Herr Kollege Quanz, entsprechende Anträge liegen dem Kultusministerium bis jetzt nicht vor. Grundsätzlich sind
Ausnahmen von den Richtwerten bzw. Mindestgrößen von Schulen nicht nach § 14 des Hessischen Schulgesetzes zu beurteilen, sondern nach § 144a. Insbesondere dort in Abs. 3 ist ausdrücklich geregelt, dass „ein Unterschreiten der Mindestzügigkeit, der Richtwerte oder Mindestjahrgangsbreite“ nur dann zulässig ist, „wenn der Besuch einer anderen Schule des Bildungsganges unter zumutbaren Bedingungen,insbesondere aufgrund der Entfernung, nicht möglich und ein regional ausgeglichenes Bildungsangebot nicht mehr gewährleistet ist“.
Anträge nach § 14 des Schulgesetzes verfolgen den Zweck, das Schulwesen weiterzuentwickeln. Ein Schulversuch, der nur eingerichtet würde, um Richtwerte oder Mindestgrößen zu umgehen, würde diesen Zweck selbstverständlich nicht erfüllen.
Frau Ministerin,teilen Sie meine Einschätzung,dass es gerade angesichts der demografischen Entwicklung im ländlichen Raum durchaus eine pädagogische Weiterentwicklung darstellt, wenn man einen solchen Versuch unternimmt, unterhalb der Richtwerte zu arbeiten?
Herr Kollege Quanz, der Ausgangspunkt müsste dann ein pädagogisches Konzept sein, das beim Ministerium eingereicht werden müsste.Auf dieser Grundlage wäre der Fall zu begutachten. § 14 dient aber nicht dazu, allein einen Umgehungstatbestand zu schaffen.
Wie stellt sie sich zu der Kritik einiger Studienseminare an der Ermittlung der Gesamtnote der ersten und zweiten Staatsprüfung gemäß Lehrerbildungsgesetz, derzufolge das Benotungssystem zu ungerechten Gesamtbewertungen führt?
Frau Kollegin Henzler, das Ministerium hat diese behauptete Ungerechtigkeit sehr intensiv und gewissenhaft geprüft.Es teilt diese Sicht aber letztlich nicht.Mit dem Hessischen Lehrerbildungsgesetz wird die Lehrerausbildung neu geregelt. Speziell mit der Tabelle über die Gesamtbe
wertung wurde eine Vereinheitlichung sowohl für die erste als auch für die zweite Staatsprüfung vorgenommen. Sie wird künftig bei beiden Staatsprüfungen angewendet werden. Dieser neuen Regelung liegt ein auch in anderen Ländern angewendeter internationaler Standard für akademische Examina zugrunde. Sie unterscheidet sich von der Tabelle zur Errechnung der Abiturnote – darauf sollten wir in der Diskussion mehr achten –, da sie in Anlehnung an den internationalen Standard eher einer gaußschen Verteilung gerecht wird.In der Modularisierung der zweiten Ausbildungsphase werden 20 statt bisher neun Teilnoten vergeben. Diese Punktzahlen werden zunächst zu einer Summe aufaddiert. Erst dieser Summe wird am Ende eine Dezimalnote zugeordnet, die die eigentliche Note darstellt, mit der man sich auf der Rangliste bewirbt. Gleichzeitig wird gemäß dem genannten internationalen Standard diese Dezimalnote einem Prädikat zugeordnet, z. B. „mit Auszeichnung bestanden“. Dieses ist allerdings nicht mit einer Note gleichzusetzen.
Im Unterschied zu den Notentabellen der vorhergehenden Ausbildungsverordnungen ist auch zu berücksichtigen, dass die neue Berechnung der Gesamtnote aufgrund der höheren Anzahl der Teilnoten stärker differenziert, sodass sich beispielsweise die Leistungen im guten und sehr guten Bereich feiner abgestuft darstellen lassen. An der Grenze, die bisher zwischen zwei Notenstufen bestand, macht sich diese Differenzierung in der neuen Rechtsgrundlage besonders bemerkbar.
Frau Ministerin, wie aber erklären Sie sich die sehr genau nachvollziehbaren Berechnungen der einzelnen Studienseminare, dass, wenn man die einzelnen Modulnoten – zur Vereinfachung sei es in allen Modulprüfungen die gleiche – addiert und dann durch die Anzahl der Prüfungen teilt, ein anderer Wert herauskommt als bei einer normalen mathematischen Berechnung?
Frau Kollegin Henzler, ich will nochmals darauf hinweisen: Zum einen gibt es eine höhere Zahl von Modulen, also Teilrechnungen, die zu veranschlagen ist, wenn es zur Errechnung der Gesamtnote kommt; zum anderen scheint mir ein Missverständnis darin zu liegen – von daher die Kritik überwiegend aus dem Gymnasialbereich –, dass die Notentabelle des Abiturs mit der Notentabelle des Referendariats, also der Modulprüfungen, verwechselt wird.
Frau Ministerin, finden Sie es gerecht und sinnvoll, dass ein Lehrer im Vorbereitungsdienst, der in allen Prüfungsteilen die Punktzahl 13, also nach allgemeinem Verständnis die Note „sehr gut“, erhalten hat, eine Gesamtnote von „gut bestanden“ statt von „sehr gut bestanden“ bekommt?
Herr Kollege Wagner, genau das, was Sie jetzt erneut vortragen, ist die Gleichsetzung mit der Abiturtabelle. Die Übersetzung nach internationalem Standard ist eine andere. Die Note 1,6 geht als Dezimalzahl in die Bewertung und damit auch in die Berechnung der Gesamtnote, die für die Einstellung relevant ist, ein.
