Protokoll der Sitzung vom 16.12.2003

Ich frage die Landesregierung:

Worauf zielt das neue Netzwerk „Musik und Schule“ ab, welches der Hessische Rundfunk und das Kultusministerium ins Leben gerufen haben?

Frau Kultusministerin Wolff.

Herr Kollege Dr. Herr, Ziel des mit diesem Schuljahr angelaufenen Projekts ist es, Jugendliche stärker für das kulturelle Leben und entsprechende Angebote auch außerhalb der Schule zu interessieren. Im Zusammenhang damit steht das Ziel, den Zugang insbesondere zu klassischer Musik durch Begegnung mit Musikern und Einführung in das Konzertangebot zu fördern.

Dank einer Kooperation zwischen dem Kultusministerium und dem Hessischen Rundfunk bekommen die Schulen nun nicht nur besondere Konditionen beim Kartenverkauf. Sie erhalten außerdem Material, mit dem die Konzerte im Unterricht vor- und nachbereitet werden können. Darüber hinaus bietet der Hessische Rundfunk ganzen Klassen den Besuch der Proben eines Sinfonieorchesterkonzerts an. Vorgesehen ist der Aufbau eines landesweiten Netzwerks von interessierten Musiklehrkräften. Die unter dem Titel „Musik und Schule“ zusammenarbeitenden Lehrkräfte sollen frühzeitig über das Programm informiert werden und Erfahrungen zu Konzertund Begleitangeboten austauschen; perspektivisch sollen auch Aktionen mit Musikern an Schulen durchgeführt werden.

Ausgehend vom Rhein-Main-Gebiet sollen die Aktivitäten und Konzerte auch auf andere hessische Städte ausgedehnt werden.

Zusatzfrage, Frau Kollegin Hinz.

Frau Kultusministerin,finden Sie es nicht bedenklich,dass der geschätzte Kollege Dr. Herr als Mitglied der Regierungsfraktion bislang jedenfalls nicht über die Zielsetzung des politischen Handelns der Landesregierung informiert war?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN)

Frau Kultusministerin Wolff.

Frau Kollegin Hinz, der Kollege Dr. Herr ist in musischen und musikalischen Dingen außerordentlich kundig und deswegen auch im Ausschuss für Wissenschaft und Kunst dafür zuständig.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Aber nicht im Lesen von Pressemitteilungen!)

Deswegen bündelt er diese Dinge, und ich bin sehr vergnügt, dass ich es auch Ihnen mitteilen kann.

Noch eine Frage zum Vergnügen? – Das ist nicht der Fall.

Dann rufe ich die Frage 118 auf. Frau Kollegin ZeimetzLorz, CDU-Fraktion.

(Priska Hinz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die gleiche Güte!)

Ich frage die Landesregierung:

Welchem Zweck dient das von ihr eingerichtete „Netzwerk gegen Gewalt“, und welche Maßnahmen sind geplant?

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN):Wenn Sie es nicht wissen!)

Herr Staatsminister des Inneren und für Sport.

Frau Kollegin, dieses Netzwerk gegen Gewalt ist eine bislang bundesweit einmalige Einrichtung, die auf drei Erkenntnissen fußt:

Erstens. Im langfristigen Vergleich zwischen 1984 und 2002 ist der Bereich der Gewaltkriminalität von Kindern – da sprechen wir insbesondere von Elf-, Zwölf-, Dreizehnjährigen – und von Jugendlichen um das Vierfache gestiegen.

Zweitens. Wir haben festgestellt, dass sich gerade die Gewalt im Jugendbereich zu rund drei Vierteln im sozialen

Nahbereich abspielt. Einfacher ausgedrückt: Dort, wo die Tat geschieht, wohnt der Täter in aller Regel auch.

Drittens. Wir sind der Überzeugung, dass eine angemessene Prävention und Begleitung der Betroffenen nur möglich sind, wenn wir einen integrierten Ansatz wählen. Das kann die Polizei alleine nicht leisten, sondern hierzu brauchen wir die Justiz, aber vor allem die Kommunen. Nirgends kann besser überschaut werden, wo in einer Gemeinde etwas gut oder schlecht läuft. Dort brauchen wir die Jugendämter, dort brauchen wir die Schulen und die Staatlichen Schulämter.

In diesem Netzwerke gegen Gewalt sind alle diese Institutionen zusammengefasst. Es ist eine gemeinsame Initiative des Innenministeriums, des Kultusministeriums, des Justizministeriums und auch des Sozialministeriums. Diese Initiative ist nicht nur auf Landesebene, sondern auch regional verankert. Es hat auch bereits eine Reihe von Veranstaltungen stattgefunden. Denn nur wenn wir möglichst dicht vor Ort sind, haben wir die Chance, angemessen und differenziert zu begegnen. Gewalt hat vielfältige Ursachen, und deshalb gibt es nicht eine monokausale Aussage oder Antwort dazu.

Seit dem 1. Juli dieses Jahres gibt es eine gemeinsame Geschäftsstelle dafür im Landeskriminalamt. Es gibt dazu Angebote, Unterstützungsprojekte, und es gibt vor allem – das ist das Allerwichtigste – konkrete Ansprechpartner. An einem Beispiel will ich das belegen: Wir arbeiten daran, dass wir z. B. die Sportvereine als Partner bekommen, um Jugendlichen ganz konkret ein Beispiel geben zu können, wie man Aggressionen, wie man Aktivitäten in Bahnen jenseits von Gewalt lenken kann.

