Protokoll der Sitzung vom 12.11.2003

Die GAL hat deshalb die bessere Finanzierung unterstützt, im Frühjahr einen Antrag eingebracht und den Senat gedrängt, ein Stufenkonzept vorzulegen, um die vollmundigen Wahlversprechen einzulösen. Das ist nun passiert und es ist auch interessant, dass der Rechtssenat frisches Geld lockergemacht hat. Ich hoffe nur, dass es seriös finanziert ist und nicht nur virtuell; man weiß bei diesen Löchern zurzeit ja nie, was man glauben soll.

(Beifall bei der GAL)

Für die Schulen in freier Trägerschaft sind 5 Millionen Euro pro Jahr Erhöhung des Schülerkostensatzes möglich. Sie haben dadurch eine Perspektive und das ist gut so. Sie gleichen allerdings, wie schon gesagt, im nächsten Jahr nur die höheren Schülerzahlen mit aus und müssen die Kürzungen im staatlichen Schulwesen damit abdecken. Die Bugenhagen-Schule geht beispielsweise leer aus, sie profitiert überhaupt nicht davon. Das muss man als Wermutstropfen deutlich sagen.

Ich möchte hier aber noch einen anderen Aspekt hineinbringen, der in der Debatte noch gar nicht gesagt wurde. Es droht den Schulen in freier Trägerschaft und auch den staatlichen Schulen durch die zentralen Prüfungen der

Schulbehörde eine andere große Gefahr. Die Freiheit der Pädagogik und die Freiheit der Schulen, auf welchem Weg sie vergleichbare Bildungsstandards – also Kompetenzstufen – erreichen wollen, wird durch eine 600Seiten-Vorschrift für das Zentralabitur total konterkariert. Es soll ein standardisiertes Einheitswissen erzeugt werden. Da schreibt die Schulbehörde genau vor, wann und wie und wie lange Gretchens Faust zu bearbeiten ist. Wenn man dann aktuelle Situationen hat, wie zum Beispiel den Irak-Krieg oder Schülerdemonstrationen, geht das nicht, weil Faust Vorrang hat.

(Manfred Silberbach Partei Rechtsstaatlicher Of- fensive: Das ist wirklich schade!)

So kann es nicht sein, meine Damen und Herren, das wollen wir nicht. Das hat nichts mit Autonomie von Schule zu tun.

(Beifall bei der GAL)

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, tatsächlich die Schulen in freier Trägerschaft wollen und Selbstständigkeit und Eigenverantwortung ernst nehmen, dann machen Sie diese Schulen nicht alle gleichartig durch solche verrückten Prüfungsordnungen, sondern machen Sie sie gleichwertig. – Danke.

(Beifall bei der GAL)

Das Wort hat der Abgeordnete Woestmeyer.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Goetsch, wenn wir über Bildung reden, wüsste ich schon, was Gretchens Faust ist. Aber das ist wahrscheinlich etwas anderes.

Alle reden über Bildungsvielfalt, alle reden über das Ausprobieren neuer Ideen, alle reden davon, dass sich unsere Schulen ändern müssen. Nur, allein darüber reden, hilft nicht, es muss gemacht werden. Das unterscheidet die einen, die hier darüber reden, von den anderen. Die einen, die hier reden, sind dafür gewählt worden, ein Gesetz zu machen, und sie haben eines gemacht.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive: Bernd Reinert CDU: So ist es!)

Die anderen, die hier darüber geredet haben, sind dafür abgewählt worden, weil sie kein solches Gesetz gemacht haben.

(Beifall und Heiterkeit bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Ich darf daran erinnern, dass die SPD in ihrer Regierungszeit zu diesem Bereich ein Gesetz gemacht hat, zu dem wir in der öffentlichen Anhörung im Schulausschuss von einer engagierten Mutter gehört haben, das einzig Gute war der Name "Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft" statt "Privatschulgesetz", der Rest war schlecht. Ich sage Ihnen, der Rest war eine Katastrophe.

(Günter Frank SPD: Das können Sie gar nicht be- urteilen!)

Der Rest war eine Gefahr für die Bildungsvielfalt unserer Stadt. Das alte Gesetz hat die katholischen Schulen, die Waldorfschulen und viele andere nicht staatliche Schulen an den Rand des Ruins getrieben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive – Elke Thomas CDU: Genau!)

Ich habe mich früh um dieses Thema gekümmert. Gleich nach der Wahl bin ich bei den Schulen, bei den Eltern, bei den Lehrern gewesen. Mein Eindruck war, dass sich in den Jahren zuvor, zu rotgrünen Zeiten, keiner der 54 damaligen SPD-Abgeordneten dort hat blicken lassen. Nie hat jemand sehen wollen, welche pädagogischen Konzepte hier zur Bildungsvielfalt unserer Stadt beitragen.

(Luisa Fiedler SPD: Unsinn!)

Nie hat jemand von Ihnen sehen wollen, mit wie viel Engagement hier Schulleitung und Lehrer unter erschwerten Bedingungen arbeiten.

(Ingo Egloff SPD: Woher wissen Sie das? Sie wa- ren gar nicht im Parlament!)

