Protokoll der Sitzung vom 30.11.2000

Antrag der Fraktionen der GAL und der SPD:

Haushalt 2000 Einzelplan 9.2 Titel 9500.971.01 – Verwendung der Troncabgabe für einmalige Zwecke – Drs 16/5073 – 4295 C

Dazu:

Haushalt 2000 Einzelplan 9.2 Titel 9500.971.01 – Verwendung der Troncabgabe für einmalige Zwecke – Drs 16/5140 – 4295 C

Beschlüsse 4295 D

Beginn: 15.01 Uhr

Meine Damen und Herren! Die Sitzung ist eröffnet.

Ich begrüße heute ganz herzlich Mitglieder der Delegation der Moskauer Stadtregierung und der Stadt-Duma. Herzlich willkommen in Hamburg.

(Beifall im ganzen Hause)

Wir kommen sogleich zur

Fragestunde

Der Abgeordnete Wolfgang Drews ist erkrankt, so daß seine Frage heute nicht zum Zuge kommen wird.

Ich rufe als ersten Fragesteller Herrn Jobs auf. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Schönen guten Tag, meine Damen und Herren! Die HEW, an denen der Senat immer noch nicht unerheblich beteiligt ist, haben neben dem dezentralen Zwischenlager nun auch beim Bundesamt für Strahlenschutz Anträge für sogenannte Interimslager zur Lagerung von hochradioaktivem Atommüll an den AKW-Standorten Brunsbüttel und Krümmel eingereicht.

Erstens: Welche Informationen über diese Anträge und deren Inhalt hat der Senat?

Zweitens: Wurde der Senat beziehungsweise der Aufsichtsrat der HEW durch den Vorstand von diesen Interimslager-Anträgen unterrichtet, und, wenn ja, haben sie die Zustimmung erteilt?

Für den Senat antwortet Herr Senator Porschke.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Herr Abgeordneter, inwieweit Ihre Vorbemerkung zutrifft, kann ich nicht beurteilen, deswegen erlaube ich mir, dazu keinen Kommentar abzugeben.

Zur Frage 2 lautet die Antwort Nein. Und zur Frage 1, welche Informationen über diese Anträge und deren Inhalt der Senat hat, muß ich sagen, daß der Senat als Gremium dazu keine Informationen hat, ich mich aber heute über diese Vorgänge ausführlich informiert habe.

Gibt es weitere Fragen dazu? – Frau Schaal, bitte.

Herr Senator, sind diese Interimslager identisch mit den diskutierten Zwischenlagern, die gebraucht werden, um die Wiederaufarbeitung von Brennelementen nach 2005 einzustellen?

Herr Jobs, bitte.

Wie beurteilt der Senat die ihm jetzt bekannten Pläne der HEW bezüglich der tatsächlichen zusätzlichen Gefahrenpotentiale, die aus solchen sogenannten Interimslagern an den Standorten entstehen würden, wenn sie denn, wie der Se

nat bestimmt bald in Erfahrung bringt, tatsächlich gestellt worden sind?

Herr Senator Porschke, bitte.

Dazu muß man natürlich wissen, daß die Haltung des Senats ist, die Nutzung der Atomenergie so schnell wie möglich geordnet zu beenden. Insbesondere legt der Senat Wert darauf, die Plutoniumwirtschaft so schnell wie möglich zu verändern. Wenn man das will, muß man so bald wie möglich aus der Wiederaufarbeitung aussteigen.

Die Bundesregierung hat mit vier großen Energieversorgungsunternehmen im sogenannten Atomkonsens dazu ein Konzept vereinbart. Das beinhaltet, daß ab dem Jahr 2005 keine Wiederaufbereitung mehr zulässig sein soll und es darum gehen muß, Transporte zu minimieren. Natürlich sind Transporte und diese Anlagen mit Gefahren verbunden; das radioaktive Potential darin ist ja groß. Deswegen gilt es, diese Transporte zu minimieren. Wenn man das will, dann muß man Zwischenlager an den Kraftwerkstandorten schaffen, und weil – das bezieht sich auf die Frage von Frau Dr. Schaal – die Genehmigungsdauer für diese Zwischenlager wegen der auf jeden Fall erforderlichen Beteiligung der Bevölkerung, der daran anschließenden zu erteilenden Baugenehmigung, der Bauzeiten und der Betriebsgenehmigung drei bis vier Jahre dauern kann, braucht man Interimslager, wenn man vor dem Jahr 2005 vermeiden will, daß Brennelemente zur Plutoniumabtrennung nach Frankreich geschickt werden.

Frau Sudmann, bitte.

Ich habe zwei Fragen. Die erste Frage: Da die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und GAL vorsieht, daß das AKW Brunsbüttel stillgelegt werden soll, frage ich, wie der Senat vor diesem Hintergrund die Pläne der HEW zur Interimslagerung am AKW Brunsbüttel beurteilt.

