Protokoll der Sitzung vom 11.05.2000

Weitere Fragen sehe ich nicht. Dann rufe ich den nächsten Fragesteller, Herrn Jobs, auf.

Trotz großen Lobes von allen Seiten – auch vom Senat – läuft die Finanzierung der ambulanten Drogenentgiftungseinrichtung VIVA Rahlstedt im Juni aus. Deshalb frage ich die Senatorin:

Erstens:Warum ist bis heute trotz allgemeiner Zustimmung zum Projekt und trotz entsprechender Absichtserklärungen keine Sicherung der Anschlußfinanzierung der Einrichtung über den 30. Juni hinaus erfolgt?

Zweitens: Wann gedenkt der Senat die zur Weiterführung von VIVA Rahlstedt notwendigen Finanzierungsentscheidungen zu treffen, nachdem die Verhandlungen mit den Krankenkassen offenbar nicht fristgerecht zum Abschluß kommen können?

Der zweite Teil Ihres letzten Satzes, Herr Jobs, stand nicht in Ihrer schriftlich formulierten Frage. Ich darf Sie an die Geschäftsordnung erinnern. – Frau Senatorin Roth hat das Wort.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Zur Zeit gibt es Verhandlungen mit den Kostenträgern – den Krankenkassen – über die künftige Finanzierungsgrundlage. Ich habe schon mehrmals im Parlament in den Fragestunden darüber berichtet.Es sind alle beteiligt, auch der Träger und insbesondere die Krankenkassen. In der Zwischenzeit hat sich auch der Zulassungsausschuß der Kassenärztlichen Vereinigung mit der Frage beschäftigt. Es gibt allerdings noch kein abschließendes Ergebnis. Die Prüfungen dauern noch an. Insofern kann ich Ihnen auch keine abschließende Aussage darüber machen, welche künftige Finanzierungsform erreicht ist. Ich sage Ihnen nur soviel:Wir wollen das Ziel erreichen, daß die Krankenkasse diese Leistung übernimmt, weil es aus unserer Sicht Krankenkassenleistungen sind. Ich gehe aber davon aus, daß in acht bis zehn Wochen auch diese Prüfung abgeschlossen ist und wir dann zu einem Ergebnis kommen werden. Allerdings wird es nicht durch Fragestunden in diesem Parlament erledigt.

Herr Jobs mit einer Zusatzfrage.

(Staatsrat Dirk Reimers)

Frau Senatorin, ist dem Senat bekannt, daß aufgrund von einzuhaltenden Kündigungsfristen angesichts der Fristsetzung der Träger der Einrichtung bereits Entlassungen vornehmen mußte und somit die Leistung, die alle so gut finden, gar nicht mehr oder zumindest in naher Zukunft nicht mehr vorgehalten werden kann?

Frau Senatorin.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter! Wenn ein Träger eine bestimmte Leistung durchführt und weiß, daß es von seiten der Behörde nur eine Übergangslösung ist, muß er sich darauf einstellen, daß Veränderungen erfolgen, wenn es nicht gelingt, die Krankenkassen zu überzeugen. Ich gehe aber davon aus, daß wir zu einem Ziel kommen, weil die Plausibilität der Argumentation gegeben ist. Insofern sind wir – diejenigen, die bisher bezahlt haben – nicht dafür zuständig, die Krankenkassen im voraus aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Wir werden alles tun, damit die Krankenkassen in diesem Zusammenhang ihre Verantwortung übernehmen. Keine falschen Signale zur falschen Zeit senden.

Herr Jobs mit einer allerletzten Frage.

Sie haben gerade gesagt, acht bis zehn Wochen wird es wahrscheinlich noch dauern, bis die Verträge abgeschlossen werden können. Ist es aus Ihrer Sicht nicht auch notwendig, dem Träger für die Übergangszeit eine Finanzierungszusage zu machen, damit die Einrichtung diese Zeit überstehen kann?

Frau Senatorin.

Es ist mit dem Träger eine Übergangsregelung verabredet worden. Und dabei bleibt es.

Frau Sudmann.

