(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Vereinzelter Bei- fall bei der CDU - Bernd Reinert CDU: Aber Schnaps gibt es nicht!)
Noch wichtiger aber ist: Die Immissionen müssen in regelmäßigen Abständen gemessen werden. Das heißt, es muss festgestellt werden, wie hoch die Belastungen durch die Emissionen, die auf die Menschen, die Natur und den Boden wirken, tatsächlich sind und daraus sind dann gegebenenfalls Konsequenzen zu ziehen. Herr von Beust ist doch sonst so dicke mit seinen CDUMinisterpräsidentenkollegen Carstensen und Wulff. Dieses heiße Eisen ist von ihm anscheinend aber noch nicht angefasst worden. Immerhin hat die Sozialministerin von Schleswig-Holstein, Gitta Trauernicht, inzwischen die Betreiber aufgefordert zu handeln. Ich befürchte, dass auch die Ergebnisse der neuesten Studie wieder, wie seit über 20 Jahren, zerredet werden. Die Experten streiten
Vor allem lässt man die Menschen, die in der Nähe von Atomkraftwerken leben, mit ihren Ängsten allein. Um noch einmal den Präsidenten des Bundesamtes für Strahlenschutz zu zitieren:
"Das Ergebnis der Studie ist belastbar. Es ist nach bisheriger Prüfung kein Fehler beziehungsweise Irrtum bei der Entwicklung des Studiendesigns noch bei der Gewinnung und Analyse der Daten erkennbar, der den beobachteten Effekt erklären könnte."
Andererseits äußern die Autoren der Untersuchung selbst Einwände in Bezug auf die Belastbarkeit der Studie. Insgesamt ist es wegen der Bedeutung der Studie richtig und wichtig, dass Umweltminister Gabriel die Strahlenkommission mit einer umfassenden Bewertung der Ergebnisse beauftragt hat. Man kann also gespannt sein, was dieses Mal dabei herauskommt. - Ich komme zum Schluss. - Die SPD wird am geordneten Ausstieg aus der Atomkraft festhalten,
und zwar so, Herr Maaß, wie wir es mit den Grünen in Berlin, als wir zusammen eine Regierungskoalition bildeten, beschlossen haben. Ein wie auch immer geartetes vorgezogenes Ausstiegsverfahren wird es mit uns aufgrund dieser Studie zurzeit jedenfalls nicht geben. - Schönen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Studie "Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken" ist am 10. Dezember vom Bundesamt für Strahlenschutz vorgestellt worden und die bekannt gewordenen Ergebnisse werden zu Recht öffentlich und politisch diskutiert. Ich möchte betonen, dass ich sehr großes Verständnis für die Fragen habe, aber auch für die Verunsicherung in der Öffentlichkeit. Gerade angesichts dieser sehr verständlichen Verunsicherung ist es unredlich, die Studienergebnisse, Herr Maaß, für politisch motivierte Schlussfolgerungen zu instrumentalisieren.
Schauen Sie sich einmal den Artikel von "Spiegel Online" an, der am 11. Dezember erschienen ist. Hier wird sehr deutlich gesagt, dass innerhalb von 24 Stunden die alten Reflexe geweckt worden sind, ein deutlicher Beleg auch in der Konsequenz für diese Instrumentalisierung.
Stattdessen gilt es, Fragen aufzuwerfen, die weiter wissenschaftlich geklärt werden müssen, denn was hat die Studie untersucht. Die Fragestellung war, ob Krebserkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren in der Umgebung von Kernkraftwerken häufiger auftreten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass im Fünf-Kilometer-Umkreis der 16
Standorte von Atomkraftwerken im statistischen Durchschnitt 48 Fälle bösartiger Neubildungen aller möglichen Krebserkrankungen bei Kindern unter fünf Jahren in dem untersuchten Zeitraum von 23 Jahren zu erwarten gewesen wären und tatsächlich sind 77 Fälle aufgetreten. Das entspricht 1,2 zusätzlichen Fällen pro Jahr.
In Deutschland insgesamt, also unabhängig von Atomkraftwerken, sind in dieser Altersgruppe zwischen 1980 und 2003 allerdings 13.373 bösartige Neubildungen aufgetreten. Bei den Leukämieneuerkrankungen wären im statistischen Durchschnitt 17 Fälle bei Kindern unter fünf Jahren zu erwarten gewesen, tatsächlich sind 37 Fälle aufgetreten, das entspricht 0,8 zusätzlichen Fällen pro Jahr. In Deutschland insgesamt sind zwischen 1980 und 2003 unabhängig von AKWs in dieser Altersgruppe 5.893 Leukämieerkrankungen aufgetreten.