Herr Senator, bitte.

Die Koalitionsvereinbarung in dieser Sache kenne ich sehr genau. Sie ist, nachdem es zu einer Verständigung mit den HEW über die Stilllegung des Kraftwerks Brunsbüttel zum Jahr 2003 nicht gekommen ist, dadurch umgesetzt, daß das Kraftwerk Stade stillgelegt werden soll. Wir werden wohl damit leben müssen, daß Brunsbüttel noch bis zur Vervollständigung der im Atomkonsens vereinbarten Gesamtlaufzeit von dann umgerechnet 32 Jahren betrieben wird. Aber unabhängig davon ist, nachdem ein Kraftwerk abgestellt worden ist, ein Verbleib der Brennelemente zu sichern. Das heißt, man braucht, wenn man die Abtrennung vermeiden will, eine Möglichkeit, diese Brennelemente zwischenzulagern.

Frau Sudmann, Sie haben eine zweite und letzte Zusatzfrage?

Der schleswig-holsteinische Energieminister Claus Möller hat sich in der Vergangenheit mehrfach gegen den Neubau eines Zwischenlagers in Krümmel ausgesprochen, da die

A C

B D

Bevölkerung bereits von zwei Atomanlagen – AKW Krümmel und GKSS – belastet und immer noch ungeklärt sei, was die Ursachen für die Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch sind. Deshalb frage ich den Senat, ob er vor diesem Hintergrund die Erhöhung des hochradioaktiven Inventars am Standort Krümmel für verantwortbar hält.

Herr Senator, bitte.

Durch ein Interimslager in Krümmel würde das radioaktive Inventar nicht erhöht werden. Zur Erläuterung: Es würde bestenfalls um das dort vorhandene radioaktive Inventar gehen, das mit der Zeit immer niedriger wird. Die Zwischenlagerung würde nur dazu führen, daß die Stoffe nicht abtransportiert werden.

Frau Uhl, Sie haben das Wort zu einer Frage.

Herr Porschke hat am Anfang seiner Ausführungen darauf hingewiesen, daß der Senat keine Kenntnis über Anträge und deren Inhalt der Interimslagerung habe. Er hat aber gleichzeitig dargestellt, daß er sich sehr wohl informiert hat, und deswegen frage ich den Umweltsenator Porschke, welche Kenntnisse er über Anträge und deren Inhalt hat.

Herr Senator.

Ich habe Wert darauf gelegt festzustellen, daß der Senat nicht in Aufsichtsratssitzungen oder ähnlichem informiert worden ist, sondern ich mich selbst darüber informiert habe. Inhalt der Anträge ist, daß man sowohl in Brunsbüttel als auch in Krümmel für den Fall, daß man mit der Genehmigung der Zwischenlager nicht schnell genug vorankommt und die Altverträge mit Frankreich nicht voll ausschöpft, eine Möglichkeit schaffen will, an den jeweiligen Kraftwerkstandorten für eine Zeit von maximal sechs Jahren diese Brennelemente zwischenzulagern. Das ist der Inhalt, soweit er mir bekannt ist. Damit wird das Ziel verfolgt, genügend Zeit für die notwendige Information der Öffentlichkeit und das aufwendige Genehmigungsverfahren, damit auch wirklich alles sicher ist, zur Verfügung zu haben.

Frau Uhl, Sie haben eine letzte Frage.

Ich habe eine Nachfrage an den Umweltsenator. Wie findet er das, was er uns hier eben vorgetragen hat?

Das ist ganz einfach zu beantworten, Frau Uhl. Als Übergangslösung der aus meiner Sicht so früh wie möglichen Abschaltung der Atomkraftwerke ist die Zwischenlagerung einer Wiederaufbereitung in jedem Fall vorzuziehen.

(Vereinzelter Beifall bei der GAL)

Frau Dr. Schaal, bitte.

Auf welche Art und Weise, Herr Senator, werden die Interims- oder Zwischenlager gesichert?

Der Schutz vor der radioaktiven Strahlung, vor Kritikalität, vor Feuer wird durch das Behälterkonzept im wesentlichen gewährleistet. Diese Interimslager selbst sind relativ einfacher Bauart, deswegen brauchen sie auch keine Baugenehmigung. Insofern müssen die Behälter den vollständigen Schutz sicherstellen. Das wird natürlich im Rahmen des Genehmigungsverfahrens genau zu prüfen und zu gewährleisten sein.

Ich möchte allerdings, weil in einer Pressemitteilung der REGENBOGEN-Gruppe kritisiert wurde, daß die Bevölkerung darüber nicht informiert werden solle, darauf hinweisen, daß bereits eine Informationsbroschüre über dieses Verfahren im Druck ist, damit die Bevölkerung vor Ort umfassend darüber informiert werden kann und sie dann auch ihre Bedenken in das entsprechende Zulassungsverfahren einbringen kann.