Das ist der tiefere Sinn und der Grundgedanke dieses Netzwerks gegen Gewalt. Es ist bisher in der Bundesrepublik einmalig. Wir arbeiten dynamisch daran, und wir werden begleitet vom kriminalwissenschaftlichen Institut des Bundeskriminalamts, das uns ausdrücklich bescheinigt hat, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind.

Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Jürgens.

Herr Minister, Sie haben eben von Gewalt gesprochen, die von Kindern ausgeht. Es gibt aber auch Kinder, die Opfer von Gewalt sind. Wie vereinbart sich das, was Sie eben erzählt haben, mit der Tatsache, dass die Landesregierung bei den Projekten „Gewalt gegen Kinder“ so starke Streichungen vorgenommen hat, dass viele Beratungsstellen zumachen müssen und die Opfer von Gewalt dann alleine gelassen werden?

Herr Staatsminister Bouffier.

Herr Kollege, ich hatte bereits im letzten Plenum darauf hingewiesen, dass diese Verknüpfung weder kriminalwissenschaftlich noch sonst wie irgendwie begründet ist. Ich sage hier ganz schlicht: Wir lassen die Kinder keineswegs alleine.

Ich will Ihnen nur ein Beispiel nennen. Auf Initiative von mir und der Mehrheitsfraktion ist in Hessen ein Gewaltschutzgesetz verabschiedet worden, das es so nirgends gibt.Die öffentliche Debatte,die sich im Wesentlichen immer um Mann und Frau gedreht hat, hat mich dabei nur sekundär interessiert. Denn das Entscheidende ist, dass die Kinder meistens Opfer sind. Die hessische Polizei ist die einzige, die in dieser Hinsicht alles von Amts wegen verfolgt. Sie hält darüber hinaus ein breites Hilfs- und Beratungsangebot vor. Ich verweise im Übrigen – im Rahmen der Fragestunde ist mehr nicht möglich – darauf, dass das Konzept der Landesregierung, das der „Operation sichere Zukunft“ zugrunde liegt, keineswegs die Beratung vor Ort ausschließt.

Im Übrigen kann ich Ihnen nur sagen, dass das, was wir gerade beim Schutz von Kindern gegen Gewalt vom Internet bis zu vielen anderen Bereichen machen, beispielhaft ist, wenngleich ich einräume, dass hier immer weiterer Handlungsbedarf besteht.

Wenn ich schon einmal die Chance habe: Die Wichtigsten, die wir dazu brauchen, sind verantwortliche Eltern. Es nützt wenig, allgemeine Debatten zu führen, wenn wir dann feststellen, dass das Internet von Kindern genutzt wird,um sich die größten Scheußlichkeiten anzusehen.Da sind allgemeine Debatten wenig hilfreich. Wir müssen an das Recht, aber auch an die Pflicht zur Erziehung von Kindern, und zwar ohne Gewalt, nicht nur appellieren, sondern wir müssen sie bei solchen Gelegenheiten einfordern.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Heinrich Heidel (FDP))

Zusatzfrage, Frau Kollegin Hölldobler-Heumüller.

Herr Minister Bouffier, ist es nicht frustrierend, dass sich Frau Zeimetz-Lorz offenbar so wenig für die Politik Ihrer Regierung interessiert, dass sie die eigenen Presseerklärungen nicht liest und von daher an dieser Stelle anscheinend völlig ahnungslos ist?

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Staatsminister Bouffier.

Frau Kollegin, das ist die gleiche Frage, die Ihre Sitznachbarin gerade gestellt hat. Gehen Sie davon aus, dass die innenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion in alle wesentlichen Entscheidungen dieser Regierung, was die Innenpolitik anbetrifft, eingebunden ist.Aber die Tatsache, dass wir hier Gelegenheit haben, öffentlich darüber zu sprechen, gab Ihrem Kollegen Dr. Jürgens die Chance, noch näher informiert zu werden.

(Lachen bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frage 119, Herr Abg. Gerling, CDU-Fraktion.

Ich frage die Landesregierung:

Wie ist der aktuelle Stand des Modellprojekts des Justizministeriums zur elektronischen Fußfessel?

Herr Minister der Justiz, vertreten durch Herrn Staatssekretär Landau.

Herr Abg. Gerling, wir haben in Hessen als erstem und einzigem Bundesland die elektronische Fußfessel als Modellprojekt eingeführt. Wir haben zunächst eine Erprobungsphase im Landgerichtsbezirk Frankfurt am Main gehabt, haben dann Anfang des Jahres ausgedehnt auf den Landgerichtsbezirk Darmstadt und im April 2003 auf den Landgerichtsbezirk Wiesbaden.

Wir haben bislang bei 124 Personen nur acht Bewährungswiderrufe gehabt, und nur in zwei Fällen gab es eine Wiederinkraftsetzung von Haftbefehlen. Deshalb ist dieses Modellprojekt erfolgreich, nicht nur in Bezug auf die Sicherheit der Bevölkerung, sondern auch, was die Resozialisierung der Bewährungsprobanden und die Einsparung von Haftkosten anbelangt. Wir beabsichtigen deshalb, schrittweise, nach Landgerichtsbezirken gestaffelt, dieses Modellprojekt des Landes weiter auszudehnen.

Zusatzfrage, Herr Kollege Dr. Jürgens.

Herr Landau, teilen Sie meine Auffassung, dass der Informationsgehalt dessen, was Sie eben gesagt haben, haarklein mit dem übereinstimmt, was Sie bereits im Rechtsausschuss ausgeführt haben, wo der Kollege Gerling anwesend war?

Herr Staatssekretär Landau.