Protokoll der Sitzung vom 23.09.2004

Die Praxis ist zwischenzeitlich geändert worden, Herr Abgeordneter. Es ist in der Tat richtig, dass es in der Vergangenheit in Einzelfällen auch Abgeordneten gewährt worden ist, mit ihren Mitarbeitern in die Anstalt zu gehen.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Dr. Maier.

Herr Staatsrat, wir wissen beide, dass Deputierte Mitglieder der Behördenleitung sind und Deputierte als solche auch von sich aus ein initiatives Frage- und Einsichtsrecht, zum Beispiel in Akten, haben, also in Vorgänge innerhalb der Behörden.

Würden Sie nicht einen Analogiefall sehen, wenn Deputierte auch die reale Praxis einer Behörde in Institutionen der Behörde von sich aus kennen lernen wollen?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Dr. Maier! Nein, diesen Analogiefall sehe ich nicht. Es bestünde aber die Möglichkeit, eine Analogie zum Gesetz über den Eingabenausschuss herzustellen. Dort ist nämlich explizit geregelt, dass die Mitglieder des Eingabenausschusses Zutritt zu allen Einrichtungen des Senates haben. Eine derartige Regelung für Deputierte besteht nicht. Deswegen kann man auch keine Analogie herstellen.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Dr. Maier.

Aber Sie stimmen mir zu, dass Deputierte Einblick in alle Akten der Behörde haben, also auch in geheime Vorgänge der Behörde, deren Deputierte sie sind?

(Frank-Thorsten Schira CDU: Das wäre ja toll!)

Herr Staatsrat, stimmen Sie zu?

Herr Abgeordneter Dr. Maier, dem stimme ich zu. Das impliziert aber nicht, wenn man eine Akte einsehen kann, dass man eine Justizvollzugsanstalt besichtigen kann. Da besteht, glaube ich, ein marginaler Unterschied.

A C

B D

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der GAL)

Eine Nachfrage des Abgeordneten Grund.

Herr Staatsrat, ich war selbst lange Zeit, bevor ich Abgeordneter wurde, Deputierter der Justizbehörde. Es war übliche Praxis, dass sich die Deputierten der Justizbehörde sogar abgestimmt haben, welcher Deputierte sich für welche Strafanstalt zuständig fühle.

Ich frage Sie deshalb, weil diese Deputierten immer wieder automatisch "ihre Strafanstalt" aufgesucht und Gespräche mit Gefangenen geführt haben, was an dieser bewährten Praxis zu ändern ist. Es gab in der Vergangenheit nie Probleme mit diesem Umstand.

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Grund, gegen diese Praxis – ob sie sich bewährt hat oder nicht, mag ich nicht beurteilen – spricht eindeutig die Rechtslage. Es mag vorgekommen sein, dass in der Vergangenheit auch mal gesagt wurde, auch Deputierten wird zugebilligt, eine Anstalt zu besichtigen. Das ist aber noch weit davon entfernt zu sagen, vertrauliche Gespräche – so wie Herr Dr. Maier es jetzt in seiner Frage formuliert – mit Gefangenen zu führen, denn darüber entscheidet, insbesondere in der Untersuchungshaft, nicht der Staatsrat der Justizbehörde, sondern im Zweifel der Haftrichter und in den einzelnen Anstalten die Anstaltsleitung, wer welche Strafgefangenen besuchen kann.

Eine zweite Nachfrage des Abgeordneten Grund.

Ich versuche trotzdem, die Frage noch einmal zu stellen. Es war übliche Praxis, dass Deputierte sogar ganz bewusst für Gespräche mit Gefangenen zur Verfügung gestanden haben. Die Gefangenen, die Gesprächsbedarf angemeldet haben, wurden dem Deputierten von der Anstaltsleitung zugeführt, der in einem Zimmer auf die Gefangenen wartete, und es haben vertrauliche Gespräche stattgefunden.

Herr Abgeordneter! Nach drei Einleitungssätzen müssten Sie aber zur Frage gelangen.

