Protokoll der Sitzung vom 11.09.2018

Seit Jahren ist kaum etwas bis gar nichts passiert. Wir haben einen Pflegenotstand. Wir werden alle älter. Wir brauchen das Personal. Die Patientensicherheit hängt vom Personalschlüssel ab.

(Günter Rudolph (SPD): So ist es!)

Das beweisen die Studien. Deswegen möchten wir einen definierten Personalschlüssel, damit wir einfach eine gute, risikoarme Versorgung gewährleisten können. Diese Vorgaben wollen Sie nicht. Das ist sehr schade. Wir hätten gerne, dass Patienten und Bewohner ordnungsgemäß versorgt werden können.

Nicht nur die hessische SPD sieht das so, sondern auch ver.di, der Ethikrat, der Pflege-SHV, der DBfK sowie andere. Heute war eine Besuchergruppe aus Marburg-Biedenkopf hier, die im Krankenhaus- und im Pflegebereich gearbeitet hat, die genau dasselbe schilderte.

Wir hoffen, dass Sie einlenken und sich mit uns für eine landesweite Lösung einsetzen. Solange Sie das nicht umsetzen, werden wir es immer wieder thematisieren, weil wir Mindestpersonalstandards brauchen, um endlich das Gesundheitssystem zu sichern und gutes Personal für die Menschen vor Ort zu haben, mehr Zeit für die Pflege. Das ist unser Plädoyer.

(Beifall bei der SPD)

Ein letztes Thema, das ich ansprechen möchte, ist die Geriatrie. Die Arbeitsgemeinschaft katholischer Krankenhäuser fordert die Aufnahme der Geriatrie als krankenhausplanerisch eigenständiges Fachgebiet und damit als Teil des Krankenhausplans. Sie sehen da den Bedarf der gesetzlichen Regelung. Das wäre sinnvoll auf der Fachebene zu planen und im Gesetz entsprechend zu verankern.

Das Thema Geriatrie wird in einer älter werdenden Gesellschaft nicht besonders berücksichtigt, gerade bezüglich der demografischen Entwicklung. Für die Versorgungsplanung, die wir darauf abstellen müssten, wäre eine rechtliche Klarstellung ganz wichtig und dann auch die Sicherstellung der fallabschließenden Geriatrie. Darauf hebt das Gesetz aber leider nicht ab.

In der Großen Anfrage zur Gesundheitsversorgung sprach die Landesregierung allerdings von einem hessischen Geriatriekonzept. Das kann ein gutes Instrument sein. Wir hatten damals schon gefragt: Wann wird es geschrieben? Wann wird es vorgestellt? – Bislang fehlt die Antwort. Vielleicht könnte uns der Minister heute etwas dazu sagen. Oder wollen Sie vielleicht den Hinweis der katholischen Krankenhäuser bedenken und in das Gesetz einbeziehen?

Sie sehen, es gibt auf jeden Fall noch Diskussions- und auch Änderungsbedarf. Deswegen beantragen wir die dritte Lesung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Danke, Frau Sommer. – Für die GRÜNEN hat sich Herr Bocklet gemeldet.

Herr Präsident! Um 20:29 Uhr erlaube ich mir, nicht noch einmal eine komplette Anhörung nachzuvollziehen und eine Fachdebatte zu führen, sondern daran zu erinnern, was dieses Gesetz bewegt: zwei Punkte.

Zum einen haben wir noch einmal nachjustiert, dass jetzt die Verbundbildung noch besser gefördert wird. Dafür stellen wir im Übrigen 21 Millionen € zusätzlich zur Verfügung. Wir haben jetzt auch in dem Änderungsantrag dafür gesorgt, dass gerade Krankenhäuser, die schon länger vorbildlich agiert haben, nicht bestraft werden, sondern dass sie noch einmal bevorzugt werden. Die Verbundförderung für Krankenhäuser muss stärker gefördert werden, damit die Krankenhäuser nicht urwüchsig über die Wupper gehen, sondern dass sie in die Lage versetzt werden, wirtschaftlich und gemeinsam starke Konzepte zu entwickeln.

