Protokoll der Sitzung vom 26.01.2017

Sie trügen Verantwortung für den Verdrängungswettbewerb und für Sozialdumping zulasten der Belegschaft. Ohne politische Korrektur sei der Tarifkonflikt nicht zu lösen. Die Politik müsse dazu aufgefordert werden, in den Verkehrsverträgen Klauseln zu verankern, die Tarifabschlüsse der Busbranche ausgleichen, damit faire Busfahrerlöhne auch in Hessen bezahlt und refinanziert werden könnten. Und weiter: Die Politik müsse dafür ihren Sparkurs stoppen und die Mittel für den hessischen Bus-ÖPNV aufstocken. – In unseren Ohren klingt das wie zarte Harfenmusik. In Ihren Ohren muss es klingen wie schrille Fanfarenstöße. Meine Damen und Herren, der Mann sagt das, was wir Ihnen schon lange sagen, Sie aber hier nie hören wollten.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Das Problem hat auch Namen. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat es eingeführt, die schwarz-grüne Landesregierung führt es munter weiter, und alles wundert sich, dass es so blöd läuft. Genau da wird jetzt genau auf uns geschaut, da muss sich etwas ändern und da bleiben wir dran. Glück auf für die Schlichtung. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Vielen Dank, Kollege Decker. – Das Wort hat Frau Abg. Karin Müller (Kassel), BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wir freuen uns natürlich, wenn heute Busfahrerinnen und Busfahrer hier sind, den Hessischen Landtag besuchen und der Debatte zuhören. Herzlich willkommen natürlich auch von uns.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Wir können natürlich auch den ersten Teil Ihrer Aktuellen Stunde unterstützen. Die Busfahrerinnen und Busfahrer haben unsere uneingeschränkte Wertschätzung verdient. Sie haben einen verantwortungsvollen Job. Sie sind verantwortlich für die Menschen, die sie transportieren. Aber sie werden auch verantwortlich gemacht für Verspätungen, die sie oft nicht zu verschulden haben. Sie werden angepöbelt. Das halten sie alles aus. Sie zeigen den Menschen den Weg, und an ihnen liegt es auch oft, ob Menschen den ÖPNV nutzen oder nicht, denn der erste Eindruck ist oft der, der sagt: Hier fühle ich mich gut aufgehoben und komme sicher ans Ziel.

(Manfred Pentz (CDU) und Hermann Schaus (DIE LINKE): Ja!)

Also, unsere Wertschätzung gilt den Busfahrerinnen und Busfahrern.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie bei Abgeordneten der CDU, der SPD, der LIN- KEN und der FDP)

Den zweiten Teil allerdings, ob wir den Kommunen vorschreiben sollen, ob sie ihre Verkehrsverträge ausschreiben oder nicht, können wir natürlich so nicht unterstützen: Zum einen gibt es die kommunale Selbstverwaltung. Die Kommunen entscheiden selbst, ob sie direkt vergeben oder ausschreiben. Das Zweite ist die Tarifautonomie. Die Gewerkschaften verhandeln die Tarife, und bis jetzt haben sie das immer gut gemacht. Wenn Sie jetzt sagen – darüber könnte man sicher lange diskutieren –, die Wertschätzung misst sich an dem monetären Ausgleich

(Zurufe von der LINKEN: Auch!)

auch –, ist das aus meiner Sicht ein Stück weit ein Angriff auf die Gewerkschaften: dass sie bisher schlecht verhandelt hätten. So sehe ich das jetzt auch nicht.

Zum Thema „hessischer Weg“: Die Verordnung 1370/2007 wurde ja schon erwähnt. In der 1370 steht, dass ein sicherer, effizienter und hochwertiger Personennahverkehr durch regulierten Wettbewerb entstehen soll. Das Ziel ist attraktiver Nahverkehr zu niedrigen Kosten. Das ist die Vorgabe, auf der ausgeschrieben wurde, und die Entscheidung, ob direkt vergeben wird, treffen die Kommunen. Ich denke, das sollten wir auch so lassen, wie es ist.