(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der Ministerpräsident versteht es auch nicht! – Heiterkeit)
Meine Damen und Herren, vielleicht machen wir dazu doch eine Anhörung. – Zusatzfrage, Frau Kollegin Henzler.
Frau Ministerin, Sie haben in Ihrer Antwort zweimal darauf hingewiesen, dass die Berechnung nach internationalem Standard erfolgt.Das bedeutet aber,dass es innerhalb der Bundesrepublik unterschiedliche Arten der Berechnung gibt. Das heißt, die Absolventen aus Hessen werden im Vergleich zu denen aus anderen Bundesländern benachteiligt; denn dort wird augenscheinlich nicht nach internationalem Standard bemessen und berechnet.
Frau Kollegin Henzler, natürlich haben auch die anderen Länder die Umsetzung in die Berechnung nach internationalem Standard.Aber selbstverständlich haben Sie dahin gehend recht, dass nicht jedes Land gleichermaßen mit 20 Modulen arbeitet, dass es Länder mit Bachelor-, Masterabschlüssen und Länder mit Staatsexamina gibt, dass die Lehrerbildungsgesetze der Länder unterschiedlich sind, dass jeweils das erste und zweite Staatsexamen die Maßgabe für die Aufnahme in den Referendardienst bzw. die Bewerbung für den Schuldienst ist, dass es in den Ländern unterschiedliche Kriterien für die Einstellung gibt – etwa Bonuspunkte, wie wir sie in Hessen großzügig vergeben.
Frau Kultusministerin,können Sie sagen,wann das Abitur in Hessen auch auf diesen internationalen Standard umgestellt wird, damit es wenigstens eine einheitliche Bewertung gibt?
Euer Ehren, ich bin froh, dass wir, was das Abitur angeht, bundesweit einen sehr einheitlichen Standard haben und zwischen den Ländern eine klare Verabredung über die Umrechnung der Punkte in diesem Bereich besteht.
Wie wird sichergestellt, dass bei der sogenannten Unterrichtsgarantie plus keine frühpensionierten Lehrkräfte eingesetzt werden?
Herr Kollege Quanz, hier bitte ich zu unterscheiden: Mit Lehrkräften, die auf eigenen Antrag in den Ruhestand versetzt wurden, entweder weil sie das 63. Lebensjahr vollendet haben oder weil sie schwerbehindert sind und das 60. Lebensjahr vollendet haben, können im Rahmen der Unterrichtsgarantie plus Vertretungsverträge abgeschlossen werden. Auch mit Lehrkräften, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden, können in sehr begrenztem Umfang Vertretungsverträge abgeschlossen werden. Hierbei ist der Umfang der Zusatzbeschäftigung im Einzelfall entscheidend. Besteht aufgrund des Umfangs die Vermutung einer Teildienstfähigkeit, ist eine Überprüfung sofort in die Wege zu leiten. Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass die Zuverdienstgrenzen desjenigen, der wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt worden ist, außerordentlich gering sind.
Frau Ministerin, hat die Landesregierung den Vorschlag geprüft, nachdem man drei Stunden pro Monat unentgeltlich Überstunden machen muss, ob die vierte Stunde,
die ein Lehrer hält, dazu führt, dass alle vier Stunden bezahlt werden müssen? Daraus resultierend die Frage: Haben Sie nicht einmal überlegt, ob man wie vor 20 Jahren die Regelung treffen könnte,dass der Lehrer – wie andere Beamte auch – bis zu vier oder fünf Überstunden unentgeltlich halten muss?
Frau Kollegin Wagner,die Rechtslage ist in der Tat so,dass die drei Unterrichtsstunden, die Lehrkräfte im Monat zu erteilen haben, den fünf Zeitstunden entsprechen, die andere Beamte zu leisten haben. Dieses Recht gilt. Es wird auch geprüft, inwieweit ein Überschreiten der drei Stunden anders vergütet werden kann, als es derzeit rechtlich vorgesehen ist.Wir müssen aber wissen, dass dies eine Regelung für alle Beamten und nicht nur für die Lehrer wäre.
Frau Ministerin, der Landesrechnungshof beklagte, dass entgegen Ihrer damaligen Ankündigung anschließend keine Überprüfungen auf Teildienstfähigkeit stattfanden. Hat sich diese Praxis inzwischen geändert?
Herr Kollege Quanz,selbstverständlich hat sich diese Praxis geändert. Es wird überprüft, und es wird in – noch – wenigen Fällen auch zu dem Mittel der Teildienstfähigkeit gegriffen.
Wie bewertet sie die Ausführungen des Umweltministers anlässlich der 60-Jahre-Feier des Kreisbauernverbandes Frankenberg, dass der Klimawandel sich günstig auf Nordhessen auswirke und hier möglicherweise bald Wein angebaut werden könnte?
Herr Abg. Frömmrich, Sie waren bei dieser Veranstaltung anwesend. Ich habe über die Geschichte und die
Zukunftsperspektiven des Bauernverbands gesprochen. Ich habe diese Zukunftsperspektiven anhand dessen aufgezeigt, was auf einer Klimaschutzkonferenz, die in Wiesbaden stattgefunden hat, diskutiert wurde. Dort wurde über ein Gutachten des Max-Planck-Instituts diskutiert, aus dem hervorgeht, dass die durchschnittliche Temperatur in Hessen in den letzten 50 Jahren um 0,9 °C nach oben gegangen ist und in den nächsten Jahren um 1,5 bis 5 °C nach oben gehen wird. Infolgedessen wird die Frage gestellt, wie sich die Grenze für Weinanbau verschiebt. Man geht davon aus, dass sie sich möglicherweise um 200 bis 400 km nach Norden verschieben wird. Die zweite Frage, die diskutiert werden muss, ist dann, ob der Riesling noch der richtige Wein für den Rheingau ist oder ob es für den Riesling dort schon zu warm wird.