Protokoll der Sitzung vom 18.06.2004

und lassen uns von unberechtigter Kritik der Opposition nicht irritieren. – Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat der Abgeordnete Lieven.

Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Herr Roock, Sie sagten eben, unwahre Behauptungen würden durch ständige Wiederholungen nicht wahrer werden. Das ist richtig.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das ist richtig!)

Das gilt auch für Ihre Phrase von der wachsenden Stadt. Das muss man an dieser Stelle einmal ganz deutlich sagen.

(Beifall bei der GAL)

Sie haben es im Grunde genommen eben selber vorgetragen: Wachstum ist im Wohnungsbausektor in Bezug zur Einwohnerzahl quasi nicht zu erkennen. Erinnern Sie sich noch an Ihre Phrase von der Zwei-MillionenEinwohner-Stadt Hamburg? Hamburg solle so groß werden wie Toronto, Barcelona oder Kopenhagen. Mit dieser Aussage sind Sie vor drei Jahren angetreten.

(Hans-Detlef Roock CDU: Betreiben Sie mal Ursa- chenforschung!)

Wenn Sie die gegenwärtigen Steigerungszahlungen nehmen, werden Sie diese Zahl ungefähr im Jahre 2150 erreichen. Aber, liebe Kollegen von der CDU, Sie scheinen die Prognosen nicht zu kennen. Kennen Sie die zehnte koordinierte Bevölkerungsvorausschätzung für Deutschland, meine Herren – Damen sind ja quasi nicht mehr da –? Diese Schätzung geht davon aus, dass Deutschland im Jahre 2050 zwischen 67 und 82 Millionen Einwohnern haben wird, 67 Millionen in einem Szenario mit geringer Zuwanderung, 82 Millionen in einem Szenario mit hoher Einwanderung.

(Hans-Detlef Roock CDU: Sie kennen die Ursa- chen nicht!)

Sie wissen, wie die Reproduktionsrate in Hamburg aussieht, wie viele Kinder pro Frau geboren werden: 1 : 1,2.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Da steht Hamburg doch glänzend da!)

Hamburg liegt in der Bundesrepublik auf dem letzten Platz, das heißt, Hamburg ist die kinderärmste Stadt Deutschlands. Das ist ein Negativrekord, der sich während Ihrer Regierungszeit verfestigt hat.

(Hans-Detlef Roock CDU: Was hat der Senat mit unserer Geburtenrate zu tun?)

Die jetzt von Ihnen vorgelegten Einsparmaßnahmen belegen, dass es Ihnen offensichtlich auch nicht wert ist, daran zu arbeiten.

(Beifall bei der GAL)

Der gerade abgeschlossene Zuwanderungskompromiss ist wahrscheinlich eine Verbesserung der Rechtslage der Fundamente des Ausländerrechts. Er wird aber in den nächsten Jahren keine Zuwanderung im demografisch notwendigen Umfange erlauben. Die Zeit wird sich verändern und Sie werden dann wahrscheinlich vor dem Druck der Verhältnisse noch einmal Ihre jetzige Position überdenken müssen. Wenn Sie sich anschauen, wie Hamburg mit Zuwanderern aus Afghanistan umgeht, unter denen sich viele high potentials befinden – Sie haben wahrscheinlich vor zwei Wochen den Artikel in der "Zeit" gelesen –, dann sehen Sie, dass sie aus Hamburg verdrängt werden, weil ihnen diese Stadt keine wirklichen Angebote macht.

Vor dem Hintergrund ist das Gerede von der wachsenden Stadt leider nur eine hohle Phrase: Reklame statt Politik, Reklame statt Konzepte. Das sollten Sie sich eigentlich abschminken.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Herr Quast hat eben exzessiv über die Wohnungsbauzahlen referiert und Herr Roock ist darauf eingegangen. Ich will das jetzt nicht noch einmal wiederholen, ich will nur Folgendes sagen: Der Finanzsenator hat vor zwei Tagen gesagt, wir müssen gerade für familiengerechten Wohnungsbau günstiges Bauland zur Verfügung stellen.

(Hans-Detlef Roock CDU: Recht hat er! – Klaus- Peter Hesse CDU: Warten Sie es ab!)

Das ist schon mehrfach angekündigt worden. De facto findet es nicht statt. Ich nenne Ihnen eine Reihe von Beispielen: Das AK Eilbek, 520 Euro pro Quadratmeter, Wilhelmsburg, wo Sie 350 Euro pro Quadratmeter für Grundstücke haben wollen, auf denen Hochspannungsleitungen stehen und wo Sie Familien ansiedeln wollen. Wie soll denn das funktionieren? Im Gegenteil. Herr Peiner, Sie haben Anfang 2003 den Grundstückskostenrichtsatz abgeschafft, der genau das geleistet hat, verbilligtes Bauland gerade für Familien mit so genannter GSHBindung zur Verfügung zu stellen. Was ist passiert? Die Wohnungsbauleistung ist eingebrochen, gerade im Mietwohnungsbau, gerade in dem Bereich, den sich Familien leisten können. Mit dieser Politik, mit dieser Wohnungsbauförderung erreichen Sie keine wachsende Stadt.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Wenn wir uns jedoch anschauen, welche Flächenpolitik Sie machen, dann kann man verstehen, was Sie mit wachsender Stadt meinen: Ausweisung von Landschafts

schutzgebieten, Naturschutzgebieten und Landschaftsachsen als Bauland.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Keine Vertreibung mehr ins Umland!)

