Protokoll der Sitzung vom 28.01.2004

Lassen Sie mich zum Schluss meiner Rede noch Folgendes festhalten. Die grüne Justizministerin aus SchleswigHolstein steht voll und ganz hinter diesem Entwurf. Dies zeigte sich sowohl in der Justizministerkonferenz als auch im Bundesrat. Herr Dr. Jürgens, das gibt mir die Gelegenheit, ganz zart darauf hinzuweisen, dass unsere Position nicht so völlig abwegig sein kann. Denn es gibt in den Reihen Ihrer eigenen Partei Befürworter dieses Gesetzentwurfs der Regierung.

Sehr verehrte Frau Kollegin Beer, dasselbe kann ich auch für die Justizminister in Rheinland-Pfalz und BadenWürttemberg reklamieren.Sie stehen voll und ganz zu der Linie der Hessischen Landesregierung. – Herr Präsident, das war es, was ich vortragen wollte.

(Beifall bei der CDU)

Herr Minister, nehmen Sie die Zwischenfrage des Herrn Dr. Jürgens noch an?

(Minister Dr. Christean Wagner: Gerne!)

Herr Minister, ich möchte noch etwas zu den Betreuungsvereinen sagen. Natürlich wird sich das, was Sie da gemacht haben, erst im Laufe des Jahres und im nächsten Jahr auswirken. Ist Ihnen bekannt, dass die von der Bundesregierung veranlasste Rechtstatsachenforschung das Ergebnis erbracht hat, dass bundesweit ungefähr drei Viertel aller Betreuungsvereine mittlerweile sagen, aufgrund mangelnder finanzieller Ausstattung könnten sie die Querschnittsaufgabe der Anwerbung und Unterstützung ehrenamtlicher Betreuer gar nicht mehr leisten?

Ich bestreite dies ausdrücklich. Denn ich habe vor etwa 14 Tagen ein sehr ausführliches Gespräch mit Vertretern eines sehr segensreichen Marburger Betreuungsvereins geführt. Dort wird sehr stark auf die soziale Komponente dieser Tätigkeit hingewiesen. Das ist aber bei der heute geführten Debatte nicht unser Thema. Das gehört zu dem gesamten Thema. Herr Kollege Dr. Jürgens, ich will gerne einräumen, dass der Betreuer bei seiner Tätigkeit nicht

permanent fein säuberlich zwischen der rechtlichen Betreuung und der sozialen Betreuung unterscheiden kann. Das eine ist aber nicht Aufgabe der Gerichte und kann auch nicht nach dem Betreuungsrecht abgerechnet werden. Das ist dann vielmehr Aufgabe der Sozialpolitik. Ich bin gerne bereit, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Das ist dann aber eine andere Debatte.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Herr Dr.Wagner, vielen Dank. – Ich schließe die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 8.Wir kommen damit zur Abstimmung. – Zur Geschäftsordnung hat Herr Kaufmann das Wort.

Herr Präsident,die Beschlussempfehlung ist differenziert. Dementsprechend bitte ich, gemäß § 82 unserer Geschäftsordnung die Fragestellung bei der Abstimmung zu teilen. Um die Abstimmung möglichst kurz zu halten, schlage ich vor, dass man zum einen gemeinsam über die Punkte 1, 2 und 4 der Beschlussempfehlung abstimmt. Ich möchte dazu sagen, dass die Beschlussempfehlung zu diesen Punkten im Ausschuss einstimmig erfolgte. Im zweiten Schritt könnte man dann über die übrigen Punkte der Beschlussempfehlung abstimmen. Das sind die Punkte 3, 5, 6, 8 und 9.

Da ich keinen Widerspruch höre, gehe ich davon aus, dass wir so verfahren können.

Dann lass ich zunächst über die Punkte 1, 2 und 4 der Beschlussempfehlung abstimmen,also über die Empfehlung, die im Rechtsausschuss beschlossen wurde. Wer der Beschlussempfehlung zu den Punkten 1, 2 und 4 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Dann sind diese Punkte einstimmig angenommen.