Es war noch viel schlimmer. Mein Eindruck war auch, dass die Schulen in freier Trägerschaft zu den Zeiten von Frau Raab und Frau Pape unerwünschte Gäste in der Behörde waren. Nie haben Frau Pape und Frau Raab wirklich wissen wollen, in welchem desaströsen baulichen Zustand sich viele Schulen befunden haben. Nie hat jemand von Ihnen einen ernsthaften Versuch gemacht, eine gemeinsame Grundlage für die Finanzierung zu finden. Alles Nichtstaatliche ist Ihnen nicht geheuer. Ich merke das an Ihrem Unmut. Das dürfen Sie ruhig zugeben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Als Liberaler stehe ich für die gegenteilige Auffassung und das heißt für mich: Freie Schulen sind für uns allererstes Thema.

Als Erstes musste den freien Schulen klar sein, dass sie nun einen Partner haben. Dann musste der Behörde klar werden, dass sie nun eine Verpflichtung hat. Dann musste überhaupt erst einmal eine Grundlage für die Berechnung der Finanzierung gefunden werden. Die freien Träger sprachen zu rotgrünen Zeiten von unter 50 Prozent, die sie bekamen. Frau Pape und Frau Raab sprachen von 68 Prozent. Jetzt haben endlich alle gemeinsam gerechnet und der errechnete Wert liegt natürlich viel näher an dem, was die freien Träger errechnet haben und nicht, was ihre damalige Behörde errechnet hat. Jetzt gibt es einen Gesetzentwurf, der liegt nicht bei 50 Prozent, nicht bei 68 Prozent, sondern bei 85 Prozent, und das ist ein Erfolg.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Hamburg wird damit zum Vorbild für eine Bildungslandschaft, die auch für nicht staatliche Bildungsanbieter interessant wird. Das ist die wachsende Stadt im Bildungsbereich.

Die SPD hat vor Wochen davon geredet, dieses Gesetz – so es denn kommt – würde sie in ihrer nächsten Regierungszeit – so sie denn kommt – nicht rückgängig machen. Das war Ihre erste Ankündigung. Jetzt hieß es sogar, man würde dem Gesetz sogar zustimmen. Egal, was Sie machen, ich werde Sie immer daran erinnern, was Sie nicht gemacht haben, und ich werde Sie auch

immer daran erinnern, mit welcher dritten Reihe Sie hier Ihren Debattenbeitrag zu dem Thema versemmelt haben.

(Beifall bei der FDP, der CDU und der Partei Rechtsstaatlicher Offensive)

Das Wort erhält Senator Lange.

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Noch-Senator!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden heute über eine der vielen, wesentlichen Reformen im Bildungsbereich, und zwar eine, die unmittelbar vor ihrem Abschluss steht.

Ich komme gerade aus Berlin vom Reformgipfel der Unions- und FDP-Länder, denn schon ab morgen werden im Vermittlungsausschuss Entscheidungen von höchster Bedeutung für die Zukunft unseres Landes gefällt werden.

(Heike Opitz GAL: Ist das peinlich!)

Deutschland hat nur eine Chance, aus der tiefen Krise wieder herauszukommen, die sich auch auf Hamburg und die Finanzen in Hamburg drastisch auswirkt, nämlich wenn umfassende Reformen in allen Bereichen mutig angepackt werden.

(Ingo Egloff SPD: Hoffentlich mischen Sie sich da nicht ein!)

Das haben die Wirtschaftsweisen gerade festgestellt und haben im Übrigen auch dazu gesagt, dass der Bundesfinanzminister in diesem Zusammenhang eine seltsame Rolle spielt, indem er Sprunghaftigkeit nachweist.

(Barbara Duden SPD: Sprechen Sie doch mal zum Thema!)

Warum erwähne ich das? Die von mir verantwortete Bildungspolitik, die im Koalitionsvertrag festgelegt ist,

(Günter Frank SPD: Ein Chaos!)

hat weitreichende Reformen und ist von Reformen geprägt, die dringend notwendig waren, um die Hamburger Bildungspolitik wieder nach vorne zu bringen. Dass bei solchen Reformen auch manches nicht so läuft wie vorgesehen,

(Dr. Andrea Hilgers SPD: Alles!)

habe ich feststellen müssen und das bedauert niemand mehr als ich.

(Michael Neumann SPD: Der Bürgermeister be- reut es noch mehr, Sie berufen zu haben! Über- nehmen Sie doch mal Verantwortung! Persönlich, für das, was Sie nicht gemacht haben!)

Bei diesen Reformen stehen mehr Autonomie, mehr Flexibilität, mehr Kreativität, vor allen Dingen aber auch mehr Eigenverantwortung und klare Standards im Vordergrund. Vieles davon wird bei den Schulen in freier Trägerschaft bereits verwirklicht. Diese Schulen sind nicht nur eine Bereicherung der Landschaft, wie es hier eben gesagt wurde, nein, diese Schulen haben in vielerlei Hinsicht Vorbildfunktion. Ob bei dem Thema Schuleschwänzen, zu dem wir im Übrigen gerade mit der Innenbehörde Gespräche führen, um es auch an den anderen Schulen einzudämmen, ob bei dem Thema Einhalten von Werten und Normen, bis hin zu Eigentumsdelikten, all das ist in allen Privatschulen besser geregelt als an vielen