Als erstes habe ich eine allgemeine Frage. Kann ich Sie so verstehen, daß für Sie Fragen im Parlament nicht angebracht sind? So habe ich Ihre Antwort verstanden.

Die zweite Frage bezieht sich noch einmal auf das VIVA Rahlstedt. Inwieweit ist das VIVA Rahlstedt ein Präzedenzfall dafür, daß Einrichtungen und Freie Träger so lange über Senatsentscheidungen im unklaren gelassen werden, bis Kündigungsfristen zur Entlastung und damit auch zur faktischen Abwicklung einer Einrichtung zwingen?

Frau Senatorin.

Zur ersten Frage.Wir haben in den Fragestunden schon mehrmals dieses Thema gehabt. Immer wieder habe ich darauf hingewiesen, daß die Erbringung der Leistung durch den Kostenträger – die Krankenkassen – zu zahlen ist. Ich habe mehrmals darauf hingewiesen, daß wir als Behörde dieses Anliegen unterstützen und der Auffassung sind, daß das, was wir an Vorleistungen gebracht haben, jetzt die Krankenkassen übernehmen müssen.Ein ständiges Wiederholen im Rahmen der Fragestunden mit dem Ziel, den Senat zu verpflichten, diese Leistung übernehmen, ist in diesem Zusammenhang kontra

produktiv, weil es nicht darum gehen kann, die Krankenkassen aus der Verantwortung zu entlassen. Daran sehen Sie auch, daß wir im Zusammenhang mit dem Zulassungsausschuß so weit gekommen sind, daß sich die Ärzte darum bemühen, dieses auch zu erreichen.Allerdings kann das durch den andauernden Versuch, die Krankenkassen nicht in die Verantwortung zu nehmen, auch verzögert werden. Diese Verzögerung, meine ich, können wir im Moment nicht gebrauchen.

Herr Zamory mit einer weiteren Frage.

Frau Senatorin, können Sie uns in etwa sagen, wann der Zulassungsausschuß der Kassenärztlichen Vereinigung über die Ermächtigung für die entsprechende Ärztin oder den entsprechenden Arzt in dieser Einrichtung entscheiden wird?

Bitte, Frau Senatorin.

Nach meinen Informationen soll das in den nächsten acht bis zehn Wochen sein. Der Ausschuß hat schon mehrmals getagt. Die Prüfungen finden zur Zeit statt. Ich möchte auch von seiten Dritter, also auch von seiten des Senats, keinen Druck ausüben.

Frau Uhl mit einer weiteren Frage.

Teilt der Senat meine Auffassung, daß diese taktischen Spielchen oder die taktischen Verhandlungen zu Lasten der Klienten und auch der Einrichtung gehen?

Frau Senatorin.

Nein, weil sich alle Seiten um eine vernünftige Lösung bemühen.

Ich sehe keine weiteren Fragen. Damit ist dieser Punkt abgeschlossen. Ich rufe als nächste Fragestellerin Frau Ernst.

Die Bundesregierung plant, bei Gewalt im häuslichen Bereich Opfer besser zu schützen.Es wurde eine Bund/Länder-Arbeitsgruppe initiiert, die die Aufgabe hat, die Umsetzung der sogenannten Wegweisung von akut gewalttätigen Männern aus der gemeinsamen Wohnung eines Paares vorzubereiten.

Was ist die genaue Aufgabe dieser Bund/Länder-Arbeitsgruppe, und welche Ergebnisse wurden auf deren Sitzung am 12. April 2000 erzielt?

Frau Senatorin Dr. Peschel-Gutzeit, bitte.

Die Bundesregierung hat einen Aktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen beschlossen. Dieser Plan wird im Augenblick im Bundesrat beraten. Er sieht ein großes Bündel von Maßnahmen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt vor. Wir haben darüber im einzelnen bei der Beratung über die Große Anfrage gesprochen.Ein Teil dieses Aktionsplans ist der hier eben schon erwähnte Entwurf eines Gewalt

schutzgesetzes, den die Bundesjustizministerin im März vorgelegt hat. Hierin ist insbesondere der zivilrechtliche Schutz mißhandelter Frauen geregelt und gestärkt, und es geht in diesem Zusammenhang unter anderem darum, die schon seit längerem diskutierte erleichterte und vereinfachte Zuweisung der Ehewohnung an den geschlagenen Partner ausdrücklich zu regeln.Das wird aber nicht reichen. Darüber hinaus ist in diesem Gesetz ein ausdrückliches Kontakt-, Belästigungs- und Näherungsverbot enthalten.