Wer den Punkten 3, 5, 6, 8 und 9 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen.

(Frank-Peter Kaufmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): In der Beschlussempfehlung!)

Wie gesagt, es geht um die Zustimmung zu dem, was in der Beschlussempfehlung dazu steht. – Dafür hat geschlossen die Fraktion der CDU gestimmt. – Wer stimmt dagegen? – Geschlossen dagegen haben die Fraktionen der FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestimmt. – Wer enthält sich der Stimme? – Die Mitglieder der Fraktion der SPD haben sich der Stimme enthalten.

Damit stelle ich fest, dass der Beschlussempfehlung insgesamt zugestimmt wurde. – Vielen Dank.

An die Herren und Dame Geschäftsführer und Geschäftsführerin stelle ich die Frage:Wollen wir noch einen Punkt aufrufen, oder gehen wir in die Mittagspause? – Ich sehe weitestgehend Kopfschütteln. Dann darf ich Sie in die Mittagspause entlassen.Wir sehen uns um 15 Uhr wieder.

(Unterbrechung von 12.58 bis 15.03 Uhr)

Ich darf Sie zur Fortsetzung unseres Plenums begrüßen. Auf Ihren Plätzen müsste ein Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einstellung des SAP-Programmpakets R/3, Drucks. 16/1828, liegen. Wird die Dringlichkeit bejaht? – Das ist so. Zur Geschäftsordnung, Herr Kollege Kaufmann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu dem von uns eingebrachten Dringlichen Antrag, dessen Dringlichkeit Sie eben bejaht haben, beantragen wir, ihn heute Nachmittag, nach dem vereinbarten Setzpunkt, auf die Tagesordnung zu nehmen. Wir halten die Angelegenheit für so dringlich, dass es keinen Aufschub duldet, den Landtag zeitnah zu informieren.

Meine Damen und Herren, was ist geschehen? SAP hat heute erklärt – zumindest war es heute der Presse zu entnehmen –, dass im Jahre 2008 für das Programmsystem SAP R/3 – ein Name, den wir alle aus vielen Diskussionen kennen – der Support, wie es neudeutsch heißt, d. h. die gesamte Unterstützung des Herstellers für die Software, eingestellt wird, weil es ein neues System gibt, mySAP, das bis dahin eingeführt werden soll. In den Zeitungsberichten und Zeitungskommentaren ist davon die Rede, dass das für alle Anwender mit erheblichen Mehrkosten verbunden sein wird.

Meine Damen und Herren, zum Thema SAP haben wir auch schon öfter über Kosten gesprochen, wie sie dem Finanzminister aus dem Ruder gelaufen sind.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist gut in Erinnerung!)

Wir müssen jetzt zur Kenntnis nehmen,dass offensichtlich andere Planungen laufen, von denen wir bisher nichts wussten. Wir gehen davon aus, dass der Finanzminister uns darüber etwas sagen kann und unserer Meinung nach auch sehr dringlich sagen muss,

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

nämlich was die Regierung weiß, wie das mit den Kosten ist und wie es mit dem System weitergehen soll. Das halten wir für äußerst dringlich. Täglich gibt es Seminare, Leute arbeiten daran und erfahren jetzt: An dem Tag, wenn das System sozusagen landesweit eingeführt ist und auch bundesweit als Pilotprojekt dienen soll, ist es im Prinzip kaputt, weil es vom Hersteller nicht mehr unterstützt wird.

