Protokoll der Sitzung vom 24.08.2006

Herr Staatsrat.

Ich würde sagen, das ist eine Hypothese, die der Prüfung bedarf.

(Lachen bei der SPD und der GAL – Manuel Sarrazin GAL: Vorher prüfen!)

So wie viele andere auch.

Eine Nachfrage der Abgeordneten Möller.

A C

B D

Die Senatorin hatte sich in der Pressekonferenz auch so geäußert, als wenn nur in bestimmten Stadtteilen das Problem der großen Klassen ein besonderes Problem wäre. Verfügt der Senat über Erkenntnisse, ob es in bestimmten Stadtteilen ein größeres Problem ist, wenn es große Klassen gibt, und in anderen ein kleineres?

Herr Staatsrat.

Da die KESS-Indikatoren immer auch regionale Bezüge haben, können Sie daraus schon erkennen, dass große Klassen nicht überproportional, sondern unterproportional in sozialen Brennpunkten vorkommen. Sie kommen eher überproportional in Stadtteilen vor, wo wir die KESS-Indizes 3, 4 und vor allen Dingen auch 5, 6 vor uns haben.

Das bedeutet, dass sich dahinter auch ein Phänomen verbergen darf, das wir ein Stück unterschätzen, dass nämlich attraktive Schulstandorte – auch in Gegenden, die nicht gerade als soziale Brennpunkte bekannt sind – gezielt angewählt werden. Ich kann mich aus dem letzten Anmeldeverfahren, das ich als erstes miterlebt habe, daran erinnern, – Sie werden es auch aus Zeitungsberichten erinnern – dass es eine ganze Reihe von Eltern gegeben hat, die mit Macht versucht haben, dort noch einen Platz für ihr Kind zu ergattern, wo die Klassen schon sehr groß waren. Das heißt, es ist ein Phänomen, was man durchaus standortbezogen und regional betrachten kann.

Zweite Nachfrage der Abgeordneten Möller.

Ist es dann auch für diese Standorte ein Problem oder nicht?

Herr Staatsrat.

Das wäre eine Frage, die in die Bewertung dessen hineinkommt, wann eine Klasse wirklich groß

(Lachen bei der GAL)

und wann die Größe einer Klasse zumutbar ist.

Wir haben aus der Forschung bisher keinen eindeutigen Zusammenhang erkennen können, dass die Klassengröße an sich – losgelöst von allen anderen Faktoren – ein Faktor für Lernerfolg ist. Alles, was wir aus empirischer Forschung wissen, – das werden die Abgeordneten aus dem Bildungsbereich auch bestätigen können, – ist, dass zusätzlich zur Klassengröße die Zusammensetzung der Klasse eine große Rolle spielt. Das heißt, es kommt darauf an, wo ist diese Klasse und welche Schüler befinden sich in dieser Klasse.

Dieses Phänomen der sozialen Zusammensetzung ist aus meiner Sicht eigentlich das entscheidende Thema, mit dem wir zu tun haben. Deswegen habe ich vorhin schon gesagt, dass wir gerade das Thema Klassengröße in den KESS-1-und-2-Standorten, dort wo wir es mit sozialen Brennpunkten zu tun haben, in anderer Weise bewerten als in anderen Regionen Hamburgs.

Der Abgeordnete Dr. Steffen hat das Wort.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Ich frage Sie, würden Sie, wenn Sie wissen, dass in einer Schule die Klassen mindestens 30 Schüler haben, ihr Kind in diese Schule geben?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen das sehr schnell beantworten. Meine Kinder waren beide in einer katholischen Grundschule in Klassen, die deutlich über 30 Schüler hatten.

Zweite Nachfrage des Abgeordneten Dr. Steffen.

Sie haben eben auf Untersuchungen verwiesen, die angeblich nicht so eindeutige Zusammenhänge zwischen Klassengröße und Lernerfolg herstellen. Ich frage, woher weiß die Behörde, dass große Klassen in besser situierten Stadtteilen das Lernen der Schülerinnen nicht beeinträchtigt?

(Karen Koop CDU: Aus Erfahrung!)

Herr Staatsrat.

Es gibt eine ganze Reihe von Untersuchungen – auch international –, die nicht alle zum gleichen Ergebnis kommen. Ich habe eben auch nur ausgeführt, dass man, wenn man diese Untersuchungen zur Kenntnis nimmt, mit Sicherheit immer auf die Erkenntnis stößt, dass die Größe der Klasse nie eine Variable ist, die allein betrachtet werden kann, sondern dass sie immer im Zusammenhang mit der Zusammensetzung der Klasse gesehen werden muss. Das ist eine Erkenntnis, die man unschwer auch auf Hamburgs Sozialstruktur in der Region übertragen kann.

Aber jetzt der Abgeordnete Lein.