Hierzu stellt der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz fest, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen den erhöhten Leukämieerkrankungen und den Reaktoren alleine nicht nachgewiesen werden könne.
Oder um es in der Stellungnahme des Bundesamtes anders auszudrücken: Es wäre nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eine tausend- bis zehntausendfache Strahlendosis erforderlich, um den Effekt zu erzeugen. Tatsächlich wurden aber - und das wissen Sie sehr gut, Herr Maaß - keine Daten zur Strahlenexposition einbezogen. Es gibt noch keine wissenschaftliche Erklärung, aber auch keinen Beweis, dass ein derartiger Zusammenhang mit den Kraftwerkstandorten besteht. Das bestätigt auch Bundesumweltminister Gabriel in einem Schreiben an die Länderminister.
und müssen diese neuen Ergebnisse ernst nehmen, wir müssen sie weiter prüfen. Aus diesem Grund begrüße ich es, dass die Strahlenschutzkommission eine umfangreiche Bewertung der Ergebnisse des Studienkonzepts und der Frage eines möglichen Ursachenzusammenhangs vornehmen wird. Ich glaube, dass das zur notwendigen Versachlichung der Debatte - und das sollten wir alle miteinander hier anstreben - beitragen wird, denn unsere vorschnellen Schlussfolgerungen, wie sie zurzeit in vielen Landtagen der Bundesrepublik geäußert werden, sind unseriös.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" war die erste, die die Anzahl der erkrankten Kinder in Zusammenhang mit den Erkrankten allgemein stellte, aber auch mit der Zahl an Kindern, die an einem Unfall gestorben sind. Diese Argumentation finde ich unredlich,
denn es werden in diesem Land beispielsweise auch sehr wenige Kinder Opfer von Sexualmördern und ich wäre absolut erstaunt zu hören, dass wir diese Zahl in Zusammenhang mit der Anzahl von Kindern, die durch einen Unfall sterben, setzen und dann entscheiden, dass dort der Handlungsbedarf nicht gegeben sei. Jedes Kind, das im Umfeld von Atomkraftwerken erkrankt und eventuell sogar daran stirbt, ist ein Kind zuviel.
Nach der aktuellen Lage - da wird auch die Auswertung dieser Studie nichts anderes ergeben - gibt es einen Zusammenhang zwischen Wohnortnähe zu Atomkraftwerken und dem Risiko besonders für kleine Kinder, an Krebs zu erkranken. Es stimmt, dass die Strahlendosis in die Studie nicht einbezogen worden ist. Es kann aber auch sein, dass sie, selbst wenn sie einbezogen worden wäre, keine belastbaren Ergebnisse geliefert hätte, denn das ist ein Grund, der unter Umständen für diese höheren Erkrankungen verantwortlich ist. Es gibt Ärztinnen und Ärzte, die sagen, es könnte sein, dass aufgenommene verstrahlte Mikropartikel, die so gut wie überhaupt nicht nachweisbar sind, gerade bei Embryonen, Föten und Kindern Krankheitsbilder hervorrufen können, die man nie in Zusammenhang wird setzen können mit den Daten, die man über Strahlenbelastung und Krebs hat. Das heißt, wir brauchen mehr Forschung über die Ursachen, die zu Erkrankungen in der Nähe von Atomkraftwerken führen.
Dann möchte ich noch einmal auf die Beweislastumkehr zurückkommen. Jeder, der sich hier vorne hinstellen und sagen möchte, vielleicht waren es gar nicht die Atomkraftwerke, der wende sich doch bitte im Rahmen der Daten, die alle vorliegen, an die Atomkraftwerksbetreiber und die können dann ein Studiendesign entwerfen, was sie entlastet. Aber im Augenblick sind sie belastet, die Beweise in Bezug auf Wohnortnähe zu Atomkraftwerken und das Risiko, an Krebs zu erkranken, sind eindeutig. Das heißt, es geht nicht nur um Beweislastumkehr, sondern darum, dass, wenn jemand eine andere These aufstellt, er diese beweisen muss. Es ist mir völlig egal, wie Sie das nennen, aber eine These wurde von atomkraftkritischen und atomkraftbefürwortenden Wissenschaftlern untersucht und eindeutig beantwortet. Ich bin mir sicher, dass alle Kritteleien am Konzept nicht zu anderen Ergebnissen kommen werden.