Deshalb noch einmal die Frage: Welche Ursachen gibt es dafür, dass eine solche sinnvolle Beschwerdemöglichkeit, eine Gesprächsmöglichkeit gegenüber den Deputierten abgeschafft wird?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Grund, sie wird nicht generell abgeschafft, sondern der Deputierte kann sich wie jeder andere Besucher an den Anstaltsleiter wenden und um einen Besuch bitten. Dann liegt es in der Entscheidung des Anstaltsleiters zu sagen, er gewährt den Besuch oder nicht. Dazu muss gar nicht der Staatsrat gefragt werden.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Dr. Opitz.

Herr Staatsrat! Wir haben gehört, dass Deputierte Mitglieder der Behördenleitung sind. Das ist auch unstrittig. Aber wie sollen die Deputierten als Teil der Behördenleitung ihre Aufgaben wahrnehmen können, wenn sie nicht Zutritt zu allen Dienststellen – und darunter fallen auch die Justizvollzugsanstalten – haben?

Frau Abgeordnete, ich bin selbstverständlich davon überzeugt, dass die Deputierten im Rahmen der ihnen eröffneten Möglichkeiten in der Lage sind, ihr Deputationsmandat hinreichend wahrzunehmen und dazu sagen die Gesetze, dass die Deputierten Fragen in den Deputationssitzungen stellen dürfen.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Maaß.

Herr Staatsrat! Plant der Senat denn, weiteren Mitgliedern von Behördenleitungen Zutritt zu Senatseinrichtungen zu verwehren?

(Michael Neumann SPD: Am besten dem Präses! – Dr. Andrea Hilgers SPD: Kusch!)

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Maaß, wenn sich das auf die Behördenleitung der Justizbehörde bezieht, so benötigen die keine Genehmigung.

(Michael Neumann SPD: Ja, eben!)

Eine Nachfrage der Abgeordneten Möller.

Wenn sich der Zugang der Behördenleitung der Justizbehörde auf die Strafvollzugsanstalten bezieht und wir auch erfahren haben, dass die Akteneinsicht der Deputierten der Justizbehörde selbstverständlich ist, dann müsste doch auch das Gespräch mit der Person, die hinter dieser Akte steht, selbstverständlich immer und ohne Genehmigung möglich sein. Oder ist das eine falsche Schlussfolgerung?

Herr Staatsrat.

Frau Abgeordnete Möller, das ist eine falsche Schlussfolgerung.

(Beifall bei der CDU)

Eine Nachfrage der Abgeordneten Möller.

Warum ist das eine falsche Schlussfolgerung?

Herr Staatsrat.

Frau Abgeordnete Möller, weil es nicht der Rechtslage entspricht.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Blömeke.

Herr Staatsrat Lüdemann, ist es richtig, dass die Besuchspraxis zwischen dem 13. September und dem heutigen Tag geändert wurde oder wie kann ich es deuten, dass wir das Jugendgefängnis nicht besuchen durften, hingegen der Kollege Lein die sozialtherapeutische Anstalt mit seinem persönlichen Mitarbeiter besuchen konnte. Wann ist die Praxis geändert worden und warum ist sie geändert worden?

Herr Staatsrat – das sind gleich zwei Fragen – bitte schön.

Frau Abgeordnete, mit Schreiben – ich habe es eingangs erwähnt – vom 14. September an den Direktor bei der Bürgerschaft habe ich auf die Rechtslage hingewiesen und seitdem wird auch nur noch nach der bestehenden Rechtslage entschieden.

Herr Abgeordneter Klooß.

Herr Staatsrat, ist Ihnen bekannt, dass Deputierte, die Anstaltsbeiräte sind, einen Anstaltsausweis bekommen, der sie in die Lage versetzt, nicht nur die Anstalt, der sie zugeteilt sind, wie es zum Beispiel war, wo ich mit Herrn Dr. Jäger in Anstalt 1 saß, sondern sie in die Lage versetzt, jede Anstalt in dieser Stadt zu jeder Tages- und Nachtzeit auch ohne Ankündigung zu besuchen. Ist Ihnen diese Regelung bekannt?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Klooß, diese Regelung ist mir bekannt und sie ist auch gewollt, denn Anstaltsbeiräte haben das Recht, diese Anstalten jederzeit zu besuchen. Um zu ergänzen: Nicht jeder Deputierte ist auch Anstaltsbeirat.