Meine Damen und Herren, dies erfordert in der Tat eine sehr dringliche Debatte im Hessischen Landtag. Wir beantragen, wie gesagt, die Angelegenheit heute nach dem jetzt aufzurufenden Setzpunkt gleich zu beraten, und sagen, eine Redezeit von fünf Minuten wäre auf jeden Fall notwendig. – Danke schön.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Herr Gotthardt, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema SAP beschäftigt uns seit einiger Zeit und wird uns wahrscheinlich noch ein wenig beschäftigen; denn schließlich – Herr Kollege Kaufmann hat es gesagt – reden wir im Moment über 2008. Da leuchtet es natürlich ein, dass es heute, Mittwochnachmittag, um 15 Uhr beantwortet werden muss. Es ist so dringlich, dass es keine Stunde Aufschub hat.

Wir finden auch, es ist ein dringliches Thema.Wir können darüber diskutieren;

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Er hätte auch selbstständig darüber berichten können!)

aber ob man die Arbeit des Parlaments ernst nimmt,wenn man glaubt, aus jeder Pressemitteilung nachmittags schon einen Dringlichen Antrag machen zu müssen, der dann sofort gesetzt werden muss, das wage ich zu bezweifeln.

(Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bei 250 Millionen c kann man schon einmal diskutieren! – Zurufe von der CDU)

Herr Frömmrich, wir lieben Sie als Opposition. Da ich sicher bin, dass das Ministerium den Sachverhalt sofort klarstellen kann, sind wir gerne einverstanden, dass das Ministerium sofort dazu Stellung nimmt, um Ihre Fragen aufzuklären. Denn es wird sehr einfach sein, diesen Punkt aufzuklären. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU – Jürgen Frömmrich (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN): Jetzt steht im Protokoll, dass Sie uns lieben!)

Dann darf ich den Antrag der GRÜNEN zur Abstimmung stellen, den Dringlichen Antrag – –

(Nicola Beer (FDP): Er hat doch zugestimmt!)

Herr Gotthardt hat zugestimmt. Sind alle einig? – Also nach dem Setzpunkt – –

(Frank Gotthardt (CDU): Nein, jetzt!)

Jetzt sofort? – Dann darf ich den Antrag aufrufen:

Dringlicher Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN betreffend Einstellung des SAP-Programmpakets R/3 – Drucks. 16/1828 –

Ich darf dem Antragsteller zur Begründung des Antrags das Wort erteilen. Herr Wagner für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bitte sehr. Fünf Minuten Redezeit ist verabredet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben es heute im „Handelsblatt“ gelesen: SAP stellt das Kernprodukt R/3 ein.Wir müssen das aus dem „Handelsblatt“ erfahren. Bei einem Projekt, in dem Steuermittel in Höhe von 250 Millionen c stecken,müssen wir als Abgeordnete des Hessischen Landtags aus dem „Handelsblatt“ erfahren,dass die Firma SAP daran denkt,ihr Kernprodukt R/3 einzustellen. Das halten wir schon für einen Vorgang, der dringlich ist und der hier im Hause behandelt werden muss, Herr Kollege Gotthardt.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Es kann sein, dass das alles gute Erklärungen hat. Aber unsere bisherigen Erfahrungen mit dem Thema SAP und vor allem mit dem Umgang der Landesregierung mit dem Thema SAP lassen nichts Gutes vermuten. Deshalb, Herr Kollege Gotthardt, ist es das gute Recht der Abgeordneten in diesem Hause, Auskunft zu verlangen, was mit diesem Produkt geschehen soll.

(Ursula Hammann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sehr richtig!)

Wir kennen die Geschichte von SAP. Damit wir uns nicht falsch verstehen:Wir sind nicht gegen die Einführung der kaufmännischen Buchhaltung in der Landesverwaltung. Wir waren immer dafür. Wir haben dieses Projekt begrüßt.Aber wir begleiten natürlich kritisch, wie Sie dieses Produkt und dieses Projekt einführen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der SPD)

Da muss man schlicht und ergreifend feststellen, dass nach eigener Aussage des Finanzministers dieses Projekt einmal 50 Millionen c kosten sollte. Mittlerweile sind wir bei 250 Millionen c, und jetzt stellen wir fest,