Wir brauchen jetzt Studien, die versuchen nachzuweisen - ich weiß, dass es das immer wieder gegeben hat und immer wieder gescheitert ist -, woher das kommt. Selbst wenn wir den genauen Grund nicht nachweisen können, warum es diesen Zusammenhang gibt, möchte ich noch einmal die Forderung aufrechterhalten, dass, solange es diesen kausalen Zusammenhang zwischen Wohnortnähe und Erkrankung gibt, Atomkraftwerke natürlich abgeschaltet gehören, und zwar im Namen jedes Kindes, das zuviel erkrankt ist, das erkrankt ist, weil es dort wohnt.
Prüfen wir uns doch alle einmal selber. Würden wir einer jungen schwangeren Frau raten, in den Fünf-KilometerUmkreisradius um ein Atomkraftwerk zu ziehen? Herr Engels, Sie werden gleich noch einmal nach vorne kommen, die Antwort auf diese Frage würde mich wirklich interessieren, denn ich glaube nicht, dass irgendjemand von uns das Risiko eingehen würde, irgendjemandem zu sagen, da gibt es kein Risiko, da kannst du gerne hinge
hen, das ist nur statistisch entstanden. Wir müssen unbedingt herausfinden, was der Hintergrund ist.
Eines vielleicht noch zum Abschluss. Es ist keine Alternative zu glauben, man könnte jetzt einen Haufen Kohlekraftwerke bauen, wenn die GAL es tatsächlich durchsetzen könnte, die Atomkraftwerke schneller abzuschalten, denn die Kohlekraftwerke werden uns mit ihrer Feinstaubemission in naher Zukunft in Bezug auf chronische Atemwegserkrankungen bei Kindern auch noch einige Freude machen. Dazu werden wir sicherlich hier noch diskutieren.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Husen, Sie haben an den Beiträgen von Herrn Engels und der Senatorin gesehen, dass es darum geht, eine sachliche Debatte zu führen. Und dann finde ich es nicht richtig zu sagen, was überhaupt nicht im Zusammenhang stand, wir würden zum Beispiel Opfer von Sexualdelikten verharmlosen, weil es andere Menschen gibt, die wesentlich häufiger an anderen Ereignissen, wie zum Beispiel Unfällen, sterben. Auf diesem Niveau sollten wir uns hier nicht bewegen.
Sie provozieren eine Debatte um statistische Feinheiten, die wir nicht führen sollten, bevor wir nicht, wie Minister Gabriel gesagt hat, dieses Gutachten genauestens geprüft haben. Es ist genau der richtige Weg, dass die Strahlenschutzkommission die Ergebnisse dieses Gutachtens diskutieren wird. Politiker müssen auch einmal abwarten können und nicht reflexartig auf die erste Pressemeldung wie in den Siebzigerjahren ihre Statements loswerden; dazu ist die Angelegenheit zu ernst.
Und wenn Sie die Beweisumkehrpflicht ansprechen, Frau Husen, So haben Sie in Ihrem Schlusswort, da haben Sie ja Recht, vor dem Thema Feinstaub gewarnt. Wenn Sie diese Umkehrpflicht machen, dann würde das nicht nur für diesen einen Bereich gelten müssen, sondern logischerweise auch für den anderen, dann können Sie gleich die gesamte Bundesrepublik Deutschland stilllegen.
(Christian Maaß GAL: Quatsch!) - Herr Maaß, treten Sie gleich den Beweis an, dass Feinstaub an Straßen für Kinder ungefährlich ist? Das können Sie nicht. (Christian Maaß GAL: Deswegen wollen wir ja eine Umweltzone!)
Wer außerhalb der Umweltzone liegt, interessiert Sie dann nicht? So geht es nicht und das wissen Sie auch. Von daher ist Ihre Argumentation falsch und auch unfair gegenüber den Betroffenen. Sie haben völlig Recht, jedes einzelne Kind, das stirbt, ist ein Kind zuviel. Es ist unser Auftrag, dem nachzugehen, ob es einen Zusammenhang gibt, auch wenn die Studie selber sagt, dass sie ihn nicht herstellen kann.
Wir werden das auf Bundesebene prüfen und die Länder werden alle daran mitwirken. Das ist unsere Aufgabe, aber unsere Aufgabe ist es auch, sachlich und mit der gebotenen Ruhe und Genauigkeit an dieses Thema heranzugehen. Darum möchte ich Sie bitten, dieses Thema nicht für Wahlkampfhickhack zu nutzen.