Wir wollen das finanziell unterstützen. – Das ist Punkt eins.

Punkt zwei, der uns sehr wichtig war: Wir wollen die Stärkung der Gesundheitskonferenzen. Dazu steht ganz viel in diesem Gesetz drin. Wir erhoffen uns dadurch, dass transparent, lokal und regional sektorenübergreifend zwischen ambulanter und stationärer Versorgung gearbeitet wird. Wir wollen, dass dort der Patient im Mittelpunkt steht und dass von der Notfallversorgung über die ambulante, stationäre bis zur nachsorgenden Versorgung darüber gesprochen wird: Wie kann die Versorgung kreativ und innovativ sichergestellt werden? – Das sind hohe Erwartungen an die zukünftigen Gesundheitskonferenzen. Wir haben sie auch bezüglich der Zahl der Teilnehmer, die dorthin entsandt werden, so ausgestattet, dass wirklich an jede Profession gedacht wird. Wir erhoffen uns von diesem Krankenhausgesetz tatsächlich einen großen Fortschritt.

Zu den Änderungsanträgen haben die Kollegen Vorredner schon etwas gesagt. Wir haben auch noch etwas übrig und vor uns. Wir werden uns natürlich auch dieses Gesetz, wie wir es immer getan haben, nach einem Jahr daraufhin anschauen, ob der MDK oder andere ihren Job gut machen. Auch das gilt wie immer, wenn wir hier Gesetze verabschieden: Wir haben sie dann evaluiert und nach einem Jahr eine Zwischenbilanz gezogen. Wenn es bessere Vorschläge gibt, werden wir darüber weiter diskutieren. Wir wollen uns noch ein bisschen Arbeit für die nächsten fünf Jahre übrig lassen.

(Günter Rudolph (SPD): Das entscheidet der Wähler!)

Wir sind bereit und gut aufgestellt. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Danke, Herr Bocklet. – Für die Landesregierung spricht Staatsminister Grüttner.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu drei, vier Punkten, die angesprochen worden sind, ein paar Bemerkungen machen, damit man sieht, dass gewisse Auffassungen, die seitens der Oppositionsfraktionen vorgetragen worden sind, nicht unbedingt von tief greifender Kenntnis sprechen.

Erstens. Es ist überhaupt kein Problem, beispielsweise einen Verbund zwischen der Gesundheit Nordhessen und den Städtischen Kliniken in Darmstadt einzugehen, auch wenn das nicht mit 30 Minuten Fahrzeit zu verbinden ist. Das Gesetz sieht ausdrücklich eine Fahrzeit von 30 Minuten vor, wenn es außerhalb des Bundeslandes ist. Deswegen ist diese 30-Minuten-Frist neu mit hineingekommen.

Ich will Ihnen noch einen Grund sagen, warum wir es mit aufgenommen haben, nämlich weil wir eine Verbundlösung in Hessen an dieser Stelle zwischen dem Universitätsklinikum in Heidelberg und dem Kreisklinikum an der Bergstraße haben. Das ist für die Bergstraße ein sehr guter Verbund, der die medizinische Versorgung an der Bergstraße ausdrücklich gestärkt hat. Es wäre nicht gut, wenn wir die Kreiskliniken an der Bergstraße dafür verantwort

lich machen würden, im Sinne einer Sanktion nicht in die Regelungen einer Verbundlösung hineinzukommen, nur weil sie mit Heidelberg eine Kooperation eingegangen sind. – Insofern: Schauen Sie nach. Dann bekommen Sie auch eine entsprechende Information.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Punkt zwei. Wenn wir bundesgesetzliche Vorgaben in das Hessische Krankenhausgesetz mit übernehmen, dann müssen wir sehen, dass in dem GKV-Versorgungsstrukturgesetz, also dem Krankenhausstrukturgesetz, der Punkt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung eine ganz entscheidende Rolle im Hinblick auf die Frage der Nachprüfung von Qualität in Krankenhäusern gespielt hat. Wenn wir diesem Gesetz Folge leisten, brauchen wir in dem hessischen Gesetz eine Ermächtigungsgrundlage, die es uns ermöglicht, den MDK auch in Hessen damit zu beauftragen. Ob wir es tun, ist vollkommen dahingestellt. Das Einzige, was wir in diesem Gesetz haben, ist eine Ermächtigungsgrundlage, es machen zu können. Aber damit ist bei Weitem noch keine Entscheidung getroffen worden, ob wir das machen.

