Protokoll der Sitzung vom 24.08.2006

Eine Nachfrage von der Abgeordneten Fiedler.

A C

B D

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Welche Maßnahmen wird die Behörde in Zukunft ergreifen, um die Eingangsfrequenzen zu senken?

Herr Staatsrat.

Wir werden in zwei Bereichen tätig sein. Auf der einen Seite – das habe ich eben schon angedeutet – werden wir nach Auswertung der beiden Anmeldeverfahren dazu kommen, Vorschläge für eine Änderung des organisatorischen und des rechtlichen Rahmens zu machen, allerdings in bestehenden, vorgegebenen Ressourcenrahmen, um zu Klassen zu kommen, die nicht nach oben hin in diesem Maße wie bisher Ausreißer darstellen.

Das Zweite ist, wir werden – das hat Frau Senatorin Dinges-Dierig an verschiedenen Stellen schon ausgeführt – die besondere Situation von Grundschulen in sozialen Brennpunkten, sicherlich auch unter dem Gesichtspunkt einer verbesserten Ressourcenausstattung, genauer prüfen.

Ich hätte noch eine Zusatzfrage. Und zwar, ist es Ihnen bekannt, wie viele der ersten Klassen mit 27 oder mehr Kindern nach den Kriterien des KESS-4-Belastungsindex in einem sozial besonders belasteten Gebiet vorliegen?

Herr Staatsrat.

Ich kann Ihnen an Zahlen zwar nichts zu dem Schuljahr, über das wir eigentlich mit der zweiten Frage reden, nämlich zu 2005/2006, anbieten, aber zu 2006/2007. Danach stellt es sich (Stand: August 2006) so dar, dass wir von den 487 ersten Klassen, die wir zum Schuljahr 2006/2007 einrichten, 113 Klassen mit 29 oder mehr Schülern haben.

Jetzt geht es darum, wo diese Klassen in erster Linie sind. Diese großen Klassen befinden sich unterproportional, nämlich nur zu einem Fünftel – 20 Prozent – in Standorten mit dem KESS-Sozialindex 1 oder 2. Dagegen sind je 40 Prozent der großen Klassen bei KESS 3 und 4 und bei KESS 5 und 6.

Genau umgekehrt verhält es sich bei den kleinen Klassen mit 25 oder weniger Schülern. Von diesen sind nämlich immerhin 107 vorhanden. Von den 107 Klassen befinden sich 46 Prozent, also fast die Hälfte, in sozial benachteiligten Standorten nach KESS 1 und 2.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Maaß.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Vor dem Hintergrund, dass Sie gerade ausgeführt haben, dass diese 10-Prozent-Regelung in Paragraph 87 Schulgesetz stünde, und vor dem Hintergrund, dass die Schulsenatorin in der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch gesagt hat, sie wolle eine Verordnung ändern, damit die Schulleiter die Klasse nicht mehr 10 Prozent größer als die Organisationsfrequenz mit 27 Schülern machen können, frage ich Sie: Von welcher Verordnung sprach die Senatorin?

Herr Staatsrat.

Es gibt eine Verordnung über die Organisationsfrequenz. Sie hat über diese Verordnung gesprochen.

Ich würde aber sagen, wir müssen angesichts der Vielschichtigkeit dieses Themas – die Einrichtung von Eingangsklassen wird von sehr unterschiedlichen Faktoren bestimmt – bei der Lösung systemisch herangehen und sicherlich die Verordnungsebene im Kopf behalten, aber auch das tatsächliche Verhalten der Schulen vor Ort, die Elternwahl und die rechtlichen Rahmenbedingungen in Rechnung stellen.

Die Verordnung gibt jedenfalls die Möglichkeit, die Organisationsfrequenz abzusenken und damit nach oben hin geringere Ergebnisse zu erzielen.

Zweite Nachfrage des Abgeordneten Maaß.

Trifft es nicht zu, dass eigentlich eine Änderung des Schulgesetzes hermüsste und eine Verordnung nicht ausreicht?

Herr Staatsrat.

Wir haben die Prüfungen noch nicht endgültig abgeschlossen, deswegen kann ich an dieser Stelle und zu diesem Zeitpunkt nicht ausschließen, dass wir auch noch zu einer Änderung des Schulgesetzes kommen. Das bleibt abzuwarten.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Dr. Maier.

Herr Staatsrat! Da wir davon ausgehen können, dass die Richter das Gesetz und die Verordnungen gesetzestreu ausgelegt haben,

(Wolfhard Ploog CDU: Geht ja nicht anders!)

würden Sie mir dann zustimmen, dass nicht das Urteil, sondern die Gesetze und Verordnungen, die Sie auf den Weg gebracht haben, die Ursache des Problems sind?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Maier, ich sehe hier eigentlich kein Entweder-oder. Das Gesetz hat eine bestimmte 10-Prozent-Regel vorgegeben in der Absicht, zusätzliche Aufnahmen auszuregeln. Das ist auch ein gewisser Schutz nach oben hin, damit die Gerichte nicht noch darüber hinausgehen können. Es war aber ausdrücklich unter dem Aspekt der Zusätzlichkeit gemeint. Das Gericht hat in seiner Auslegung dieser Regelung im Schulgesetz den Weg dahin beschritten, aus dieser Regelung von zusätzlichen Aufnahmen eine Regelaufnahme zu machen und die Kapazität einschließlich dieses Zusatzes festzulegen. Das ist eine deutliche Änderung an dem, was der Gesetzgeber seinerzeit gewollt hat, und mit dem haben wir uns jetzt auseinanderzusetzen.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Goetsch.

