Protokoll der Sitzung vom 04.06.2003

– Nein, dafür sind fünf Minuten zu kurz und seine Fragen auch nicht interessant genug.

(Beifall bei der GAL)

Wenn jetzt gesagt wird, Herrn Staatsrat Wellinghausen ginge es nur um die Senkung der Fehlerquote, dann frage ich mich, warum er dann nicht den Rückweg zum alten Verfahren vorschlägt, das teuer ist und das wir gerade, weil es so teuer ist, gemeinsam abgeschafft und gesagt haben, wir vergesellschaften die Sammlung der Stimmen. Er schlägt nur vor, dass nicht mehr frei gesammelt werden dürfe und die Leute alle ins Bezirksamt sollten. Von der Wiedereinführung der Benachrichtigung war keine Rede. Mit diesem Vorschlag findet eine Beschränkung des Zugangs zur Abstimmung statt und dahinter steckt ein sehr eindeutiger und sehr unangenehmer Geruch der Einschränkung der Möglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger. Wir als Parteien haben allesamt – Sie als Senat auch – erheblich damit zu tun, dass das Ansehen von Politik in der Republik nicht gut ist. Und wir sollten froh sein über jede Bürgerin und jeden Bürger, die sich aktiv um Gemeinwesen kümmern, selbst wenn sie es unter lokalen Gesichtspunkten tun, und ihnen keine Steine in den Weg legen.

(Beifall bei der GAL, der SPD und bei Norbert Frühauf Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort bekommt die Abgeordnete Duden.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Kusch, Ihre Replik auf die Anmeldung dieses Themas von dieser Seite des Hauses war eigentlich sehr albern. Das haben Sie in Ihrer Rede auch schon selber gemerkt, sonst hätten Sie sich inhaltlich mehr dazu geäußert.

Dieser Senat, der von einigen dieser Stadt ironischerweise Bürgersenat genannt wird, tut zurzeit alles, um diesen Begriff Lügen zu strafen, denn die Interessen der Stadt und der Bürger werden von diesem Senat nicht vertreten.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Motto, unter dem man hier auch diskutieren könnte, heißt in Wirklichkeit Bürgerabschreckung statt Bürgerbeteiligung. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, Ihre Bezirksabgeordneten in den Bezirksversammlungen, die Beschlüsse gegen ihre eigenen Entscheidungen und Interessen fassen müssen, in diesem Haus lächerlich zu machen. Das ist ein Stil, den man nicht pflegen sollte.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Herr Reinert hat gesagt, diese Seite des Hauses sei gewählt worden, weil sie das Konzept der wachsenden Stadt im Wahlkampf deutlich gemacht habe. Da habe ich eine Erinnerungslücke, ich erinnere an den Wahlkämpfer Ole von Beust, der gesagt hat, kein Wohnungsbau in den Walddörfern und nun holt es ihn irgendwie wieder ein. Von 38 Bürgerbegehren und Volksgesetzinitiativen gibt es zwölf in dieser Legislaturperiode – die Hälfte ist gerade vorbei – und alle werden nervös. Die CDU hat dies im Wahlkampf gesagt, nun holt es sie ein und alle sind völlig aufgeregt und versuchen, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Man kann auch erkennen, dass hier ein bisschen Nervosität vorherrscht, denn die Begründungen, insbesondere von der FDP, aber auch von Herrn Reinert, waren in einigen Bereichen sehr fein ziseliert. Sie wichen ein bisschen vom Thema ab, Evokation ja oder nein und rechtliche Bedenken, aber eines ist doch ganz wichtig. Man muss doch erkennen, dass es hier ein Problem gibt, das viele Bürger in dieser Stadt interessiert. Wer davon ausgeht, dass man sagen könne, das werde schon alles in der Bürgerschaft geregelt, der befindet sich auf dem Holzweg; das muss man einmal deutlich sagen.

Herr Reinert, Sie haben hier lehrerhaft gesagt, wir sollten zuhören und würden dann viel von Ihnen lernen. Ich habe Ihrem Wortbeitrag entnommen, dass der Senat neuerdings die Gesetze beschließt. Ich sitze hier eigentlich mit einem anderen Anspruch und denke – man vergaloppiert sich ja manchmal –, wir sollten alles beim Alten lassen und in Zukunft weiterhin die Bürgerschaft die Gesetze beschließen lassen.

Aber Herr Reinert hat noch einen anderen Satz gesagt, der in diesem Zusammenhang noch einmal von uns allen aufgenommen werden sollte. Er hat nämlich gesagt, der Senat und die Bürgerschaft auf der Seite des Hauses machten das alles, um die Handlungsfähigkeit dieser Stadt aufrechtzuerhalten. Nach dieser Debatte kann man aber eher den Eindruck haben, hier soll die Handlungs

fähigkeit dieses Senats aufrechterhalten werden und nichts anderes, und das werden die Bürger merken.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Noch eine Bemerkung zur Pressemitteilung der Justizbehörde der vergangenen Woche, in der gesagt worden ist, es sei doch gar nicht schlimm, wenn man dem Bürger nach vier Wochen mitteile, vielleicht könne es klappen, vielleicht auch nicht. Bürgerbeteiligung sozusagen als Lottospiel zu gerieren, finde ich etwas daneben.

Eins will ich noch zu Herrn Rutter sagen. Sie haben gesagt, viele Bürger wüssten eigentlich gar nicht, was sie beschließen.

