeignete Beratungsinstrumente zur Förderung der Biodiversität schaffen, insbesondere bei der Grünlanderneuerung. Ich weiß nicht, ob Sie dabei waren, aber ich war auf jeden Fall dabei, als der damalige Umweltsenator Herr Fücks hier so ziemlich alles als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen hat. In den ganzen Schutzgebietsverordnungen steht nämlich, ein Grünlandumbruch ist nicht erlaubt. Selbst eine Neuansaat oder Nachsaat muss in den Schutzgebieten durch die Umweltbehörde gebilligt werden. Bei Herrn Deutschendorf muss man das beantragen. Man darf es also nicht einfach so. Insofern, wenn Sie meinen, es gibt noch drei Hektar, die eventuell umgebrochen werden könnten, und möchten gern beraten, dass diese nicht umgebrochen werden, stimmen wir gern zu.
Bei Ihrem dritten Punkt geht es darum, dass wir in ganz Deutschland auf chemische/synthetische Pestizide verzichten sollen. Dem können wir so nicht zustimmen, denn das ist eine einfache Pauschalisierung. Sie schreiben Insekten gefährdende Stoffe. Dabei ist noch umstritten, welche jetzt wirklich gefährdend sind oder nicht gefährdend sind.