Dieser Gesetzentwurf aus dem März wird derzeit breit diskutiert und bei uns in Hamburg unter anderem in einer Arbeitsgruppe mit den am Runden Tisch gegen häusliche Gewalt vertretenen Behörden und Freien Trägern besprochen. Einen vergleichbaren Diskussionsprozeß soll die überörtliche Arbeitsgruppe von Bund und Ländern in Gang setzen und fördern. Diese Arbeitsgruppe ist auf Einladung der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend einberufen worden und hat am 12. April dieses Jahres erstmals gesessen. Sie wird sich am 15. Juni erneut zusammenfinden, um mit den Beratungen zum Gewaltschutzgesetz fortzufahren. Die Aufgabe dieser Arbeitsgruppe liegt vorrangig in der Vernetzung aller gesellschaftlichen Aktivitäten zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt gegen Frauen.

Aufgrund der Tatsache, daß zivilrechtlicher Rechtsschutz selbst bei bestmöglicher Organisation der Gerichte nicht sofort zu erhalten sein wird, um eine konkrete aktuelle Gefahrenlage zu beseitigen, muß das Polizeirecht entsprechend ergänzt werden. Dies aber liegt – da ist der große Unterschied zu Österreich – in der Kompetenz der Länder. Wir in Hamburg stehen auf dem Standpunkt, daß eine Ergänzung des Polizeirechts nach dem Vorbild in Österreich – und zwar dort nach dem Wegweisungsrecht – in Frage kommt. Wir haben das verfassungsrechtlich geprüft und halten das für zulässig.

Die Aufgabe, zu organisieren, daß Zivilrecht und Polizeirecht ineinandergreifen, ohne dabei die verfassungsrechtlichen Vorgaben zu verletzen, ist aber – um es vorsichtig auszudrücken – diffizil. Bund und Länderjustiz und Innenminister können dies nur gemeinsam bewältigen. Natürlich brauchen wir dazu einen Startschuß aus Berlin. Außerdem sind wir natürlich nicht untätig geworden und geblieben, denn auf diesem Gebiet kann nicht länger zugewartet werden. Ich habe diesen Punkt deswegen für die einmal im Jahr stattfindende, in der übernächsten Woche tagende Justizministerkonferenz angemeldet. Ich kann hier erklären, ich werde persönlich Druck machen, damit es hier nicht zu Verzögerungen in der Umsetzung kommt.

(Beifall bei der SPD)

Herr Lüdemann, bitte.

Frau Präsidentin, Frau Senatorin! Ist im Zuge der Gleichberechtigung auch die Wegweisung akut gefährlicher, gewalttätiger Frauen erwogen worden?

Frau Senatorin.

Frau Präsidentin, Herr Abgeordneter Lüdemann! Das Gesetz heißt: Maßnahmen zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt. Natürlich kann sich theoretisch häusliche Gewalt genauso

auch gegen den männlichen Partner oder Mitbewohner richten. Nur, ich sage „theoretisch“.

(Karl-Heinz Ehlers CDU: Wieso theoretisch?)

Praktisch ist es so, und alle uns vorliegenden Zahlen sprechen eine – mit Verlaub zu sagen an die Damen und Herren der CDU – traurige Sprache. Es sind die Männer, die die Gewalt ausüben, und nicht die Frauen.

Weitere Fragen sehe ich nicht. Ich rufe den nächsten Punkt auf. Frau Ahrons hat das Wort.

Meine Frage betrifft die Innovationsstiftung.

Seit 1997 verfügt die Innovationsstiftung Hamburg nunmehr über keine vollständig besetzten Führungs- und Kontrollgremien.