(Dr. Willfried Maier GAL: Das ist wie in der Bürger- schaft!)

Ich weiß nicht, ob Sie das auch in Ihren Stadtteilen so verkaufen, aber eins bleibt dabei doch hängen. Wenn die Bürger sich sachkundig gemacht haben und sich anders entscheiden, dann sind sie in der Fortführung Ihrer Argumentation vermutlich blöd. Ich hoffe, das kann man in dem Zusammenhang sagen.

(Glocke)

Frau Abgeordnete, das kann man nicht sagen, ich rufe Sie zur Ordnung.

– Okay, dann sind sie vermutlich nicht so gut informiert.

(Heiterkeit bei der SPD und der GAL)

Dieser Senat, den jetzt hoffentlich keiner mehr Bürgersenat nennen will, fürchtet sich – das ist in den Wortbeiträgen aller Diskutanten heute ganz deutlich geworden – vor dem Bürgerwillen. Sie müssen eines bedenken, die Bürger in dieser Stadt haben ein gutes Gedächtnis.

(Beifall bei der SPD und der GAL)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Reinert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Duden, sollte ich wirklich bei Ihnen irgendwelche Zweifel daran geweckt haben, dass Gesetze von der Bürgerschaft zu beschließen sind und nicht vom Senat, dann gibt es zwei mögliche Erklärungen. Die eine ist, dass ich mich falsch ausgedrückt habe und die andere, dass es falsch angekommen ist. In der Sache sind wir uns da völlig einig.

Wenn ich noch einmal kurz auf Herrn Dr. Maier eingehen darf. Wir müssen auch einmal gucken, Herr Dr. Maier, welcher Städtebau eigentlich wann und in welcher Situation betrieben wurde. Der Städtebau der Neunzigerjahre – ich nenne einmal als Stichwort Neugraben-Fischbek 15 – war die Großsiedlung,

(Dr. Willfried Maier GAL: Ist nicht betrieben wor- den!)

die angestrebt wurde, ich gebe zu, weniger aus dieser als mehr aus dieser Richtung des Hauses.

(Jens Kerstan GAL: Wir haben es verhindert!)

Sie haben verhindert, aber mehr als verhindert haben Sie auch nicht. Wir machen daraus jetzt Konstruktives, wir machen kleinteilige Entwicklungen. Diese kleinteiligen Entwicklungen führen in vielen Fällen, und gerade auch in den Walddörfern, zu Reibereien mit den bereits örtlich Ansässigen. Aber wir sind der festen Überzeugung – das hat Ole von Beust vorher gesagt, das sagt er heute auch noch –, dass auch in den Walddörfern Wohnungsbau in vertretbarem Maße möglich und verträglich ist und auch gemacht werden wird.

(Christian Maaß GAL: Wahlbetrug!)

Lieber Herr Maaß, gucken Sie einmal in die Originaläußerungen aus dem Wahlkampf, statt hier irgendetwas anderes zu behaupten; hier hat es keine Änderung der Politik gegeben. Und wenn es tatsächlich richtig wäre, in den Walddörfern keinen Wohnungsbau zu betreiben, dann würden wir davon auch Abstand nehmen. Aber gucken Sie sich doch bitte einmal an, wen wir dort in besonderem Maße treffen. Das sind, wenn man sich die Wahlergebnisse anschaut, zu einem erheblichen Teil Leute, die die CDU gewählt haben,

(Farid Müller GAL: Warum eigentlich!)

und diese Leute müssen jetzt auch akzeptieren, dass wir nach der Wahl dasselbe sagen wie vorher, dass in verträglichem Maße auch in den Walddörfern Wohnungsbau möglich ist, um die wachsende Stadt zu erreichen.

(Beifall bei der CDU, der Partei Rechtsstaatlicher Offensive und der FDP – Barbara Duden SPD: Da waren die Bürger wieder zu uninformiert!)

Das Wort bekommt der Abgeordnete Frühauf für derzeit maximal drei Minuten.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wenn ich höre, was die SPD hier von sich gibt, dann ist man offensichtlich gegen das Konzept der wachsenden Stadt. Und wenn ich höre, was Herr Professor Müller zum Thema sagt, wer hier mehr Bürger schneller in die Stadt gebracht hat,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Wer ist Müller? – Dr. Willfried Maier GAL: Sie müssen einfach nur Maier sagen!)

ich wollte ihm ein bisschen schmeicheln, aber es funktioniert offensichtlich nicht –, wenn er in der Manier eines Sechsjährigen erzählt, wir haben aber hier drei Bürger mehr und dort drei Bürger mehr in die Stadt gebracht,

(Dr. Willfried Maier GAL: Nicht wir, die Wiederver- einigung!)

dann geht es doch nicht darum, wer in welcher Zeit mehr Bürger in die Stadt bringt. Es geht darum, ob wir dem Konzept der wachsenden Stadt folgen oder ob wir die schrumpfende Stadt wollen und dem Sankt-FloriansPrinzip folgen.

(Beifall bei der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, der CDU und der FDP)

Seit 1998 hat es 38 Bürgerbegehren gegeben, denen die SPD nicht nachgekommen ist. Erst wir mussten gewählt werden,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Das stimmt nicht!)

damit einige dieser Bürgerbegehren überhaupt in Gang gekommen sind.