Faire Bezahlung – ja. Da wünsche ich auch den Schlichterinnen und Schlichtern viel Erfolg.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Judith Lannert (CDU))

Ich denke, sie werden einen guten Weg finden; denn auch die Unternehmerinnen und Unternehmer haben ein Interesse daran, gute Fahrerinnen und Fahrer zu bekommen. Der Markt ist nämlich so, dass es kaum noch Busfahrerinnen und Busfahrer gibt, die das überhaupt machen wollen. Deswegen ist beiden Seiten natürlich daran gelegen, eine faire Bezahlung zu haben.

Jetzt komme ich aber noch einmal zu dem, was Hessen macht. Hessen hat nämlich vor eineinhalb Jahren ein Tariftreue- und Vergabegesetz auf den Weg gebracht, worin wir ausdrücklich den ÖPNV festgeschrieben haben. Bisher war es nämlich so: Es musste nicht zwingend nach einem Tarif gezahlt werden. Jetzt haben wir festgelegt, es muss

bei der Ausschreibung mindestens der LHO-Tarif sein, und das ist festgeschrieben worden – nicht nur für die Direktvergabe und die Unternehmen, sondern auch für die Nachunternehmen. Also: Wenn jemand den Subunternehmer beschäftigt, muss er auch gewährleisten, dass mindestens der LHO-Tarif gezahlt wird. Ich denke, das ist ein großer Schritt in die richtige Richtung. Da haben wir geliefert. Das, was wir tun konnten, haben wir getan.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN so- wie der Abg. Holger Bellino und Judith Lannert (CDU))

Ich denke, das Thema Busfahrerinnen und Busfahrer ist wichtig. Ich habe mich aber ein bisschen gewundert, dass die Forderung nicht beim Kitastreik kam. Da hätte man genauso argumentieren können: alle Kindertagesstätten wieder zurück in die kommunale Hand. Das haben Sie damals auch nicht gefordert; das war vergleichbar.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE) – Unruhe – Glockenzeichen des Präsidenten)

Von daher wünschen wir den Schlichterinnen und Schlichtern ein gutes Ergebnis, sichere Busfahrt und Glück auf.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der CDU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müller. – Das Wort hat Herr Abg. Lenders, FDP-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass die Tarifautonomie bei den LINKEN gerne keine Rolle spielt, wenn es gilt, im Landtag politische Debatten zu führen, das haben wir schon an verschiedenen Stellen zu spüren bekommen. Ich kann mich eigentlich nur dem Kollegen Decker anschließen: Gerade in einem Schlichtungsverfahren sollte man sich aus einem Streik, aus einer Tarifauseinandersetzung heraushalten. Gerade für die Politik wäre das geboten.

Meine Damen und Herren, wenn Herr Schaus hier hereinruft, das sei kein Zufall, dann zeigt das, dass Sie nur politischen Honig daraus saugen wollen, aber dass es Ihnen wahrscheinlich kaum um die Sache geht.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Versuchen Sie es doch einmal!)

Ich kann es gerne einmal versuchen. – Das Thema Wertschätzung der Busfahrerinnen und Busfahrer wird auch von mir geteilt. Ich bin sehr froh, wenn ich mit dem Bus fahre, dass ich für ein paar Minuten die Augen zumachen kann, weil ich weiß, dass ein Busfahrer mich sicher ans Ziel bringt. Das ist keine Frage.

Ich will aber auch sagen, dass ein Mittelständler kein Problem hat, seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein gutes Gehalt zu zahlen, wenn er es erwirtschaften kann. Das ist ein Aspekt, den Sie – –

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Das ist eine gesellschaftliche Frage, keine betriebswirtschaftliche!)