Dritter Punkt. Wir haben – auch unter Beteiligung des Landes Hessen – sehr intensiv und sehr lange in einer Pflegepersonalkommission auf Bundesebene gesessen, in einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe, in der auch der Deutsche Pflegerat und viele andere inklusive ver.di vertreten waren. Wir sind zu einem Ergebnis im Hinblick auf die Frage gekommen, wie wir in Zukunft personalintensive Pflegebereiche in Krankenhäusern definieren und dort Pflegepersonaluntergrenzen festsetzen. Dieses haben wir vor über einem Jahr mit der Maßgabe vereinbart, dass sich die Selbstverwaltungskörperschaften – in diesem Fall die Deutsche Krankenhausgesellschaft und die gesetzliche Krankenversicherung – auf ein System einigen. Dies wurde angekündigt mit der Drohung: Wenn sie sich nicht einigen, dann wird der Bundesgesetzgeber tätig werden. – Die beiden haben sich nicht geeinigt. Der Bundesgesetzgeber wird nun durch eine entsprechende Verordnung auf Bundesebene tätig; sie ist ergänzt durch das Pflegepersonalstärkungsgesetz.

Dies hat auch Wirkung auf die hessischen Krankenhäuser. Deswegen brauchen wir keine separate Regelung im Hessischen Krankenhausgesetz. Wir werden dies auch umsetzen, auch wenn uns Krankenhäuser sagen: Wir haben dann möglicherweise ein Problem, weil uns die Fachkräfte fehlen, sodass wir das eine oder andere Intensivbett in Zukunft nicht mehr betreiben können. – Dann möchte ich von Ihnen aber nicht hören, wenn es beispielsweise eine Grippewelle oder etwas anderes gibt: Warum werden Intensivbetten zugemacht? – Das eine bedingt das andere. Wir sind an der Stelle im Gespräch.

Wir sind in Hessen in der Situation, dass wir, was die Notfallversorgung anbelangt, eine Richtung eingeschlagen haben, die den Kliniken letztendlich eine Existenzsicherung ermöglicht, die diese auch dringend brauchen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn bei einer Schließung mindestens 5.000 Menschen Fahrzeiten von mehr als 30 Minuten zu einem alternativen Krankenhaus hätten, in dem betroffenen Gebiet aber eine zu hohe Bevölkerungsdichte vorherrscht. Das kann auch der Fall sein, wenn ein alternatives Krankenhaus in einem anderen Bundesland liegt und wir keinerlei Einfluss darauf haben, ob dieses Krankenhaus Notfallstandort ist, bleibt oder wird.

Deswegen ist mit der vorgesehenen Verordnungsermächtigung in diesem Gesetz die Voraussetzung dafür geschaffen, eine flächendeckende Versorgung zu erhalten. Ich sage ganz ausdrücklich: Alle aktuellen Diskussionen, auch was Bad Schwalbach oder Sonstiges anbelangt, sehen vor, dass keine Klinik, die in der Vergangenheit geschlossen worden ist, davon betroffen ist. Aber es gibt eine Planungssicherheit für die hessischen Krankenhäuser im Sinne der Notfallversorgung.