– Ich möchte nur, Herr Präsident, meinen Namen nicht aus Versehen überhören, wie es eben jemandem gegangen ist. Deshalb habe ich mich schon einmal hingestellt.

Meine Frage, Herr Staatsrat, zum Gastschulabkommen: Ist es so, dass das Gastschulabkommen kriteriengestützt eine Zuweisung zu Grundschulen voraussetzt und welche Kriterien sind es? In welchen Fällen muss die Behörde einem Gastschulantrag zustimmen, und in welchen Fällen kann die Schule es alleine entscheiden?

Herr Staatsrat, würden Sie diese zweieinhalb Fragen bitte beantworten.

Herr Abgeordneter, ich kann Ihnen aus dem Stand jetzt nicht die Kriterien für die Aufnahme von Gastschülern in Grundschulen sagen.

Dass es ein kriteriengestütztes Verfahren ist und dass nicht jeder aus Schleswig-Holstein hier aufgenommen werden kann, dass die Schulen darüber eine Entscheidung auf der Grundlage von Kriterien treffen, ist sicherlich zutreffend. Ich bin nur nicht imstande, die Kriterien jetzt im Einzelnen vorzutragen.

Zweite Nachfrage des Abgeordneten Buss.

Herr Präsident, Herr Staatsrat! Die Senatorin hat in ihrer Pressekonferenz gesagt, die Schulen seien frei zu entscheiden, ob sie drei oder vier Eingangsklassen einrichten. Das ist mir aufgefallen, weil Sie sagen, es gibt diesen weiteren Zugang durch dieses Gastschulabkommen – gerade in bestimmten Regionen Hamburgs. Meine Frage an Sie: Warum haben Ihrer Einschätzung nach die Schulleitungen von dieser Möglichkeit nicht entsprechend Gebrauch gemacht, um die Klassenfrequenzen in diesen Eingangsklassen senken zu können?

Herr Staatsrat.

Herr Abgeordneter Buss, wir hatten – glaube ich – schon das Thema, dass die Ressource schülerbezogen an die Schulen gegeben wird und mit 24 Schülern pro Klasse dann auch die Grundstunden für eine Klasse finanziert sind und dass darüber hinaus dann eine Situation entsteht, in der man auch Teilungs- und Förderstunden bekommt. Die Schulleitungen werden unter diesem Gesichtspunkt auch die Klassengröße in entscheidender Weise mit beeinflusst gesehen haben, weil sie Klassen bilden wollten, die funktionsfähig sind.

Die Abgeordnete Gregersen.

Die Senatorin benannte in Ihrer Pressekonferenz auch den Umstand, dass weitere Schulen Ganztagsschulen wurden, als Grund für die große Klassenfrequenz. Wie viele der 230 Grundschulen sind denn jetzt Ganztagsschulen geworden?

Herr Staatsrat.

Es sind – soweit ich weiß – in diesem Jahr vier Grundschulen zusätzlich Ganztagsschulen geworden. Zum nächsten Schuljahr werden es noch einmal elf weitere Schulen sein. Diese sind auch Schulen, die einen Grundschulzweig oder eine Grundschulabteilung haben oder reine Grundschulen sind.

Ich habe vielleicht den Kern Ihrer Frage nicht richtig verstanden.

Was die Senatorin meinte, ist, dass ein Effekt daraus entstehen kann, dass Ganztagsschulen gezielt von Eltern, die genau diese Schulform besuchen wollen, angewählt werden und damit ein Faktor der Attraktivität entsteht, der letztlich auch die Schulen ein bisschen unter Druck bringt, höhere Klassen zuzulassen.

Nunmehr liegen mir keine Fragen mehr vor. Dann ist die Fragestunde beendet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 22 a, Drucksache 18/4499, Senatsantrag: Haushaltsplan-Entwurf der Freien und Hansestadt Hamburg für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 und Finanzplan 2006 bis 2010.

[Senatsantrag: Haushaltsplan-Entwurf der Freien und Hansestadt

Hamburg für die Haushaltsjahre 2007 und 2008 und Finanzplan 2006 bis 2010 – Drucksache 18/4499 –]

Diese Drucksache ist bereits am 14. August 2006 im Vorwege federführend an den Haushaltsausschuss und mitberatend an die zuständigen Fachausschüsse überwiesen worden.

Zur Einbringung des Haushaltes spricht zunächst der Senat. Das Wort bekommt Senator Dr. Peiner.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jeder spürt es, Hamburg ist eine Stadt im Aufbruch. Der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt hat zu Recht vor vielen Jahren festgestellt, dass Hamburg eine schlafende Schöne sei. Nunmehr können wir feststellen, dass wir seine Mahnungen ernst genommen und Hamburg geweckt haben. Hamburg ist aufgewacht.