Herr Schaus, wenn Sie eine Diskussion mit mir persönlich führen wollen, können wir das gerne draußen tun. –

Hier geht es mir darum, zu sagen, dass Unternehmer durchaus bereit sind, ihren Mitarbeitern ein vernünftiges Gehalt zu zahlen. Gerade im Hinblick auf Fachkräftemangel wird das ein zunehmendes Problem. Ich kann Ihnen nur sagen: Bisher haben die Gewerkschaften und die Arbeitgebervertreter immer vernünftige Lösungen gefunden. Das wird auch hier der Fall sein.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Holger Bellino (CDU))

Ich hätte mir von den LINKEN aber gewünscht, dass sie etwas dazu sagen, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auf den Bus angewiesen sind, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen, dann vom Streik betroffen sind und eben nicht zur Arbeit kommen. Sie müssen dann sagen: Ich muss mir heute einen Tag Urlaub nehmen. – Sie sollten ein Wort darüber verlieren, dass diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die oftmals im Dienstleistungsgewerbe sind, gegenüber ihrem Arbeitgeber in Erklärungsnot kommen, wenn der Bus nicht fährt. Es wäre nett gewesen, wenn Sie auch dazu etwas gesagt hätten.

(Janine Wissler (DIE LINKE): Da klatscht noch nicht einmal die FDP!)

Meine Damen und Herren, bezüglich der Ausschreibungssituation sind wir auch der Meinung, dass in Hessen die Bündel so ausgeschrieben werden sollten, dass sie ein Stück weit auch die regionale Wertschöpfung beinhalten. Die Bündel sollten mittelstandsorientiert ausgeschrieben werden, um den Kostendruck von den Unternehmen wegzunehmen, damit sie in der Lage sind, vernünftige Gehälter zu zahlen. Das sollten wir schon auch im Blick behalten.

Wenn es hier Nachsteuerungsbedarf gibt, dann muss man sich damit auseinandersetzen. Das ist dann aber eine ganz andere Debatte als die, die DIE LINKE uns hier aufzudrücken versucht hat. – Vielen Dank.

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Hallo, Beifall? – Beifall bei der FDP – Jürgen Frömmrich (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Im Protokoll steht „starker Applaus“!)

Vielen Dank, Kollege Lenders. – Das Wort hat Herr Abg. Uli Caspar, CDU-Fraktion.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Nachdem der Applaus für den Vorredner jetzt beendet ist,

(Janine Wissler (DIE LINKE): Verhallt ist!)

darf ich vielleicht beginnen.

(Beifall bei der CDU)

Wir freuen uns, dass Vertreter der Busfahrerinnen und Busfahrer heute den Hessischen Landtag besuchen. Wir wissen, was wir davon haben, dass wir einen guten öffentlichen Personennahverkehr, aber auch sonst einen guten Busverkehr, auch einen Busfernverkehr, in Deutschland haben. Wir wissen, dass die Sicherheit der Fahrgäste davon abhängt, dass wir gute, qualifizierte Busfahrerinnen und Busfahrer haben, die sich auf ihre Aufgabe konzentrieren. Wir danken den Busfahrerinnen und Busfahrern dafür, dass sie diese verantwortliche Aufgabe übernehmen, und

haben deswegen auch Verständnis dafür, dass sie sagen: Für diese Aufgabe wollen wir auch gut honoriert werden. – Das findet unsere Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, richtig ist aber auch, dass wir keine Schwächung der Tarifpartner wollen. Die Tarifpartner sind nun einmal dafür zuständig, die Konditionen miteinander zu vereinbaren. Derjenige, der sagt, die jetzigen Konditionen seien zu schlecht, mag recht haben. Allerdings muss ich sagen: Auch die jetzigen Konditionen sind von den Tarifpartnern so vereinbart worden, und es ist nicht Aufgabe der Politik, hier Vorgaben zu machen. Wir wünschen uns nur – –

(Hermann Schaus (DIE LINKE): Doch, genau das ist es!)

Das unterscheidet uns eben, Herr Schaus. Wir sind dafür, dass wir Rechte von anderen achten. Sie tun das eben nicht. Das ist der Unterschied.