Ein Letztes, um auch diesen Punkt noch einmal anzusprechen: Das Thema der Geriatrie ist die Folge eines Urteils des Bundessozialgerichts im Hinblick auf die Schlaganfallversorgung. Es ist überhaupt keine Frage, dass jede bisherige Klinik, die einen geriatrischen Versorgungsauftrag hatte, auch in Zukunft die Geriatrie in dem gleichen Umfang anbieten und OPS-mäßig abrechnen kann. Aber wir kommen an den gesetzlichen Grundlagen nicht vorbei, dass jede Klinik, die eine Innere Medizin hat, in Zukunft den OPS-Code für die Geriatrie anwenden kann. Wir sind aber in der Diskussion mit den Krankenhäusern – dafür brauchen wir die Opposition nicht –,

(Widerspruch des Abg. Norbert Schmitt (SPD))

wie wir in Zukunft in der Krankenhausplanung – Herr Schmitt, wir brauchen die Opposition dazu wirklich nicht – den Punkt der Geriatrie – – Da ist Hessen seit vielen Jahren ein Beispiel, auch lange bevor die jetzige Landesregierung die Verantwortung hatte. Wir sind in einer guten Fortführung dessen, was wir in Hessen angestoßen haben, nämlich der fallabschließenden Behandlung mit all den Problemen, die damit zusammenhängen, und der Frage, wie wir das in Zukunft gestalten können. Das ist aber Gegenstand der Diskussion über die Krankenhausplanung und nicht über das Krankenhausgesetz. Insofern ist das, was die Regierungsfraktionen eingebracht haben, ein gutes Gesetz, und es ist mit den Änderungsanträgen entsprechend präzisiert. Die Landesregierung unterstützt das vollumfänglich.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Danke, Herr Minister Grüttner. – Wir sind am Ende der Aussprache angelangt.

Es ist die dritte Lesung beantragt. Deswegen überweisen wir den Gesetzentwurf sowie die Änderungsanträge an den Sozial- und Integrationspolitischen Ausschuss zur Vorbereitung der dritten Lesung.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Zweite Lesung des Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Neuregelung von Sondervermögen zur Sicherung der Versorgungsleistungen – Drucks. 19/6766 zu Drucks. 19/6383 –

Ich bitte als Erstes um den Bericht des Berichterstatters Landau.

(Abg. Dirk Landau (CDU) erhebt sich zögernd von seinem Platz.)

Herr Landau, ich habe hier notfalls einen Zettel für Sie.

(Allgemeine Heiterkeit)

Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Der Haushaltsausschuss empfiehlt dem Plenum mit den Stimmen der CDU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP gegen die Stimme der LINKEN, den Gesetzentwurf in zweiter Lesung unverändert anzunehmen. – Vielen Dank.

Danke, Herr Landau. – Ich eröffne die Aussprache. Die vereinbarte Redezeit ist zehn Minuten. Als Erster hat sich Herr Banzer für die CDU-Fraktion gemeldet.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben dem Bericht schon entnommen, dass es eigentlich größeres Einvernehmen im Ausschuss gab. Auch bei der Anhörung wurde nicht sehr viel kritisiert. Die FDP hat beantragt, die Zuwendungen zu verdoppeln. Das zeigt also: Die Tendenz wird als richtig angesehen. Ich wäre froh, wir könnten dazu Ja sagen.

(Stefan Müller (Heidenrod) (FDP): Können Sie!)

Irgendwann werden wir das sagen. Momentan sind wir dazu noch nicht in der Lage. Das geht auch nicht, weil wir das ja im Rahmen eines bereits verabschiedeten Haushalts machen. Aber insgesamt ist das Ziel, einen Teil der Versorgungslasten abzufedern, sicherlich richtig. Wir schaffen jetzt nur 10 %. Ich glaube, dass das zwar ein gutes, aber noch nicht das letzte Ziel ist. Ich denke aber, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Banzer. – Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Schmitt zu Wort gemeldet.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Banzer hat recht: Wir haben heute schon streitiger diskutiert. Wir werden das wahrscheinlich auch in den nächsten Tagen tun. Trotzdem fängt das Problem des Gesetzentwurfs schon bei der Überschrift an: „Gesetz zur Neuregelung von Sondervermögen zur Sicherung der Versorgungsleistungen“. Wenn man sich den Gesetzentwurf genauer anschaut, wird man feststellen, dass wir nur einen geringen Teil der Versorgungsleistungen, die jährlich anfallen und die als Versorgungsrückstellungen bilanziert werden, tatsächlich aus diesem Sondervermögen leisten können.