Das ist zum Beispiel in Ihrer ersten und zweiten Tranche Wohnbau und Gewerbeflächen passiert. 170 Hektar dieser Schutzgebiete haben Sie ausgewiesen. Herr Freytag hat gestern referiert, Hamburg habe 17 000 Hektar Landschaftsschutzgebiet. Das ist ein Erbe, das ist das Erbe der vergangenen Jahrzehnte

(Beifall bei der GAL und der SPD)

und Sie betrachten das als Baulandreserve. Landschaftsschutzgebiete sind für Sie Bauerwartungsland, meine Herren. Das ist Ihre Form von wachsender Stadt, das heißt, Einfamilienhausideologie und extensive Flächennutzung. Das ist der Weg in die baupolitische Steinzeit.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ihre Leistungen beim Flächenrecycling sind mangelhaft. Ich hatte das hier schon einmal erläutert. Die Bilanz der Umweltbehörde ist geschönt und Hamburg ist in der Bundesrepublik im Flächenrecycling Schlusslicht. Das ist traurig, das müsste nicht sein. Hamburg hat viele Konversionsflächen – über 500 Hektar – und Sie sagen, wir machen einen Masterplan.

(Hans-Detlef Roock CDU: Hervorragend, gute Idee!)

Ich glaube nicht an diesen Masterplan. Ich habe noch nicht erfahren, wie er praktisch umgesetzt werden soll. Mittlerweile hagelt es geradezu Masterpläne. Der Masterplan Volkspark ist zum Beispiel hervorragend. Da kündigen Sie erst den Sportpark an,

(Klaus-Peter Hesse CDU: Das war doch Ihr Vor- schlag!)

dann merken Sie, dass das kompliziert ist. Dann wollen Sie einen Masterplan Volkspark machen und merken, ein Masterplan ist auch nicht so einfach. Dann kündigen Sie im Stadtentwicklungsausschuss an, eine Expertenanhörung für einen Masterplan Sportpark im Volkspark durchzuführen. Das ist doch eine dreifache Rolle rückwärt. So geht es nicht.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Hans-Detlef Roock CDU: Das war doch Ihr Vorschlag, nein der Vorschlag von der SPD!)

Sie haben hoffentlich unseren Antrag gelesen, Herr Roock. Wir machen einen praktischen Vorschlag, wie man das Flächenrecycling verbessern kann. Die Landesentwicklungsgesellschaft, die wir vorschlagen, ist in anderen Bundesländern durchaus Praxis und bringt dort gute Erfolge. Deshalb schlagen wir vor: Nehmen Sie dieses Konzept, es ist wahrscheinlich noch in der Feinsteuerung zu überarbeiten, aber dann hätten Sie ein Instrument, mit dem Sie tatsächlich etwas bewirken können, und nicht nur einen Masterplan, der nicht existiert und auf den wir wahrscheinlich noch Jahre warten.

(Beifall bei der GAL und der SPD – Michael Neu- mann SPD: Mehr Schein als Sein!)

Aber das tun Sie nicht. Im Gegenteil. Der einzige Antrag, den Sie vorgelegt haben, ist der, die öffentlichen Fassaden stärker zu beleuchten. Das ist wiederum ein Stück Ihrer wachsenden Stadt, das ist Reklame statt Politik. Sie

wollen die Visitenkarten beleuchten und was dahinter steht, dass die soziale Stadtentwicklung abgebaut werden soll, interessiert Sie nicht. Wofür wollen Sie Geld ausgeben? Für die Fassade? Auf welche Weise wollen Sie es ausgeben? Es wird in der Baubehörde noch ein Konzept entwickelt. Sie wollen schon einmal einen Vorgriff machen und das Geld im Vorwege ausgeben. Und woher nehmen Sie es? Aus dem Wohnungsbau, das heißt, genau dort, wo nichts stattfindet, weil Sie die Rahmenbedingungen nicht dafür schaffen. Das ist ein typisches Beispiel von Ppp – Public-private-partnership. Das sollten Sie eigentlich machen. Sie sollten Sponsoring für Ihre Beleuchtung einwerben, wie Sie es in vielen anderen Bereichen versuchen. Richten Sie doch einen Einnahmetitel "Einnahmen zweckgebunden zu verwenden für die Beleuchtung öffentlicher Gebäude" ein, wie es zum Beispiel für den Spielbudenplatz geschehen ist.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Steht doch im Antrag drin!)

Wie viel Geld ist da in den letzten drei Jahren eingegangen, seit Mario Mettmach ihn eingerichtet hat? Null Komma null, wenn ich das richtig sehe.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Ihr Antrag, liebe CDU-Fraktion, den Sie hier eingebracht haben, ist ein anderer Fall von PPP auf CDU-Art: Pleiten, Pech und Pannen. Das ist Ihre wachsende Stadt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und der SPD)

Das Wort hat Senator Dr. Freytag.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Finanzsenator und auch der Kollege Maaß machen mich darauf aufmerksam, dass die Bratkartoffeln demnächst der Garungsstufe entgegensehen und ich versuchen muss, meine Rede darauf auszurichten. Ich will das versuchen.

(Michael Neumann SPD: Machen Sie das doch hinterher!)

Zunächst stelle ich fest, der einzig konstruktive aktuelle Beitrag der Opposition zur wachsenden Stadt ist 51 Zentimeter groß, wiegt 3500 Gramm und heißt William Frederik Wilko. Er ist der neugeborene Sohn des Abgeordneten Wilfried Buss. Herzlichen Glückwunsch dazu.

(Beifall bei der CDU und bei Michael Neumann SPD sowie Dr. Willfried Maier GAL)