Wusste die Senatorin zu dem Zeitpunkt der Pressekonferenz nicht, dass sie das Gesetz zur 10-Prozent-Regelung gerade erst veranlasst hat?

Herr Staatsrat.

Ich glaube, dass der Beschluss über das Gesetz Ende 2004 in diesem Hause gefallen ist. Das war sicherlich der Senatorin zu dem Zeitpunkt der Pressekonferenz bekannt.

Zweite Nachfrage von Herrn Dr. Maier.

Nun gehen wir doch davon aus, dass Gerichte bei ihren Entscheidungen auch die Gesetzesmaterialien zurate ziehen, also die Absicht des Gesetzgebers. Ist in den Gesetzesmaterialien diese Absicht, von der Sie sprachen, dass dort nur ein Reserveraum sein solle, nicht aber ein Regelraum, für das Gericht erkennbar und feststellbar gewesen? Oder ist das eine nachträgliche Interpretation von Ihnen?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter, die Auslegung durch ein Gericht macht einen natürlich auch immer ein kleines Stückchen schlauer. Die Begründung zu dem Gesetz ist vielleicht an der Stelle nicht hinreichend klar gewesen, dass es sich tatsächlich nur um die Regelung von zusätzlichen Aufnahmen handeln sollte, sodass genau dieser Interpretationsspielraum entstehen konnte, den das Gericht genutzt hat.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Heinemann.

Herr Staatsrat, ist es nicht so, dass wenn eine Klasse mehr Schüler aufnimmt, dann auch mehr Lehrerstunden zur Verfügung stehen, dass es also für den Staat nicht billiger wird? Und ist es zum anderen nicht so, dass die Regelung, die getroffen worden ist und die dazu geführt hat, dass die Klassenfrequenzen mehr gestiegen sind, als es die Erhöhung der Basisfrequenzen hergegeben hätte, gerade auch deshalb getroffen worden ist, um einen Missbrauch von Lehrerstellen zu vermeiden, die eigentlich für andere Zwecke vorgesehen sind?

Herr Staatsrat, würden Sie beide Fragen bitte beantworten.

Beides ist richtig. Die Zuweisung von Ressourcen in Hamburg erfolgt schülerbezogen. Eine Grundschulklasse hat dann, wenn sie 24 Schüler aufgenommen hat, die vollständigen Ressourcen zur Erteilung der Grundstunden. Wenn mehr Schüler aufgenommen werden – bis hin zur Organisationsfrequenz und darüber hinaus – entstehen dann auch die Möglichkeiten für Teilungs- und Förderstunden.

Der zweite Aspekt, auf den der Abgeordnete Heinemann hingewiesen hat, ist auch zutreffend. Es hat in den letzten Jahren auch ein Verhalten von Schulleitungen gegeben, dass zweckgebunden zugewiesene Ressourcen gelegentlich dazu benutzt worden sind, Lerngruppen kleiner zu machen.

Dieses ist etwa im Bereich der Sprachförderung in den letzten Jahren abgeschafft worden. Wir haben hier jetzt einen zweckgebundenen Einsatz von Sprachfördermitteln in Schulen. Das hat natürlich indirekt auch einen Einfluss auf die Organisation von Eingangsklassen, weil man sich dort nicht mehr darauf verlassen kann, diese zu einem späteren Zeitpunkt quer zu subventionieren.

Die Abgeordnete Husen. – Die Abgeordnete Husen wollte eine Frage stellen, dann sollte sie das bitte tun.

– Ich verstand meinen Namen gerade nicht, Herr Präsident, entschuldigen Sie bitte.

Ich hatte gehört, dass die Senatorin als einen weiteren Grund für die großen Schulklassen angeführt hat, dass es so viele Gastschüler und Gastschülerinnen in Hamburg gebe. Nun habe ich einem Artikel des Hamburger Abendblatts entnommen, dass es sich dabei um 151 Kinder aus Schleswig-Holstein und 38 aus Niedersachsen – angesichts von 13 000 Hamburger Schülerinnen und Schülern – handeln würde. Können Sie diese Zahlen bestätigen?

Herr Staatsrat.

Ich kann diese Zahlen nicht bestätigen. Aber aus Kenntnis des Gastschülerverkehrs mit Schleswig-Holstein insbesondere kann ich sagen, dass diese Zahlen, die von Ihnen genannt worden sind, unrealistisch sind. Ich weiß nicht, ob sie sich nur auf die ersten Klassen beziehen, ob eine Auszählung dahinter gewesen ist. Mir sind diese Zahlen als solche nicht bekannt.

Bekannt ist mir dagegen, dass wir in den letzten ein, zwei Jahren eher einen leichten Anstieg von Gastschülern zu verzeichnen gehabt haben, – seit Abschluss des Gastschulabkommens mit Schleswig-Holstein – sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass auch hier Effekte eingetreten sind. Ich kann sie allerdings nicht für die erste Klasse belegen, dafür liegen mir hier keine Zahlen vor.

Zweite Nachfrage der Abgeordneten Husen.

Ist das dann nicht eine – sage ich jetzt einmal – sehr gewagte Behauptung, die Gastschülerinnen und Gastschüler seien ein Teil des Problems, wenn sie überhaupt keine Zahlen darüber haben, um wie viele Gastschülerinnen und Gastschüler im Vergleich zu Hamburger Schülerinnen und Schülern es sich überhaupt handelt?

Herr Staatsrat.